103 V 63
16. Auszug aus dem Urteil vom 25. Oktober 1977 i.S. Kuni gegen Ausgleichskasse Basel-Stadt und Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen, Basel
Regeste (de):
- Art. 16 Abs. 1
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 16 Verjährung - 1 Werden Beiträge nicht innert fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, für welches sie geschuldet sind, durch Erlass einer Verfügung geltend gemacht, so können sie nicht mehr eingefordert oder entrichtet werden. In Abweichung von Artikel 24 Absatz 1 ATSG84 endet die Verjährungsfrist für Beiträge nach den Artikeln 6 Absatz 1, 8 Absatz 1 und 10 Absatz 1 erst ein Jahr nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die massgebende Steuerveranlagung rechtskräftig wurde.85 Wird eine Nachforderung aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für welche das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist festsetzt, so ist diese Frist massgebend.
1 Werden Beiträge nicht innert fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, für welches sie geschuldet sind, durch Erlass einer Verfügung geltend gemacht, so können sie nicht mehr eingefordert oder entrichtet werden. In Abweichung von Artikel 24 Absatz 1 ATSG84 endet die Verjährungsfrist für Beiträge nach den Artikeln 6 Absatz 1, 8 Absatz 1 und 10 Absatz 1 erst ein Jahr nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die massgebende Steuerveranlagung rechtskräftig wurde.85 Wird eine Nachforderung aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für welche das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist festsetzt, so ist diese Frist massgebend. 2 Die gemäss Absatz 1 geltend gemachte Beitragsforderung erlischt fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem sie rechtskräftig wurde.86 Während der Dauer eines öffentlichen Inventars oder einer Nachlassstundung ruht die Frist. Ist bei Ablauf der Frist ein Schuldbetreibungs- oder Konkursverfahren hängig, so endet die Frist mit dessen Abschluss. Artikel 149a Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 11. April 188987 über Schuldbetreibung und Konkurs ist nicht anwendbar.88 Bei Entstehung des Rentenanspruches nicht erloschene Beitragsforderungen können in jedem Fall gemäss Artikel 20 Absatz 389 noch verrechnet werden. 3 Der Anspruch auf Rückerstattung zuviel bezahlter Beiträge erlischt mit Ablauf eines Jahres, nachdem der Beitragspflichtige von seinen zu hohen Leistungen Kenntnis erhalten hat, spätestens aber fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge bezahlt wurden. Für Beiträge nach den Artikeln 6 Absatz 1, 8 Absatz 1 und 10 Absatz 1 endet die Frist in Abweichung von Artikel 25 Absatz 3 ATSG in jedem Fall erst ein Jahr nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die massgebende Steuerveranlagung rechtskräftig wurde. Sind Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge von Leistungen bezahlt worden, die der direkten Bundessteuer vom Reingewinn juristischer Personen unterliegen, so erlischt der Anspruch auf Rückerstattung in Abweichung von Artikel 25 Absatz 3 ATSG ein Jahr nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Steuerveranlagung rechtskräftig wurde.90 SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 84 Besondere Zuständigkeit - Über Beschwerden gegen Verfügungen und Einspracheentscheide kantonaler Ausgleichskassen entscheidet in Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG387 das Versicherungsgericht am Ort der Ausgleichskasse.
- - Für Tatsache und Zeitpunkt der Verfügungszustellung trägt die Verwaltung die Beweislast (Praxis).
- - Wenn es - wegen drohender Verwirkung oder aus anderen Gründen - auf den genauen Zustellungszeitpunkt ankommt, drängt sich die Zustellung einer Verfügung in eingeschriebener Sendung oder auf eine andere geeignete und nachweisbare Art auf.
Regeste (fr):
- Art. 16 al. 1 et art. 84 al. 1 LAVS.
- - La preuve de la notification d'une décision et de la date à laquelle cette notification a eu lieu incombe à l'administration (confirmation de la jurisprudence).
- - Si - eu égard à la prescription imminente ou à d'autres raisons - le moment précis de la notification pourrait être décisif, il s'impose de notifier la décision sous pli recommandé ou de toute autre manière appropriée au regard de la preuve à rapporter.
Regesto (it):
- Art. 16 cpv. 1 e art. 84 cpv. 1 LAVS.
- - La prova che ed a quale data la decisione venne notificata incombe all'amministrazione (conferma della giurisprudenza).
- - Se - in riguardo a prescrizione imminente o ad altre ragioni - il momento preciso della notificazione potrebbe essere decisivo, occorre notificare la decisione sotto plico raccomandato o in altro modo adatto alla prova relativa.
Sachverhalt ab Seite 64
BGE 103 V 63 S. 64
Aus dem Tatbestand:
A.- Die Ausgleichskasse Basel-Stadt erliess mit Datum vom 28. Dezember 1976 für Ruth Kuni eine Verfügung über die Festlegung der persönlichen Sozialversicherungsbeiträge für das Jahr 1971 und mit Datum vom 30. Dezember 1976 eine Unterstellungsverfügung mit Wirkung ab 1. Januar 1971. Die beiden Verfügungen wurden Ruth Kuni mit gewöhnlicher Post zugestellt.
B.- Ruth Kuni liess gegen die Beitragsverfügung bei der Kantonalen Rekurskommission für die Ausgleichskassen Beschwerde erheben und geltend machen, beide Verfügungen seien in einen Briefumschlag verpackt worden, der den Poststempel "31.12.76 - 10, Briefannahme 4000 Basel" trage. Es sei ausgeschlossen, dass sie noch am gleichen Tag im Besitze der Postsendung gewesen sei, somit sei die Beitragsforderung verjährt. - Die Rekurskommission wies die Beschwerde mit Entscheid vom 21. April 1977 ab.
C.- Die Versicherte lässt rechtzeitig Verwaltungsgerichtsbeschwerde einreichen und die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sowie der Beitragsverfügung beantragen. Zur Begründung Wird im wesentlichen geltend gemacht, die Behauptung der Ausgleichskasse, wonach die Beitragsverfügung am 28. Dezember 1976 und die Unterstellungsverfügung am 30. Dezember 1976 versandt worden sei, stimme nicht, weil nach dem bei den Akten liegenden Briefumschlag der Postversand am 31. Dezember 1976, vormittags 10.00 Uhr, erfolgt sei. Dass beim Versand der Beitragsverfügung bereits aus irgend einem Grunde eine Verzögerung eingetreten sei, gehe daraus hervor, dass das ursprüngliche Datum der Verfügung
BGE 103 V 63 S. 65
(27. Dezember 1976) nachträglich von Hand auf den 28. Dezember 1976 korrigiert worden sei. Es liege der Schluss nahe, dass eine weitere Verzögerung eingetreten sei; dies insbesondere auch deshalb, weil die Unterstellungsverfügung Grundlage der Beitragsverfügung bilde. Die Ausgleichskasse habe jedenfalls den nötigen Nachweis der fristgerechten Zustellung nicht erbracht. Die Ausgleichskasse beruft sich in ihrer Vernehmlassung auf die Aussagen der Beamten, die organisatorischen Abläufe sowie die gesamten Umstände und Indizien. Eine eingeschriebene Zustellung von Verfügungen sei weder vorgeschrieben noch üblich. In einer weiteren Eingabe belegt die Ausgleichskasse, dass eine am 28. Dezember 1976 versandte Verfügung bereits am 29. Dezember beim Adressaten eingetroffen war.
Erwägungen
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss Art. 16 Abs. 1
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SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 16 Verjährung - 1 Werden Beiträge nicht innert fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, für welches sie geschuldet sind, durch Erlass einer Verfügung geltend gemacht, so können sie nicht mehr eingefordert oder entrichtet werden. In Abweichung von Artikel 24 Absatz 1 ATSG84 endet die Verjährungsfrist für Beiträge nach den Artikeln 6 Absatz 1, 8 Absatz 1 und 10 Absatz 1 erst ein Jahr nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die massgebende Steuerveranlagung rechtskräftig wurde.85 Wird eine Nachforderung aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für welche das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist festsetzt, so ist diese Frist massgebend. |
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1 | Werden Beiträge nicht innert fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, für welches sie geschuldet sind, durch Erlass einer Verfügung geltend gemacht, so können sie nicht mehr eingefordert oder entrichtet werden. In Abweichung von Artikel 24 Absatz 1 ATSG84 endet die Verjährungsfrist für Beiträge nach den Artikeln 6 Absatz 1, 8 Absatz 1 und 10 Absatz 1 erst ein Jahr nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die massgebende Steuerveranlagung rechtskräftig wurde.85 Wird eine Nachforderung aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für welche das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist festsetzt, so ist diese Frist massgebend. |
2 | Die gemäss Absatz 1 geltend gemachte Beitragsforderung erlischt fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem sie rechtskräftig wurde.86 Während der Dauer eines öffentlichen Inventars oder einer Nachlassstundung ruht die Frist. Ist bei Ablauf der Frist ein Schuldbetreibungs- oder Konkursverfahren hängig, so endet die Frist mit dessen Abschluss. Artikel 149a Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 11. April 188987 über Schuldbetreibung und Konkurs ist nicht anwendbar.88 Bei Entstehung des Rentenanspruches nicht erloschene Beitragsforderungen können in jedem Fall gemäss Artikel 20 Absatz 389 noch verrechnet werden. |
3 | Der Anspruch auf Rückerstattung zuviel bezahlter Beiträge erlischt mit Ablauf eines Jahres, nachdem der Beitragspflichtige von seinen zu hohen Leistungen Kenntnis erhalten hat, spätestens aber fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge bezahlt wurden. Für Beiträge nach den Artikeln 6 Absatz 1, 8 Absatz 1 und 10 Absatz 1 endet die Frist in Abweichung von Artikel 25 Absatz 3 ATSG in jedem Fall erst ein Jahr nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die massgebende Steuerveranlagung rechtskräftig wurde. Sind Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge von Leistungen bezahlt worden, die der direkten Bundessteuer vom Reingewinn juristischer Personen unterliegen, so erlischt der Anspruch auf Rückerstattung in Abweichung von Artikel 25 Absatz 3 ATSG ein Jahr nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Steuerveranlagung rechtskräftig wurde.90 |
2. a) Entscheidend ist somit im vorliegenden Fall, ob die Beitragsverfügung der Beschwerdeführerin bis spätestens am 31. Dezember 1976 ordnungsgemäss eröffnet war; denn am 1. Januar 1977 war die Beitragsforderung gemäss Art. 16 Abs. 1
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SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 16 Verjährung - 1 Werden Beiträge nicht innert fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, für welches sie geschuldet sind, durch Erlass einer Verfügung geltend gemacht, so können sie nicht mehr eingefordert oder entrichtet werden. In Abweichung von Artikel 24 Absatz 1 ATSG84 endet die Verjährungsfrist für Beiträge nach den Artikeln 6 Absatz 1, 8 Absatz 1 und 10 Absatz 1 erst ein Jahr nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die massgebende Steuerveranlagung rechtskräftig wurde.85 Wird eine Nachforderung aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für welche das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist festsetzt, so ist diese Frist massgebend. |
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1 | Werden Beiträge nicht innert fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, für welches sie geschuldet sind, durch Erlass einer Verfügung geltend gemacht, so können sie nicht mehr eingefordert oder entrichtet werden. In Abweichung von Artikel 24 Absatz 1 ATSG84 endet die Verjährungsfrist für Beiträge nach den Artikeln 6 Absatz 1, 8 Absatz 1 und 10 Absatz 1 erst ein Jahr nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die massgebende Steuerveranlagung rechtskräftig wurde.85 Wird eine Nachforderung aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für welche das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist festsetzt, so ist diese Frist massgebend. |
2 | Die gemäss Absatz 1 geltend gemachte Beitragsforderung erlischt fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem sie rechtskräftig wurde.86 Während der Dauer eines öffentlichen Inventars oder einer Nachlassstundung ruht die Frist. Ist bei Ablauf der Frist ein Schuldbetreibungs- oder Konkursverfahren hängig, so endet die Frist mit dessen Abschluss. Artikel 149a Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 11. April 188987 über Schuldbetreibung und Konkurs ist nicht anwendbar.88 Bei Entstehung des Rentenanspruches nicht erloschene Beitragsforderungen können in jedem Fall gemäss Artikel 20 Absatz 389 noch verrechnet werden. |
3 | Der Anspruch auf Rückerstattung zuviel bezahlter Beiträge erlischt mit Ablauf eines Jahres, nachdem der Beitragspflichtige von seinen zu hohen Leistungen Kenntnis erhalten hat, spätestens aber fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge bezahlt wurden. Für Beiträge nach den Artikeln 6 Absatz 1, 8 Absatz 1 und 10 Absatz 1 endet die Frist in Abweichung von Artikel 25 Absatz 3 ATSG in jedem Fall erst ein Jahr nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die massgebende Steuerveranlagung rechtskräftig wurde. Sind Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge von Leistungen bezahlt worden, die der direkten Bundessteuer vom Reingewinn juristischer Personen unterliegen, so erlischt der Anspruch auf Rückerstattung in Abweichung von Artikel 25 Absatz 3 ATSG ein Jahr nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Steuerveranlagung rechtskräftig wurde.90 |
BGE 103 V 63 S. 66
beherrscht wird, handelt es sich dabei nicht um die subjektive Beweisführungslast (Art. 8
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
3. Nach Darstellung der Ausgleichskasse wurden die beiden Verfügungen mit separater Post verschickt. Die Beschwerdeführerin legt jedoch nur einen Briefumschlag zu den Akten, in dem beide Verfügungen gleichzeitig zugestellt Worden seien. Ob ein allfälliger weiterer Briefumschlag aus Unachtsamkeit der Beschwerdeführerin verlorenging, kann dahingestellt bleiben. Zunächst kann dem Bürger nicht zugemutet
BGE 103 V 63 S. 67
werden, alle eine amtliche Mitteilung enthaltenden Umschläge aufzubewahren, um für allfällige künftige Streitigkeiten über die Wahrung einer Frist gewappnet zu sein. Sodann würde mit der Vorlegung des für die Eröffnung der Beitragsverfügung verwendeten Umschlags bloss bewiesen, dass die Sendung die Aufgabepoststelle in einem bestimmten Zeitpunkt passiert hat und damit ein blosses Indiz dafür geliefert, dass es zur Zustellung binnen einer normalen Zeitspanne zwischen dem Abgang von der Aufgabepoststelle und der Verteilung gekommen ist; die Möglichkeit von Verspätungen oder Fehlleitungen im Postbetrieb würde durch solche Beweisführung nicht ausgeschlossen. Schliesslich ist es, wie dargelegt, nicht Sache des Empfängers einer amtlichen Mitteilung, sondern der Verwaltung, den Nachweis der ordnungsgemässen Eröffnung zu erbringen.
4. Da nach dem Gesagten der erforderliche Nachweis der Eröffnung der Beitragsverfügung vom 28. Dezember 1976 bis spätestens 31. Dezember 1976 nicht erbracht ist, muss auf die Darstellung der Beschwerdeführerin abgestellt werden. Die noch verbleibende Beitragsforderung der Ausgleichskasse im Restbetrag von Fr. 131.-- hat somit als verwirkt zu gelten.
Dispositiv
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der vorinstanzliche Entscheid vom 21. April 1977 sowie die Kassenverfügung vom 28. Dezember 1976 im Restbetrag von Fr. 131.-- aufgehoben.