100 IV 193
48. Urteil des Kassationshofes vom 26. August 1974 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Baselland gegen Bärtschi.
Regeste (de):
- Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn:
1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: a eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder b eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. 2 Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. 3 Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). - 1. Voraussage über das künftige Verhalten im allgemeinen (Erw. 1).
- 2. Besondere Umstände, welche trotz kurzfristiger Rückfälligkeit die erneute Gewährung des bedingten Strafvollzuges rechtfertigen (Erw. 2).
Regeste (fr):
- Art. 41 ch. 1 al. 1 CP. Sursis en cas de conduite en état d'ébriété.
- 1. Pronostic sur le comportement futur, en général (consid. 1).
- 2. Circonstances particulières autorisant un nouvel octroi du sursis bien que le bénéficiaire soit rapidement tombé en récidive (consid. 2).
Regesto (it):
- Art. 41 num. 1 CP - Sospensione condizionale della pena in caso di guida in stato d'ebbrezza.
- 1. Prognosi circa il comportamento futuro, in generale (consid. 1).
- 2. Circostanze particolari, che consentono di concedere di nuovo la sospensione condizionale, nonostante che il beneficiario si sia reso recidivo dopo breve intervallo di tempo (consid. 2).
Sachverhalt ab Seite 193
BGE 100 IV 193 S. 193
A.- Bärtschi, geb. 1954, wurde am 11. Dezember 1972 von der Überweisungsbehörde Baselland mit Strafbefehl des Führens eines Motorfahrzeuges in angetrunkenem Zustande (1,65 Alkohol im Blut) sowie der groben Verletzung von Verkehrsregeln schuldig erklärt und mit 4 Wochen Haft und einer Geldbusse von Fr. 200.-- bestraft, unter Zubilligung des bedingten Strafvollzuges mit einer Probezeit von 2 Jahren. Schon in der Nacht vom 12./13. März 1973 führte er in angetrunkenem Zustande (2,25 Alkohol im Blut) wiederum in Gelterkinden einen Personenwagen. Nach ausgiebigem Alkoholgenuss in zwei Gaststätten bestieg er sein Fahrzeug und fuhr auf dem Vorplatz des einen Lokals beinahe zwei Soldaten an. Anschliessend gelangte er auf das linksseitige Trottoir, wo er einen Fussgänger umwarf, währenddem sich die übrigen
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noch rechtzeitig retten konnten. Der Angefahrene erlitt eine offene Unterschenkelfraktur.
B.- Wegen dieses neuen Vorfalles sprach das Strafgericht Baselland mit Urteil vom 22. Oktober 1973 Bärtschi der schweren Körperverletzung, des Autofahrens in angetrunkenem Zustande sowie der groben Verletzung von Verkehrsregeln schuldig und verurteilte ihn zu 6 Monaten Gefängnis. Der bedingte Strafvollzug wurde ihm wegen der kurzfristigen Rückfälligkeit noch innerhalb der früheren Probezeit verweigert. Gleichzeitig erklärte das Strafgericht gemäss Art. 41 Ziff. 3
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
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1 | Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
a | eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder |
b | eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. |
2 | Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. |
3 | Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). |
C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Baselland führt Nichtigkeitsbeschwerde. Sie beantragt, das Urteil des Obergerichtes insofern aufzuheben, als es dem Verurteilten den bedingten Strafvollzug gewährt, und den Fall zur Aussprechung einer unbedingten Strafe zurückzuweisen.
Erwägungen
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1. Der bedingte Strafvollzug setzt unter anderem voraus, dass Vorleben und Charakter des Verurteilten erwarten lassen, er werde durch diese Massnahme von weiteren Verbrechen oder Vergehen abgehalten werden (Art. 41 Ziff. 1
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
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1 | Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
a | eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder |
b | eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. |
2 | Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. |
3 | Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). |
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worden war, ohne dass ihn dies von erneuter Straffälligkeit dauernd abgehalten hätte (KH vom 17. Dezember 1963 i.S. Trachsel S. 2 und vom 18. November 1966 i.S. Engelberger S. 4). Diese Erwägung gilt besonders, wenn die neue Tat gleicher oder ähnlicher Art ist wie die frühere. In solchen Fällen ist eine günstige Prognose ausgeschlossen. Auch die Vorinstanz geht davon aus, dass in einer Lage wie der vorliegenden in der Regel eine erneute Anwendung von Art. 41 Ziff. 1
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
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1 | Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
a | eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder |
b | eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. |
2 | Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. |
3 | Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 49 - 1 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden. |
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1 | Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden. |
2 | Hat das Gericht eine Tat zu beurteilen, die der Täter begangen hat, bevor er wegen einer andern Tat verurteilt worden ist, so bestimmt es die Zusatzstrafe in der Weise, dass der Täter nicht schwerer bestraft wird, als wenn die strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt worden wären. |
3 | Hat der Täter eine oder mehrere Taten vor Vollendung des 18. Altersjahres begangen, so dürfen diese bei der Bildung der Gesamtstrafe nach den Absätzen 1 und 2 nicht stärker ins Gewicht fallen, als wenn sie für sich allein beurteilt worden wären. |
2. a) Die Vorinstanz stellt zunächst fest, die beiden kurz aufeinanderfolgenden Delikte seien zwar als Ausfluss einer im Moment der Tatbegehung beim sehr jungen Beschwerdegegner noch bestehenden Unreife und leichten Beeinflussbarkeit anzusehen. Doch bestehe im Zeitpunkt der Urteilsfällung "begründete Aussicht", dass dieser seine Unreife inzwischen überwunden und eine erheblich stärkere Widerstandskraft gegenüber dem Alkohol entwickelt habe. Diese Erkenntnis wird vor allem damit begründet, dass der Beschwerdegegner sich nach dem Zeugnis seiner militärischen Vorgesetzten während der Rekrutenschule des Alkohols enthalten und seit der neuen Verfehlung nach dem Zeugnis zweier Arbeitskollegen in der gemeinsam verbrachten Freizeit nie Alkohol zu sich genommen hat, was ihm den Übernamen "Thé-crème" eingetragen haben soll. Die Vorinstanz durfte diese Gesinnungsänderung bei der Beurteilung der Prognose positiv in Rechnung stellen, ohne ihr Ermessen zu überschreiten. b) Wesentlich ist auch die Feststellung, dass die zweite Verfehlung auf einer "ausgesprochenen Versuchungssituation" beruht habe. Es sei damals in Gelterkinden Fasnacht gewesen, eine Zeit, in der der Genuss von Alkohol in Restaurants beinahe
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gesellschaftlich obligatorisch gewesen sei. Der Beschwerdegegner habe auch glaubwürdig erklärt, unter Hinweis auf sein mitgeführtes Auto den gespendeten Alkohol, den man einfach vor ihn hingestellt habe, zunächst abgelehnt zu haben. Dann sei er aber von seinen Kollegen geradezu gedrängt worden, ebenfalls zu trinken. Diesem Einfluss sei er schliesslich erlegen. Soweit es sich hier um von der Vorinstanz als glaubwürdig betrachtete Angaben des Beschwerdegegners handelt, sind diese Feststellungen für den Kassationshof verbindlich (Art. 277 bis Abs. 1
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 49 - 1 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden. |
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1 | Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden. |
2 | Hat das Gericht eine Tat zu beurteilen, die der Täter begangen hat, bevor er wegen einer andern Tat verurteilt worden ist, so bestimmt es die Zusatzstrafe in der Weise, dass der Täter nicht schwerer bestraft wird, als wenn die strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt worden wären. |
3 | Hat der Täter eine oder mehrere Taten vor Vollendung des 18. Altersjahres begangen, so dürfen diese bei der Bildung der Gesamtstrafe nach den Absätzen 1 und 2 nicht stärker ins Gewicht fallen, als wenn sie für sich allein beurteilt worden wären. |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
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1 | Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
a | eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder |
b | eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. |
2 | Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. |
3 | Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
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1 | Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
a | eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder |
b | eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. |
2 | Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. |
3 | Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). |
Dispositiv
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.