Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}

8C_497/2014

Urteil vom 31. Oktober 2014

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiber Grunder.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Pierre Heusser,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4052 Basel,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Ausstand),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 26. März 2014.

Sachverhalt:

A.
Der 1965 geborene A.________ bezieht seit 1. Juli 2000 eine ganze Rente der Invalidenversicherung (vgl. Urteil des ehemaligen Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 216/05 vom 21. Juli 2005). Im Rahmen eines im April 2012 von Amtes wegen eingeleiteten Revisionsverfahrens teilte die IV-Stelle Basel-Stadt dem Versicherten mit, dass sie bei den Kliniken B.________ ein Gutachten einholen werde, und stellte den Fragenkatalog zu. Mit Schreiben vom 25. April 2013 erklärte sich der Versicherte mit einer erneuten Begutachtung nicht einverstanden, da er eine solche nicht für notwendig und zumutbar halte. Mit Zwischenverfügung vom 20. Juni 2013 hielt die IV-Stelle an der Begutachtung bei den Kliniken B.________ fest.

B.
Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt ab (Entscheid vom 26. März 2014).

C.
Mit Beschwerde lässt A.________ beantragen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei das Verfahren an die IV-Stelle (eventualiter an das kantonale Gericht) zurückzuweisen, damit diese vorab umfassend abkläre, ob eine Begutachtung ihn in seiner psychischen Gesundheit gefährden würde oder nicht.

Das Bundesgericht führt keinen Schriftenwechsel durch.

Erwägungen:

1.

1.1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (BGE 135 III 1 E. 1.1 S. 3 mit Hinweisen).

1.2. Das kantonale Gericht hat erwogen, streitig und zu prüfen sei, ob die von der IV-Stelle angeordnete psychiatrische Begutachtung im Sinne von Art. 43 Abs. 2
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 43 Abklärung - 1 Der Versicherungsträger prüft die Begehren, nimmt die notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vor und holt die erforderlichen Auskünfte ein. Mündlich erteilte Auskünfte sind schriftlich festzuhalten.
1    Der Versicherungsträger prüft die Begehren, nimmt die notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vor und holt die erforderlichen Auskünfte ein. Mündlich erteilte Auskünfte sind schriftlich festzuhalten.
1bis    Der Versicherungsträger bestimmt die Art und den Umfang der notwendigen Abklärungen.32
2    Soweit ärztliche oder fachliche Untersuchungen für die Beurteilung notwendig und zumutbar sind, hat sich die versicherte Person diesen zu unterziehen.
3    Kommen die versicherte Person oder andere Personen, die Leistungen beanspruchen, den Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten in unentschuldbarer Weise nicht nach, so kann der Versicherungsträger auf Grund der Akten verfügen oder die Erhebungen einstellen und Nichteintreten beschliessen. Er muss diese Personen vorher schriftlich mahnen und auf die Rechtsfolgen hinweisen; ihnen ist eine angemessene Bedenkzeit einzuräumen.
ATSG notwendig und zumutbar sei, sodass sich der Versicherte dieser zu unterziehen habe. Es hat erkannt, dass entgegen der Auffassung des Versicherten die Auskünfte des behandelnden Psychiaters und der behandelnden Psychologin nicht genügten, um die Frage zuverlässig beurteilen zu können, ob sich der Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit in revisionsrechtlich erheblicher Weise verändert haben. Zum einen sei der Erfahrungstatsache Rechnung zu tragen, dass behandelnde Ärzte im Hinblick auf ihre Vertrauensstellung in Zweifelsfällen eher zu Gunsten ihrer Patienten aussagten; zum anderen sei festzuhalten, dass der psychiatrisch festgestellte Gesundheitszustand entgegen der Empfehlung des Dr. med. C.________ (Expertise vom 27. Juni 2002) nicht schon nach einem Jahr erneut umfassend geprüft worden sei; daher sei eine Verlaufsbegutachtung unabdingbar und mit deren Anordnung hole die Verwaltung keine unzulässige "second opinion" ein. Sodann sei dem Versicherten zum Vorbringen, eine psychiatrische Begutachtung könnte sich gesundheitsschädigend auswirken, zu entgegnen, dass den
medizinischen Sachverständigen vor dem Untersuchungstermin sämtliche Akten, mithin auch die jener Therapeuten, die eine Begutachtung für unzumutbar hielten, zur Verfügung zu stellen seien, sodass diese in die Lage versetzt würden, die fachärztlich oder anderweitig gebotenen Massnahmen zu treffen. Zusammenfassend sei die Zwischenverfügung der IV-Stelle vom 20. Juni 2013 nicht zu beanstanden.

1.3.

1.3.1. Gemäss BGE 138 V 271 Regeste und E. 1 - 4 S. 274 ff. sind kantonale Entscheide über Beschwerden gegen Verfügungen der IV-Stellen betreffend die Einholung von medizinischen Gutachten nicht an das Bundesgericht weiterziehbar, sofern nicht Ausstandsgründe beurteilt worden sind. Ablehnungs- oder Ausstandsgründe zählen zu den Einwendungen formeller Natur, weil sie geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit eines ärztlichen Sachverständigen zu erwecken. Das trifft zu, wenn der Experte in der Sache ein persönliches Interesse hat oder anderweitig in der Sache befangen sein könnte (vgl. BGE 137 V 210 E. 2.1.3 S. 231; 132 V 93 E. 7.1 S. 109). Einwendungen materieller Natur können sich ebenfalls gegen die Person eines Gutachters richten; sie beschlagen jedoch nicht dessen Unparteilichkeit, weshalb sie in der Regel mit dem Entscheid in der Sache im Rahmen der Beweiswürdigung zu behandeln sind (BGE 132 V 93 E. 6.5 S. 108).

1.3.2. Das kantonale Gericht hat sich, wie ohne Weiteres aus dessen Entscheid vom 26. März 2014 hervorgeht, nicht mit Ausstandsgründen im Sinne der dargelegten Rechtsprechung befassen müssen. Vielmehr ist es allein darum gegangen, ob die von der IV-Stelle im Rahmen des von Amtes wegen eingeleiteten Revisionsverfahrens angeordnete psychiatrische Begutachtung notwendig und zumutbar ist. Etwas anderes ist der beim Bundesgericht eingereichten Beschwerde nicht zu entnehmen, weshalb darauf nicht eingetreten werden kann.

2.
An diesem Ergebnis ändert die Eingabe der IV-Stelle vom 2. Oktober 2014, mit der sie bekannt gibt, sie werde auf die angeordnete psychiatrische Begutachtung verzichten, nichts. Kann das Bundesgericht auf eine gegen einen kantonalen Entscheid gerichtete Beschwerde nicht eintreten, ist es ihm in einer Konstellation wie der vorliegenden verwehrt, das Verfahren zufolge Gegenstandslosigkeit abzuschreiben.

3.
Auf die Erhebung von Gerichtskosten wird umständehalber verzichtet (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
Satz 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 31. Oktober 2014

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Grunder
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 8C_497/2014
Datum : 31. Oktober 2014
Publiziert : 21. November 2014
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Invalidenversicherung
Gegenstand : Invalidenversicherung (Ausstand)


Gesetzesregister
ATSG: 43
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 43 Abklärung - 1 Der Versicherungsträger prüft die Begehren, nimmt die notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vor und holt die erforderlichen Auskünfte ein. Mündlich erteilte Auskünfte sind schriftlich festzuhalten.
1    Der Versicherungsträger prüft die Begehren, nimmt die notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vor und holt die erforderlichen Auskünfte ein. Mündlich erteilte Auskünfte sind schriftlich festzuhalten.
1bis    Der Versicherungsträger bestimmt die Art und den Umfang der notwendigen Abklärungen.32
2    Soweit ärztliche oder fachliche Untersuchungen für die Beurteilung notwendig und zumutbar sind, hat sich die versicherte Person diesen zu unterziehen.
3    Kommen die versicherte Person oder andere Personen, die Leistungen beanspruchen, den Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten in unentschuldbarer Weise nicht nach, so kann der Versicherungsträger auf Grund der Akten verfügen oder die Erhebungen einstellen und Nichteintreten beschliessen. Er muss diese Personen vorher schriftlich mahnen und auf die Rechtsfolgen hinweisen; ihnen ist eine angemessene Bedenkzeit einzuräumen.
BGG: 66
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGE Register
132-V-93 • 135-III-1 • 137-V-210 • 138-V-271
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