103 IV 270
75. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 19. September 1977 i.S. H. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
Regeste (de):
- Art. 4 Abs. 3 BRB vom 14. Februar 1968 über die Feststellung der Angetrunkenheit von Strassenbenützern (bzw. Art. 141 Abs. 3
Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr vom 27. Oktober 1976, VZV).
- 1. Diese Bestimmung gibt nicht Anspruch auf eine Oberexpertise (Erw. 2a).
- 2. Die Begutachtung des Ergebnisses der Blutanalyse durch den gerichtlich-medizinischen Experten besteht nicht in einer Wiederholung der Blutanalyse (Erw. 2b).
Regeste (fr):
- Art. 4 al. 3 ACF du 14 février 1968 sur la constatation de l'ébriété des usagers de la route (respectivement art. 141 al. 3 de l'Ordonance du 27 octobre 1976 réglant l'admission des personnes et des véhicules à la circulation routière, OAC).
- 1. Cette disposition ne confère aucun droit à une surexpertise (consid. 2 litt. a).
- 2. L'appréciation du résultat de l'analyse du sang par un médecin-légiste ne consiste pas dans une nouvelle analyse du sang (consid. 2 litt. b).
Regesto (it):
- Art. 4 cpv. 3 DCF del 14 febbraio 1968 concernente l'accertamento dell'ebrietà degli utenti della strada (rispettivamente, art. 141 cpv. 3 dell'ordinanza del 27 ottobre 1976 sull'ammissione alla circolazione di persone e veicoli, OAC).
- 1. Questa disposizione non conferisce il diritto di chiedere una superperizia (consid. 2a).
- 2. La valutazione del risultato dell'analisi del sangue da parte di un medico legale non consiste nella ripetizione di tale analisi (consid. 2b).
Sachverhalt ab Seite 271
BGE 103 IV 270 S. 271
A.- H. war am 12. Oktober 1974, um 18.50 Uhr auf der Reppischtalstrasse als Motorfahrzeugführer an einem Verkehrsunfall beteiligt. Die ihm nach dem Unfall entnommene Blutprobe wurde von Prof. Dr. Brandenberger, Leiter der chemischen Abteilung des Gerichtlich-medizinischen Instituts (GMI) der Universität Zürich analysiert; die beiden dabei angewandten Methoden ergaben 1,55%o und 1,58%o. Dieses Ergebnis wurde von Dr. med. Siegrist, Oberarzt am GMI überprüft, der für den kritischen Zeitpunkt einen Blutalkoholgehalt von 1,50%o ermittelte. Am 16. Oktober 1975 und 9. Januar 1976 erstattete Dr. med. Gujer, Oberarzt am GMI Ergänzungsgutachten zum Bericht von Dr. Siegrist. Am 23. August 1976 wurde überdies von der chemischen Abteilung des GMI ein Ergänzungsbericht über die Registrierung der Blutproben und die Analysenaufzeichnungen eingereicht.
B.- Am 5. März 1976 verurteilte das Bezirksgericht Affoltern am Albis H. wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand zu Fr. 6'000.-- Busse. Am 21. April 1977 bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich den erstinstanzlichen Entscheid im Schuldpunkt, setzte jedoch die Geldstrafe auf Fr. 4'000.-- herab.
C.- H. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 4 Abs. 3 BRB vom 14. Februar 1968 über die Feststellung der Angetrunkenheit von Strassenbenützern. Er stellt sich auf den Standpunkt, der Verdächtigte habe nach dieser Bestimmung
BGE 103 IV 270 S. 272
einen unabdingbaren Anspruch auf eine Oberexpertise, was auch vom Kassationshof in BGE 102 IV 120 grundsätzlich anerkannt worden sei. Diese Oberexpertise könne, wie sich aus der Entstehungsgeschichte des Art. 4 BRB ergebe, nur in einer Wiederholung der Analyse durch den Oberexperten bestehen. Indem die Vorinstanz bloss beim GMI Ergänzungsberichte eingeholt habe, habe sie den Anspruch auf eine Oberexpertise missachtet. a) Nach der in Art. 4 BRB (seit 1. Januar 1977 in Art. 141
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Im vorliegenden Fall ist die Blutanalyse von der chemischen Abteilung des GMI der Universität Zürich vorgenommen worden, während die gerichtlich-medizinische Überprüfung und Auswertung des Analysenergebnisses von einem nicht der chemischen Abteilung des Instituts angehörenden Arzt durchgeführt worden sind. Der Bericht dieses Arztes stellt, wie die Vorinstanz zutreffend angenommen hat, eine Begutachtung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 BRB (neu: Art. 141 Abs. 3
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BGE 103 IV 270 S. 273
des Art. 4 Abs. 3 BRB (neu: Art. 141 Abs. 3
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c) Die Vorinstanz hat demnach Art. 4 Abs. 3 BRB (Art. 141 Abs. 3
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3. Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, das Analysenresultat könne nicht richtig sein, weil weitere Erkenntnisquellen ergeben hätten, dass er zur Zeit der Fahrt im vollen Besitz der Fahrtüchtigkeit gewesen sei; weder der Arzt bei der Blutentnahme noch der Polizeikorporal noch ein dritter Zeuge hätten bei ihm irgendwelche Anzeichen von Angetrunkenheit festgestellt.
BGE 103 IV 270 S. 274
Diese Rüge erschöpft sich in unzulässiger Kritik an der Beweiswürdigung (Art. 273 Abs. 1 Bst. b
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Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.