Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6B 783/2020
Urteil vom 31. März 2021
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Muschietti,
Bundesrichterin van de Graaf,
Gerichtsschreiberin Unseld.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Schwaller,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Berichtigung einer Nichtanhandnahmeverfügung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 15. Mai 2020 (SBE.2020.16 / va).
Erwägungen:
1.
Am 16. März 2020 rief die Psychiaterin des Beschwerdeführers die Polizei an und gab an, dieser habe seine Frau nach einem verbalen Streit getreten und anschliessend das Mobiliar im Haus demoliert. Die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach verfügte am 6. April 2020 die Nichtanhandnahme des Verfahrens wegen Tätlichkeit, da die Ehefrau des Beschwerdeführers keinen Strafantrag stellte. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau genehmigte die Nichtanhandnahmeverfügung am 8. April 2020.
Der Beschwerdeführer erhob dagegen Beschwerde mit dem Antrag, die Erwägung 1 der Nichtanhandnahmeverfügung sei neu zu verfassen. Darin sei zu erwähnen, dass er sich am 16. März 2020 vermutlich wegen falscher Medikation in einem psychisch bedingten Ausnahmezustand befunden und in der ehelichen Wohnung Mobiliar beschädigt habe. Körperliche Gewalt habe nicht stattgefunden, so dass seine Ehefrau nicht verletzt worden sei.
Darauf trat das Obergericht des Kantons Aargau am 15. Mai 2020 nicht ein.
Der Beschwerdeführer gelangt gegen den obergerichtlichen Nichteintretensentscheid mit Beschwerde an das Bundesgericht.
2.
Der Beschwerdeführer argumentiert, er habe sich am 16. März 2020 gesundheitlich bedingt in einem Ausnahmezustand befunden (Insulinproblematik). Er habe seine Ehefrau entgegen dem Polizeirapport vom 19. März 2020 zum Einsatz vom 16. März 2020 jedoch nicht gegen das Bein getreten. Seine Ehefrau sei im Anschluss an den Vorfall vom 16. März 2020 befragt worden. Sie habe dabei angegeben, ihr Ehemann habe sie früher tatsächlich einmal anlässlich einer pointierten verbalen Diskussion leicht und ohne Verletzungsfolgen gegen das Bein getreten. Am 16. März 2020 habe keinerlei körperlicher Kontakt stattgefunden. Das im von seiner Ehefrau unterzeichneten Strafantragsformular vom 16. März 2020 erwähnte leichte Treten gegen das Bein beziehe sich auf dieses frühere Vorkommnis. Er habe ein rechtlich geschütztes Interesse an der Berichtigung der Nichteintretensverfügung, da er Eigentümer mehrerer Waffen sei, die vorläufig beschlagnahmt worden seien. Mit der amtlichen Feststellung in der Nichtanhandnahmeverfügung, er sei tätlich geworden, sei er dem erhöhten Risiko ausgesetzt, dass diese definitiv eingezogen werden. Die Feststellung könne auch in einem allfälligen Einbürgerungsverfahren problematisch sein.
3.
Die Legitimation zur Beschwerde im Sinne von Art. 393 ff

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 393 Zulässigkeit und Beschwerdegründe - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen: |
|
1 | Die Beschwerde ist zulässig gegen: |
a | die Verfügungen und die Verfahrenshandlungen von Polizei, Staatsanwaltschaft und Übertretungsstrafbehörden; |
b | die Verfügungen und Beschlüsse sowie die Verfahrenshandlungen der erstinstanzlichen Gerichte; ausgenommen sind verfahrensleitende Entscheide; |
c | die Entscheide des Zwangsmassnahmengerichts, sofern dieses Gesetz sie nicht als endgültig bezeichnet. |
2 | Mit der Beschwerde können gerügt werden: |
a | Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung; |
b | die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts; |
c | Unangemessenheit. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 382 Legitimation der übrigen Parteien - 1 Jede Partei, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheides hat, kann ein Rechtsmittel ergreifen. |
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1 | Jede Partei, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheides hat, kann ein Rechtsmittel ergreifen. |
2 | Die Privatklägerschaft kann einen Entscheid hinsichtlich der ausgesprochenen Sanktion nicht anfechten. |
3 | Nach dem Tode der beschuldigten oder verurteilten Person oder der Privatklägerschaft können die Angehörigen im Sinne von Artikel 110 Absatz 1 StGB263 in der Reihenfolge der Erbberechtigung ein Rechtsmittel ergreifen oder das Rechtsmittelverfahren weiterführen, soweit sie in ihren rechtlich geschützten Interessen betroffen sind. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 320 Einstellungsverfügung - 1 Form und allgemeiner Inhalt der Einstellungsverfügung richten sich nach den Artikeln 80 und 81. |
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1 | Form und allgemeiner Inhalt der Einstellungsverfügung richten sich nach den Artikeln 80 und 81. |
2 | Die Staatsanwaltschaft hebt in der Einstellungsverfügung bestehende Zwangsmassnahmen auf. Sie kann die Einziehung von Gegenständen und Vermögenswerten anordnen. |
3 | In der Einstellungsverfügung werden keine Zivilklagen behandelt. Der Privatklägerschaft steht nach Eintritt der Rechtskraft der Verfügung der Zivilweg offen. |
4 | Eine rechtskräftige Einstellungsverfügung kommt einem freisprechenden Endentscheid gleich. |
4.
Die Vorinstanz verneint dem Beschwerdeführer daher zu Recht ein Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung der Nichtanhandnahmeverfügung vom 6. April 2020, womit auf seine kantonale Beschwerde nicht einzutreten war.
Der Beschwerdeführer übergeht, dass die Kantonspolizei in der Verfügung vom 12. Mai 2020 über die Beschlagnahme von Waffen entgegen seinen Vorbringen nicht auf die Nichtanhandnahmeverfügung vom 6. April 2020 abstellt, sondern auf den "Polizeibericht Häusliche Gewalt". Dieser Polizeibericht sowie die angeblich falschen Angaben der Ehefrau des Beschwerdeführers im erwähnten Strafantragsformular lassen sich mit der beantragten Neuformulierung der Erwägungen in der Nichtanhandnahmeverfügung nicht aus der Welt schaffen. Gegen falsche Feststellungen bei der Einziehung von Waffen oder einem allfälligen Einbürgerungsverfahren muss sich der Beschwerdeführer daher in den entsprechenden Verfahren zur Wehr setzen, was er gemäss seiner Beschwerdeergänzung auch tat. Letztlich gibt die Nichtanhandnahmeverfügung zudem nur einen Tatverdacht wieder. Dafür, dass der Beschwerdeführer seine Ehefrau am 16. März 2020 tatsächlich mit dem Fuss trat, liefert die Nichtanhandnahmeverfügung keinen Beweis, da die Staatsanwaltschaft dazu - wie der Beschwerdeführer zu Recht geltend macht - kein Beweisverfahren führte.
5.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Die Gerichtskosten hat entsprechend dem Ausgang des Verfahrens der Beschwerdeführer zu tragen (Art. 66 Abs. 1

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
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1 | Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
2 | Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden. |
3 | Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht. |
4 | Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist. |
5 | Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 31. März 2021
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Denys
Die Gerichtsschreiberin: Unseld