100 IV 197
49. Urteil des Kassationshofes vom 31. Oktober 1974 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Obwalden gegen Infanger.
Regeste (de):
- Art. 41 Ziff. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn:
1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: a eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder b eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. 2 Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. 3 Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). - Nichtbefolgen der Weisung, den Schaden zu ersetzen.
Regeste (fr):
- Art. 41 ch. 3 CP. Révocation du sursis à l'exécution de la peine.
- Inobservation de l'ordre de réparer le dommage.
Regesto (it):
- Art. 41 n. 3 CP. Revoca della sospensione condizionale della pena.
- Inesecuzione dell'ordine di risarcire il danno.
Sachverhalt ab Seite 197
BGE 100 IV 197 S. 197
A.- Das Kantonsgericht Obwalden verurteilte Otto Infanger am 22. März 1973 wegen Veruntreuung und Betrugs zu 8 Monaten Gefängnis, bedingt aufgeschoben auf 3 Jahre. Es erteilte ihm die Weisung, den anerkannten Schaden von Fr. 4000.-- innert Monatfrist zu bezahlen.
B.- Binnen der vom Kantonsgerichtspräsidenten bis 10. Dezember 1973 verlängerten Frist leistete Infanger nur Fr. 700.-- an den Schaden. Am 10. Dezember 1973 ordnete das Kantonsgericht den Vollzug der Strafe an. Infanger appellierte am 28. Januar 1974 und zahlte gleichzeitig den Restbetrag von Fr. 3300.-- an das Betreibungsamt Luzern. Das Obergericht hiess die Berufung am 22. Mai 1974 gut und sah vom Vollzug der bedingt aufgeschobenen Strafe ab.
C.- Gegen dieses Urteil führt die Staatsanwaltschaft des Kantons Obwalden Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, es aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an das Obergericht zurückzuweisen. Gegenbemerkungen wurden nicht eingereicht.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Infanger hat den anerkannten Schaden trotz Mahnung nicht innert der angesetzten Nachfrist gedeckt. Entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft führt dies nicht ohne weiteres zum Widerruf des bedingten Strafvollzugs. Die Nichteinhaltung der Weisung muss dem Verurteilten zum Vorwurf gemacht
BGE 100 IV 197 S. 198
werden können. Die Weisung, den durch die strafbare Handlung verschuldeten Schaden zu ersetzen, dient, wie jede andere Weisung, der Erziehung des Täters. Er soll das Unrecht einsehen und nach Möglichkeit gutmachen. Diesem Zwecke würde es widersprechen, den Strafvollzug auch dann anzuordnen, wenn der Verurteilte unverschuldet die Weisung nicht befolgt hat. Aus BGE 97 IV 7 kann nichts anderes abgeleitet werden. Damals handelte es sich um den Widerruf wegen neuer Verbrechen und Vergehen, die ein schuldhaftes Verhalten voraussetzen. Ob aber die Weisung verschuldet missachtet wurde, ist von Fall zu Fall zu prüfen.
2. Der Beschwerdegegner hat weder das Kantonsgericht, das die Weisung erteilt hat, noch den zur Mahnung zuständigen Kantonsgerichtspräsidenten darauf aufmerksam gemacht, dass es ihm voraussichtlich nicht möglich sein werde, die Fr. 4000.-- binnen Monatsfrist zu zahlen. Dieser Umstand wäre jedoch nur beachtlich, wenn daraus auf bösen Willen oder mangelnden Besserungswillen geschlossen werden könnte. Das aber verneint die Vorinstanz. Ebenso wenig hinderte sie Bundesrecht, die erst vor Obergericht vorgebrachte Verteidigung zu berücksichtigen, Infanger sei nicht in der Lage gewesen, den Betrag fristgemäss zu zahlen. Hingegen kann der vor Gericht anerkannte Schadensbetrag im Widerrufsverfahren nicht mehr in Frage gestellt werden, wie es die Vorinstanz nebenbei zu tun scheint. Sie verkennt im übrigen nicht, dass auch eine verspätete Zahlung eine Missachtung der Weisung darstellt. Doch ist es vom Kassationshof nicht nachzuprüfende Beweiswürdigung (Art. 277 bis Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
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1 | Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
a | eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder |
b | eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. |
2 | Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. |
3 | Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). |
3. Die Vorinstanz hat die Berufung schlicht gutgeheissen. Sie hat weder den bedingten Strafvollzug widerrufen noch eine Ersatzmassnahme gemäss Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
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1 | Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
a | eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder |
b | eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. |
2 | Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. |
3 | Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). |
BGE 100 IV 197 S. 199
von Fr. 700.--. Das Obergericht anerkennt, "dass Infanger unter diesem Umständen den Deliktsbetrag von Fr. 4000.-- nicht leicht aufbringen konnte". Dieser für den Kassationshof verbindlichen Feststellung (Art. 277 bis Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
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1 | Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
a | eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder |
b | eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. |
2 | Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. |
3 | Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). |
4. Da Infanger sich nicht bewährt hatte, hätte die Vorinstanz daraus die in Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
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1 | Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
a | eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder |
b | eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. |
2 | Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. |
3 | Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
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1 | Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
a | eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder |
b | eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. |
2 | Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. |
3 | Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
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1 | Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
a | eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder |
b | eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. |
2 | Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. |
3 | Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.