103 Ib 315
51. Auszug aus dem Urteil vom 9. Dezember 1977 i.S. Leyer und Mitbeteiligte gegen Schweiz. Schulrat und Verband der Studierenden an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich
Regeste (de):
- Verfahren; Art. 99 lit. b
OG.
- Ein "Tarif" ist ein nach irgendwelchen Gesichtspunkten abgestuftes System von Geldleistungen.
Regeste (fr):
- Procédure; art. 99 let. b OJ.
- Un "tarif" est, à n'importe quel point de vue, un système de prestations pécuniaires échelonné.
Regesto (it):
- Procedura; art. 99 lett. b
OG.
- Una "tariffa" è un sistema di prestazioni pecuniarie graduate secondo un determinato criterio.
Sachverhalt ab Seite 315
BGE 103 Ib 315 S. 315
Gestützt auf Art. 22 des vom Bundesrat erlassenen Reglementes für die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETHZ) (vom 16. April 1924, SR 414.131) zieht die Kasse der ETHZ von allen Studierenden jedes Semester einen öffentlich-rechtlichen Beitrag unter dem Titel "VSETH und Fachvereine"
BGE 103 Ib 315 S. 316
ein. Der Verband der Studierenden an der ETHZ (VSETH) ist ein privatrechtlicher Verein, dem gemäss Statuten alle an der ETHZ eingeschriebenen Studierenden und Fachhörer angehören, soweit sie nicht bei der Einschreibung die Mitgliedschaft im VSETH durch eine gegenüber dem Vorstand des VSETH abgegebene schriftliche Erklärung ausdrücklich abgelehnt haben. Die Mitgliedschaft erlischt mit der Exmatrikulation. Am 29. Mai 1975 erging "im Auftrag des Betriebsdirektors" der ETHZ eine Verfügung, nach der auf Begehren des VSETH der Beitrag vom Wintersemester 1975/76 an von bisher Fr. 21.-- um Fr. 1.-- auf Fr. 22.-- erhöht wurde. Gegen diese Verfügung erhob Felix Leyer mit drei Mitunterzeichnern Verwaltungsbeschwerde beim Schweizerischen Schulrat, der sie teilweise guthiess. Die gegen diesen Entscheid erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird vom Bundesgericht gutgeheissen und die Sache zur Neubeurteilung an den Schweizerischen Schulrat zurückgewiesen.
Erwägungen
Erwägung:
4. Ist vom Verfügungscharakter des in Frage stehenden Entscheides auszugehen, so frägt sich weiter, ob dieser einen Tarif im Sinne von Art. 99 lit. b


BGE 103 Ib 315 S. 317
Art des Bundes oder gegen den Bund". Sie seien von der Beschwerde ausgenommen worden, weil Streitigkeiten über die gleichartigen Abgaben der Privatbahnen der Beschwerde nicht unterstellt werden konnten. Derartige Anstände gehörten vor den Zivilrichter, soweit es sich nicht um Akte handle, die die Verwaltungsbehörde im Rahmen ihrer eigenen Kompetenz treffen könne. Im bundesrätlichen Entwurf über die Änderung des OG vom 24. September 1965 (BBl 1965 II S. 1333 ff.) war nach Art. 100 lit. e die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausgeschlossen gegen die "Verweigerung der Genehmigung oder die Genehmigung von technischen Projekten oder von Tarifen, ausgenommen von Prämientarifen privater Versicherungsunternehmungen". Der Bundesrat führt in seiner Botschaft an die eidg. Räte hierzu aus, die Genehmigung von technischen Projekten oder von Tarifen werde an die "Erfüllung überwiegend technischer Voraussetzungen gebunden" und eigne sich aus diesem Grund nicht für eine gerichtliche Überprüfung (BBl 1965 II S. 1313). Die geänderte geltende Fassung entspricht ihrem Wortlaut nach einem Kommissionsantrag in den Räten, und gab dort zu keinen besonderen Diskussionen Anlass (Sten.Bull. 1967 Nationalrat S. 34 f., Ständerat S. 349, Art. 98bis lit. b). Damit folgten die Räte dem bundesrätlichen Antrag nicht, "technische Projekte" generell von der Anfechtung durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde auszunehmen. Sie haben darüber hinaus generell zum Ausdruck gebracht, den Kreis der nicht justiziablen Anfechtungsobjekte enger ziehen zu wollen als der Bundesrat. Dies muss dazu führen, auch den Tarifbegriff in Art. 99 lit. b

BGE 103 Ib 315 S. 318
einer (echten) Gebühr als staatlich festgesetztes Entgelt für eine staatliche oder im öffentlichen Interesse und unter öffentlicher Aufsicht durch Private erbrachte Leistung verstanden werden (Gebührentarif). - Für die Beurteilung im vorliegenden Fall lassen sich keine Rückschlüsse aus dem allgemeinen Wortgebrauch gewinnen. Von seinem Sinngehalt her muss Art. 99


BGE 103 Ib 315 S. 319
abgestuftes System von Geldleistungen darstellt. In diesem Sinne ist in BGE 100 Ib 330 die Rede von "generell-abstrakten Regelungen von nach irgendwelchen Kriterien abgestuften Geldzahlungen, insbesondere von Entgelten für Leistungen der Angehörigen bestimmter Berufe oder bestimmter Dienstleistungsbetriebe". d) Das Bundesgericht nimmt in ständiger Rechtsprechung an, nur die Verfügung, die den Erlass oder die Genehmigung eines Tarifes als Ganzes zum Gegenstand habe, könne nicht durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden, wohl aber die Anwendung des Tarifs durch Verfügung im Einzelfall (BGE 101 Ib 72 E. 1, 464 E. 1; BGE 100 Ib 330, BGE 100 V 3 E. 1a entsprechend für Art. 129 Abs. 1 lit. b

Hinzu kommt, dass es den Beschwerdeführern nicht in erster Linie um die konkrete zahlenmässige Ausgestaltung der
BGE 103 Ib 315 S. 320
Gebühr, sondern um die Frage geht, ob eine gesetzliche Grundlage dafür gegeben sei, und die Delegation der Verfügungsbefugnis vor dem Bundesrecht standhalte. Auf die Beschwerde ist daher unter dem Gesichtspunkt von Art. 99 lit. b
