Urteilskopf

103 IV 115

33. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 23. Juni 1977 i.S. X. gegen Generaldirektion PTT
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Sachverhalt ab Seite 116

BGE 103 IV 115 S. 116

A.- Vor einiger Zeit strahlten im Raume Zürich sogenannte Piratensender unter der Bezeichnung "Atlantis", "Atlantis I" und "Atlantis II" Sendungen aus. X. wurde verdächtigt, der Urheber der Piratensendungen "Atlantis I" und "Atlantis II" zu sein. Es wurde deshalb gegen ihn ein Verwaltungsstrafverfahren eröffnet, das noch hängig ist. Im Mai dieses Jahres kündigte der "Piratensender 101" auf Flugblättern, die im Raume Zürich verteilt wurden, eine Piratensendung auf den 23. Mai 1976 an. Die Sendung wurde am angegebenen Datum von 19.30 bis 19.50 Uhr ausgestrahlt. Am Schluss der Sendung wurde bekanntgegeben, dass die nächste Ausstrahlung am 6. Juni 1977, um 19.30 Uhr, erfolgen werde. Am 6. Juni 1977 eröffnete die Sektion Funküberwachung der Generaldirektion PTT eine sich auf den "Piratensender 101" beziehende Untersuchung gemäss Art. 37 ff
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 37 - 1 Der untersuchende Beamte der beteiligten Verwaltung erforscht den Sachverhalt und sichert den Beweis.
1    Der untersuchende Beamte der beteiligten Verwaltung erforscht den Sachverhalt und sichert den Beweis.
2    Der Beschuldigte kann jederzeit die Vornahme bestimmter Untersuchungshandlungen beantragen.
3    Sind besondere Untersuchungshandlungen nicht nötig, so wird sogleich nach Artikel 61 das Schlussprotokoll aufgenommen.
4    Vorbehalten bleiben die Vorschriften von Artikel 65 über den Strafbescheid im abgekürzten Verfahren.
. VStrR gegen unbekannte Täterschaft wegen Widerhandlung im Sinne von Art. 42 des Bundesgesetzes betreffend den Telegraphen- und Telephonverkehr vom 14. Oktober 1922 (SR 784.10). Als der "Piratensender 101" am Abend desselben Tages seine Sendungen aufnahm, konnte er im Gebiet des Albishorns geortet werden. Die Sendeanlage mit Originaltonbandkassette wurde in der Nähe des Parkplatzes des Restaurants "Albishorn", in einem Rucksack im Unterholz versteckt, aufgefunden. Die Täterschaft war unbekannt. Die Polizei überwachte in der Folge das aufgefundene Versteck in der Annahme, es könnte jemand im Laufe der Nacht das verborgene Sendematerial abholen wollen. Im Zuge der Fahndung wurden alle Fahrzeuge in der Umgebung des ausgemachten Senderstandortes überprüft. In derselben Nacht lenkte X. in Begleitung seines Bekannten G. einen Personenwagen kurz nach 22.30 Uhr zum Parkplatz des Restaurants "Oberalbis". Bei der Wegfahrt wurde er von der Polizei angehalten und festgenommen. Die Polizeiorgane
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verbrachten ihn auf die Hauptwache der Kantonspolizei Zürich, wo am 7. Juni 1977, um 01.00 Uhr, verschiedene Gegenstände beschlagnahmt wurden, die X. in seinem Wagen mitgeführt hatte, nämlich: - 1 Plastikkoffer, enthaltend zwei Mikrofone, zwei Kabel mit Stecker und zwei Stative, - 1 Plastikkoffer, enthaltend ein Mikrofon und zwei Stative, - 1 Scanner FANON,
- 10 Tonband-Kassetten,
- 1 Kleintonband-Gerät mit Kassette,
- 1 Wipic-Antenne mit Fuss,
- 5 Stabantennen,
- 2 Mini-Kassetten,
- 1 Blatt A4 mit Kroki und Polizei- und PTT-Wagennummern.

B.- Mit einer vom 10. Juni 1977 datierten, am selben Tage der Post übergebenen und an die Generaldirektion PTT gerichteten Eingabe erhob X. Beschwerde. Er beantragte die Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände sowie die Feststellung, dass die gegen ihn ausgeführten Amtshandlungen unangebracht waren und die Art. 45 ff
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 45 - 1 Bei einer Beschlagnahme, Durchsuchung, vorläufigen Festnahme oder Verhaftung ist mit der dem Betroffenen und seinem Eigentum gebührenden Schonung zu verfahren.
1    Bei einer Beschlagnahme, Durchsuchung, vorläufigen Festnahme oder Verhaftung ist mit der dem Betroffenen und seinem Eigentum gebührenden Schonung zu verfahren.
2    Im Falle einer Ordnungswidrigkeit sind Zwangsmassnahmen nicht zulässig.
. VStrR verletzt wurden. Die Generaldirektion PTT überwies die Beschwerde am 16. Juni 1977 in Anwendung von Art. 26 Abs. 3
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 26 - 1 Gegen Zwangsmassnahmen (Art. 45 ff.) und damit zusammenhängende Amtshandlungen und Säumnis kann bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde geführt werden.
1    Gegen Zwangsmassnahmen (Art. 45 ff.) und damit zusammenhängende Amtshandlungen und Säumnis kann bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde geführt werden.
2    Die Beschwerde ist einzureichen:
a  wenn sie gegen eine kantonale Gerichtsbehörde oder gegen den Direktor oder Chef der beteiligten Verwaltung gerichtet ist: bei der Beschwerdekammer;
b  in den übrigen Fällen: beim Direktor oder Chef der beteiligten Verwaltung.
3    Berichtigt der Direktor oder Chef der beteiligten Verwaltung in den Fällen von Absatz 2 Buchstabe b die Amtshandlung oder Säumnis im Sinne der gestellten Anträge, so fällt die Beschwerde dahin; andernfalls hat er sie mit seiner Äusserung spätestens am dritten Werktag nach ihrem Eingang an die Beschwerdekammer weiterzuleiten.
VStrR der Anklagekammer des Bundesgerichts. Gleichzeitig beantragte sie die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne.
Erwägungen

Die Anklagekammer zieht in Erwägung:

1. a) Nach Art. 28
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 28 - 1 Zur Beschwerde ist berechtigt, wer durch die angefochtene Amtshandlung, die gerügte Säumnis oder den Beschwerdeentscheid (Art. 27 Abs. 2) berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung hat; zur Beschwerde gegen die Freilassung eines vorläufig Festgenommenen oder Verhafteten durch die kantonale Gerichtsbehörde (Art. 51 Abs. 5, 59 Abs. 3) ist auch der Direktor oder Chef der beteiligten Verwaltung befugt.
1    Zur Beschwerde ist berechtigt, wer durch die angefochtene Amtshandlung, die gerügte Säumnis oder den Beschwerdeentscheid (Art. 27 Abs. 2) berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung hat; zur Beschwerde gegen die Freilassung eines vorläufig Festgenommenen oder Verhafteten durch die kantonale Gerichtsbehörde (Art. 51 Abs. 5, 59 Abs. 3) ist auch der Direktor oder Chef der beteiligten Verwaltung befugt.
2    Mit der Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts oder die Unangemessenheit gerügt werden; vorbehalten bleibt Artikel 27 Absatz 3.
3    Die Beschwerde gegen eine Amtshandlung oder gegen einen Beschwerdeentscheid ist innert drei Tagen, nachdem der Beschwerdeführer von der Amtshandlung Kenntnis erhalten hat oder ihm der Beschwerdeentscheid eröffnet worden ist, bei der zuständigen Behörde schriftlich mit Antrag und kurzer Begründung einzureichen; befindet sich der Beschwerdeführer in Haft, so genügt die Aushändigung der Beschwerde an die Gefängnisleitung, die zur sofortigen Weiterleitung verpflichtet ist.
4    Die bei der unzuständigen Behörde eingereichte Beschwerde ist unverzüglich der zuständigen Behörde zu überweisen; rechtzeitige Einreichung der Beschwerde bei der unzuständigen Behörde wahrt die Beschwerdefrist.
5    Die Beschwerde hat, wenn es das Gesetz nicht anders bestimmt, keine aufschiebende Wirkung, soweit sie ihr nicht durch vorsorgliche Verfügung der Beschwerdeinstanz oder ihres Präsidenten verliehen wird.
VStrR ist zur Beschwerde berechtigt, wer durch die angefochtene Amtshandlung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Die Beschwerde an die Anklagekammer des Bundesgerichts im Verwaltungsstrafverfahren setzt demnach ein aktuelles Rechtsschutzbedürfnis voraus. Zur Beschwerdeführung ist nur befugt, wer durch den angefochtenen Entscheid (noch) zumindest teilweise beschwert und demzufolge an dessen Änderung interessiert ist. Ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt,
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wenn der Beschwerdeführer durch den Entscheid, den er anficht, nicht mehr beschwert ist. So wird die Haftbeschwerde eines Verhafteten nach konstanter Praxis als gegenstandslos abgeschrieben, wenn der Beschwerdeführer während des Beschwerdeverfahrens freigelassen wurde. Ein Freigelassener kann mit einer Haftbeschwerde auch nicht die gerichtliche Feststellung verlangen, er sei zu Unrecht verhaftet worden, sondern es steht ihm höchstens zu, eine Entschädigung wegen ungerechtfertigter Haft im Sinne von Art. 99 ff
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 99 - 1 Dem Beschuldigten, gegen den das Verfahren eingestellt oder der nur wegen Ordnungswidrigkeit bestraft wird, ist auf Begehren eine Entschädigung für die Untersuchungshaft und für andere Nachteile, die er erlitten hat, auszurichten; sie kann jedoch ganz oder teilweise verweigert werden, wenn er die Untersuchung schuldhaft verursacht oder das Verfahren mutwillig erschwert oder verlängert hat.
1    Dem Beschuldigten, gegen den das Verfahren eingestellt oder der nur wegen Ordnungswidrigkeit bestraft wird, ist auf Begehren eine Entschädigung für die Untersuchungshaft und für andere Nachteile, die er erlitten hat, auszurichten; sie kann jedoch ganz oder teilweise verweigert werden, wenn er die Untersuchung schuldhaft verursacht oder das Verfahren mutwillig erschwert oder verlängert hat.
2    Dem Inhaber eines beschlagnahmten Gegenstandes oder einer durchsuchten Wohnung, der nicht als Beschuldigter ins Verfahren einbezogen worden ist, steht ein Anspruch auf Entschädigung zu, insoweit er unverschuldet einen Nachteil erlitten hat.
3    Die Entschädigung geht zu Lasten des Bundes.
. VStrR geltend zu machen oder eine Aufsichtsbeschwerde gegen den Untersuchungsbeamten zu führen, von dem er glaubt, er habe ihn zu Unrecht verhaftet. Was für die Verhaftung als schwerstem Eingriff in die persönliche Freiheit gilt, muss sinngemäss auch für weniger weitgehende Zwangsmassnahmen gelten. b) Der Beschwerdeführer macht im vorliegenden Fall vor allem geltend, die Untersuchungsbeamten hätten - sich ihm gegenüber, trotz wiederholten Aufforderungen und entgegen der Vorschrift des Art. 49
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 49 - 1 Vor Beginn der Durchsuchung hat sich der untersuchende Beamte auszuweisen.
1    Vor Beginn der Durchsuchung hat sich der untersuchende Beamte auszuweisen.
2    Der anwesende Inhaber der Räume ist über den Grund ihrer Durchsuchung zu unterrichten und zu dieser beizuziehen; anstelle des abwesenden Inhabers ist ein Verwandter oder Hausgenosse beizuziehen. Im weitern ist die von der zuständigen kantonalen Behörde bezeichnete Amtsperson oder, falls der untersuchende Beamte von sich aus durchsucht, ein Mitglied der Gemeindebehörde oder ein Kantons-, Bezirks- oder Gemeindebeamter beizuziehen, der darüber wacht, dass sich die Massnahme nicht von ihrem Zweck entfernt. Ist Gefahr im Verzuge oder stimmt der Inhaber der Räume zu, so kann der Beizug von Amtspersonen, Hausgenossen oder Verwandten unterbleiben.
3    An Sonn- und allgemeinen Feiertagen und zur Nachtzeit darf im Allgemeinen nur in wichtigen Fällen und bei dringender Gefahr eine Durchsuchung stattfinden.
4    Das Protokoll über die Durchsuchung wird im Beisein der Beteiligten sofort aufgenommen; auf Verlangen ist den Beteiligten ein Doppel des Durchsuchungsbefehls und des Protokolls auszuhändigen.
VStrR, nicht ausgewiesen; - alle in seiner Handtasche und im Auto vorgefundenen Papiere durchsucht, ein bis zwei an ihn adressierte, noch verschlossene Briefe geöffnet und gelesen, sich dabei in spöttischer Weise über den Inhalt unterhalten und dadurch gegen Art. 50
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 50 - 1 Papiere sind mit grösster Schonung der Privatgeheimnisse zu durchsuchen; insbesondere sollen Papiere nur dann durchsucht werden, wenn anzunehmen ist, dass sich Schriften darunter befinden, die für die Untersuchung von Bedeutung sind.
1    Papiere sind mit grösster Schonung der Privatgeheimnisse zu durchsuchen; insbesondere sollen Papiere nur dann durchsucht werden, wenn anzunehmen ist, dass sich Schriften darunter befinden, die für die Untersuchung von Bedeutung sind.
2    Bei der Durchsuchung sind das Amtsgeheimnis sowie Geheimnisse, die Geistlichen, Rechtsanwälten, Notaren, Ärzten, Apothekern, Hebammen und ihren beruflichen Gehilfen in ihrem Amte oder Beruf anvertraut wurden, zu wahren.
3    Dem Inhaber der Papiere ist wenn immer möglich Gelegenheit zu geben, sich vor der Durchsuchung über ihren Inhalt auszusprechen. Erhebt er gegen die Durchsuchung Einsprache, so werden die Papiere versiegelt und verwahrt, und es entscheidet die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts über die Zulässigkeit der Durchsuchung (Art. 25 Abs. 1).
VStrR verstossen; - ihn wie einen Verbrecher in ein Polizeiauto verbracht, einer Leibesvisitation unterzogen und dadurch den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzt; - ihn während der Untersuchung in unzulässiger Weise unter Druck gesetzt. Durch alle diese Vorkommnisse ist der Beschwerdeführer heute nicht mehr beschwert. Auf seine Beschwerde ist deshalb insoweit nicht einzutreten. Sollte er der Ansicht sein, die fraglichen Beamten hätten die ihnen zustehenden Kompetenzen überschritten, stünde es ihm frei, gegen jene eine Aufsichtsbeschwerde zu erheben oder allenfalls eine Verantwortlichkeitsklage einzuleiten. Die Anklagekammer des Bundesgerichts kann im Verwaltungsstrafverfahren gegenüber Kompetenzüberschreitungen der behaupteten Art nicht als Disziplinarbehörde angerufen werden.
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3. a) Nach Art. 46 Abs. 1 lit. a
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 46 - 1 Vom untersuchenden Beamten sind mit Beschlag zu belegen:
1    Vom untersuchenden Beamten sind mit Beschlag zu belegen:
a  Gegenstände, die als Beweismittel von Bedeutung sein können;
b  Gegenstände und andere Vermögenswerte, die voraussichtlich der Einziehung unterliegen;
c  die dem Staate verfallenden Geschenke und anderen Zuwendungen.
2    Andere Gegenstände und Vermögenswerte, die zur Begehung der Widerhandlung gedient haben oder durch die Widerhandlung hervorgebracht worden sind, können beschlagnahmt werden, wenn es zur Verhinderung neuer Widerhandlungen oder zur Sicherung eines gesetzlichen Pfandrechtes als erforderlich erscheint.
3    Gegenstände und Unterlagen aus dem Verkehr einer Person mit ihrem Anwalt dürfen nicht beschlagnahmt werden, sofern dieser nach dem Anwaltsgesetz vom 23. Juni 200052 zur Vertretung vor schweizerischen Gerichten berechtigt ist und im gleichen Sachzusammenhang nicht selber beschuldigt ist.53
VStrR dürfen im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens unter anderem Gegenstände mit Beschlag belegt werden, die als Beweismittel von Bedeutung sein können. b) Der beschlagnahmte Scanner, die Mini-Kassetten, das Kleintonband-Gerät und das beschlagnahmte Blatt A4 mit Kroki und Polizei- und PTT-Wagennummern waren geeignet, den Beweis dafür zu erbringen, dass der Beschwerdeführer in verbotener Weise den Polizeifunk abgehört und aufgezeichnet hatte. Die Beschlagnahme der genannten Gegenstände war demnach gerechtfertigt. Dass der Scanner und die beiden Mini-Kassetten als Beweismittel von Bedeutung sein können, wird übrigens vom Beschwerdeführer selber anerkannt. Die beschlagnahmten weiteren Kassetten konnten möglicherweise Aufzeichnungen für die Piratensendungen "Atlantis", "Atlantis I" oder "Atlantis II" enthalten. Diese Gegenstände konnten an Ort und Stelle nicht überprüft werden, so dass deren Beschlagnahme zur Beweissicherung ebenfalls gerechtfertigt war. Die beschlagnahmten Stabantennen sind je nach ihrer Beschaffenheit für den UKW- oder KW-Sende- und Empfangsbetrieb verwendbar. In der Untersuchung wird durch Messungen und Vergleichungen abzuklären sein, ob sie sowie die beschlagnahmten Mikrofone und das beschlagnahmte weitere Material allenfalls für den Betrieb des Piratensenders "Atlantis", "Atlantis I" oder "Atlantis II" verwendet wurden. Insoweit können diese Gegenstände als Beweismittel ebenfalls von Bedeutung sein, so dass ihre Beschlagnahme zu Recht erfolgte. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer sich im Zeitpunkt der vom "Piratensender 101" ausgestrahlten Sendung in Zürich aufhielt, beweist entgegen der in der Beschwerde vertretenen Meinung noch nicht, dass der Beschwerdeführer mit dieser oder anderen Piratensendungen nichts zu tun gehabt habe. Einerseits konnte der "Piratensender 101" automatisch oder möglicherweise durch eine vom Beschwerdeführer angestellte Hilfsperson in Betrieb gesetzt worden sein und anderseits wird in der Untersuchung abgeklärt werden müssen, ob das beschlagnahmte Material allenfalls für die Sendungen von "Atlantis", "Atlantis I" oder "Atlantis II" verwendet wurde. c) Die Beschlagnahme der fraglichen Gegenstände hält

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demnach vor dem Gesetze stand. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit ist durch diese Massnahme nicht verletzt, weil im Bereich der Piratensendungen wie in demjenigen des Hobbyfunks weniger einschneidende Massnahmen in der Regel nicht geeignet sind, die durch die Telegraphen und Telefonverkehrsgesetzgebung angestrebte gute Ordnung zu sichern. Der Beschlagnahme im Sinne von Art. 46
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 46 - 1 Vom untersuchenden Beamten sind mit Beschlag zu belegen:
1    Vom untersuchenden Beamten sind mit Beschlag zu belegen:
a  Gegenstände, die als Beweismittel von Bedeutung sein können;
b  Gegenstände und andere Vermögenswerte, die voraussichtlich der Einziehung unterliegen;
c  die dem Staate verfallenden Geschenke und anderen Zuwendungen.
2    Andere Gegenstände und Vermögenswerte, die zur Begehung der Widerhandlung gedient haben oder durch die Widerhandlung hervorgebracht worden sind, können beschlagnahmt werden, wenn es zur Verhinderung neuer Widerhandlungen oder zur Sicherung eines gesetzlichen Pfandrechtes als erforderlich erscheint.
3    Gegenstände und Unterlagen aus dem Verkehr einer Person mit ihrem Anwalt dürfen nicht beschlagnahmt werden, sofern dieser nach dem Anwaltsgesetz vom 23. Juni 200052 zur Vertretung vor schweizerischen Gerichten berechtigt ist und im gleichen Sachzusammenhang nicht selber beschuldigt ist.53
VStrR kommt im übrigen nur provisorischer Charakter zu; sie wird aufgehoben, wenn sich der gegenüber dem Beschwerdeführer entstandene Verdacht im Laufe der Untersuchung als unbegründet erweist und sich herausstellt, dass er das beschlagnahmte Material, wie er behauptet, erst am Nachmittag des 6. Juni 1977 für den Aufbau einer Lautsprecheranlage für ein Fussballspiel ausgeliehen hat. Die Beschwerde ist deshalb in diesem Punkte als unbegründet abzuweisen.
Dispositiv

Demnach erkennt die Anklagekammer:
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 103 IV 115
Date : 23. Juni 1977
Published : 31. Dezember 1977
Source : Bundesgericht
Status : 103 IV 115
Subject area : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Subject : 1. Art. 28 VStrR. Zur Beschwerdeführung ist nur befugt, wer durch den angefochtenen Entscheid (noch) zumindest teilweise


Legislation register
VStrR: 26  28  37  45  46  49  50  99
BGE-register
103-IV-115
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