Urteilskopf

102 IV 256

59. Urteil des Kassationshofes vom 21. Oktober 1976 i.S. J. gegen Motorfahrzeugkontrolle des Kantons Graubünden
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 256

BGE 102 IV 256 S. 256

A.- Am Abend des 14. November 1975 ergab die automatische Radarkontrolle in Küblis, dass ein mit Kontrollschildern der Bundesrepublik Deutschland versehener Personenwagen mit einer Geschwindigkeit gefahren ist, welche die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 10 km/h überschritt. Als Halter wurde J. ermittelt. In der polizeilichen Befragung an seinem Wohnort bestritt er, den Wagen selbst geführt zu haben. Unter Berufung auf das Zeugnisverweigerungsrecht gegenüber Verwandten lehnte er es ab, den Namen des tatsächlichen Fahrzeuglenkers zu nennen.

B.- Am 15. März 1976 verfällte die Motorfahrzeugkontrolle des Kantons Graubünden J. in eine Busse von Fr. 40.--. Der Gebüsste erhob gegen diese Verfügung Rekurs beim Verwaltungsgericht Graubünden. Der Ausschuss dieses Gerichts wies die Beschwerde am 21. Mai 1976 ab. Er bezeichnete
BGE 102 IV 256 S. 257

es als gerechtfertigt, in Fällen geringfügiger Verkehrsübertretungen den Halter eines Motorfahrzeuges zur Rechenschaft zu ziehen, wenn dieser durch den Einwand, nicht selbst gefahren zu sein, die Verantwortung nicht übernehmen wolle und den Namen des fehlbaren Lenkers nicht bekanntgebe. In solchen Fällen könne den Polizeiorganen nicht zugemutet werden, zeitraubende und regelmässig erfolglose Nachforschungen nach dem wirklichen Täter anzustellen.
C.- Der Verteidiger führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Verwaltungsgerichts-Ausschusses sei aufzuheben und J. von Schuld und Strafe freizusprechen. Die Motorfahrzeugkontrolle beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Die Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen hat rein kassatorischen Charakter. Das Bundesgericht kann daher, wenn es eine Beschwerde für begründet hält, nicht selber ein materiell neues Urteil fällen, sondern nur das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur Entscheidung an die Vorinstanz zurückweisen (Art. 277ter
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 1 - Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt.
BStP). In diesem Sinne ist das Rechtsbegehren des Beschwerdeführers entgegenzunehmen.
2. Die Verletzung einer allgemeinen Verkehrsregel, wie das Fahren mit übersetzter Geschwindigkeit (Art. 32
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 32 - 1 Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung, sowie den Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen. Wo das Fahrzeug den Verkehr stören könnte, ist langsam zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, namentlich vor unübersichtlichen Stellen, vor nicht frei überblickbaren Strassenverzweigungen sowie vor Bahnübergängen.
1    Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung, sowie den Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen. Wo das Fahrzeug den Verkehr stören könnte, ist langsam zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, namentlich vor unübersichtlichen Stellen, vor nicht frei überblickbaren Strassenverzweigungen sowie vor Bahnübergängen.
2    Der Bundesrat beschränkt die Geschwindigkeit der Motorfahrzeuge auf allen Strassen.108
3    Die vom Bundesrat festgesetzte Höchstgeschwindigkeit kann für bestimmte Strassenstrecken von der zuständigen Behörde nur auf Grund eines Gutachtens herab- oder heraufgesetzt werden. Der Bundesrat kann Ausnahmen vorsehen.109
4    ...110
5    ...111
SVG), wird auf Grund der allgemeinen Strafbestimmung des Art. 90
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 90 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt.
1    Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt.
2    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt.
3    Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu vier Jahren wird bestraft, wer durch vorsätzliche Verletzung elementarer Verkehrsregeln das hohe Risiko eines Unfalls mit Schwerverletzten oder Todesopfern eingeht, namentlich durch besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, waghalsiges Überholen oder Teilnahme an einem nicht bewilligten Rennen mit Motorfahrzeugen.
3bis    Die Mindeststrafe von einem Jahr kann bei Widerhandlungen gemäss Absatz 3 unterschritten werden, wenn ein Strafmilderungsgrund nach Artikel 48 StGB235 vorliegt, insbesondere wenn der Täter aus achtenswerten Beweggründen gehandelt hat.236
3ter    Der Täter kann bei Widerhandlungen gemäss Absatz 3 mit Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren oder Geldstrafe bestraft werden, wenn er nicht innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Tat wegen eines Verbrechens oder Vergehens im Strassenverkehr mit ernstlicher Gefahr für die Sicherheit anderer, respektive mit Verletzung oder Tötung anderer verurteilt wurde.237
4    Eine besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit liegt vor, wenn diese überschritten wird um:
a  mindestens 40 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 30 km/h beträgt;
b  mindestens 50 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 50 km/h beträgt;
c  mindestens 60 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 80 km/h beträgt;
d  mindestens 80 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit mehr als 80 km/h beträgt.238
5    Artikel 237 Ziffer 2 des Strafgesetzbuches239 findet in diesen Fällen keine Anwendung.
SVG geahndet. Nach dieser macht sich jeder Strassenbenützer strafbar, der durch sein Verhalten einer Verkehrsregel zuwiderhandelt. Ausser dem Täter sind auch Teilnehmer im Sinne der Art. 24
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 24 - 1 Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
1    Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
2    Wer jemanden zu einem Verbrechen zu bestimmen versucht, wird wegen Versuchs dieses Verbrechens bestraft.
und 25
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft.
StGB strafbar (Art. 102 Ziff. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 102 - 1 Die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches267 sind anwendbar, soweit dieses Gesetz keine abweichenden Vorschriften enthält.
1    Die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches267 sind anwendbar, soweit dieses Gesetz keine abweichenden Vorschriften enthält.
2    Die besonderen Bestimmungen des Strafgesetzbuches bleiben vorbehalten, ebenso die Gesetzgebung über die Bahnpolizei.
SVG), soweit nicht die besonderen Bestimmungen des SVG über die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Arbeitgebers oder Vorgesetzten des Fahrzeugführers und der Begleiter von Fahrschülern Anwendung finden (Art. 100 Ziff. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 100 - 1. Bestimmt es dieses Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist auch die fahrlässige Handlung strafbar.
1    Bestimmt es dieses Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist auch die fahrlässige Handlung strafbar.
2    Der Arbeitgeber oder Vorgesetzte, der eine nach diesem Gesetz strafbare Handlung des Motorfahrzeugführers veranlasst oder nicht nach seinen Möglichkeiten verhindert hat, untersteht der gleichen Strafandrohung wie der Führer.262
3    Für strafbare Handlungen auf Lernfahrten ist der Begleiter verantwortlich, wenn er die Pflichten verletzt hat, die ihm als Folge der Übernahme der Begleitung oblagen.
4    Missachtet der Führer eines Feuerwehr-, Sanitäts-, Polizei- oder Zollfahrzeugs auf dringlichen oder taktisch notwendigen Dienstfahrten Verkehrsregeln oder besondere Anordnungen für den Verkehr, so macht er sich nicht strafbar, wenn er alle Sorgfalt walten lässt, die nach den Umständen erforderlich ist. Auf dringlichen Dienstfahrten ist die Missachtung nur dann nicht strafbar, wenn der Führer zudem die erforderlichen Warnsignale abgibt; die Abgabe der Warnsignale ist ausnahmsweise nicht erforderlich, wenn sie der Erfüllung der gesetzlichen Aufgabe entgegensteht. Hat der Führer nicht die Sorgfalt walten lassen, die nach den Umständen erforderlich war, oder hat er auf dringlichen Dienstfahrten nicht die erforderlichen Warnsignale abgegeben, so bleibt seine Strafbarkeit bestehen, die Strafe ist aber zu mildern.263 264
5    Im Falle von Geschwindigkeitsüberschreitungen, die auf dringlichen oder aus taktischen Gründen notwendigen Dienstfahrten begangen werden, wird lediglich die Differenz zur Geschwindigkeit berücksichtigt, die für den Einsatz angemessen gewesen wäre.265
und 3
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 100 - 1. Bestimmt es dieses Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist auch die fahrlässige Handlung strafbar.
1    Bestimmt es dieses Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist auch die fahrlässige Handlung strafbar.
2    Der Arbeitgeber oder Vorgesetzte, der eine nach diesem Gesetz strafbare Handlung des Motorfahrzeugführers veranlasst oder nicht nach seinen Möglichkeiten verhindert hat, untersteht der gleichen Strafandrohung wie der Führer.262
3    Für strafbare Handlungen auf Lernfahrten ist der Begleiter verantwortlich, wenn er die Pflichten verletzt hat, die ihm als Folge der Übernahme der Begleitung oblagen.
4    Missachtet der Führer eines Feuerwehr-, Sanitäts-, Polizei- oder Zollfahrzeugs auf dringlichen oder taktisch notwendigen Dienstfahrten Verkehrsregeln oder besondere Anordnungen für den Verkehr, so macht er sich nicht strafbar, wenn er alle Sorgfalt walten lässt, die nach den Umständen erforderlich ist. Auf dringlichen Dienstfahrten ist die Missachtung nur dann nicht strafbar, wenn der Führer zudem die erforderlichen Warnsignale abgibt; die Abgabe der Warnsignale ist ausnahmsweise nicht erforderlich, wenn sie der Erfüllung der gesetzlichen Aufgabe entgegensteht. Hat der Führer nicht die Sorgfalt walten lassen, die nach den Umständen erforderlich war, oder hat er auf dringlichen Dienstfahrten nicht die erforderlichen Warnsignale abgegeben, so bleibt seine Strafbarkeit bestehen, die Strafe ist aber zu mildern.263 264
5    Im Falle von Geschwindigkeitsüberschreitungen, die auf dringlichen oder aus taktischen Gründen notwendigen Dienstfahrten begangen werden, wird lediglich die Differenz zur Geschwindigkeit berücksichtigt, die für den Einsatz angemessen gewesen wäre.265
SVG). Im vorliegenden Falle ist weder festgestellt, dass der Beschwerdeführer die in Frage stehende Geschwindigkeitsübertretung als Fahrzeuglenker begangen habe, noch dass er als Teilnehmer gemäss StGB oder SVG an der Widerhandlung eines andern Fahrzeuglenkers beteiligt gewesen sei. Die Vorinstanz hat ihn ausschliesslich in seiner Eigenschaft als Halter des von der Radaranlage erfassten Fahrzeuges zur Rechenschaft
BGE 102 IV 256 S. 258

gezogen und gebüsst. Hiefür fehlt indessen eine gesetzliche Grundlage. Die besonderen Pflichten der Halter und ihre strafrechtliche Verantwortlichkeit für Widerhandlungen anderer Lenker ihres Fahrzeuges werden im SVG und in den dazu gehörenden Verordnungen einzeln umschrieben und abschliessend geregelt. So macht sich der Halter vor allem strafbar, wenn er ein Fahrzeug Dritten überlässt, obschon es sich in nicht betriebssicherem Zustande befindet (Art. 93 Ziff. 2 Abs. 2) oder der Dritte keinen Führerausweis besitzt (Art. 95 Ziff. 1 Abs. 3), ferner wenn er ein Fahrzeug ohne Fahrzeugausweis, Kontrollschilder oder ohne Haftpflichtversicherung oder ohne die für die Fahrt erforderliche Bewilligung usw. benützen lässt (Art. 96 Ziff. 3
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 96 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer:
1    Mit Busse wird bestraft, wer:
a  ohne den erforderlichen Fahrzeugausweis oder die Kontrollschilder ein Motorfahrzeug führt oder einen Anhänger mitführt;
b  ohne Bewilligung Fahrten durchführt, die nach diesem Gesetz einer Bewilligung bedürfen;
c  die mit dem Fahrzeugausweis oder der Bewilligung von Gesetzes wegen oder im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen, namentlich über das zulässige Gesamtgewicht, missachtet.
2    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer ein Motorfahrzeug führt, obwohl er weiss oder bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit wissen kann, dass die vorgeschriebene Haftpflichtversicherung nicht besteht. In leichten Fällen ist die Strafe Geldstrafe.251
3    Den gleichen Strafandrohungen untersteht der Halter oder die Person, die an seiner Stelle über das Fahrzeug verfügt, wenn er oder sie von der Widerhandlung Kenntnis hatte oder bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit haben konnte.
). Das SVG enthält aber keine Norm, die den Halter für die von einem andern Lenker begangene Verletzung einer der im 3. Titel aufgestellten allgemeinen Verkehrsregeln (Art. 26
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 26 - 1 Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet.
1    Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet.
2    Besondere Vorsicht ist geboten gegenüber Kindern, Gebrechlichen und alten Leuten, ebenso wenn Anzeichen dafür bestehen, dass sich ein Strassenbenützer nicht richtig verhalten wird.
-57
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 57 - 1 Der Bundesrat kann ergänzende Verkehrsvorschriften erlassen und für besondere Verhältnisse Ausnahmen von den Verkehrsregeln vorsehen, namentlich für das Militär und den Zivilschutz. Er kann solche Vorschriften auch für Einbahnstrassen erlassen.133
1    Der Bundesrat kann ergänzende Verkehrsvorschriften erlassen und für besondere Verhältnisse Ausnahmen von den Verkehrsregeln vorsehen, namentlich für das Militär und den Zivilschutz. Er kann solche Vorschriften auch für Einbahnstrassen erlassen.133
2    Er bezeichnet nach Anhören der Kantone die Hauptstrassen mit Vortrittsrecht.
3    Er erlässt Bestimmungen über:
a  die Zeichengebung durch die Polizei und, im Einvernehmen mit den Kantonen, die Kennzeichnung der Verkehrspolizei;
b  die Kontrolle der Fahrzeuge und ihrer Führer an der Landesgrenze;
c  die Kontrolle der Fahrzeuge des Bundes und ihrer Führer;
d  die Verkehrsregelung durch das Militär;
e  die Tatbestandsaufnahme bei Unfällen, an denen Militärmotorfahrzeuge beteiligt sind.
4    ...134
5    Der Bundesrat kann vorschreiben, dass:
a  Insassen von Motorwagen Rückhaltevorrichtungen (Sicherheitsgurten u. dgl.) benützen;
b  Führer und Mitfahrer von motorisierten Zweirädern sowie von Leicht-, Klein- und dreirädrigen Motorfahrzeugen Schutzhelme tragen.136
) generell mitverantwortlich erklärte. Ebensowenig ermächtigt das SVG den Richter, für solche Übertretungen, seien sie auch geringfügiger Art, den Motorfahrzeughalter anstelle des Fahrzeuglenkers strafrechtlich zur Rechenschaft zu ziehen, wenn der Halter seine Täterschaft bestreitet und den Namen des wirklichen Lenkers nicht bekanntgibt. Die Vorinstanz stützt ihren Entscheid denn auch einzig auf Überlegungen der Zweckmässigkeit, die aber die fehlende Strafbestimmung nicht zu ersetzen vermögen. Damit verstösst das angefochtene Urteil gegen den auch im Strassenverkehrsrecht geltenden Grundsatz des Art. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 1 - Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt.
StGB, wonach eine Tat nur dann strafbar ist, wenn sie vom Gesetz ausdrücklich mit Strafe bedroht wird. Die Motorfahrzeugkontrolle hätte, wenn sie weitere Erhebungen zur Feststellung des tatsächlichen Fahrzeuglenkers für nutzlos hielt, das Verfahren richtigerweise einstellen müssen.

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, der Entscheid des Verwaltungsgerichts-Ausschusses des Kantons Graubünden vom 21. Mai 1976 aufgehoben und die Sache zum Freispruch des Beschwerdeführers an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 102 IV 256
Datum : 21. Oktober 1976
Publiziert : 31. Dezember 1976
Quelle : Bundesgericht
Status : 102 IV 256
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : Art. 90 SVG, Art. 1 StGB. Es ist unzulässig, den Motorfahrzeughalter für eine Verkehrsregelverletzung des Fahrzeuglenkers


Gesetzesregister
BStP: 277ter
SVG: 26 
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 26 - 1 Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet.
1    Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet.
2    Besondere Vorsicht ist geboten gegenüber Kindern, Gebrechlichen und alten Leuten, ebenso wenn Anzeichen dafür bestehen, dass sich ein Strassenbenützer nicht richtig verhalten wird.
32 
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 32 - 1 Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung, sowie den Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen. Wo das Fahrzeug den Verkehr stören könnte, ist langsam zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, namentlich vor unübersichtlichen Stellen, vor nicht frei überblickbaren Strassenverzweigungen sowie vor Bahnübergängen.
1    Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung, sowie den Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen. Wo das Fahrzeug den Verkehr stören könnte, ist langsam zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, namentlich vor unübersichtlichen Stellen, vor nicht frei überblickbaren Strassenverzweigungen sowie vor Bahnübergängen.
2    Der Bundesrat beschränkt die Geschwindigkeit der Motorfahrzeuge auf allen Strassen.108
3    Die vom Bundesrat festgesetzte Höchstgeschwindigkeit kann für bestimmte Strassenstrecken von der zuständigen Behörde nur auf Grund eines Gutachtens herab- oder heraufgesetzt werden. Der Bundesrat kann Ausnahmen vorsehen.109
4    ...110
5    ...111
57 
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 57 - 1 Der Bundesrat kann ergänzende Verkehrsvorschriften erlassen und für besondere Verhältnisse Ausnahmen von den Verkehrsregeln vorsehen, namentlich für das Militär und den Zivilschutz. Er kann solche Vorschriften auch für Einbahnstrassen erlassen.133
1    Der Bundesrat kann ergänzende Verkehrsvorschriften erlassen und für besondere Verhältnisse Ausnahmen von den Verkehrsregeln vorsehen, namentlich für das Militär und den Zivilschutz. Er kann solche Vorschriften auch für Einbahnstrassen erlassen.133
2    Er bezeichnet nach Anhören der Kantone die Hauptstrassen mit Vortrittsrecht.
3    Er erlässt Bestimmungen über:
a  die Zeichengebung durch die Polizei und, im Einvernehmen mit den Kantonen, die Kennzeichnung der Verkehrspolizei;
b  die Kontrolle der Fahrzeuge und ihrer Führer an der Landesgrenze;
c  die Kontrolle der Fahrzeuge des Bundes und ihrer Führer;
d  die Verkehrsregelung durch das Militär;
e  die Tatbestandsaufnahme bei Unfällen, an denen Militärmotorfahrzeuge beteiligt sind.
4    ...134
5    Der Bundesrat kann vorschreiben, dass:
a  Insassen von Motorwagen Rückhaltevorrichtungen (Sicherheitsgurten u. dgl.) benützen;
b  Führer und Mitfahrer von motorisierten Zweirädern sowie von Leicht-, Klein- und dreirädrigen Motorfahrzeugen Schutzhelme tragen.136
90 
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 90 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt.
1    Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt.
2    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt.
3    Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu vier Jahren wird bestraft, wer durch vorsätzliche Verletzung elementarer Verkehrsregeln das hohe Risiko eines Unfalls mit Schwerverletzten oder Todesopfern eingeht, namentlich durch besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, waghalsiges Überholen oder Teilnahme an einem nicht bewilligten Rennen mit Motorfahrzeugen.
3bis    Die Mindeststrafe von einem Jahr kann bei Widerhandlungen gemäss Absatz 3 unterschritten werden, wenn ein Strafmilderungsgrund nach Artikel 48 StGB235 vorliegt, insbesondere wenn der Täter aus achtenswerten Beweggründen gehandelt hat.236
3ter    Der Täter kann bei Widerhandlungen gemäss Absatz 3 mit Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren oder Geldstrafe bestraft werden, wenn er nicht innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Tat wegen eines Verbrechens oder Vergehens im Strassenverkehr mit ernstlicher Gefahr für die Sicherheit anderer, respektive mit Verletzung oder Tötung anderer verurteilt wurde.237
4    Eine besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit liegt vor, wenn diese überschritten wird um:
a  mindestens 40 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 30 km/h beträgt;
b  mindestens 50 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 50 km/h beträgt;
c  mindestens 60 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 80 km/h beträgt;
d  mindestens 80 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit mehr als 80 km/h beträgt.238
5    Artikel 237 Ziffer 2 des Strafgesetzbuches239 findet in diesen Fällen keine Anwendung.
96 
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 96 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer:
1    Mit Busse wird bestraft, wer:
a  ohne den erforderlichen Fahrzeugausweis oder die Kontrollschilder ein Motorfahrzeug führt oder einen Anhänger mitführt;
b  ohne Bewilligung Fahrten durchführt, die nach diesem Gesetz einer Bewilligung bedürfen;
c  die mit dem Fahrzeugausweis oder der Bewilligung von Gesetzes wegen oder im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen, namentlich über das zulässige Gesamtgewicht, missachtet.
2    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer ein Motorfahrzeug führt, obwohl er weiss oder bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit wissen kann, dass die vorgeschriebene Haftpflichtversicherung nicht besteht. In leichten Fällen ist die Strafe Geldstrafe.251
3    Den gleichen Strafandrohungen untersteht der Halter oder die Person, die an seiner Stelle über das Fahrzeug verfügt, wenn er oder sie von der Widerhandlung Kenntnis hatte oder bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit haben konnte.
100 
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 100 - 1. Bestimmt es dieses Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist auch die fahrlässige Handlung strafbar.
1    Bestimmt es dieses Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist auch die fahrlässige Handlung strafbar.
2    Der Arbeitgeber oder Vorgesetzte, der eine nach diesem Gesetz strafbare Handlung des Motorfahrzeugführers veranlasst oder nicht nach seinen Möglichkeiten verhindert hat, untersteht der gleichen Strafandrohung wie der Führer.262
3    Für strafbare Handlungen auf Lernfahrten ist der Begleiter verantwortlich, wenn er die Pflichten verletzt hat, die ihm als Folge der Übernahme der Begleitung oblagen.
4    Missachtet der Führer eines Feuerwehr-, Sanitäts-, Polizei- oder Zollfahrzeugs auf dringlichen oder taktisch notwendigen Dienstfahrten Verkehrsregeln oder besondere Anordnungen für den Verkehr, so macht er sich nicht strafbar, wenn er alle Sorgfalt walten lässt, die nach den Umständen erforderlich ist. Auf dringlichen Dienstfahrten ist die Missachtung nur dann nicht strafbar, wenn der Führer zudem die erforderlichen Warnsignale abgibt; die Abgabe der Warnsignale ist ausnahmsweise nicht erforderlich, wenn sie der Erfüllung der gesetzlichen Aufgabe entgegensteht. Hat der Führer nicht die Sorgfalt walten lassen, die nach den Umständen erforderlich war, oder hat er auf dringlichen Dienstfahrten nicht die erforderlichen Warnsignale abgegeben, so bleibt seine Strafbarkeit bestehen, die Strafe ist aber zu mildern.263 264
5    Im Falle von Geschwindigkeitsüberschreitungen, die auf dringlichen oder aus taktischen Gründen notwendigen Dienstfahrten begangen werden, wird lediglich die Differenz zur Geschwindigkeit berücksichtigt, die für den Einsatz angemessen gewesen wäre.265
102
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 102 - 1 Die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches267 sind anwendbar, soweit dieses Gesetz keine abweichenden Vorschriften enthält.
1    Die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches267 sind anwendbar, soweit dieses Gesetz keine abweichenden Vorschriften enthält.
2    Die besonderen Bestimmungen des Strafgesetzbuches bleiben vorbehalten, ebenso die Gesetzgebung über die Bahnpolizei.
StGB: 1 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 1 - Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt.
24 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 24 - 1 Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
1    Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
2    Wer jemanden zu einem Verbrechen zu bestimmen versucht, wird wegen Versuchs dieses Verbrechens bestraft.
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft.
BGE Register
102-IV-256
Stichwortregister
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vorinstanz • bundesgericht • automobil • kontrollschild • norm • verkehrsregel • entscheid • sachverhalt • kantonales rechtsmittel • fahrzeugführer • rechtsbegehren • richterliche behörde • begründung des entscheids • eigenschaft • arbeitgeber • strafsache • frage • busse • verhalten • ersetzung
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