100 Ib 297
50. Auszug aus dem Urteil vom 25. Oktober 1974 i.S. Bovard gegen Regierungsrat des Kantons Luzern.
Regeste (de):
- Gewässerschutz; behördliche Zusage; neues Recht:
- Der Bürger kann sich auf behördliche Zusagen dann nicht berufen, wenn zwischen der Zusage und dem Zeitpunkt, da diese erfüllt werden muss, eine Gesetzesänderung eintritt, die die Erfüllung der Zusage durch die Behörde ausschliesst.
Regeste (fr):
- Protection des eaux; promesse de l'autorité; nouveau droit.
- Un particulier ne peut pas se fonder sur une promesse de l'autorité lorsque est intervenue, entre le moment où cette promesse a été faite et celui où elle doit se réaliser, une modification de la législation qui exclut l'exécution de cette promesse par l'autorité.
Regesto (it):
- Protezione delle acque; assicurazioni rilasciate dall'autorità; nuovo diritto.
- Un privato non può fondarsi su assicurazioni rilasciategli dall'autorità ove, tra il momento in cui esse gli sono state fatte e quello in cui devono essere adempiute, la legislazione è stata modificata in modo tale da escludere il loro adempimento.
Erwägungen ab Seite 297
BGE 100 Ib 297 S. 297
4. Die Erteilung der Baubewilligung an die Beschwerdeführerin hing im wesentlichen davon ab, ob sie eine Erlaubnis erhielt, die aus dem geplanten Neubau anfallenden Abwässer wenigstens vorläufig in den Vierwaldstättersee einleiten zu dürfen. Der Beschwerdeführerin wurde eine entsprechende Bewilligung durch das Gewässerschutzamt und das Militär- und Polizeidepartement des Kantons Luzern in Aussicht gestellt, die Zusicherung aber schliesslich nicht eingehalten. Darin liegt ein Abrücken von einer behördlich erteilten Auskunft. Dies
BGE 100 Ib 297 S. 298
kann unter Umständen einen Verstoss gegen Treu und Glauben begründen, der vom betroffenen Bürger nicht hingenommen zu werden braucht. Allein der Bürger kann sich auf behördliche Zusagen dann nicht berufen, wenn zwischen der Zusage und dem Zeitpunkt, da diese erfüllt werden muss, eine Gesetzesänderung eintritt, die die Erfüllung der Zusage durch die Behörde ausschliesst (BGE 99 Ib 94 Erw. 4). Aufgrund der Revision des Gewässerschutzgesetzes, mit der die Baufreiheit aus gewässerschutzpolizeilichen Gründen erheblich eingeschränkt wurde, war eine Erfüllung der Zusage nach dem 1. Juli 1972 ohne Gesetzesverletzung nicht mehr möglich. Es liegt deshalb im Umstand, dass das Gewässerschutzamt sich nachträglich weigerte, die Bewilligung zur Einleitung der Abwässer in den See auszustellen, keine Verletzung von Bundesrecht. Zwar hat sie die Verweigerung der Bewilligung nicht mit dem Hinweis auf die neuen Vorschriften des GSchG begründet, sondern mit dem bevorstehenden Erlass der Schutzbestimmungen (Bundesbeschluss vom 17. März 1972 über dringliche Massnahmen auf dem Gebiete der Raumplanung, welcher eine Uferschutzzone für den Vierwaldtstättersee schafft). Doch ändert das an der Sachlage nichts. Der Regierungsrat, der über die Beschwerde zu entscheiden hatte, hatte nämlich seinerseits die neue Gewässerschutzgesetzgebung anzuwenden und durfte dies tun. Selbst wenn die Ableitungsbewilligung und anschliessend die Baubewilligung erteilt worden wären und die Bewilligung von einer dazu legitimierten Partei angefochten worden wäre, hätte er die erteilte Bewilligung aufheben müssen.