104 IV 276
63. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 3. November 1978 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau gegen K.
Regeste (de):
- Art. 277 , 277ter BStP.
- Die kantonale Behörde ist bei ihrer neuen Entscheidung sowohl nach einer Kassation gemäss Art. 277 BStP wie nach einer Kassation gemäss Art. 277ter BStP an ihre frühern tatsächlichen Feststellungen gebunden, soweit diese nicht wegen eines offensichtlichen Versehens aufgehoben wurden. Sie kann aber im Rahmen von Art. 277 BStP zur weitern oder genauern Abklärung von Tatfragen angehalten werden (E. 3).
Regeste (fr):
- Art. 277, 277ter PPF.
- Lorsqu'elle rend sa nouvelle décision, l'autorité cantonale est liée, pour autant qu'elles n'aient pas été rectifiées en raison d'une inadvertance manifeste, par les constatations de fait retenues dans la décision annulée, que l'annulation ait été prononcée aussi bien en application de l'art. 277 que de l'art. 277ter PPF; elle peut toutefois être invitée, dans le cadre de l'art. 277 PPF, à compléter ou préciser certains points de fait (consid. 3).
Regesto (it):
- Art. 277, 277ter PP.
- Nel pronunciare la propria nuova decisione, l'autorità cantonale è vincolata dagli accertamenti di fatto contenuti nella decisione annullata, in quanto essi non siano stati rettificati a causa di una svista manifesta; ciò vale tanto nel caso di un annullamento ai sensi dell'art. 277 PP, quanto in quello di un annullamento ai sensi dell'art. 277ter PP. L'autorità cantonale può tuttavia essere invitata, nel quadro dell'art. 277 PP, ad acclarare ulteriormente o in modo più esatto determinate questioni di fatto (consid. 3).
Erwägungen ab Seite 276
BGE 104 IV 276 S. 276
Aus den Erwägungen:
3. a) Hinsichtlich der Wirkung der Kassation auf die neue Beurteilung durch die kantonale Behörde ist zu unterscheiden zwischen dem, was am angefochtenen Entscheid aufgehoben wurde, und der "rechtlichen Begründung der Kassation",
BGE 104 IV 276 S. 277
welche die wieder mit der Sache betraute kantonale Behörde ihrer neuen Entscheidung zugrunde zu legen hat (Art. 277ter Abs. 2 BStP). Ersteres bezieht sich auf den Gegenstand der neuen Beurteilung, besagt also, was neu beurteilt werden muss, lässt aber offen, wie der neue Entscheid zu lauten hat. Die mit der Kassation im Sinne von Art. 277ter BStP verbundene rechtliche Begründung bestimmt hingegen darüber hinaus den Inhalt der neuen Entscheidung, enthält also eine Anweisung, wie neu zu entscheiden ist. b) Sowohl die Kassation nach Art. 277 wie diejenige nach Art. 277ter BStP hebt auf. Bezieht sich die Aufhebung nicht auf den ganzen angefochtenen Entscheid, ist sie in doppelter Richtung verbindlich. Sie besagt positiv, was aufgehoben wurde und worüber neu zu urteilen ist. Negativ steht damit aber auch fest, was am angefochtenen Entscheid bestehen bleibt, worauf die kantonale Behörde bei der neuen Beurteilung nicht mehr zurückkommen kann. Die Kassation versetzt deshalb das Verfahren nicht in den Stand zurück, in welchem es sich vor der angefochtenen Entscheidung befand, sondern der kantonale Richter nimmt es nach der Rückweisung in einer fortgeschritteneren Stufe wieder auf. Vermehrt gilt dies, wenn mit der Kassation Weisungen über den Inhalt der neuen Entscheidung verbunden werden. Neben der Möglichkeit, die Vorinstanz zur weiteren oder genaueren Abklärung von Tatfragen anzuhalten, beschränken sich diese Weisungen aber gemäss der Kognition des Kassationshofes auf die Auslegung und die Anwendung von Bundesrecht im Sinne von Art. 269 Abs. 1 BStP. c) Nicht selten treffen Mängel nach Art. 277 und 277ter BStP in der gleichen Entscheidung zusammen; so wenn infolge unrichtiger rechtlicher Auffassung gewisse erhebliche Tatsachen nicht festgestellt wurden oder wenn in einem Punkte der Mangel die Überprüfung der Gesetzesanwendung nicht zulässt, während in einem anderen Punkte die unrichtige Gesetzesanwendung festgestellt und durch rechtliche Weisungen korrigiert werden kann. d) Ist ein Sachurteil angefochten, muss die Aufhebung klarstellen, welche Teile des Schuld- oder Freispruchs bzw. welche beantragten oder ausgesprochenen Rechtsfolgen dadurch betroffen werden. Das Urteil über diese Hauptfragen hängt aber von der Entscheidung zahlreicher Tat- und Rechtsfragen des materiellen und formellen Rechts des Bundes, der Kantone und
BGE 104 IV 276 S. 278
eventuell auch des Auslandes ab, welche das Urteilsfundament bilden. Diese Vorfragen (z.B. Fragen betreffend das Vorliegen der schweizerischen Gerichtsbarkeit, die Gültigkeit eines Strafantrages, den Eintritt der Verjährung) werden meistens mit der Hauptfrage beurteilt; sie können aber, wenn darüber getrennt entschieden wurde, dann selbständig Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde bilden, wenn sie in der Form eines letztinstanzlichen endgültigen Zwischenentscheides ergangen sind (BGE 68 IV 113, BGE 72 IV 89, 80 IV 177). Führt der Entscheid des Kassationshofes über solche Fragen nicht zu einer Beendigung des Verfahrens, da zum Beispiel die Gültigkeit des Strafantrages bejaht oder der Eintritt der Verjährung verneint wird, so ist über diese Vorfragen doch für das ganze an die Rückweisung anschliessende Verfahren verbindlich entschieden. Das gleiche muss aber aus Gründen der Prozessökonomie auch für frühere tatsächliche Feststellungen der Vorinstanz gelten, sofern sie nicht oder erfolglos angefochten wurden. Diese Bindung der kantonalen Instanz an ihre früheren tatsächlichen Feststellungen entspricht feststehender Rechtsprechung (vgl. BGE 80 IV 141 f. E. 2). Der Kassationshof seinerseits darf, wenn er gemäss Art. 277 und 277ter BStP aufhebt, nur soweit in die Gerichtshoheit der Kantone eingreifen (Art. 64bis Abs. 2 BV), als es die Erfüllung seiner Aufgabe, die einheitliche und richtige Anwendung des Bundesrechts zu gewährleisten (Art. 114
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 114 Arbeitslosenversicherung - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die Arbeitslosenversicherung. |
|
1 | Der Bund erlässt Vorschriften über die Arbeitslosenversicherung. |
2 | Er beachtet dabei folgende Grundsätze: |
a | Die Versicherung gewährt angemessenen Erwerbsersatz und unterstützt Massnahmen zur Verhütung und Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. |
b | Der Beitritt ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen. |
c | Selbstständigerwerbende können sich freiwillig versichern. |
3 | Die Versicherung wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Hälfte der Beiträge bezahlen. |
4 | Bund und Kantone erbringen bei ausserordentlichen Verhältnissen finanzielle Leistungen. |
5 | Der Bund kann Vorschriften über die Arbeitslosenfürsorge erlassen. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 114 Arbeitslosenversicherung - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die Arbeitslosenversicherung. |
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1 | Der Bund erlässt Vorschriften über die Arbeitslosenversicherung. |
2 | Er beachtet dabei folgende Grundsätze: |
a | Die Versicherung gewährt angemessenen Erwerbsersatz und unterstützt Massnahmen zur Verhütung und Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. |
b | Der Beitritt ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen. |
c | Selbstständigerwerbende können sich freiwillig versichern. |
3 | Die Versicherung wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Hälfte der Beiträge bezahlen. |
4 | Bund und Kantone erbringen bei ausserordentlichen Verhältnissen finanzielle Leistungen. |
5 | Der Bund kann Vorschriften über die Arbeitslosenfürsorge erlassen. |
BGE 104 IV 276 S. 279
5. Die Staatsanwaltschaft findet - im Widerspruch zum Urteil des kantonalen Kassationsgerichts - die Feststellung im ersten Urteil des Geschwornengerichts, K. habe nach Auflösung der ehelichen Gemeinschaft von Frau V. gesamthaft rund Fr. 20'000.- erhalten, gelte im neuen Verfahren auch für die Erpressung. Dem ist beizupflichten. Schon im ersten Verfahren vor Geschwornengericht war K. wegen Erpressung angeklagt. Schon damals sah die Anklage die "Vermögensleistungen" im Sinne von Art. 156 Ziff. 1 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 156 - 1. Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selber oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selber oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Handelt der Täter gewerbsmässig oder erpresst er die gleiche Person fortgesetzt, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.215 |
3 | Wendet der Täter gegen eine Person Gewalt an oder bedroht er sie mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben, so richtet sich die Strafe nach Artikel 140. |
4 | Droht der Täter mit einer Gefahr für Leib und Leben vieler Menschen oder mit schwerer Schädigung von Sachen, an denen ein hohes öffentliches Interesse besteht, so wird er mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr216 bestraft. |
BGE 104 IV 276 S. 280
bestanden hätten; nur dann hätte ein Kassationsgrund vorgelegen, nur dann hätte auch eine staatsrechtliche Beschwerde wegen Willkür Erfolg versprochen.