100 IV 23
6. Urteil des Kassationshofes vom 7. Juni 1974 i.S. A. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau.
Regeste (de):
- 1. Art. 110 Ziff. 5
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 110 - 1 Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.155
1 Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.155 2 Familiengenossen sind Personen, die in gemeinsamem Haushalt leben. 3 Als Beamte gelten die Beamten und Angestellten einer öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege sowie die Personen, die provisorisch ein Amt bekleiden oder provisorisch bei einer öffentlichen Verwaltung oder der Rechtspflege angestellt sind oder vorübergehend amtliche Funktionen ausüben. 3bis Stellt eine Bestimmung auf den Begriff der Sache ab, so findet sie entsprechende Anwendung auf Tiere.156 4 Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, oder Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bild- und Datenträgern steht der Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient. 5 Öffentliche Urkunden sind Urkunden, die von Mitgliedern einer Behörde, Beamten und Personen öffentlichen Glaubens in Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen ausgestellt werden. Nicht als öffentliche Urkunden gelten Urkunden, die von der Verwaltung der wirtschaftlichen Unternehmungen und Monopolbetriebe des Staates oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten in zivilrechtlichen Geschäften ausgestellt werden. 6 Der Tag hat 24 aufeinander folgende Stunden. Der Monat und das Jahr werden nach der Kalenderzeit berechnet. 7 Untersuchungshaft ist jede in einem Strafverfahren verhängte Haft, Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungshaft. - - das Skontro der Garantieverpflichtungen einer Bank (Erw. 1);
- - die Kopien der Garantiecrklärungen einer Bank (Erw. 2).
- 2. Art. 254
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 254 - 1 Wer eine Urkunde, über die er nicht allein verfügen darf, beschädigt, vernichtet, beiseiteschafft oder entwendet, in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1 Wer eine Urkunde, über die er nicht allein verfügen darf, beschädigt, vernichtet, beiseiteschafft oder entwendet, in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2 Die Unterdrückung von Urkunden zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt. - "Beiseiteschaffen" einer Urkunde durch Verwahren in einem der Bank gehörenden, dem Täter als Arbeitsgerät überlassenen Pult (Erw. 2).
Regeste (fr):
- 1. Art. 110 ch. 5 CP, sont réputés titres:
- - La liste contenant l'état des engagements de garanties d'une banque (consid. 1);
- - es copies de déclarations de garanties émanant d'une banque (consid. 2).
- 2. Art. 254 CP. Suppression de titres.
- Disparition d'un titre résultant de son dépôt dans un bureau appartenant à la banque et mis par celle-ci à la disposition de l'auteur pour son travail (consid. 2).
Regesto (it):
- 1. Art. 110 num. 5 CP. Documenti sono:
- - a lista degli avalli e delle cauzioni (consid. 1);
- - e copie delle dichiarazioni di garanzia rilasciate da una banca (con sid. 2).
- 2. Art. 254 CP. Soppressione di documenti.
- "Sottrazione" di un documento realizzata mediante messa in serbo del medesimo in una scrivania appartenente alla banca e lasciata all'autore quale mezzo di lavoro (consid. 2).
Sachverhalt ab Seite 23
BGE 100 IV 23 S. 23
A.- Am 1. Januar 1966 wurde A. Verwalter der Filiale B. der Bank C. Das Geschäftsreglement verpflichtete ihn, der Generaldirektion alle wichtigen Geschäftsvorfälle zu melden und ihr Kontokorrentkredit- und Vorschussbegehren sowie Vorschläge für die Festsetzung von Diskont-, Akkreditiv- und Garantie-Limiten zu unterbreiten. In eigener Kompetenz durfte er sog. unkurante Kredite bis Fr. 50 000.-- und kurante Kredite bis Fr. 150 000.--, ab 1. Januar 1969 bis Fr. 200 000.-- gewähren. In Überschreitung seiner Kompetenzen gewährte A. ohne Genehmigung der Generaldirektion zwischen Juli 1967 und Juli 1969 mehreren Personen in die Millionenbeträge gehende Bankgarantien. Dadurch und durch die pflichtwidrige Gewährung von Krediten erlitt die Bank grossen Schaden. A. verbuchte
BGE 100 IV 23 S. 24
weder die Garantien im Skontro der Garantieverpflichtungen noch die Garantiekommissionen in den Konten der Kunden. Als im Juni 1969 eine Revision durchgeführt wurde, legte er den Inspektoren die Kopien der Bankgarantien nicht vor, sondern hielt sie in seinem Pult in der Bank versorgt.
B.- Das Obergericht des Kantons Thurgau erklärte A. am 15. Januar 1974 der wiederholten ungetreuen Geschäftsführung, der wiederholten Urkundenfälschung und der wiederholten Unterdrückung von Urkunden schuldig und verurteilte ihn zu 3 Jahren Gefängnis.
C.- A. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das obergerichtliche Urteil aufzuheben und die Sache zur Freisprechung von der Anklage der wiederholten Urkundenfälschung und der wiederholten Urkundenunterdrückung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Urkundenfälschung bestreitet der Beschwerdeführer mit der Begründung, einzig die unterzeichnete Garantieurkunde sei Beweismittel im Sinne des Gesetzes. Diese Eingenschaft gehe den als Skontri bezeichneten Zusammenstellungen über die von einer Bankfiliale gegebenen Garantieerklärungen ab, da sie bloss bankinterne Funktionen erfüllten. Sie seien weder Bestandteil der Buchhaltung noch besässen sie Beweisfunktion für das Bestehen oder Nichtbestehen einer Garantieverpflichtung. Mit diesem Einwand lässt sich die Verurteilung wegen Urkundenfälschung nicht zu Fall bringen, denn die Vorinstanz hat den Beschwerdeführer unangefochten auch wegen Nichtverbuchung der Garantiekommissionen in den Kundenkonten dieses Verbrechens schuldig erklärt. Zudem ist er unbegründet. Schriften sind Urkunden, wenn sie bestimmt oder geeignet sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen (Art. 110 Ziff. 5
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 110 - 1 Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.155 |
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1 | Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.155 |
2 | Familiengenossen sind Personen, die in gemeinsamem Haushalt leben. |
3 | Als Beamte gelten die Beamten und Angestellten einer öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege sowie die Personen, die provisorisch ein Amt bekleiden oder provisorisch bei einer öffentlichen Verwaltung oder der Rechtspflege angestellt sind oder vorübergehend amtliche Funktionen ausüben. |
3bis | Stellt eine Bestimmung auf den Begriff der Sache ab, so findet sie entsprechende Anwendung auf Tiere.156 |
4 | Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, oder Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bild- und Datenträgern steht der Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient. |
5 | Öffentliche Urkunden sind Urkunden, die von Mitgliedern einer Behörde, Beamten und Personen öffentlichen Glaubens in Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen ausgestellt werden. Nicht als öffentliche Urkunden gelten Urkunden, die von der Verwaltung der wirtschaftlichen Unternehmungen und Monopolbetriebe des Staates oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten in zivilrechtlichen Geschäften ausgestellt werden. |
6 | Der Tag hat 24 aufeinander folgende Stunden. Der Monat und das Jahr werden nach der Kalenderzeit berechnet. |
7 | Untersuchungshaft ist jede in einem Strafverfahren verhängte Haft, Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungshaft. |
BGE 100 IV 23 S. 25
erforderlich ist, dass der Urkunde erhöhte Beweiskraft zukommt. Es genügt, dass sie sich im Zusammenwirken mit andern Mitteln dazu eignet, eine Tatsache zu beweisen. So kommt beispielsweise den Kontrollstreifen einer Registrierkasse Urkundencharakter zu, weil wegen der Buchführungspflicht des Geschäftsinhabers vermutet wird, der Kassastreifen gebe wahrheitsgemäss und lückenlos Aufschluss, und zwar unabhängig davon ob er allein oder nur zusammen mit andern Unterlagen zum Beweis taugt (BGE 97 IV 213 E 3 a, BGE 91 IV 7). Das Skontro ist ein meist in Kontoform geführtes Hilfsmittel der Buchhaltung zur Kontrolle der Bestandesmengen, deren Zu- und Abnahme laufend festgehalten wird (Schweizer Lexikon). Es ist somit Bestandteil der Buchhaltung (vgl. KÄFER, Die Betriebsrechnung, S. 73, 75, 80 f.). Was im besondern Bankgarantien ("Kautionen") betrifft, ist ihr Betrag gemäss Art. 19 Ziff. 1
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SR 952.02 Verordnung vom 30. April 2014 über die Banken und Sparkassen (Bankenverordnung, BankV) - Bankenverordnung BankV Art. 19 Gegenrecht im Fall ausländisch beherrschter Institute - (Art. 3bis Abs. 1 Bst. a BankG) |
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1 | Das Gegenrecht ist insbesondere gewährleistet, wenn: |
a | Personen mit Sitz oder Wohnsitz in der Schweiz im ausländischen Staat Banken oder Personen nach Artikel 1b BankG eröffnen können, seien dies selbstständige Gesellschaften, Zweigniederlassungen oder Agenturen; und |
b | die eröffneten Banken oder Personen nach Artikel 1b BankG im ausländischen Staat in der Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit nicht wesentlich einschränkenderen Bestimmungen unterliegen als ausländische Banken oder Personen nach Artikel 1b BankG in der Schweiz. |
2 | Bei der Bestellung einer ständigen Vertretung einer ausländischen Bank oder Person nach Artikel 1b BankG im Sinne von Artikel 3bis Absatz 1 BankG ist das Gegenrecht auch gewährleistet, wenn schweizerische Banken im ausländischen Staat ständige Vertretungen mit gleichen Funktionen eröffnen können. |
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 670 |
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SR 952.02 Verordnung vom 30. April 2014 über die Banken und Sparkassen (Bankenverordnung, BankV) - Bankenverordnung BankV Art. 22 Gruppengesellschaften - (Art. 3c Abs. 1 Bst. c BankG) |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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1 | Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
2 | ...332 |
2. Hinsichtlich der Verurteilung wegen Urkundenunterdrückung wirft der Beschwerdeführer beiläufig die Frage auf, ob Kopien von Garantieerklärungen, also blosse Briefkopien überhaupt Urkunden im Sinne des Gesetzes seien. In seinen Ausführungen zur Urkundenfälschung hat er, wie erwähnt, mit Recht anerkannt, dass "die unterzeichnete Garantieurkunde",
BGE 100 IV 23 S. 26
also das Original Urkunde ist. Dass aber Kopien von Urkunden ebenfalls Urkundencharakter besitzen, ist nicht zweifelhaft (BGE 70 IV 170, vgl; Art. 962 Abs. 2
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 962 - 1 Es müssen zusätzlich zur Jahresrechnung nach diesem Titel einen Abschluss nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung erstellen: |
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1 | Es müssen zusätzlich zur Jahresrechnung nach diesem Titel einen Abschluss nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung erstellen: |
1 | Gesellschaften, deren Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert sind, wenn die Börse dies verlangt; |
2 | Genossenschaften mit mindestens 2000 Genossenschaftern; |
3 | Stiftungen, die von Gesetzes wegen zu einer ordentlichen Revision verpflichtet sind. |
2 | Es können zudem einen Abschluss nach einem anerkannten Standard verlangen: |
1 | Gesellschafter, die mindestens 20 Prozent des Grundkapitals vertreten; |
2 | 10 Prozent der Genossenschafter oder 20 Prozent der Vereinsmitglieder; |
3 | Gesellschafter oder Mitglieder, die einer persönlichen Haftung oder einer Nachschusspflicht unterliegen. |
3 | Die Pflicht zur Erstellung eines Abschlusses nach einem anerkannten Standard entfällt, wenn eine Konzernrechnung nach einem anerkannten Standard erstellt wird. |
4 | Das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan ist für die Wahl des anerkannten Standards zuständig, sofern die Statuten, der Gesellschaftsvertrag oder die Stiftungsurkunde keine anderslautenden Vorgaben enthalten oder das oberste Organ den anerkannten Standard nicht festlegt. |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 254 - 1 Wer eine Urkunde, über die er nicht allein verfügen darf, beschädigt, vernichtet, beiseiteschafft oder entwendet, in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer eine Urkunde, über die er nicht allein verfügen darf, beschädigt, vernichtet, beiseiteschafft oder entwendet, in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Die Unterdrückung von Urkunden zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt. |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.