104 IV 156
38. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 2. August 1978 i.S. A. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau
Regeste (de):
- Art. 137
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 137 - 1. Wer sich eine fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird, wenn nicht die besonderen Voraussetzungen der Artikel 138-140 zutreffen, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1 Wer sich eine fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird, wenn nicht die besonderen Voraussetzungen der Artikel 138-140 zutreffen, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2 Hat der Täter die Sache gefunden oder ist sie ihm ohne seinen Willen zugekommen, - a) Begriffe des Gewahrsamsüberganges vom Eigentümer der Sache auf den Dieb und der Aneignung (Erw. 1).
- b) Verhältnis zur Entwendung, Art. 138
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 138 - 1. Wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern,
1 Wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, 2 Wer die Tat als Mitglied einer Behörde, als Beamter, Vormund, Beistand, berufsmässiger Vermögensverwalter oder bei Ausübung eines Berufes, Gewerbes oder Handelsgeschäftes, zu der er durch eine Behörde ermächtigt ist, begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe196 bestraft. - c) Gehilfenschaft zum Diebstahl (Erw. 3).
Regeste (fr):
- Art. 137 CP. Vol.
- a) Définitions du transfert de la maîtrise de la chose, du propriétaire au voleur et de l'appropriation (consid. 1).
- b) Relation avec la soustraction. Art. 138 CP (consid. 2).
- c) Complicité de vol (consid. 3).
Regesto (it):
- Art. 137 CP. Furto.
- a) Nozione di passaggio della disponibilità fattuale di una cosa dal proprietario al ladro; nozione di appropriazione (consid. 1).
- b) Relazione con la sottrazione di poca entità. Art. 138 CP (consid. 2).
- c) Complicità nel furto (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 157
BGE 104 IV 156 S. 157
A.- A. verfügte als Abwart-Stellvertreter des Hotels Aarauerhof in Aarau über einen Passepartout, mit welchem er sich auch zum Getränkekeller Zutritt verschaffen konnte. Er nahm aus diesem im Sommer 1975 unbefugterweise mehrmals allein Whisky und zweimal zusammen mit dem als Barmann angestellten F. Whisky und Wein, die in einem Fach der Bar versteckt wurden. Er überliess F. ferner mehrmals den Passepartout, damit auch dieser unberechtigterweise Getränke aus dem Getränkekeller an sich nehmen konnte. Vom Whisky, den F. so aus dem Getränkekeller geholt hatte, trank A. mehrmals.
B.- Das Bezirksgericht Aarau sprach A. des fortgesetzten Diebstahls, der fortgesetzten Gehilfenschaft zu Diebstahl und der fortgesetzten Hehlerei schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von 4 Wochen. In teilweiser Gutheissung der Berufung des A. setzte das Obergericht des Kantons Aargau am 15. März 1978 die Dauer der Gefängnisstrafe auf 14 Tage herab.
C.- A. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des Urteils des Obergerichts und Rückweisung der Sache an dieses zum Freispruch, eventuell zu neuem Entscheid. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Der Beschwerdeführer macht geltend, an den vom Keller in die Bar verbrachten Getränken den Gewahrsam der Eigentümerin nicht gebrochen und keinen eigenen Gewahrsam begründet zu haben. Es fehle zudem an einer Aneignung. a) Als tatsächliche Sachherrschaft (BGE 97 IV 196 E. 3a) erfordert der Gewahrsam die Herrschaftsmöglichkeit und den Herrschaftswillen über eine Sache (STRATENWERTH, I S. 185; SCHWANDER, S. 325 Nr. 534). Entfällt die Herrschaftsmöglichkeit, so dauert der Gewahrsam selbst bei währendem Herrschaftswillen nicht fort (STRATENWERTH, I S. 188). Verbleibt die Sache zwar in der Herrschaftssphäre des bisherigen Gewahrsamsinhabers, fehlt diesem aber die Möglichkeit zur Ausübung der tatsächlichen Sachherrschaft, beispielsweise wenn die Sache durch einen anderen versteckt worden ist, um ihn davon auszuschliessen, und weiss er deshalb nicht, wo sich die Sache befindet, so ist der Gewahrsam aufgehoben (STRATENWERTH, I S. 185/86 und 189; SCHWANDER, S. 327 Nr. 534a).
BGE 104 IV 156 S. 158
Die Vorinstanz stellt für den Kassationshof verbindlich fest (Art. 277bis Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 138 - 1. Wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, |
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1 | Wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, |
2 | Wer die Tat als Mitglied einer Behörde, als Beamter, Vormund, Beistand, berufsmässiger Vermögensverwalter oder bei Ausübung eines Berufes, Gewerbes oder Handelsgeschäftes, zu der er durch eine Behörde ermächtigt ist, begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe196 bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 138 - 1. Wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, |
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1 | Wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, |
2 | Wer die Tat als Mitglied einer Behörde, als Beamter, Vormund, Beistand, berufsmässiger Vermögensverwalter oder bei Ausübung eines Berufes, Gewerbes oder Handelsgeschäftes, zu der er durch eine Behörde ermächtigt ist, begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe196 bestraft. |
2. Der Beschwerdeführer rügt, es hätte wegen des geringen Wertes der von ihm teils allein teils zusammen mit F. weggenommenen
BGE 104 IV 156 S. 159
alkoholischen Getränke auf Entwendung statt auf Diebstahl erkannt werden müssen. Wenn die Vorinstanz die Deliktssumme auch nicht beziffert, so stellt sie doch fest, der Beschwerdeführer habe im Monat vier bis fünf Whiskyflaschen beiseite geschafft. Veranschlagt man deren Ankaufpreis auf bloss je Fr. 20.-, so übersteigt bereits, was innerhalb eines einzigen Monats an Getränken weggenommen wurde, die Grenze dessen, was unter den gegebenen Umständen noch als Sachen von geringem Wert im Sinne von Art. 138
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 138 - 1. Wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, |
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1 | Wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, |
2 | Wer die Tat als Mitglied einer Behörde, als Beamter, Vormund, Beistand, berufsmässiger Vermögensverwalter oder bei Ausübung eines Berufes, Gewerbes oder Handelsgeschäftes, zu der er durch eine Behörde ermächtigt ist, begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe196 bestraft. |
3. Der Beschwerdeführer bestreitet, dass sein Vorsatz auf die Unterstützung der durch F. verübten Getränkediebstähle gerichtet war. Er habe diesem den Passepartout ausschliesslich in Ausübung dienstlicher Pflichten übergeben, damit er aus dem Keller Getränke zur Konsumation durch Gäste an der Bar gegen Entgelt holen könne. Wenn Teilnahme vorläge, so würde diese zudem in der Täterschaft aufgehen. Die Sachbehauptung, den Passepartout F. in Ausübung dienstlicher Pflichten ausgehändigt zu haben, ist neu und daher unzulässig (Art. 273 Abs. 1 lit. b
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 138 - 1. Wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, |
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1 | Wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, |
2 | Wer die Tat als Mitglied einer Behörde, als Beamter, Vormund, Beistand, berufsmässiger Vermögensverwalter oder bei Ausübung eines Berufes, Gewerbes oder Handelsgeschäftes, zu der er durch eine Behörde ermächtigt ist, begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe196 bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 138 - 1. Wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, |
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1 | Wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, |
2 | Wer die Tat als Mitglied einer Behörde, als Beamter, Vormund, Beistand, berufsmässiger Vermögensverwalter oder bei Ausübung eines Berufes, Gewerbes oder Handelsgeschäftes, zu der er durch eine Behörde ermächtigt ist, begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe196 bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 138 - 1. Wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, |
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1 | Wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, |
2 | Wer die Tat als Mitglied einer Behörde, als Beamter, Vormund, Beistand, berufsmässiger Vermögensverwalter oder bei Ausübung eines Berufes, Gewerbes oder Handelsgeschäftes, zu der er durch eine Behörde ermächtigt ist, begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe196 bestraft. |
BGE 104 IV 156 S. 160
Erwägungen können nicht anders denn dahin verstanden werden, dass sie neben dem Wissen auch den Willen des Beschwerdeführers zu solchem Tun voraussetzte. Mit der Übergabe des Passepartouts an F. zur Begehung von Getränkediebstählen hat der Beschwerdeführer einen für das Verbrechen kausalen Tatbeitrag geleistet (BGE 98 IV 85 E. 2c mit Verweisen). Er ist daher zu Recht der Gehilfenschaft zu Diebstahl schuldig erklärt worden. Die Vorinstanz hat den Beschwerdeführer bloss in jenen Fällen, wo er selber entweder allein oder zusammen mit F. Getränke aus dem Keller an sich nahm und in der Bar versteckte, des Diebstahls schuldig erklärt, nicht auch in denjenigen, wo er F. bloss den Passepartout zum Zwecke der Diebstahlsverübung aushändigte, an der eigentlichen Tatausführung aber nicht beteiligt war. Es ist deshalb nicht einzusehen, wie unter solchen Umständen die Teilnahme in der Täterschaft aufgehen könnte.