Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

1B 111/2020

Urteil vom 31. März 2020

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Chaix, Präsident,
Bundesrichter Fonjallaz, Kneubühler, Haag, Müller,
Gerichtsschreiber Forster.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Advokat Silvio Bürgi,

gegen

Departement für Sicherheit des Kantons Wallis,
Dienststelle für Straf- und Massnahmenvollzug,
Amt für Sanktionen und Begleitmassnahmen,

Straf- und Massnahmenvollzugsgericht Wallis.

Gegenstand
Sicherheitshaft im massnahmenrechtlichen gerichtlichen
Nachverfahren,

Beschwerde gegen die Verfügung des Kantonsgerichts
des Kantons Wallis, Strafkammer, vom 30. Januar 2020
(P3 20 7).

Sachverhalt:

A.
A.________ wurde mehrmals wegen wiederholter sexueller Handlungen mit Kindern, Pornografie und weiteren Delikten zu insgesamt mehr als sechs Jahren Freiheitsstrafe und einer ambulanten therapeutischen Massnahme rechtskräftig verurteilt. Mit Entscheid vom 28. März 2013 wandelte das Straf- und Massnahmenvollzugsgericht Wallis (nachfolgend: Vollzugsgericht) die vollzugsbegleitende ambulante Massnahme in eine stationäre therapeutische Massnahme um. Am 28. März 2018 verlängerte es diese Massnahme (rechtskräftig) bis Ende Dezember 2019.

B.
Am 2. Dezember 2019 beantragte die kantonale Dienststelle für Straf- und Massnahmenvollzug, Amt für Sanktionen und Begleitmassnahmen (nachfolgend: Vollzugsdienst), beim kantonalen Vollzugsgericht die Verlängerung der stationären Massnahme im gerichtlichen Nachverfahren. Da sich das Vollzugsgericht nicht in der Lage sah, vor Ablauf des Vollzugstitels am 31. Dezember 2019 bereits ein neues Massnahmenurteil zu fällen, beantragte es dem kantonalen Zwangsmassnahmengericht (ZMG) am 3. Dezember 2019 die Anordnung von Sicherheitshaft gegen den Verurteilten ab dem 1. Januar 2020 bis zum hängigen Entscheid im gerichtlichen Nachverfahren (vorläufig bis längstens zum 30. April 2020).

C.
Mit Verfügung vom 20. Dezember 2019 ordnete das ZMG die Versetzung des Verurteilten in Sicherheitshaft an (ab dem 1. Januar 2020 bis zum hängigen Entscheid im gerichtlichen Nachverfahren, vorläufig bis längstens zum 31. März 2020). Eine vom Verurteilten am 6. Januar 2020 dagegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht des Kantons Wallis, Strafkammer, mit Verfügung vom 30. Januar 2020 ab.

D.
Gegen die Verfügung des Kantonsgerichts vom 30. Januar 2020 gelangte der Verurteilte mit Beschwerde vom 2. März 2020 an das Bundesgericht. Er beantragt (in der Hauptsache) die Aufhebung des angefochtenen Entscheides, die Feststellung, dass die gegen ihn angeordnete Sicherheitshaft ungesetzlich und verfassungswidrig sei, sowie seine unverzügliche Haftentlassung.
Der kantonale Vollzugsdienst beantragt mit Stellungnahme vom 5. März 2020 die Abweisung der Beschwerde. Das Kantonsgericht liess sich am 6. März 2020 vernehmen. Am 10. März 2020 reichte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers seine Vollmacht ein. Am 19. März 2020 hat er auf eine Replik verzichtet.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Beschwerdeentscheid über die Anordnung von strafprozessualer Sicherheitshaft (bei vorbestehendem stationärem Massnahmenvollzug nach rechtskräftiger Verurteilung) im selbstständigen gerichtlichen Nachverfahren betreffend Verlängerung einer stationären therapeutischen Massnahme (Art. 222
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 222 Rechtsmittel - Einzig die verhaftete Person kann Entscheide über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Untersuchungs- oder Sicherheitshaft bei der Beschwerdeinstanz anfechten. Vorbehalten bleibt Artikel 233.
und Art. 229
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 229 Entscheid über die Anordnung der Sicherheitshaft - 1 Über die Anordnung der Sicherheitshaft bei vorbestehender Untersuchungshaft entscheidet das Zwangsmassnahmengericht auf schriftliches Gesuch der Staatsanwaltschaft.
1    Über die Anordnung der Sicherheitshaft bei vorbestehender Untersuchungshaft entscheidet das Zwangsmassnahmengericht auf schriftliches Gesuch der Staatsanwaltschaft.
2    Ergeben sich erst nach der Anklageerhebung Haftgründe, so führt die Verfahrensleitung des erstinstanzlichen Gerichts in sinngemässer Anwendung von Artikel 224 ein Haftverfahren durch und beantragt dem Zwangsmassnahmengericht die Anordnung der Sicherheitshaft.
3    Das Verfahren vor dem Zwangsmassnahmengericht richtet sich:
a  ohne vorbestehende Untersuchungshaft: sinngemäss nach den Artikeln 225 und 226;
b  bei vorbestehender Untersuchungshaft: sinngemäss nach Artikel 227.
StPO i.V.m. Art. 363 f
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 363 Zuständigkeit - 1 Das Gericht, welches das erstinstanzliche Urteil gefällt hat, trifft auch die einer gerichtlichen Behörde übertragenen selbstständigen nachträglichen Entscheide, sofern Bund oder Kantone nichts anderes bestimmen.
1    Das Gericht, welches das erstinstanzliche Urteil gefällt hat, trifft auch die einer gerichtlichen Behörde übertragenen selbstständigen nachträglichen Entscheide, sofern Bund oder Kantone nichts anderes bestimmen.
2    Hat die Staatsanwaltschaft im Strafbefehlsverfahren oder die Übertretungsstrafbehörde im Übertretungsstrafverfahren entschieden, so treffen diese Behörden auch die nachträglichen Entscheide.
3    Für nachträgliche Entscheide, die nicht dem Gericht zustehen, bestimmen Bund und Kantone die zuständigen Behörden.
. StPO und Art. 59 Abs. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn:
1    Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn:
a  der Täter ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, das mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang steht; und
b  zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang stehender Taten begegnen.
2    Die stationäre Behandlung erfolgt in einer geeigneten psychiatrischen Einrichtung oder einer Massnahmevollzugseinrichtung.
3    Solange die Gefahr besteht, dass der Täter flieht oder weitere Straftaten begeht, wird er in einer geschlossenen Einrichtung behandelt. Er kann auch in einer Strafanstalt nach Artikel 76 Absatz 2 behandelt werden, sofern die nötige therapeutische Behandlung durch Fachpersonal gewährleistet ist.57
4    Der mit der stationären Behandlung verbundene Freiheitsentzug beträgt in der Regel höchstens fünf Jahre. Sind die Voraussetzungen für die bedingte Entlassung nach fünf Jahren noch nicht gegeben und ist zu erwarten, durch die Fortführung der Massnahme lasse sich der Gefahr weiterer mit der psychischen Störung des Täters in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Verlängerung der Massnahme um jeweils höchstens fünf Jahre anordnen.
StGB). Die Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 78 ff
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 78 Grundsatz - 1 Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
1    Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
2    Der Beschwerde in Strafsachen unterliegen auch Entscheide über:
a  Zivilansprüche, wenn diese zusammen mit der Strafsache zu behandeln sind;
b  den Vollzug von Strafen und Massnahmen.
. BGG sind grundsätzlich erfüllt.
Auf das akzessorische Haftentschädigungsbegehren des Beschwerdeführers ist hingegen - ungeachtet des Ausgangs des Haftbeschwerdeverfahrens in der Sache - nicht einzutreten. Über solche Begehren ist nicht im Haftprüfungsverfahren zu entscheiden, sondern im gesetzlich vorgesehenen separaten Haftentschädigungsverfahren (vgl. Art. 222
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 222 Rechtsmittel - Einzig die verhaftete Person kann Entscheide über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Untersuchungs- oder Sicherheitshaft bei der Beschwerdeinstanz anfechten. Vorbehalten bleibt Artikel 233.
und Art. 429
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 429 Ansprüche - 1 Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf:
1    Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf:
a  eine nach dem Anwaltstarif festgelegte Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte, wobei beim Anwaltstarif nicht unterschieden wird zwischen der zugesprochenen Entschädigung und den Honoraren für die private Verteidigung;
b  Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen, die ihr aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind;
c  Genugtuung für besonders schwere Verletzungen ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere bei Freiheitsentzug.
2    Die Strafbehörde prüft den Anspruch von Amtes wegen. Sie kann die beschuldigte Person auffordern, ihre Ansprüche zu beziffern und zu belegen.
3    Hat die beschuldigte Person eine Wahlverteidigung mit ihrer Verteidigung betraut, so steht der Anspruch auf Entschädigung nach Absatz 1 Buchstabe a ausschliesslich der Verteidigung zu unter Vorbehalt der Abrechnung mit ihrer Klientschaft. Gegen den Entschädigungsentscheid kann die Verteidigung das Rechtsmittel ergreifen, das gegen den Endentscheid zulässig ist.275
-431
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 431 - 1 Sind gegenüber der beschuldigten Person rechtswidrig Zwangsmassnahmen angewandt worden, so spricht ihr die Strafbehörde eine angemessene Entschädigung und Genugtuung zu.
1    Sind gegenüber der beschuldigten Person rechtswidrig Zwangsmassnahmen angewandt worden, so spricht ihr die Strafbehörde eine angemessene Entschädigung und Genugtuung zu.
2    Im Fall von Untersuchungs- und Sicherheitshaft besteht der Anspruch, wenn die zulässige Haftdauer überschritten ist und der übermässige Freiheitsentzug nicht an die wegen anderer Straftaten ausgesprochenen Sanktionen angerechnet werden kann.
3    Der Anspruch nach Absatz 2 entfällt, wenn die beschuldigte Person:
a  zu einer Geldstrafe, zu gemeinnütziger Arbeit oder zu einer Busse verurteilt wird, die umgewandelt eine Freiheitsstrafe ergäbe, die nicht wesentlich kürzer wäre als die ausgestandene Untersuchungs- und Sicherheitshaft;
b  zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt wird, deren Dauer die ausgestandene Untersuchungs- und Sicherheitshaft überschreitet.
StPO; BGE 140 I 246 E. 2.5.1 S. 250; s.a Urteile des Bundesgerichtes 1B 204/2018 vom 15. Mai 2018 E. 4.8; 1B 270/2017 vom 28. Juli 2017 E. 7; 6B 1057/2015 vom 25. Mai 2016 E. 5.3.1; 1B 351/2012 vom 20. September 2012 E. 2.3.2 = Pra 2012 Nr. 134 S. 964). Unzulässig sind die Rechtsbegehren auch, soweit sie sich nicht gegen den kantonal letztinstanzlichen Beschwerdeentscheid richten (Art. 80 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 80 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen nach der Strafprozessordnung vom 5. Oktober 200749 (StPO) ein Zwangsmassnahmegericht oder ein anderes Gericht als einzige kantonale Instanz entscheidet.50
BGG).

2.
Das Kantonsgericht bejaht das Vorliegen materieller Haftgründe in analoger Anwendung (der für die Sicherheitshaft vor einer Verurteilung geltenden Bestimmungen) von Art. 221
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 221 Voraussetzungen - 1 Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie:
1    Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie:
a  sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht;
b  Personen beeinflusst oder auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen; oder
c  durch Verbrechen oder schwere Vergehen die Sicherheit anderer unmittelbar erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat.
1bis    Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind ausnahmsweise zulässig, wenn:
a  die beschuldigte Person dringend verdächtig ist, durch ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer Person schwer beeinträchtigt zu haben; und
b  die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, die beschuldigte Person werde ein gleichartiges, schweres Verbrechen verüben.112
2    Haft ist auch zulässig, wenn die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, eine Person werde ihre Drohung, ein schweres Verbrechen auszuführen, wahrmachen.113
und 229
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 229 Entscheid über die Anordnung der Sicherheitshaft - 1 Über die Anordnung der Sicherheitshaft bei vorbestehender Untersuchungshaft entscheidet das Zwangsmassnahmengericht auf schriftliches Gesuch der Staatsanwaltschaft.
1    Über die Anordnung der Sicherheitshaft bei vorbestehender Untersuchungshaft entscheidet das Zwangsmassnahmengericht auf schriftliches Gesuch der Staatsanwaltschaft.
2    Ergeben sich erst nach der Anklageerhebung Haftgründe, so führt die Verfahrensleitung des erstinstanzlichen Gerichts in sinngemässer Anwendung von Artikel 224 ein Haftverfahren durch und beantragt dem Zwangsmassnahmengericht die Anordnung der Sicherheitshaft.
3    Das Verfahren vor dem Zwangsmassnahmengericht richtet sich:
a  ohne vorbestehende Untersuchungshaft: sinngemäss nach den Artikeln 225 und 226;
b  bei vorbestehender Untersuchungshaft: sinngemäss nach Artikel 227.
ff. StPO. Es legt dar, der Beschwerdeführer sei vier Mal wegen wiederholter sexueller Handlungen mit Kindern im In- und Ausland, Pornografie und weiteren Delikten zu insgesamt mehr als sechs Jahren Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden. Im stationären Massnahmenvollzug habe er weiter einschlägige Pornografie konsumiert.
Im Hinblick auf eine allfällige Lockerung des Massnahmenvollzugsregimes (Arbeitsexternat) im Jahr 2020 habe der Beschwerdeführer die Zusammenarbeit mit dem zuständigen psychiatrischen Sachverständigen verweigert. In seinem Gutachten vom 18. Oktober 2019 gehe dieser von einer hohen Rückfallgefahr für erneute pädosexuelle Delinquenz aus. Da "kein nennenswerter Therapieerfolg" eingetreten sei, komme derzeit weder eine Freilassung des Beschwerdeführers in Frage noch eine Weiterführung der stationären Massnahme am bisherigen Standort. Der Gutachter empfehle entweder die Verwahrung des Verurteilten oder "einen neuen Therapieanlauf in einer anderen Institution". Eine vom kantonalen Vollzugsdienst eingeschaltete zweite Sachverständige habe mit Schreiben vom 15. November 2019 die Weiterführung der stationären Massnahme empfohlen und "eine Entlassung des Beschwerdeführers im Verlauf des Jahres 2020 als nicht mehr möglich" erachtet.
Nach Ansicht des Kantonsgerichtes bestehe eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine weitere Verlängerung der bisherigen stationären therapeutischen Massnahme im hängigen massnahmerechtlichen Nachverfahren.

2.1. Der Beschwerdeführer bestreitet diese materiellen Ausführungen nicht. Er wendet sich jedoch gegen die Annahme einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage für die gegen ihn angeordnete Sicherheitshaft und rügt diesbezüglich eine Verletzung von Art. 5 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
a  rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
b  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;
c  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d  rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;
e  rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;
f  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.
EMRK sowie Art. 5 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
1    Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
2    Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.
3    Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben.
4    Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.
und Art. 31 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV. Dabei stützt er sich auf ein vor wenigen Monaten ergangenes - aber noch nicht endgültiges - Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Urteil I.L. gegen die Schweiz vom 3. Dezember 2019, Nr. 72939/16 < http://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-198715 >, besucht am 31. März 2020). Die fehlende Endgültigkeit schliesst jedoch nicht aus, den Entscheid des Kantonsgerichts auf seine Vereinbarkeit mit den vom EGMR im Urteil I.L. bestätigten Prinzipien zur gesetzlichen Grundlage des Freiheitsentzugs zu prüfen (Urteil 1B 24/2020 vom 3. Februar 2020 E. 2.2).

2.2. Gemäss Art. 5 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
a  rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
b  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;
c  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d  rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;
e  rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;
f  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.
EMRK kann die Freiheit von Personen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden, insbesondere nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht (lit. a) und bei psychisch Kranken (lit. e). Soweit es um die Rechtmässigkeit der Freiheitsentziehung einschliesslich der Frage geht, ob sie "auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise" erfolgt ist, verweist die Konvention im Wesentlichen auf das innerstaatliche Recht und verpflichtet zur Einhaltung seiner materiell- und verfahrensrechtlichen Bestimmungen. Darüber hinaus muss jede Freiheitsentziehung mit dem Schutzzweck von Art. 5 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
a  rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
b  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;
c  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d  rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;
e  rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;
f  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.
EMRK vereinbar sein. Dieser liegt im Schutz des Einzelnen vor willkürlichem Freiheitsentzug (Urteil des EGMR [Grosse Kammer] Ilnseher gegen Deutschland vom 4. Dezember 2018, Nr. 10211/12, Ziff. 135 f.).

2.3. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung für die Anordnung und Fortsetzung von Sicherheitshaft in selbstständigen nachträglichen Verfahren gemäss Art. 363 ff
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 363 Zuständigkeit - 1 Das Gericht, welches das erstinstanzliche Urteil gefällt hat, trifft auch die einer gerichtlichen Behörde übertragenen selbstständigen nachträglichen Entscheide, sofern Bund oder Kantone nichts anderes bestimmen.
1    Das Gericht, welches das erstinstanzliche Urteil gefällt hat, trifft auch die einer gerichtlichen Behörde übertragenen selbstständigen nachträglichen Entscheide, sofern Bund oder Kantone nichts anderes bestimmen.
2    Hat die Staatsanwaltschaft im Strafbefehlsverfahren oder die Übertretungsstrafbehörde im Übertretungsstrafverfahren entschieden, so treffen diese Behörden auch die nachträglichen Entscheide.
3    Für nachträgliche Entscheide, die nicht dem Gericht zustehen, bestimmen Bund und Kantone die zuständigen Behörden.
. StPO besteht derzeit noch nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind die Art. 221
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 221 Voraussetzungen - 1 Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie:
1    Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie:
a  sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht;
b  Personen beeinflusst oder auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen; oder
c  durch Verbrechen oder schwere Vergehen die Sicherheit anderer unmittelbar erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat.
1bis    Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind ausnahmsweise zulässig, wenn:
a  die beschuldigte Person dringend verdächtig ist, durch ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer Person schwer beeinträchtigt zu haben; und
b  die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, die beschuldigte Person werde ein gleichartiges, schweres Verbrechen verüben.112
2    Haft ist auch zulässig, wenn die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, eine Person werde ihre Drohung, ein schweres Verbrechen auszuführen, wahrmachen.113
und 229
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 229 Entscheid über die Anordnung der Sicherheitshaft - 1 Über die Anordnung der Sicherheitshaft bei vorbestehender Untersuchungshaft entscheidet das Zwangsmassnahmengericht auf schriftliches Gesuch der Staatsanwaltschaft.
1    Über die Anordnung der Sicherheitshaft bei vorbestehender Untersuchungshaft entscheidet das Zwangsmassnahmengericht auf schriftliches Gesuch der Staatsanwaltschaft.
2    Ergeben sich erst nach der Anklageerhebung Haftgründe, so führt die Verfahrensleitung des erstinstanzlichen Gerichts in sinngemässer Anwendung von Artikel 224 ein Haftverfahren durch und beantragt dem Zwangsmassnahmengericht die Anordnung der Sicherheitshaft.
3    Das Verfahren vor dem Zwangsmassnahmengericht richtet sich:
a  ohne vorbestehende Untersuchungshaft: sinngemäss nach den Artikeln 225 und 226;
b  bei vorbestehender Untersuchungshaft: sinngemäss nach Artikel 227.
ff. StPO analog auf diese Verfahren anwendbar (BGE 142 IV 105 E. 5.5 S. 113; 139 IV 175 E. 1.1-1.2 S. 178; 137 IV 333 E. 2.2-2.3 S. 336-338; je mit Hinweisen). Ausserdem hat der Bundesrat im Dezember 2017 einen Vorentwurf und im August 2019 einen Entwurf zur Teilrevision der Strafprozessordnung vorgelegt (BBl 2019 6697 ff.). Der dem Parlament unterbreitete Gesetzesentwurf orientiert sich inhaltlich eng an der bisherigen konstanten Rechtsprechung des Bundesgerichtes zur Sicherheitshaft im gerichtlichen Nachverfahren (vgl. dazu unten, E. 2.8). Zudem hat die Rechtskommission des Nationalrates an ihrer Sitzung vom 21. Februar 2020 beschlossen, die Artikel 364a und 364b des Gesetzesentwurfes betreffend die Sicherheitshaft im Nachverfahren (vgl. näher unten, E. 2.8) in eine separate Vorlage zu überführen und zeitlich vorzuziehen, damit die Bestimmungen rascher in Kraft treten können (vgl. deren Medienmitteilung < https:// www.parlament.ch/press-releases/Pages/mm-rk-n-2020-02-
21.aspx >, besucht am 31. März 2020).

2.4. Eine analoge Anwendung haftrechtlicher Bestimmungen ist angesichts der Schwere des in Frage stehenden Eingriffs in die persönliche Freiheit in der Regel ausgeschlossen. Sie kann indessen mit den Anforderungen von Art. 5 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
a  rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
b  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;
c  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d  rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;
e  rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;
f  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.
EMRK vereinbar sein, wenn sie sich auf eine lang andauernde und konstante Rechtsprechung ("jurisprudence ancienne et constante") stützt (Urteile des EGMR Laumont gegen Frankreich vom 8. November 2001, Nr. 43626/98, Recueil CourEDH 2001-XI S. 1, Ziff. 27 und 51; I.L. gegen die Schweiz, Ziff. 48; Porowski gegen Polen vom 21. März 2017, Nr. 34458/03, Ziff. 78 und 125 ff.; Mooren gegen Deutschland vom 9. Juli 2019, Nr. 11364/03, Ziff. 48 und 91). Im Urteil Laumont gegen Frankreicherachtete der EGMR fünf Präzedenzfälle als "konstante Praxis" (a.a.O., Ziff. 27). Entscheidend ist nach der Praxis des EGMR, dass das Recht für die Betroffenen unter den gegebenen Umständen und allenfalls unter Beizug fachkundigen Rats hinreichend klar und sein Gehalt somit voraussehbar ist (Urteil des EGMR Steel u.a. gegen das Vereinigte Königreich vom 23. September 1998, Nr. 24838/94, Recueil CourEDH 1998-VII S. 2735, Ziff. 54).

2.5. Dem erwähnten Urteil des EGMR I.L. gegen die Schweiz lag - wie im vorliegenden Fall - ein selbstständiges nachträgliches Verfahren zu Grunde, das die Verlängerung einer stationären Massnahme gemäss Art. 59 Abs. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn:
1    Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn:
a  der Täter ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, das mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang steht; und
b  zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang stehender Taten begegnen.
2    Die stationäre Behandlung erfolgt in einer geeigneten psychiatrischen Einrichtung oder einer Massnahmevollzugseinrichtung.
3    Solange die Gefahr besteht, dass der Täter flieht oder weitere Straftaten begeht, wird er in einer geschlossenen Einrichtung behandelt. Er kann auch in einer Strafanstalt nach Artikel 76 Absatz 2 behandelt werden, sofern die nötige therapeutische Behandlung durch Fachpersonal gewährleistet ist.57
4    Der mit der stationären Behandlung verbundene Freiheitsentzug beträgt in der Regel höchstens fünf Jahre. Sind die Voraussetzungen für die bedingte Entlassung nach fünf Jahren noch nicht gegeben und ist zu erwarten, durch die Fortführung der Massnahme lasse sich der Gefahr weiterer mit der psychischen Störung des Täters in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Verlängerung der Massnahme um jeweils höchstens fünf Jahre anordnen.
StGB zum Gegenstand hatte (Urteil 6B 834/2016 vom 16. August 2016). Der EGMR kam zum Schluss, die im innerstaatlichen Verfahren angeordnete Sicherheitshaft lasse sich nicht auf eine konstante Rechtsprechung stützen, wobei er dies im Wesentlichen damit begründete, dass es lediglich einen Grundsatzentscheid des Bundesgerichts gebe, der dieselbe Situation betreffe, nämlich BGE 139 IV 175 (Urteil I.L., Ziff. 28 und 51). Ob die Rechtsprechung als "lang andauernd" qualifiziert werden könnte, liess er offen (a.a.O., Ziff. 54).

2.6. Die Erwägungen im Urteil I.L. gegen die Schweiz bedeuten nicht ohne Weiteres, dass im vorliegenden Fall Art. 5 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
a  rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
b  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;
c  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d  rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;
e  rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;
f  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.
EMRK verletzt wurde. In Fällen wie dem vorliegenden ist vielmehr - unter Berücksichtigung der dargelegten, in der Praxis des EGMR entwickelten Grundsätze - zu prüfen, ob sich die analoge Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen zur Sicherheitshaft durch das Kantonsgericht auf eine lang andauernde und konstante Rechtsprechung stützen lässt (Urteil 1B 24/2020 vom 3. Februar 2020 E. 3).
Zunächst ist zu beachten, dass massgeblich der Stand der Rechtsprechung und Gesetzgebung am 20. Dezember 2019 ist, als das kantonale Zwangsmassnahmengericht die Sicherheitshaft (per 1. Januar 2020) anordnete (Urteile des EGMR Weber gegen die Schweiz vom 26. Juli 2007, Nr. 3688/04, Ziff. 42; Wloch gegen Polen vom 19. Oktober 2000, Nr. 27785/95, Ziff. 114). Im Verfahren I.L. gegen die Schweiz war es dagegen der 13. Juni 2016, als das in jenem Fall zuständige Zwangsmassnahmengericht die Sicherheitshaft anordnete (vgl. die Sachverhaltsangaben im Urteil 6B 834/2016; s.a. Urteil 1B 24/2020 E. 3.2).
Wesentlich ist sodann, dass das Bundesgericht nebst den in der Amtlichen Sammlung veröffentlichten Entscheiden seit dem 1. Januar 2000 einen grossen Teil seiner Urteile und seit dem 1. Januar 2007 sämtliche Endentscheide auf dem Internet publiziert ( < https://www. bger.ch > unter "Rechtsprechung"). Diese Rechtsprechung ist ebenfalls zu berücksichtigen. Aus dem Hinweis im Urteil I.L. gegen die Schweiz, es gebe lediglich einen Grundsatzentscheid, der dieselbe Situation betreffe, ist nicht auf das Fehlen einer lang andauernden und konstanten Rechtsprechung zu schliessen. Soweit dieselbe Situation bzw. Rechtsfrage betroffen ist, steht definitionsgemäss am Anfang einer konstanten Rechtsprechung ein einziger Grundsatzentscheid, während die nachfolgenden Entscheide diesen bestätigen und deshalb insofern nicht wiederum als Grundsatzentscheide bezeichnet werden können. Entsprechend werden sie vom Bundesgericht nicht in der Amtlichen Sammlung, jedoch im Internet veröffentlicht (siehe Art. 58 f
SR 173.110.131 Reglement vom 20. November 2006 für das Bundesgericht (BGerR)
BGerR Art. 58 Amtliche Sammlung - (Art. 27 BGG)
1    Entscheide von grundsätzlicher Bedeutung werden in der Amtlichen Sammlung veröffentlicht.
2    Über die Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt die zuständige Abteilung.
3    Die Amtliche Sammlung wird durch ein Register erschlossen.
. des Reglements vom 20. November 2006 über das Bundesgericht [BGerR; SR 173.110.131]; vgl. auch STUDER/URWYLER, EGMR, Dritte Abteilung, Urteil vom 3. Dezember 2019 i.S. I.L. gegen die Schweiz - Beschwerde Nr. 72939/16, forumpoenale Online first/
2020, S. 4 Rz. 2; PAUL TSCHÜMPERLIN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, Art. 27 N. 7 und 13). Dies entspricht im Übrigen, soweit ersichtlich, auch der Publikationspraxis des EGMR (vgl. Urteil 1B 24/2020 E. 3.2).
Schliesslich stellt sich die Frage, welche Entscheide zum Nachweis des Bestehens einer lang andauernden und konstanten Rechtsprechung beizuziehen sind. Der EGMR unterschied im Urteil I.L. gegen die Schweiz insbesondere zwischen der nachträglichen Anordnung einer Verwahrung einerseits und der (damals wie hier zur Diskussion stehenden) Verlängerung einer stationären therapeutischen Massnahme (a.a.O., Ziff. 50 f.). Diese nicht weiter begründete Kategorisierung vermag indessen aus mehreren Gründen nicht zu überzeugen:
Vergleichbar bzw. "identisch" sind Entscheide, wenn sie in den rechtserheblichen Aspekten übereinstimmen. Soweit es um die Sicherheitshaft im Hinblick auf einen selbstständigen nachträglichen Entscheid des Gerichts geht, muss insofern massgebend sein, ob ernsthaft zu erwarten ist, gegen die betroffene Person werde der Vollzug einer freiheitsentziehenden Sanktion angeordnet. Dies entspricht im Übrigen der Formulierung des Gesetzesentwurfs, den der Bundesrat mit seiner Botschaft vom 28. August 2019 zur Änderung der Strafprozessordnung veröffentlichte (BBl 2019 6697 6799 f.; s. dazu E. 2.8 hiernach). Insofern nach der in Aussicht stehenden Sanktionsform zu unterscheiden, entbehrt ebenso der inhaltlichen Rechtfertigung wie eine Unterscheidung nach den speziellen Haftgründen (vgl. Urteil 1B 24/2020 E. 3.2).
Der EGMR übersieht auch, dass im Zeitpunkt der Haftanordnung oftmals noch nicht feststeht, welche freiheitsentziehende Sanktion letztlich angeordnet wird. Auch im vorliegenden Verfahren hatte der psychiatrische Sachverständige (in seinem Gutachten vom 18. Oktober 2019) "entweder die Verwahrung des Beschwerdeführers oder einen neuen Therapieanlauf in einer anderen Institution" empfohlen (angefochtener Entscheid, S. 3 E. C). Entgegen der Darstellung in Ziff. 27 des Urteils I.L. gegen die Schweiz betraf BGE 137 IV 333 auch nicht lediglich die nachträgliche Anordnung einer Verwahrung, sondern wurde in den dortigen bundesgerichtlichen Erwägungen vielmehr ausdrücklich festgehalten, es sei mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass eine stationäre Therapiemassnahme odereine Verwahrung ausgesprochen werde (a.a.O., E. 2.3.2 und 2.3.4 S. 337 f.; unzutreffend ist ebenso die im Urteil I.L., Ziff. 30, getroffene Feststellung, BGE 142 IV 105 betreffe die nachträgliche Anordnung der Verwahrung). Erläuternd hat das Bundesgericht in BGE 141 IV 49 dazu festgehalten, es obliege dem Sachrichter, darüber zu entscheiden, ob die Reststrafe zu vollziehen, eine andere Massnahme oder gegebenenfalls die Verwahrung anzuordnen sei, wobei das
Gericht nicht an den Antrag bzw. die Empfehlung der Vollzugsbehörde gebunden sei (a.a.O., E. 2.5 S. 53 mit Hinweisen). Welche Sanktion in diesen Fällen letztendlich vollzogen wird, kann vor diesem Hintergrund für die Frage der Voraussehbarkeit der anwendbaren materiellen Haftgründe keine Rolle spielen (vgl. Urteil 1B 24/2020 E. 3.2; s.a. STUDER/URWYLER, a.a.O., S. 4 Rz. 2).

2.7. Damit ist von einer erheblichen Anzahl übereinstimmender publizierter höchstgerichtlicher Entscheide auszugehen, die ohne Weiteres als konstante Rechtsprechung zu qualifizieren sind (vgl. neben BGE 142 IV 105 E. 5.5 S. 113, 139 IV 175 E. 1.1-1.2 S. 178 und 137 IV 333 E. 2.2-2.3 S. 336-338 insbesondere die Urteile 1B 24/2020 E. 3.3, 1B 41/2019 vom 19. Februar 2019 E. 2.2, 1B 569/2018 vom 28. Januar 2019 E. 3, 1B 486/2018 vom 22. November 2018 E. 7, 1B 204/ 2018 vom 15. Mai 2018 E. 1.3, 1B 548/2017 vom 29. Januar 2018 E. 3.1, 1B 270/2017 vom 28. Juli 2017 E. 1.3 und E. 6, 1B 490/2016 vom 24. Januar 2017 E. 2 oder 1B 371/2016 vom 11. November 2016 E. 4.6, je mit weiteren Hinweisen; zu dieser Praxis s.a. Marc Forster, in: Basler Kommentar StPO, 2. Aufl. 2014, Art. 232 N. 6; Marianne Heer, BSK StPO, Art. 364 N. 9-10; Roten/Perrin, in: Commentaire Romand CPP, 2. Aufl., Basel 2019, Art. 364 N. 54-58; Schmid/Jositsch, Praxiskommentar StPO, 3. Aufl., Zürich 2018, Art. 364 N. 2a; Christian Schwarzenegger, in: Zürcher Kommentar StPO, 2. Aufl. 2014, Art. 364 N. 4a).
Diese Praxis war und ist im Übrigen offensichtlich auch dem Beschwerdeführer bekannt (vgl. Beschwerdeschrift, S. 8 f., Rz. 16 und 18, S. 10 Rz. 21). Die konstante Rechtsprechung nahm ihren Anfang (mit BGE 137 IV 333) am 15. August 2011, das heisst wenige Monate nach Inkrafttreten der eidgenössischen Strafprozessordnung, und beansprucht somit bereits seit mehr als 8 1/2 Jahren Geltung (für die Fälle der Verlängerung einer therapeutischen stationären Massnahme oder nachträglichen Anordnung der Verwahrung s.a. Urteil 1B 6/2012 vom 27. Januar 2012). Damit ist auch das Kriterium der langen Dauer erfüllt. Daran ändert nichts, dass in gewissen vom EGMR beurteilten Fällen eine noch längere Praxis zur Diskussion stand (vgl. Urteil 1B 24/2020 E. 3.4).
Es ist somit festzuhalten, dass sich die analoge Anwendung der Bestimmungen der Strafprozessordnung zur Sicherheitshaft im selbstständigen gerichtlichen Nachverfahren betreffend Verlängerung einer stationären therapeutischen Massnahme auf eine lang andauernde und konstante Rechtsprechung stützt.

2.8. Hinzu kommt schliesslich noch, dass das Bundesgericht in diversen Entscheiden eine klare gesetzliche Regelung zur vollzugsrechtlichen Sicherheitshaft aus Gründen der Rechtssicherheit als wünschbar bezeichnet (vgl. die im Urteil 1B 41/2019 E. 2.3 erwähnten Entscheide) und der Gesetzgeber die Anregung des Bundesgerichts (ab 2017) konsequent aufgenommen hat. Nicht nachvollziehbar ist die Erwägung des EGMR im Urteil I.L., wonach aus dieser höchstrichterlichen Einladung an den Gesetzgeber auf eine mangelnde Konstanz der Rechtsprechung zu schliessen sei (so aber a.a.O., Ziff. 53). Eine konstante Rechtsprechung und gezielte Anregungen de lege ferenda (durch die oberste staatliche Gerichtsinstanz) schliessen sich in einem demokratischen Rechtsstaat nicht aus.
Schon der bundesrätliche Vorentwurf zur Teilrevision der StPO vom Dezember 2017 (VE/StPO , zuletzt besucht am 31. März 2020) sah den Erlass von spezifischen haftrechtlichen Bestimmungen für das massnahmenrechtliche gerichtliche Nachverfahren vor (Art. 364a und Art. 364b VE/StPO). Die vorgeschlagene spezifische Regelung der materiellen Haftgründe im Nachverfahren lehnt sich an die konstante einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtes an (Art. 364a Abs. 1 VE/StPO; Urteile 1B 41/2019 E. 2.3; 1B 569/ 2018 E. 3; 1B 486/2018 E. 7; 1B 204/2018 E. 3.1; zu Art. 364a und Art. 364b VE/StPO vgl. auch Marc Forster, Gemeingefährliches Haftrecht? Zur Teilrevision des strafprozessualen Haftrechts gemäss dem Vorentwurf von 2017, Jusletter 26. März 2018, Rz. 41-42; Roten/Perrin, CR CPP, Art. 364 N. 58).
Mit Botschaft vom 28. August 2019 hat der Bundesrat dem Parlament einen - inhaltlich praktisch identischen - Entwurf vorgelegt. Dieser sieht vor, das Kapitel zum Verfahren bei selbstständigen nachträglichen Entscheiden des Gerichts (Art. 363 ff
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 363 Zuständigkeit - 1 Das Gericht, welches das erstinstanzliche Urteil gefällt hat, trifft auch die einer gerichtlichen Behörde übertragenen selbstständigen nachträglichen Entscheide, sofern Bund oder Kantone nichts anderes bestimmen.
1    Das Gericht, welches das erstinstanzliche Urteil gefällt hat, trifft auch die einer gerichtlichen Behörde übertragenen selbstständigen nachträglichen Entscheide, sofern Bund oder Kantone nichts anderes bestimmen.
2    Hat die Staatsanwaltschaft im Strafbefehlsverfahren oder die Übertretungsstrafbehörde im Übertretungsstrafverfahren entschieden, so treffen diese Behörden auch die nachträglichen Entscheide.
3    Für nachträgliche Entscheide, die nicht dem Gericht zustehen, bestimmen Bund und Kantone die zuständigen Behörden.
. StPO) unter anderem durch folgende Bestimmungen zu ergänzen (BBl 2019 6697 6799 f.) :
Art. 364a Sicherheitshaft im Hinblick auf einen selbstständigen nachträglichen Entscheid des Gerichts
1 Die Behörde, die für die Einleitung des Verfahrens auf Erlass eines selbstständigen nachträglichen Entscheids des Gerichts zuständig ist, kann die verurteilte Person festnehmen lassen, wenn ernsthaft zu erwarten ist, dass:
a. gegen die Person der Vollzug einer freiheitsentziehenden Sanktion angeordnet wird; und
b. die Person:

1. sich dem Vollzug entzieht; oder
2. erneut ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen begeht.
2 Sie führt in sinngemässer Anwendung von Artikel 224 ein Haftverfahren durch und beantragt dem Zwangsmassnahmengericht die Anordnung der Sicherheitshaft. Das Verfahren richtet sich sinngemäss nach den Artikeln 225 und 226.
3 Die zuständige Behörde reicht dem für den selbstständigen nachträglichen Entscheid zuständigen Gericht so rasch als möglich die entsprechenden Akten und ihren Antrag ein.

Art. 364b Sicherheitshaft während des Gerichtsverfahrens
1 Die Verfahrensleitung des für den selbstständigen nachträglichen Entscheid zuständigen Gerichts kann die verurteilte Person unter den Voraussetzungen von Artikel 364a Absatz 1 festnehmen lassen.
2 Sie führt in sinngemässer Anwendung von Artikel 224 ein Haftverfahren durch und beantragt dem Zwangsmassnahmengericht beziehungsweise der Verfahrensleitung des Berufungsgerichts die Anordnung der Sicherheitshaft. Das Verfahren richtet sich sinngemäss nach den Artikeln 225 und 226.
3 Bei vorbestehender Sicherheitshaft richtet sich das Verfahren sinngemäss nach Artikel 227.
4 Im Übrigen gelten die Artikel 230-233 sinngemäss.

2.9. Vor dem Hintergrund der dargelegten konstanten langjährigen Praxis des Bundesgerichtes und dem eng darauf aufbauenden Gesetzesentwurf vom August 2019 ist nicht ersichtlich, dass diese Rechtsquellen für den anwaltlich verbeiständeten Beschwerdeführer am 20. Dezember 2019, im Zeitpunkt der Anordnung der Sicherheitshaft, nicht voraussehbar oder nicht hinreichend klar gewesen wären.
Nach der erwähnten bundesgerichtlichen Praxis ergeben sich auch aus der Bundesverfassung (und dem übrigen Bundesrecht) in diesem Zusammenhang keine über das bereits Dargelegte hinausgehenden Ansprüche. Die Rüge der Verletzung des haftrechtlichen Legalitätsprinzips (Art. 5 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
a  rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
b  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;
c  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d  rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;
e  rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;
f  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.
EMRK, Art. 5 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
1    Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
2    Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.
3    Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben.
4    Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.
und Art. 31 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV) erweist sich als unbegründet.
Abschliessend weist das Bundesgericht den kantonalen Vollzugsdienst darauf hin, dass Gesuche um Anordnung, Verlängerung oder Änderung von freiheitsentziehenden Massnahmen zeitgerecht zu stellen sind, um ein Wegfallen des bisherigen (vollzugsrechtlichen) Hafttitels im gerichtlichen Nachverfahren möglichst zu vermeiden. Im vorliegenden Fall hat der Vollzugsdienst sein Gesuch um Verlängerung der stationären therapeutischen Massnahme erst wenige Wochen vor Ablauf der bewilligten Vollzugsdauer eingereicht.

3.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten wird.
Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Rechtsverbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren. Da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, kann dem Gesuch entsprochen werden (Art. 64
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 64 Unentgeltliche Rechtspflege - 1 Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
1    Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
2    Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt das Bundesgericht der Partei einen Anwalt oder eine Anwältin. Der Anwalt oder die Anwältin hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung aus der Gerichtskasse, soweit der Aufwand für die Vertretung nicht aus einer zugesprochenen Parteientschädigung gedeckt werden kann.
3    Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entscheidet die Abteilung in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen. Vorbehalten bleiben Fälle, die im vereinfachten Verfahren nach Artikel 108 behandelt werden. Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann die unentgeltliche Rechtspflege selbst gewähren, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind.
4    Die Partei hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen:

2.1. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

2.2. Advokat Silvio Bürgi wird zum unentgeltlichen Rechtsbeistand ernannt und für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 1'500.-- (pauschal, inkl. MWST) entschädigt.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonsgericht des Kantons Wallis, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 31. März 2020

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Chaix

Der Gerichtsschreiber: Forster
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 1B_111/2020
Date : 31. März 2020
Published : 18. April 2020
Source : Bundesgericht
Status : Publiziert als BGE-146-I-115
Subject area : Strafprozess
Subject : Sicherheitshaft im massnahmenrechtlichen gerichtlichen Nachverfahren


Legislation register
BGG: 64  78  80
BGerR: 58
BV: 5  31
EMRK: 5
StGB: 59
StPO: 221  222  229  363  429  431
BGE-register
137-IV-333 • 139-IV-175 • 140-I-246 • 141-IV-49 • 142-IV-105
Weitere Urteile ab 2000
1B_111/2020 • 1B_204/2018 • 1B_24/2020 • 1B_270/2017 • 1B_351/2012 • 1B_371/2016 • 1B_41/2019 • 1B_486/2018 • 1B_490/2016 • 1B_548/2017 • 1B_569/2018 • 1B_6/2012 • 6B_1057/2015 • 6B_834/2016
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BBl
2019/6697
Pra
101 Nr. 134