101 Ib 108
20. Auszug aus dem Urteil vom 16. Mai 1975 i.S. Verband schweizerischer Filmproduzenten und Speierer gegen Eidg. Departement des Innern
Regeste (de):
- Verwaltungsgerichtsbeschwerde, Legitimation (Art. 103 lit. a
OG).
- Beschwerde gegen den Entscheid der Aufsichtsbehörde, der die Stiftung Schweizer Filmwochenschau gemäss Art. 88 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 88 - 1 Die zuständige Bundes- oder Kantonsbehörde hebt die Stiftung auf Antrag oder von Amtes wegen auf, wenn:
1 Die zuständige Bundes- oder Kantonsbehörde hebt die Stiftung auf Antrag oder von Amtes wegen auf, wenn: 1 deren Zweck unerreichbar geworden ist und die Stiftung durch eine Änderung der Stiftungsurkunde nicht aufrechterhalten werden kann; oder 2 deren Zweck widerrechtlich oder unsittlich geworden ist. 2 Familienstiftungen und kirchliche Stiftungen werden durch das Gericht aufgehoben.
Regeste (fr):
- Recours de droit administratif, qualité pour recourir (art. 103 lit. a OJ).
- Recours formé contre la décision de l'autorité de surveillance de dissoudre, en vertu de l'art. 88 al. 1 CC, la fondation Ciné-journal suisse. Ni l'Association suisse des producteurs de films, ni l'un des membres du conseil de fondation n'ont qualité pour recourir.
Regesto (it):
- Ricorso di diritto amministrativo, legittimazione (art. 103 lett. a
OG).
- Ricorso proposto contro la decisione dell'autorità di vigilanza di sopprimere, ai sensi dell'art. 88 cpv. 1 CC, la fondazione Cinegiornale svizzero. Non sono legittimati a ricorrere né l'Associazione svizzera dei produttori di Pellicole, né uno dei membri del consiglio di fondazione.
Sachverhalt ab Seite 108
BGE 101 Ib 108 S. 108
Die Schweizer Filmwochenschau wurde vom Bundesrat im Jahre 1940 als Instrument der geistigen Landesverteidigung
BGE 101 Ib 108 S. 109
gestützt auf die ausserordentlichen Vollmachten ins Leben gerufen. Im Jahre 1942 wurde sie in eine privatrechtliche, der Aufsicht des Bundes unterstehende Stiftung umgewandelt. Im Filmgesetz vom 28. September 1962 wurde der Bund verpflichtet, für die Herausgabe und Verbreitung der Wochenschau durch die Stiftung zu sorgen, insbesondere jährliche Beiträge dafür zu leisten. Indessen verlor die Filmwochenschau zunehmend an Bedeutung, namentlich infolge des Aufkommens des Fernsehens; sie wurde vielenorts in den Kinotheatern nicht mehr vorgeführt. Der jährliche Bundesbeitrag stieg bis auf eine Million Franken an. Für 1975 ersuchte die Stiftung um einen Beitrag von anderthalb Millionen. Die eidgenössischen Räte bewilligten jedoch für dieses Jahr im Zuge der von ihnen beschlossenen Sparmassnahmen nur noch einen Kredit von Fr. 360'000.--. Das Eidg. Departement des Innern, das die Stiftung beaufsichtigte, nahm an, ihr Zweck sei infolge dieser Kreditkürzung unerreichbar geworden. Es verfügte daher am 24. Januar 1975 gestützt auf Art. 88 Abs. 1
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 88 - 1 Die zuständige Bundes- oder Kantonsbehörde hebt die Stiftung auf Antrag oder von Amtes wegen auf, wenn: |
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1 | Die zuständige Bundes- oder Kantonsbehörde hebt die Stiftung auf Antrag oder von Amtes wegen auf, wenn: |
1 | deren Zweck unerreichbar geworden ist und die Stiftung durch eine Änderung der Stiftungsurkunde nicht aufrechterhalten werden kann; oder |
2 | deren Zweck widerrechtlich oder unsittlich geworden ist. |
2 | Familienstiftungen und kirchliche Stiftungen werden durch das Gericht aufgehoben. |
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Die Frage, ob der Verband schweizerischer Filmproduzenten und Jean Jacques Speierer zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde berechtigt seien, beurteilt sich nach Art. 103 lit. a
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BGE 101 Ib 108 S. 110
braucht nicht durch das anwendbare materielle Recht geschützt zu sein. Art. 103 lit. a
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BGE 101 Ib 108 S. 111
Minderheit handelt. Ungewiss ist auch, ob eine Mehrheit der Verbandsmitglieder daran interessiert ist, die Filmwochenschau als Ausbildungsstätte für Nachwuchsleute benützen zu können. Wie es sich damit verhält, braucht indessen nicht näher geprüft zu werden. Soweit gewerbliche Interessen von Mitgliedern des Verbandes an der weiteren Existenz der Stiftung bestehen, können sie jedenfalls nicht als schutzwürdig im Sinne von Art. 103 lit. a
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BGE 101 Ib 108 S. 112
Stiftungsrat als Gesamtheit zuerkannt werden. Es wird aber nicht behauptet, dass Speierer im Namen des Stiftungsrates Beschwerde führe. Das könnte er nur, wenn er dazu ermächtigt wäre. Indessen ist nicht dargetan, dass dies der Fall ist. Es besteht im Gegenteil Grund zur Annahme, dass eine solche Ermächtigung fehlt. In der Botschaft des Bundesrates betreffend eine Änderung des Filmgesetzes wird bemerkt, der Stiftungsrat bestätige, dass sachliche und finanzielle Gründe gegen den Fortbestand der Stiftung sprächen (BBl 1975 I 994 unten). In einem Schreiben vom 18. Dezember 1974 an das Eidg. Departement des Innern hat der Präsident des Stiftungsrates ausgeführt, dieser habe in seiner Sitzung vom 15. November 1974 für den Fall der Auflösung der Stiftung verschiedene "vorsorgliche Massnahmengrundsätze" gutgeheissen, die er dem Departement zur Genehmigung unterbreite. Auch in diesem Schreiben ist keine Rede davon, dass der Stiftungsrat sich der Aufhebung der Stiftung und damit seiner eigenen Auflösung widersetze. Jener Hinweis der Botschaft und der Inhalt des genannten Schreibens lassen darauf schliessen, dass der Stiftungsrat davon abgesehen hat, den Aufhebungsbeschluss anzufechten. An diese Stellungnahme des Gremiums hat sich das einzelne Mitglied zu halten, auch wenn es ihr nicht zugestimmt haben sollte. Speierer beruft sich zwar auf seine Eigenschaft als Mitglied des Stiftungsrates, führt aber in Wirklichkeit im eigenen Namen Beschwerde. Dazu ist er jedoch nicht berechtigt, weil er persönlich kein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung der angefochtenen Verfügung hat. c) Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann daher mangels Legitimation der beiden Beschwerdeführer nicht eingetreten werden.