105 Ib 18
3. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 9. Februar 1979 i.S. Eidg. Polizeiabteilung gegen Baader und Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 17
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 17 - 1 Der auf bestimmte Zeit entzogene Lernfahr- oder Führerausweis kann frühestens drei Monate vor Ablauf der verfügten Entzugsdauer wiedererteilt werden, wenn die betroffene Person an einer von der Behörde anerkannten Nachschulung teilgenommen hat. Die Mindestentzugsdauer darf nicht unterschritten werden.
- Entzug des Führerausweises, wenn der Führer innert fünf Jahren seit Ablauf eines früheren Entzugs wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand erneut in diesem Zustand gefahren ist; Bindung der Rekursbehörde an das Ergebnis des früheren Administrativverfahrens.
Regeste (fr):
- Art. 17 al. 1 lit. d LCR.
- Retrait du permis de conduire lorsque le conducteur a, dans les cinq ans depuis l'expiration d'un précédent retrait pour conduite en état d'ivresse, de nouveau circulé en étant pris de boisson; lien de l'autorité de recours avec la procédure administrative antérieure.
Regesto (it):
- Art. 17 cpv. 1 lett. d LCS.
- Revoca della licenza di condurre ove il conducente abbia, entro cinque anni dalla scadenza di una revoca della licenza per aver guidato in stato di ebrietà, guidato di nuovo in tale stato; l'autorità di ricorso è vincolata a quanto accertato nella procedura amministrativa relativa alla revoca precedente.
Sachverhalt ab Seite 18
BGE 105 Ib 18 S. 18
Das Strassenverkehrsamt des Kantons Bern entzog Franz Baader mit Verfügung vom 20. Juli 1972 den Führerausweis, weil er am 9. Juni 1972 in angetrunkenem Zustand gefahren sei: Baader focht diese Verfügung nicht an, sie wurde deshalb rechtskräftig. Am 27. September 1972 stellte der Gerichtspräsident VI von Bern die gegen Baader eingeleitete Strafuntersuchung ein, weil er zur Auffassung gelangte, es könne nicht mit Bestimmtheit gesagt werden, dass Baader in angetrunkenem Zustand gefahren sei. Am 24. Februar 1977 wurde Baader der Führerausweis erneut wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand entzogen. Die Dauer der Massnahme wurde auf ein Jahr festgesetzt, da die
BGE 105 Ib 18 S. 19
neue Widerhandlung in die fünfjährige Rückfallsfrist von Art. 17 Abs. 1 lit. d

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 17 - 1 Der auf bestimmte Zeit entzogene Lernfahr- oder Führerausweis kann frühestens drei Monate vor Ablauf der verfügten Entzugsdauer wiedererteilt werden, wenn die betroffene Person an einer von der Behörde anerkannten Nachschulung teilgenommen hat. Die Mindestentzugsdauer darf nicht unterschritten werden. |
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der Eidg. Polizeiabteilung gut.
Erwägungen
Erwägungen:
1. a) Wird ein Fahrzeug in angetrunkenem Zustand geführt, so sieht das SVG einerseits den Entzug des Führerausweises vor (Art. 16 Abs. 3 lit. b

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 16 - 1 Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden. |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |
BGE 105 Ib 18 S. 20
Rechts auf den Sachverhalt nicht alle Rechtsfragen abgeklärt, insbesondere die Verletzung bestimmter Verkehrsregeln übersehen hat (BGE 101 Ib 274, BGE 96 I 773 E. 4). b) Diese Grundsätze gelten freilich nur für den Fall, dass die Verwaltungsbehörde über die Administrativmassnahme entscheidet, nachdem das Erkenntnis des Strafrichters ergangen ist. Sie braucht dieses jedoch nicht abzuwarten. Das entspricht auch gar nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers, denn dieser ging davon aus, dass der Entscheid über den Entzug des Führerausweises möglichst bald nach der Tat getroffen werde, ohne dass die für die Abwicklung des Strafverfahrens notwendige Zeit verstreiche (BGE 96 I 774; BBl. 1955, II S. 27). Verfügt die Verwaltungsbehörde, bevor das Urteil im Strafverfahren vorliegt, so hat sie selbständig zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für einen Ausweisentzug erfüllt sind. An diese Verfügung ist der Strafrichter bei seinem späteren Urteil in der gleichen Sache nicht gebunden. Er hat in tatbeständlicher und rechtlicher Hinsicht selbständig zu entscheiden, ob sich der fragliche Motorfahrzeugführer strafbar gemacht hat, und es können für ihn insbesondere die Grundsätze keine Geltung beanspruchen, die bestimmen, unter welchen Voraussetzungen die Verwaltungsbehörde vom Urteil des Strafrichters abweichen darf. Gelangt der Strafrichter zu einem Freispruch, so bedeutet das auf der anderen Seite nicht, dass eine mit diesem Entscheid in Widerspruch stehende Administrativmassnahme ohne weiteres dahinfiele. Diese ist in einem anderen Verfahren ergangen und bleibt deshalb bestehen, selbst wenn der Strafrichter in der gleichen Angelegenheit zu einem abweichenden Erkenntnis gelangt ist. c) Was den Vorfall vom 9. Juni 1972 betrifft, so entzog das Strassenverkehrsamt des Kantons Bern Baader den Führerausweis mit Verfügung vom 20. Juli 1972 wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand. Am 27. September 1972 stellte der Gerichtspräsident VI von Bern die Strafuntersuchung ein, weil er zur Auffassung gelangte, es könne nicht mit Bestimmtheit gesagt werden, dass Baader in angetrunkenem Zustand gefahren sei. Baader focht die Verfügung über den Entzug des Führerausweises nicht an. Diese wurde damit rechtskräftig. Die Eidg. Polizeiabteilung räumt in ihrer Beschwerde ein, die Rechtskraft der Entzugsverfügung bedeute nicht, dass auf sie überhaupt nicht mehr zurückgekommen werden dürfe. Dies habe jedoch
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"durch Ergreifen eines ausserordentlichen Rechtsmittels zu geschehen (z.B. Revision)". Ein solches Verfahren sei nicht durchgeführt worden. Diese Feststellung trifft zu, wie aus den Akten hervorgeht. Baader wandte sich auch nicht mit einem Wiedererwägungsgesuch an die Entzugsbehörde. Ob diese auf ein solches, unter Berufung auf das abweichende Ergebnis des Strafverfahrens gestelltes Gesuch hätte eintreten müssen, und ob eine derartige Rechtsvorkehr Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, braucht deshalb nicht näher erörtert zu werden. Im vorliegenden Fall ist einzig zu prüfen, ob in der Beschwerde zu Recht geltend gemacht wird, die Rekurskommission habe bei ihrem Entscheid ohne weiteres von der weder angefochtenen noch widerrufenen Entzugsverfügung vom 20. Juli 1972 ausgehen müssen, ohne zu untersuchen, ob Baader damals wirklich in angetrunkenem Zustand gefahren sei.
2. a) Nach Art. 16 Abs. 3 lit. b

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 16 - 1 Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden. |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 17 - 1 Der auf bestimmte Zeit entzogene Lernfahr- oder Führerausweis kann frühestens drei Monate vor Ablauf der verfügten Entzugsdauer wiedererteilt werden, wenn die betroffene Person an einer von der Behörde anerkannten Nachschulung teilgenommen hat. Die Mindestentzugsdauer darf nicht unterschritten werden. |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 17 - 1 Der auf bestimmte Zeit entzogene Lernfahr- oder Führerausweis kann frühestens drei Monate vor Ablauf der verfügten Entzugsdauer wiedererteilt werden, wenn die betroffene Person an einer von der Behörde anerkannten Nachschulung teilgenommen hat. Die Mindestentzugsdauer darf nicht unterschritten werden. |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 17 - 1 Der auf bestimmte Zeit entzogene Lernfahr- oder Führerausweis kann frühestens drei Monate vor Ablauf der verfügten Entzugsdauer wiedererteilt werden, wenn die betroffene Person an einer von der Behörde anerkannten Nachschulung teilgenommen hat. Die Mindestentzugsdauer darf nicht unterschritten werden. |
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gar nicht sinnvoll und stände mit dem Gebot der Rechtssicherheit in Widerspruch. Die Rekurskommission beruft sich freilich darauf, Art. 17 Abs. 1 lit. d

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 17 - 1 Der auf bestimmte Zeit entzogene Lernfahr- oder Führerausweis kann frühestens drei Monate vor Ablauf der verfügten Entzugsdauer wiedererteilt werden, wenn die betroffene Person an einer von der Behörde anerkannten Nachschulung teilgenommen hat. Die Mindestentzugsdauer darf nicht unterschritten werden. |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 17 - 1 Der auf bestimmte Zeit entzogene Lernfahr- oder Führerausweis kann frühestens drei Monate vor Ablauf der verfügten Entzugsdauer wiedererteilt werden, wenn die betroffene Person an einer von der Behörde anerkannten Nachschulung teilgenommen hat. Die Mindestentzugsdauer darf nicht unterschritten werden. |

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