Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

6B_193/2017

Urteil vom 31. Mai 2017

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiberin Siegenthaler.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Carmela Degen,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Postfach 3439, 6002 Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Parteientschädigung (Einstellungsverfügung),

Beschwerde gegen die Verfügung des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 20. Dezember 2016.

Sachverhalt:

A.
Die Staatsanwaltschaft Emmen verurteilte X.________ am 28. April 2016 mittels Strafbefehl wegen Führens eines Motorfahrzeugs in nicht vorschriftsgemässem Zustand, weil er seinen Personenwagen mit einer zu lauten Auspuffanlage und schwarz lackierten Seitenscheibenwindabweisern gefahren haben soll. Dagegen liess X.________ durch seine Anwältin Einsprache erheben. Nach weiteren Abklärungen stellte die Staatsanwaltschaft Emmen das Verfahren gegen ihn am 19. September 2016 ein, wobei sie die Gebühren und Auslagen dem Staat auferlegte, X.________ jedoch die beantragte Entschädigung der Anwaltskosten verweigerte.
Die gegen diesen Punkt der Einstellungsverfügung geführte Beschwerde von X.________ wies das Kantonsgericht Luzern am 20. Dezember 2016 ab.

B.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, die Verfügung des Kantonsgerichts Luzern vom 20. Dezember 2016 sei aufzuheben und ihm sei eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 2'077.90 zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

C.
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Das Kantonsgericht Luzern stellt ebenfalls Antrag auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.

Erwägungen:

1.
Entscheide über Ansprüche auf Entschädigung und Genugtuung gemäss Art. 429 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 429 Ansprüche - 1 Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf:
1    Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf:
a  eine nach dem Anwaltstarif festgelegte Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte, wobei beim Anwaltstarif nicht unterschieden wird zwischen der zugesprochenen Entschädigung und den Honoraren für die private Verteidigung;
b  Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen, die ihr aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind;
c  Genugtuung für besonders schwere Verletzungen ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere bei Freiheitsentzug.
2    Die Strafbehörde prüft den Anspruch von Amtes wegen. Sie kann die beschuldigte Person auffordern, ihre Ansprüche zu beziffern und zu belegen.
3    Hat die beschuldigte Person eine Wahlverteidigung mit ihrer Verteidigung betraut, so steht der Anspruch auf Entschädigung nach Absatz 1 Buchstabe a ausschliesslich der Verteidigung zu unter Vorbehalt der Abrechnung mit ihrer Klientschaft. Gegen den Entschädigungsentscheid kann die Verteidigung das Rechtsmittel ergreifen, das gegen den Endentscheid zulässig ist.275
StPO sind Entscheide in Strafsachen im Sinne von Art. 78 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 78 Grundsatz - 1 Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
1    Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
2    Der Beschwerde in Strafsachen unterliegen auch Entscheide über:
a  Zivilansprüche, wenn diese zusammen mit der Strafsache zu behandeln sind;
b  den Vollzug von Strafen und Massnahmen.
BGG, gegen welche die Beschwerde in Strafsachen zulässig ist (BGE 139 IV 206 E. 1).

2.

2.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 429 Abs. 1 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 429 Ansprüche - 1 Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf:
1    Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf:
a  eine nach dem Anwaltstarif festgelegte Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte, wobei beim Anwaltstarif nicht unterschieden wird zwischen der zugesprochenen Entschädigung und den Honoraren für die private Verteidigung;
b  Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen, die ihr aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind;
c  Genugtuung für besonders schwere Verletzungen ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere bei Freiheitsentzug.
2    Die Strafbehörde prüft den Anspruch von Amtes wegen. Sie kann die beschuldigte Person auffordern, ihre Ansprüche zu beziffern und zu belegen.
3    Hat die beschuldigte Person eine Wahlverteidigung mit ihrer Verteidigung betraut, so steht der Anspruch auf Entschädigung nach Absatz 1 Buchstabe a ausschliesslich der Verteidigung zu unter Vorbehalt der Abrechnung mit ihrer Klientschaft. Gegen den Entschädigungsentscheid kann die Verteidigung das Rechtsmittel ergreifen, das gegen den Endentscheid zulässig ist.275
StPO mit der Begründung, der Beizug einer Verteidigung sei im vorliegenden Fall durchaus angemessen gewesen, und auch deren Aufwand habe sich im Rahmen gehalten.

2.2. Gemäss Art. 429 Abs. 1 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 429 Ansprüche - 1 Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf:
1    Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf:
a  eine nach dem Anwaltstarif festgelegte Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte, wobei beim Anwaltstarif nicht unterschieden wird zwischen der zugesprochenen Entschädigung und den Honoraren für die private Verteidigung;
b  Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen, die ihr aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind;
c  Genugtuung für besonders schwere Verletzungen ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere bei Freiheitsentzug.
2    Die Strafbehörde prüft den Anspruch von Amtes wegen. Sie kann die beschuldigte Person auffordern, ihre Ansprüche zu beziffern und zu belegen.
3    Hat die beschuldigte Person eine Wahlverteidigung mit ihrer Verteidigung betraut, so steht der Anspruch auf Entschädigung nach Absatz 1 Buchstabe a ausschliesslich der Verteidigung zu unter Vorbehalt der Abrechnung mit ihrer Klientschaft. Gegen den Entschädigungsentscheid kann die Verteidigung das Rechtsmittel ergreifen, das gegen den Endentscheid zulässig ist.275
StPO hat die beschuldigte Person unter anderem Anspruch auf Entschädigung für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte, wenn sie ganz oder teilweise freigesprochen oder das Verfahren gegen sie eingestellt wird.

2.3. Die Vorinstanz erwägt (Verfügung, S. 3 ff.), der Beschwerdeführer sei Besitzer eines Personenwagens der Marke Mitsubishi Lander Evo (Evolution) IX. Dabei handle es sich um ein aus dem Motor- bzw. Autosport bekanntes, mit einem markanten Heckflügel ausgestattetes PS-starkes Motorfahrzeug, das vor allem in der "Tuning-Szene" für Aufsehen gesorgt habe. In Anbetracht der Umstände dürfe davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer sich in dieser Materie bzw. auf diesem Gebiet auskenne. Beim Vorwurf des Führens eines Motorfahrzeugs in vorschriftswidrigem Zustand als Übertretungstatbestand handle es sich nicht um ein schwerwiegendes Delikt. Der fragliche Vorwurf habe weder intensive Ermittlungen noch in beruflicher oder gesellschaftlicher Hinsicht negative Auswirkungen für den Beschwerdeführer zur Folge gehabt, und es sei auch nicht um komplexe Sachverhaltsabläufe gegangen. Ein negativer Verfahrensausgang wäre ausserdem ohne einschneidende rechtliche Folgen für den Beschwerdeführer geblieben. Auch wenn nicht vom Grundsatz ausgegangen werden dürfe, dass im Übertretungsbereich generell kein Anspruch auf Verteidigung bestehe, habe sich vorliegend der Beizug einer Verteidigerin nicht aufgedrängt bzw. sei ein solcher nicht nötig
gewesen.
Anlässlich der Polizeikontrolle habe sich der Beschwerdeführer auf sein Aussageverweigerungsrecht berufen. Hätte er stattdessen Erklärungen zur Sache abgegeben, hätte schon im Polizeirapport vermerkt werden können, dass er über eine Typengenehmigung bezüglich geänderter Auspuffanlage verfüge. Gleiches gelte in Bezug auf die Seitenscheibenwindabweiser. Aufgrund der einfachen Beweislage hätte der Beschwerdeführer auf eine genaue Besichtigung der Seitenscheibenwindabweiser durch die beiden Polizisten hinwirken können. Ausserdem hätte er darauf hinweisen können, dass sein Fahrzeug bereits zwei Motorfahrzeugkontrollen ohne Beanstandungen bestanden habe. Sein Schweigen habe schliesslich zur Ausfällung eines Strafbefehls und dem anschliessenden Einspracheverfahren geführt. Bei aktiver Mitwirkung des Beschwerdeführers wäre dies von Anfang an zu vermeiden gewesen und hätte sich die Frage der Notwendigkeit einer Verteidigerin aufgrund einer raschen Erledigung der Untersuchung zugunsten des Beschwerdeführers gar nicht gestellt.
Auch im Einspracheverfahren sei der Beizug einer Verteidigerin entbehrlich gewesen. Der Beschwerdeführer hätte selbst Einsprache erheben können, die er nicht hätte begründen müssen, und im Einspracheverfahren hätte er sich gegen den Tatvorwurf mit ihm bekannten und ihn entlastenden Argumenten und vorhandenen Beweisurkunden wehren können. Die beiden bereits durchgeführten Fahrzeugkontrollen ohne Beanstandungen hätten vom Richter ohne grossen Aufwand telefonisch abgeklärt werden können, und der Urkundenbeweis der Typengenehmigung sowie das für den Beschwerdeführer sprechende Ergebnis eines Augenscheins an seinem Fahrzeug hätten aufgrund der klaren Beweislage zur Einstellung des Strafverfahrens geführt. Aufgrund seiner Zulassungsbewilligung bezüglich der in seinem Fahrzeug eingebauten Auspuffanlage wäre der Beschwerdeführer gar nicht angewiesen gewesen auf Gesetze, Verordnungen, Merkblätter etc. Ohne Schwierigkeiten und grossen Aufwand hätte er sich auf die Bewilligung berufen und das entsprechende Dokument als Beweis im Untersuchungsverfahren einbringen können. Auch sei ihm die Stellungnahme des Strassenverkehrsamts vom 28. Juni 2016 entlastend entgegengekommen, ergebe sich doch daraus, dass weder die Lärm- noch die
Lichtdurchlässigkeitskontrolle gesetzeskonform durchgeführt worden seien.

2.4. Der Beschwerdeführer wendet ein (Beschwerde, S. 3 ff.), die vorinstanzliche Annahme, wonach der Erlass eines Strafbefehls hätte verhindert werden können, wenn er entsprechende Aussagen gemacht hätte, sei absolut lebensfremd. Die Äusserung, dergemäss er aktiv darauf hätte hinwirken müssen, dass das Ergebnis der Lichtdurchlässigkeit der Seitenscheibenwindabweiser korrekt in den Rapport aufgenommen worden wäre, sei geradezu widersprüchlich. Dies hätte unabhängig davon geschehen müssen, ob er sich dazu äusserte oder nicht. Es sei weder Aufgabe des Fahrzeugführers noch habe er die Möglichkeit dazu, den Polizeirapport auf seine Richtigkeit hin zu überprüfen. Der Vorwurf der Vorinstanz, dass er infolge Wahrnehmung seines Aussageverweigerungsrechts selbst zu verantworten habe, dass ein Strafbefehl erlassen worden sei, gehe daher fehl.
Falsch sei auch die Annahme der Vorinstanz, dass der Übertretungsstrafrichter weitere Abklärungen getroffen hätte, wenn der Beschwerdeführer die von ihm zu erwartenden Angaben gemacht hätte, sei doch allgemein bekannt, dass ein Strafbefehl sich meist nur auf die von der Polizei im Rapport festgehaltenen Umstände stütze, die Äusserungen der Betroffenen gar keine Beachtung fänden oder als Schutzbehauptungen abgetan würden und dass die Staatsanwaltschaft gar keine eigenen Abklärungen mehr vornehme. Somit dürfe davon ausgegangen werden, dass der Strafbefehl auch erlassen worden wäre, wenn der Beschwerdeführer sich anlässlich der Kontrolle geäussert hätte.
Nach Erhalt des Strafbefehls und Konsultation seiner Verteidigung habe diese festgestellt, dass bei der Geräuschemessung gegen nahezu alle diesbezüglichen Vorschriften verstossen worden sei. Dies sei in der Einsprachebegründung entsprechend vorgebracht worden, worauf eine Stellungnahme des Strassenverkehrsamtes eingeholt worden sei. Die darin enthaltenen Aussagen hätten allerdings keineswegs der Wahrheit entsprochen, was durch den vom Beschwerdeführer erstellten Videomitschnitt der Lautstärkemessung eindeutig habe bewiesen werden können. Daraufhin sei die Einstellung des Verfahrens erfolgt, vorwiegend damit begründet, dass die Bedingungen der Lautstärkemessung nicht eingehalten worden seien und dass bezüglich der Lichtdurchlässigkeit der Seitenscheibenwindabweiser ebenfalls keine verlässlichen Daten vorlägen. Auf eine nachträgliche Fahrzeugbegutachtung und Nachmessung sei verzichtet worden. Das Verfahren sei somit vorwiegend aufgrund der Tatsache eingestellt worden, dass es der Verteidigung gelungen sei nachzuweisen, dass die involvierten Behörden ihre Arbeit nicht korrekt und überdies wahrheitswidrige Behauptungen gemacht hätten. Die vorliegende Angelegenheit könne deshalb nicht als einfacher Fall bezeichnet werden, der keine
juristischen Schwierigkeiten aufweise.
Schliesslich sei die Vorinstanz der Auffassung, eine Verteidigung sei nicht geboten gewesen, weil sich der Beschwerdeführer selbst gut auskenne mit der in Frage stehenden Materie. Die von der Vorinstanz herangezogenen Aspekte liessen diesen Schluss jedoch nicht zu, und er sei unzutreffend. Ausserdem lasse die Vorinstanz ausser Acht, dass es vorliegend weniger um eine technische Materie gehe als vielmehr um rechtliche Fragen. Für den Beschwerdeführer persönlich dürfte nicht ersichtlich gewesen sein, welche Gesetze und Verordnungen und sogar Richtlinien des Europäischen Rates vorliegend von Relevanz seien. Aufgrund dieser Umstände sei der Beizug einer Verteidigung im vorliegenden Fall durchaus angemessen gewesen.

2.5. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist einem Beschuldigten in der Regel der Beizug eines Anwalts zuzubilligen, jedenfalls wenn dem Deliktsvorwurf eine gewisse Schwere zukommt. Es ist zu beachten, dass es im Rahmen von Art. 429 Abs. 1 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 429 Ansprüche - 1 Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf:
1    Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf:
a  eine nach dem Anwaltstarif festgelegte Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte, wobei beim Anwaltstarif nicht unterschieden wird zwischen der zugesprochenen Entschädigung und den Honoraren für die private Verteidigung;
b  Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen, die ihr aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind;
c  Genugtuung für besonders schwere Verletzungen ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere bei Freiheitsentzug.
2    Die Strafbehörde prüft den Anspruch von Amtes wegen. Sie kann die beschuldigte Person auffordern, ihre Ansprüche zu beziffern und zu belegen.
3    Hat die beschuldigte Person eine Wahlverteidigung mit ihrer Verteidigung betraut, so steht der Anspruch auf Entschädigung nach Absatz 1 Buchstabe a ausschliesslich der Verteidigung zu unter Vorbehalt der Abrechnung mit ihrer Klientschaft. Gegen den Entschädigungsentscheid kann die Verteidigung das Rechtsmittel ergreifen, das gegen den Endentscheid zulässig ist.275
StPO um die Verteidigung einer vom Staat zu Unrecht beschuldigten und gegen ihren Willen in ein Strafverfahren einbezogenen Person geht. Das materielle Strafrecht und das Strafprozessrecht sind zudem komplex und stellen insbesondere für Personen, die das Prozessieren nicht gewohnt sind, eine Belastung und grosse Herausforderung dar. Wer sich selbst verteidigt, dürfte deshalb prinzipiell schlechter gestellt sein. Dies gilt grundsätzlich unabhängig von der Schwere des Deliktsvorwurfs. Auch bei blossen Übertretungen darf deshalb nicht generell davon ausgegangen werden, dass die beschuldigte Person ihre Verteidigerkosten als Ausfluss einer Art von Sozialpflichtigkeit selbst zu tragen hat. Im Übrigen sind beim Entscheid über die Angemessenheit des Beizugs eines Anwalts neben der Schwere des Tatvorwurfs und der tatsächlichen und rechtlichen Komplexität des Falls insbesondere auch die Dauer des Verfahrens und dessen Auswirkungen auf die persönlichen und beruflichen Verhältnisse der
beschuldigten Person zu berücksichtigen (BGE 142 IV 45 E. 2.1; 138 IV 197 E. 2.3.5). Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass im Besonderen bei blossen Übertretungen die Antwort auf die Frage, ob der Beizug eines Anwalts angemessen war, von den konkreten Umständen des einzelnen Falles abhängt, wobei allerdings an die Angemessenheit keine hohen Anforderungen zu stellen sind (Urteil 6B_843/2015 vom 24. Februar 2016 E. 2.2).

2.6. Die Vorinstanz verletzt Bundesrecht, indem sie von einer Entschädigung der Anwaltskosten des Beschwerdeführers absieht. Der vorliegende Sachverhalt ist vergleichbar mit jenem im Urteil 6B_800/2015 vom 6. April 2016, wo es ebenfalls lediglich um eine Übertretung ging und der Beschwerdeführer erst einen Anwalt beauftragt hatte, nachdem er sich mit einem Schuldspruch mittels Strafbefehl konfrontiert sah. Damit unterscheidet sich die gegebene Sachlage grundlegend von jener im Verfahren 6B_266/2013, wo das Bundesgericht die Verweigerung einer Entschädigung der Anwaltskosten als bundesrechtskonform erachtet hat, weil bereits die Verfahrenseinstellung angekündigt gewesen war, als die Verteidigung des dortigen Beschuldigten eine erste Rechtsschrift einreichte. Obschon es in casu lediglich um den Deliktsvorwurf einer Übertretung ging, ist der Einstellungsverfügung vom 19. September 2016, der angefochtenen Verfügung sowie den Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde zu entnehmen, dass sowohl in sachverhaltlicher als auch in rechtlicher Hinsicht eine gewisse Komplexität gegeben war. Insgesamt ist nicht ersichtlich, weshalb die vorliegende Konstellation anders zu beurteilen sein sollte als jene in BGE 142 IV 45 und 138 IV
197
sowie im Urteil 6B_800/2015 vom 6. April 2016.

3.
Die Beschwerde ist gutzuheissen, die angefochtene Verfügung aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Es sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
und 4
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG). Der Kanton Luzern hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Die Verfügung des Kantonsgerichts Luzern vom 20. Dezember 2016 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Der Kanton Luzern hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- auszurichten.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 31. Mai 2017

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Siegenthaler
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 6B_193/2017
Datum : 31. Mai 2017
Publiziert : 19. Juni 2017
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Strafprozess
Gegenstand : Parteientschädigung (Einstellungsverfügung)


Gesetzesregister
BGG: 66 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
68 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
78
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 78 Grundsatz - 1 Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
1    Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
2    Der Beschwerde in Strafsachen unterliegen auch Entscheide über:
a  Zivilansprüche, wenn diese zusammen mit der Strafsache zu behandeln sind;
b  den Vollzug von Strafen und Massnahmen.
StPO: 429
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 429 Ansprüche - 1 Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf:
1    Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf:
a  eine nach dem Anwaltstarif festgelegte Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte, wobei beim Anwaltstarif nicht unterschieden wird zwischen der zugesprochenen Entschädigung und den Honoraren für die private Verteidigung;
b  Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen, die ihr aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind;
c  Genugtuung für besonders schwere Verletzungen ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere bei Freiheitsentzug.
2    Die Strafbehörde prüft den Anspruch von Amtes wegen. Sie kann die beschuldigte Person auffordern, ihre Ansprüche zu beziffern und zu belegen.
3    Hat die beschuldigte Person eine Wahlverteidigung mit ihrer Verteidigung betraut, so steht der Anspruch auf Entschädigung nach Absatz 1 Buchstabe a ausschliesslich der Verteidigung zu unter Vorbehalt der Abrechnung mit ihrer Klientschaft. Gegen den Entschädigungsentscheid kann die Verteidigung das Rechtsmittel ergreifen, das gegen den Endentscheid zulässig ist.275
BGE Register
138-IV-197 • 139-IV-206 • 142-IV-45
Weitere Urteile ab 2000
6B_193/2017 • 6B_266/2013 • 6B_800/2015 • 6B_843/2015
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