BGE-100-IV-205
Urteilskopf
100 IV 205
53. Urteil des Kassationshofes vom 13. Dezember 1974 i.S. Seger gegen Staatsanwaltschaft und Rekurskommission des Obergerichtes des Kantons Thurgau.
Regeste (de):
- Art. 100 ter Ziff. 4 Abs. 2
StGB; Aufhebung der Arbeitserziehung.
- Diese Bestimmung regelt ausserordentliche Fälle einer Aufhebung der Arbeitserziehung. Der Richter bricht deshalb die Massnahme nur aus besonderen und zwingenden Gründen vorzeitig ab.
Regeste (fr):
- Art. 100 ter ch. 4 al. 2 CP; abrogation du placement dans une maison d'éducation au travail.
- Cette disposition règle un cas exceptionnel d'abrogation de la mesure Le juge ne doit donc intervenir avant le terme prévu pour celle-ci que pour des motifs particuliers et contraignants.
Regesto (it):
- Art. 100 ter n. 4 cpv. 2 CP; revoca del collocamento in una casa d'educazione al lavoro.
- Questa norma regola un caso eccezionale di revoca della misura. Il giudice non deve pertanto intervenire prima della scadenza che per dei motivi imperativi e particolari.
Sachverhalt ab Seite 205
BGE 100 IV 205 S. 205
A.- Heinz Seger, geboren 1949, wurde am 18. Oktober 1971 durch das Waisenamt Frauenfeld für zwei Jahre in die Arbeitserziehungsanstalt Krekelhof in Herisau eingewiesen. Mit Urteil vom 20. April/19. Mai 1972 verurteilte ihn das Bezirksgericht Steckborn wegen wiederholten Diebstahls und
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weiterer Delikte zu einer Gefängnisstrafe von acht Monaten unter Anrechnung von fünf Tagen Untersuchungshaft. Es schob den Vollzug der Gefängnisstrafe auf und ordnete an deren Stelle die Arbeitserziehung an. Zu deren Vollzug wurde Seger in die Arbeitserziehungsanstalt Kalchrain und zwischenhinein in die Strafanstalt Tobel verbracht. Am 4. November 1973 entwich er mit Roger Häberling aus der Anstalt Kalchrain, und am 15. November veranlasste er Peter Portmann zur Flucht. Deswegen wurde er in die Strafanstalt Realta versetzt, aus der er zusammen mit René Trachsler am 21. Dezember 1973 erneut entwich. Anlässlich der beiden Entweichungen beging Seger verschiedene Delikte. Das Bezirksgericht Steckborn fand ihn deswegen mit Urteil vom 26. September/15. November 1974 der Befreiung eines Gefangenen, des wiederholten Diebstahls sowie weiterer Straftaten schuldig und verurteilte ihn zu drei Monaten Gefängnis.
B.- Mit Beschluss vom 11. Juli/5. August 1974 wies das Bezirksgericht Steckborn ein Gesuch Segers um endgültige, eventuell bedingte Entlassung aus der Arbeitserziehung auf den 30. Juni 1974 ab.
C.- Mit Beschwerde an die Rekurskommission des Obergerichtes des Kantons Thurgau verlangte Seger die Entlassung mit Rückwirkung auf den 30. Juni 1974 aus der Arbeitserziehung und Anrechnung der seither in der Anstalt Realta verbrachten Zeit auf die im hängigen Verfahren vor Bezirksgericht Steckborn zu gewärtigende Strafe. Eventuell sei er, ebenfalls unter Anrechnung auf die zu erwartende Strafe, bis zur Hauptverhandlung in eine Strafanstalt einzuweisen. Subeventuell sei die Arbeitserziehung in einer eigentlichen Arbeitserziehungsanstalt zu vollziehen.
Mit Beschluss vom 23. September 1974 wurde die Beschwerde abgewiesen.
D.- Seger führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und wiederholt den vor der Vorinstanz gestellten Hauptantrag.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Gemäss Art. 100 ter Ziff. 1 Abs. 1

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Voraussetzungen der bedingten Entlassung nach drei Jahren Aufenthalt in der Anstalt noch nicht eingetreten, so hat die zuständige Behörde zu entscheiden, ob die Massnahme aufzuheben oder höchstens um ein Jahr zu verlängern sei (Art. 100 ter Ziff. 2 Abs. 1



SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33 |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 43 - 1 Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen.37 |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 43 - 1 Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen.37 |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 45 - Hat sich der Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit bewährt, so wird die aufgeschobene Strafe nicht mehr vollzogen. |
2. Das kantonale Verfahren hat nur die ausserordentliche richterliche Aufhebung der Massnahme gemäss Art. 100 ter Ziff. 4 Abs. 2

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 45 - Hat sich der Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit bewährt, so wird die aufgeschobene Strafe nicht mehr vollzogen. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 45 - Hat sich der Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit bewährt, so wird die aufgeschobene Strafe nicht mehr vollzogen. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 45 - Hat sich der Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit bewährt, so wird die aufgeschobene Strafe nicht mehr vollzogen. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 45 - Hat sich der Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit bewährt, so wird die aufgeschobene Strafe nicht mehr vollzogen. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 45 - Hat sich der Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit bewährt, so wird die aufgeschobene Strafe nicht mehr vollzogen. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 45 - Hat sich der Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit bewährt, so wird die aufgeschobene Strafe nicht mehr vollzogen. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 45 - Hat sich der Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit bewährt, so wird die aufgeschobene Strafe nicht mehr vollzogen. |
3. Voraussetzung der richterlichen Aufhebung der Arbeitserziehung nach Art. 100 ter Ziff. 4 Abs. 2


SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 45 - Hat sich der Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit bewährt, so wird die aufgeschobene Strafe nicht mehr vollzogen. |
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Massnahme anzurechnen ist, kann daher offen bleiben. Die Zeit, während welcher der Beschwerdeführer flüchtig war, kann jedoch auf die drei Jahre nicht angerechnet werden. Der spezialpräventive Charakter der Massnahme vermag daran nichts zu ändern. Denn die Arbeitserziehung konnte während des fluchtbedingten Unterbruchs nicht wirken.
4. Die Arbeitserziehung ist eine Massnahme, die eine Fehlentwicklung von jungen Erwachsenen durch Erziehung zur Arbeit und charakterliche Festigung berichtigen und damit künftigen Straftaten vorbeugen will (vgl. Art. 100 bis Ziff. 1

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 45 - Hat sich der Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit bewährt, so wird die aufgeschobene Strafe nicht mehr vollzogen. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 45 - Hat sich der Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit bewährt, so wird die aufgeschobene Strafe nicht mehr vollzogen. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33 |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 43 - 1 Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen.37 |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 43 - 1 Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen.37 |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 3 - 1 Diesem Gesetz ist unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen begeht. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 44 - 1 Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so bestimmt es dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren. |


SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 43 - 1 Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen.37 |
BGE 100 IV 205 S. 209
(dazu Ziff. 4 Abs. 1). Ähnlich verhält es sich in Art. 42 Ziff. 5

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33 |
5. Sein Begehren, die Arbeitserziehung sei gemäss Art. 100 ter Ziff. 4 Abs. 2

BGE 100 IV 205 S. 210
Diese wird zu gegebener Zeit einen Entscheid im Sinne von Art. 100 ter Ziff. 1 Abs. 1

6. Besteht demnach kein Grund für einen vorzeitige Abbruch der Arbeitserziehung durch den Richter im Sinne von Art. 100 ter Ziff. 4 Abs. 2


SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33 |
Dispositiv
Demgemäss erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
Gesetzesregister
BStP 251BStP 268BStP 272OG 35OG 97SR 0.732.012 100 ter
StGB 3
StGB 42
StGB 43
StGB 44
StGB 45
StGB 100 bisStGB 100 ter
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 3 - 1 Diesem Gesetz ist unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen begeht. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 43 - 1 Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen.37 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 44 - 1 Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so bestimmt es dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 45 - Hat sich der Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit bewährt, so wird die aufgeschobene Strafe nicht mehr vollzogen. |
BGE Register
BBl