100 Ib 162
26. Auszug aus dem Urteil vom 28. Juni 1974 i.S. Geissbühler gegen Eidg. Departement des Innern
Regeste (de):
- Massnahmen zum Schutz von Kulturdenkmälern: Art. 16
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 16 - Droht einer Naturlandschaft im Sinne von Artikel 15, einer geschichtlichen Stätte oder einem Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung unmittelbare Gefahr, kann das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation oder das Eidgenössische Departement des Innern47 ein solches Objekt durch befristete Massnahmen unter den Schutz des Bundes stellen und die nötigen Sicherungen zu seiner Erhaltung anordnen.48
- - Damit Art. 16
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 16 - Droht einer Naturlandschaft im Sinne von Artikel 15, einer geschichtlichen Stätte oder einem Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung unmittelbare Gefahr, kann das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation oder das Eidgenössische Departement des Innern47 ein solches Objekt durch befristete Massnahmen unter den Schutz des Bundes stellen und die nötigen Sicherungen zu seiner Erhaltung anordnen.48
- - Von den Sicherungsmassnahmen ist nur zurückhaltend Gebrauch zu machen.
Regeste (fr):
- Mesures pour la protection des monuments; art. 16 LPN.
- - L'art. 16 LPN n'est applicable que si le monument est l'objet d'une menace directe; il ne contient aucune base juridique permettant d'assurer une protection indirecte.
- - Il ne doit être fait usage des mesures conservatoires qu'avec retenue.
Regesto (it):
- Provvedimentiper la protezione dei monumenti: art. 16 LPN.
- - L'art. 16 LPN è applicabile solamente ove il monumento sia minacciato da un pericolo diretto; tale norma non contiene alcuna base giuridica che consenta di garantire una protezione indiretta.
- - Le disposizioni conservative devono essere adottate con riserbo.
Sachverhalt ab Seite 162
BGE 100 Ib 162 S. 162
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines Grundstückes, auf dem sich Überreste der einstigen gallo-römischen Militärsiedlung Petinesca finden. Es handelt sich dabei um Stätten von grossem, einmaligem kulturhistorischem Stellenwert von nationaler Bedeutung. Am 15. März 1974 verkaufte der Beschwerdeführer das Grundstück zum Preis von rund Fr. 90.- /m2. Da der Kanton Bern, dem ein Vorkaufsrecht an diesem Grundstück zusteht, zu diesem Preis von seinem Recht nicht Gebrauch machen will, wandten sich die kantonalen Behörden an das Eidg. Departement des Innern (EDI) und machten es auf den Sachverhalt aufmerksam. Dieses verfügte daraufhin ein Bau- und Veränderungsverbot für die Dauer von fünf Jahren. Es berief sich auf Art. 16
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SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) NHG Art. 16 - Droht einer Naturlandschaft im Sinne von Artikel 15, einer geschichtlichen Stätte oder einem Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung unmittelbare Gefahr, kann das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation oder das Eidgenössische Departement des Innern47 ein solches Objekt durch befristete Massnahmen unter den Schutz des Bundes stellen und die nötigen Sicherungen zu seiner Erhaltung anordnen.48 |
BGE 100 Ib 162 S. 163
solle es ermöglichen, in Ruhe die notwendigen Schritte zur Enteignung des Grundstückes einzuleiten. Gegen diese Verfügung erhebt der Betroffene Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
Erwägungen
Erwägungen:
1. (Prozessuales).
2. Droht einer geschichtlichen Stätte oder einem Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung unmittelbar Gefahr, kann der Bundesrat ein solches Objekt durch befristete Massnahmen unter den Schutz des Bundes stellen und die nötigen Sicherungen zu seiner Erhaltung anordnen (Art. 16
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SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) NHG Art. 16 - Droht einer Naturlandschaft im Sinne von Artikel 15, einer geschichtlichen Stätte oder einem Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung unmittelbare Gefahr, kann das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation oder das Eidgenössische Departement des Innern47 ein solches Objekt durch befristete Massnahmen unter den Schutz des Bundes stellen und die nötigen Sicherungen zu seiner Erhaltung anordnen.48 |
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SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) NHG Art. 5 - 1 Der Bundesrat erstellt nach Anhören der Kantone Inventare von Objekten von nationaler Bedeutung; er kann sich auf bestehende Inventare von staatlichen Institutionen und von Organisationen stützen, die im Bereich des Naturschutzes, des Heimatschutzes oder der Denkmalpflege tätig sind.20 Die für die Auswahl der Objekte massgebenden Grundsätze sind in den Inventaren darzulegen. Ausserdem haben diese mindestens zu enthalten: |
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1 | Der Bundesrat erstellt nach Anhören der Kantone Inventare von Objekten von nationaler Bedeutung; er kann sich auf bestehende Inventare von staatlichen Institutionen und von Organisationen stützen, die im Bereich des Naturschutzes, des Heimatschutzes oder der Denkmalpflege tätig sind.20 Die für die Auswahl der Objekte massgebenden Grundsätze sind in den Inventaren darzulegen. Ausserdem haben diese mindestens zu enthalten: |
a | die genaue Umschreibung der Objekte; |
b | die Gründe für ihre nationale Bedeutung; |
c | die möglichen Gefahren; |
d | die bestehenden Schutzmassnahmen; |
e | den anzustrebenden Schutz; |
f | die Verbesserungsvorschläge. |
2 | Die Inventare sind nicht abschliessend. Sie sind regelmässig zu überprüfen und zu bereinigen; über die Aufnahme, die Abänderung oder die Streichung von Objekten entscheidet nach Anhören der Kantone der Bundesrat. Die Kantone können von sich aus eine Überprüfung beantragen. |
Damit Art. 16
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SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) NHG Art. 16 - Droht einer Naturlandschaft im Sinne von Artikel 15, einer geschichtlichen Stätte oder einem Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung unmittelbare Gefahr, kann das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation oder das Eidgenössische Departement des Innern47 ein solches Objekt durch befristete Massnahmen unter den Schutz des Bundes stellen und die nötigen Sicherungen zu seiner Erhaltung anordnen.48 |
BGE 100 Ib 162 S. 164
der heutigen Situation eintreten, die ein Eingreifen rechtfertigen könnte. Droht einem Objekt von nationaler Bedeutung in diesem Sinne Gefahr, sind auch einschneidende Massnahmen, wie z.B. die Anordnung von Bauverboten, zulässig (vgl. Sten. Bulletin 1966 NR 333, Votum Heil und Antwort von Bundesrat Tschudi). Indessen ergibt sich aus den Akten nicht, dass der Käufer der Liegenschaft eine Erweiterung des bestehenden Hauses oder die Erstellung weiterer Bauten auf dem Grundstück anstrebt. Vorgesehen ist anscheinend bloss die Renovation des bestehenden Gebäudes. Es ist daher fraglich, ob davon gesprochen werden kann, dem Kulturdenkmal in seinem bisherigen Bestand drohe überhaupt durch den Ver-. kauf und die vorgesehenen Veränderungen baulicher Art am fraglichen Wohnbau Gefahr. Die Gefahr muss ausserdem eine unmittelbare sein ("un danger imminent", "un pericolo imminente"). Damit ist in erster Linie gemeint, dass die Gefahr zeitlich unmittelbar bevorsteht. Während der französische und der italienische Gesetzeswortlaut einzig diese Auslegung nahelegen, lässt die deutsche Fassung auch den Schluss zu, dass die Gefahr die Objekte von nationaler Bedeutung unmittelbar in ihrem bisherigen Bestand treffen muss. Diese Auslegung entspricht dem Zweck des Gesetzes, das historische Stätten oder Kulturdenkmäler in ihrem materiellen Bestand und im Rahmen ihrer Umgebung, soweit es auf sie ankommt, erhalten will. Der angefochtene Entscheid bezweckt keinen solchen Schutz. Wie insbesondere aus der Vernehmlassung der Vorinstanz hervorgeht, soll das Veränderungsverbot dazu dienen, dem Kanton Bern oder allenfalls der Eidgenossenschaft den Erwerb der Parzelle Nr. 129 auf dem Enteignungsweg zu einem Preis zu sichern, der den Erwerbern angemessen erscheint. Tatsächlich besteht die Gefahr, dass das Gemeinwesen, sofern es die Liegenschaft enteignungsweise erwerben muss, ohne die Auswirkungen des Veränderungsverbots eine Mehrleistung erbringen muss, wenn bis zur Einleitung des Enteignungsverfahrens die bestehenden Gebäulichkeiten in Stand gestellt werden. Allein eine solche Gefahr ist keine Gefahr für die Kulturdenkmäler selbst, sondern höchstens für die Finanzen des Gemeinwesens, das die Liegenschaft erwerben will. Zu einem solchen bloss indirekten Schutz der Kulturdenkmäler bietet aber Art. 16
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SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) NHG Art. 16 - Droht einer Naturlandschaft im Sinne von Artikel 15, einer geschichtlichen Stätte oder einem Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung unmittelbare Gefahr, kann das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation oder das Eidgenössische Departement des Innern47 ein solches Objekt durch befristete Massnahmen unter den Schutz des Bundes stellen und die nötigen Sicherungen zu seiner Erhaltung anordnen.48 |
BGE 100 Ib 162 S. 165
Gefahr drohe. Aus der Beschränkung der Eingriffsmöglichkeit der Eidgenossenschaft auf Fälle unmittelbarer Gefahr lässt sich entnehmen, dass von Sicherungsmassnahmen nur zurückhaltend Gebrauch zu machen ist, im wesentlichen nur dann, wenn alle andern Mittel für die unmittelbare Sicherung versagen (vgl. Botschaft des Bundesrates zum NHG, BBl 1965 III 108, zu Art. 15 des Entwurfes). Aus dem Gesetz ergibt sich kein Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber dem Gemeinwesen für den Fall, dass es eine Liegenschaft mit geschichtlichem Stellenwert enteignungsweise erwerben muss, über die im Enteignungsrecht selbst enthaltenen Sicherungsmöglichkeiten gegen ungerechtfertigte Forderungen (wie z.B. durch Anordnung des Enteignungsbannes) weitere Sicherungsmöglichkeiten durch Anordnung vorläufiger Massnahmen zur Verfügung stellen wollte; ohnehin verweist das Gesetz den Bund in solchen Fällen in erster Linie auf den Weg freihändigen Erwerbs. Durch ungesäumte Einleitung des Enteignungsverfahrens, die im zu beurteilenden Falle vermutlich ohne grosse Weiterungen möglich ist, wird wahrscheinlich das enteignende Gemeinwesen, sei es der Bund oder der Kanton Bern, verhindern können, dass er ungerechtfertigterweise einen missbräuchlich geschaffenen Mehrwert entschädigen muss. Die Vorinstanz hat Art. 16
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SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) NHG Art. 16 - Droht einer Naturlandschaft im Sinne von Artikel 15, einer geschichtlichen Stätte oder einem Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung unmittelbare Gefahr, kann das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation oder das Eidgenössische Departement des Innern47 ein solches Objekt durch befristete Massnahmen unter den Schutz des Bundes stellen und die nötigen Sicherungen zu seiner Erhaltung anordnen.48 |
3. Der Beschwerdeführer beantragt, die Sache sei an die Vorinstanz zurückzuweisen zu neuer Beurteilung. Er will sich nicht allen Sicherungsmassnahmen widersetzen, sondern will solche, die ihm verhältnismässig scheinen, hinnehmen. Eine Rückweisung erübrigt sich jedoch. Sofern in Zukunft durch den derzeitigen oder einen künftigen Eigentümer der Liegenschaft eine unmittelbare Gefahr für die Denkmäler selbst geschaffen werden sollte, beispielsweise durch Beseitigung oder Lageveränderung, durch Um- oder Neubauten, die den Zugang zum einstigen Militärlager behindern oder über den heutigen Zustand hinaus die Sicht auf die historische Stätte verschlechtern, steht es den Behörden der Eidgenossenschaft und allenfalls des Kantons Bern, sofern das kantonale Recht hierzu überhaupt eine Rechtsgrundlage aufweist, zu, einzuschreiten und durch entsprechende Massnahmen eine Verschlechterung
BGE 100 Ib 162 S. 166
der Situation abzuwenden. Es erscheint auch nicht ausgeschlossen, dass die kantonalen Rechtsgrundlagen bereits im jetzigen Zeitpunkt Massnahmen zur präventiven Sicherung der Stätte zulassen. Darüber ist jedoch hier nicht zu befinden.