Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung V
E-5102/2006
{T 0/2}

Urteil vom 31. Mai 2007

Mitwirkung: Richter Gysi, Weber, Huber
Gerichtsschreiber Swain

X_______, geboren _______, Nigeria, wohnhaft _______,
vertreten durch Y_______,
Beschwerdeführer

gegen

Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz

betreffend

Verfügung vom 11. April 2006 i.S. Vollzug der Wegweisung (Wiedererwägung) /
N _______

Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest:

A. Mit Verfügung vom 27. November 2002 wies die Vorinstanz das vom Beschwerdeführer eingereichte Asylgesuch vom 16. November 2002 vollumfänglich ab und ordnete den Vollzug der Wegweisung an. Die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wurde von der damals zuständigen Schweizerischen Asylrekurskommission (ARK) mit Urteil vom 9. Januar 2003 abgewiesen.
B. Zwei Gesuche des Beschwerdeführers vom 23. November 2004 und 3. Dezember 2004 um Verlängerung der Ausreisefrist respektive Sistierung des Wegweisungsvollzugs aus medizinischen Gründen wurden vom BFM mit Verfügung vom 6. Dezember 2004 abgewiesen.
C. Mit Eingabe seiner Rechtsvertreterin vom 6. April 2006 ersuchte der Beschwerdeführer um wiedererwägungsweise Gewährung der vorläufigen Aufnahme. Zur Begründung führte er aus, er sei wegen eines urologischen Leidens in spezialärztlicher Behandlung. Eine Heilung sei derzeit nicht absehbar. Die nigerianische Botschaft habe sich trotz mehrmaliger Vorsprache bisher geweigert, ihm Reisepapiere auszustellen, solange seine medizinischen Probleme nicht geheilt seien. Zur Stützung seiner Vorbringen reichte der Beschwerdeführer einen Arztbericht von Dr. med. T_______ vom 29. März 2006, einen Bericht der Klinik S_______ vom 1. September 2005 sowie eine Bestätigung der nigerianischen Botschaft vom 28. September 2004 ein.
D. Mit Verfügung vom 11. April 2006 trat das BFM auf das Wiedererwägungsgesuch des Beschwerdeführers nicht ein und erklärte die Verfügung vom 27. November 2002 für rechtskräftig und vollstreckbar. Zur Begründung stellte es fest, der Beschwerdeführer sei bereits seit Juni 2004 in ärztlicher Behandlung und habe aus diesem Grund schon im November und Dezember 2004 um Sistierung des Wegweisungsvollzuges ersucht. Da er keine entschuldbaren Gründe dafür vorgebracht habe, dass er das Wiedererwägungsgesuch nicht früher eingereicht habe, sei dieses unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben als verspätet zu erachten. Im Weiteren sei festzustellen, dass angesichts der Möglichkeit der medizinischen Behandlung im Heimatstaat der Wegweisungsvollzug keine Verletzung von Art. 3 EMRK darstelle.
E. Mit Beschwerdeeingabe seiner Rechtsvertreterin vom 21. April 2006 (Poststempel: 24. April 2006) an die damals noch zuständige ARK beantragte der Beschwerdeführer, die vorinstanzliche Verfügung sei aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, auf sein Wiedererwägungsgesuch einzutreten. Ferner sei die Unmöglichkeit des Wegweisungsvollzugs festzustellen. In formeller Hinsicht ersuchte er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege sowie Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses. Zur Begründung seiner Rechtsbegehren stellte sich der Beschwerdeführer auf den Standpunkt, dass die Argumentation der Vorinstanz nicht sachgerecht sei. Im Jahre 2004 habe er um Sistierung des Wegweisungsvollzugs ersucht, um seinen Aufenthalt in der Schweiz für die Dauer der medizinischen Behandlung zu legalisieren. Er habe damals erwartet, dass eine Genesung eintreten und danach die Beschaffung von Reisepapieren möglich sein werde. Da sich sein Gesundheitszustand jedoch bisher nicht gebessert habe und es ihm daher trotz voller Kooperation mit den Behörden und mehrmaliger Vorsprachen auf der nigerianischen Botschaft bisher nicht gelungen sei, Reisepapiere zu beschaffen, habe er sich schliesslich zur Einreichung des Wiedererwägungsgesuchs entschlossen.
F. Mit Zwischenverfügung vom 8. Mai 2006 hiess der damals zuständige Instruktionsrichter das sinngemässe Gesuch um Aussetzung des Wegweisungsvollzugs gut und stellte fest, dass der Beschwerdeführer den Ausgang des Verfahrens in der Schweiz abwarten könne. Ferner hiess er das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gemäss Art. 65 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021) unter dem Vorbehalt der Nachreichung einer Fürsorgebestätigung gut und forderte den Beschwerdeführer auf, bis zum 23. Mai 2006 entweder seine Mittellosigkeit zu belegen oder einen Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 600.-- einzuzahlen.
G. Mit Eingabe vom 12. Mai 2006 reichte der Beschwerdeführer fristgemäss eine Fürsorgebestätigung des Sozialamts der Stadt G_______ nach.
H. In ihrer Vernehmlassung vom 12. Juni 2006 hielt die Vorinstanz an ihrer Verfügung fest und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung verwies sie namentlich darauf, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegte Bestätigung der nigerianischen Botschaft vom 28. September 2004 deutliche Manipulationsspuren aufweise.
I. Mit Replik vom 3. Juli 2006 machte der Beschwerdeführer von dem ihm eingeräumten Recht zur Stellungnahme zu den Ausführungen der Vorinstanz Gebrauch. Dabei hielt er an seinen Beschwerdeanträgen fest. Insbesondere führte er aus, dass die Einreichung des Wiedererwägungesuchs im Zeitpunkt, als seine gesundheitlichen Beschwerden aufgetreten seien, verfrüht gewesen wäre. Dass sich diese als derart hartnäckig erweisen würden, sei nicht vorhersehbar gewesen. Das Wiedererwägungsgesuch sei in der Folge gestellt worden, als die Situation für ihn physisch und psychisch nicht mehr erträglich gewesen sei. Betreffend den Vorwurf, dass die Bestätigung der Botschaft vom 28. September 2004 manipuliert worden sei, müsse berücksichtigt werden, dass Dokumente aus anderen Ländern oft nicht die gleiche Qualität aufweisen würden, wie solche aus der Schweiz; es sei durchaus möglich, dass ein altes Formular wiederverwertet worden sei. Zudem reichte er drei Besuchsbestätigungen der nigerianischen Botschaft vom 12. Juli 2005, 26. Juli 2005 und 7. Februar 2006 ein.
J. Mit Zwischenverfügung vom 14. März 2007 forderte der neu zuständige Instruktionsrichter des Bundesverwaltungsgerichts den Beschwerdeführer auf, innert Frist einen aktuellen ärztlichen Bericht betreffend die von ihm geltend gemachten medizinischen Probleme einzureichen.
K. Mit Eingabe vom 13. April 2007 reichte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Bericht von Dr. med. T_______, vom 26. März 2007, sowie weitere Unterlagen und Berichte bezüglich der erfolgten Behandlung seiner gesundheitlichen Probleme und eine Erklärung der Entbindung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht ein.
L. Auf telefonische Aufforderung hin reichte die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers mit Telefax-Eingabe vom 29. Mai 2007 eine Kostennote zu den Akten.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1. Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG, sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt. Als Vorinstanzen gelten die in Art. 33 und 34 VGG genannten Behörden. Dazu gehören Verfügungen des BFM gestützt auf das Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31); das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in diesem Bereich endgültig (Art. 105
SR 142.31 Legge del 26 giugno 1998 sull'asilo (LAsi)
LAsi Art. 105 Ricorsi contro le decisioni della SEM - Contro le decisioni della SEM può essere interposto ricorso secondo la legge federale del 17 giugno 2005356 sul Tribunale amministrativo federale.
AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1
SR 142.31 Legge del 26 giugno 1998 sull'asilo (LAsi)
LAsi Art. 105 Ricorsi contro le decisioni della SEM - Contro le decisioni della SEM può essere interposto ricorso secondo la legge federale del 17 giugno 2005356 sul Tribunale amministrativo federale.
des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).
1.2. Das Bundesverwaltungsgericht übernimmt, sofern es zuständig ist, die Beurteilung der am 31. Dezember 2006 bei der ARK hängigen Rechtsmittel. Das neue Verfahrensrecht ist anwendbar (vgl. Art. 53 Abs. 2
SR 142.31 Legge del 26 giugno 1998 sull'asilo (LAsi)
LAsi Art. 105 Ricorsi contro le decisioni della SEM - Contro le decisioni della SEM può essere interposto ricorso secondo la legge federale del 17 giugno 2005356 sul Tribunale amministrativo federale.
VGG).
1.3. Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1
SR 142.31 Legge del 26 giugno 1998 sull'asilo (LAsi)
LAsi Art. 106 Motivi di ricorso - 1 Il ricorrente può far valere:
1    Il ricorrente può far valere:
a  la violazione del diritto federale, compreso l'eccesso o l'abuso del potere di apprezzamento;
b  l'accertamento inesatto o incompleto dei fatti giuridicamente rilevanti.
c  ...
2    Rimangono salvi gli articoli 27 capoverso 3 e 68 capoverso 2.358
AsylG).

2. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingereicht; der Beschwerdeführer ist legitimiert (Art. 6
SR 142.31 Legge del 26 giugno 1998 sull'asilo (LAsi)
LAsi Art. 6 Norme procedurali - Le procedure sono rette dalla legge federale del 20 dicembre 196811 sulla procedura amministrativa (PA), dalla legge del 17 giugno 200512 sul Tribunale amministrativo federale e dalla legge del 17 giugno 200513 sul Tribunale federale, in quanto la presente legge non preveda altrimenti.
AsylG i.V.m. Art. 48
SR 142.31 Legge del 26 giugno 1998 sull'asilo (LAsi)
LAsi Art. 6 Norme procedurali - Le procedure sono rette dalla legge federale del 20 dicembre 196811 sulla procedura amministrativa (PA), dalla legge del 17 giugno 200512 sul Tribunale amministrativo federale e dalla legge del 17 giugno 200513 sul Tribunale federale, in quanto la presente legge non preveda altrimenti.
und 50
SR 142.31 Legge del 26 giugno 1998 sull'asilo (LAsi)
LAsi Art. 6 Norme procedurali - Le procedure sono rette dalla legge federale del 20 dicembre 196811 sulla procedura amministrativa (PA), dalla legge del 17 giugno 200512 sul Tribunale amministrativo federale e dalla legge del 17 giugno 200513 sul Tribunale federale, in quanto la presente legge non preveda altrimenti.
ff. VwVG). Auf die Beschwerde ist mithin einzutreten.

3.
3.1. Die Wiedererwägung wird im Gegensatz zur Revision im VwVG nicht explizit geregelt. Gemäss herrschender Lehre und ständiger Praxis des Bundesgerichts wird jedoch gestützt auf Art. 29 Abs. 1
SR 142.31 Legge del 26 giugno 1998 sull'asilo (LAsi)
LAsi Art. 6 Norme procedurali - Le procedure sono rette dalla legge federale del 20 dicembre 196811 sulla procedura amministrativa (PA), dalla legge del 17 giugno 200512 sul Tribunale amministrativo federale e dalla legge del 17 giugno 200513 sul Tribunale federale, in quanto la presente legge non preveda altrimenti.
der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) ein Anspruch auf Wiedererwägung anerkannt, wenn sich der rechtserhebliche Sachverhalt nach einem rechtskräftigen Verwaltungs- oder Verwaltungsgerichtsentscheid in entscheidwesentlicher Art und Weise verändert hat (BGE 109 Ib 251 f.; Ursina Beerli-Bonorand, Die ausserordentlichen Rechtsmittel des Bundes und der Kantone, Zürich 1985, S. 178). Nach ständiger, vom Bundesverwaltungsgericht weitergeführter Praxis der ARK (Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission / EMARK 1995 Nr. 21 S. 202 f.) wird der Begriff der Wiedererwägung in mehrdeutigem Sinn verwendet, wobei im Wesentlichen drei Konstellationen erfasst werden.
3.1.1. In seiner ersten Bedeutung stellt sich ein Wiedererwägungsgesuch als blosser Rechtsbehelf dar, auf dessen Behandlung durch die verfügende Behörde kein Anspruch besteht.
3.1.2. In der zweiten Bedeutung meint der Begriff der Wiedererwägung den Widerruf einer unangefochten gebliebenen, formell rechtskräftigen Verfügung, die sich als ursprünglich fehlerhaft erweist (vgl. Praxis der ARK in EMARK 2003 Nr. 17 E. 2a, S 103 f.). Analog zur gesetzlichen Regelung von Art. 66
SR 142.31 Legge del 26 giugno 1998 sull'asilo (LAsi)
LAsi Art. 6 Norme procedurali - Le procedure sono rette dalla legge federale del 20 dicembre 196811 sulla procedura amministrativa (PA), dalla legge del 17 giugno 200512 sul Tribunale amministrativo federale e dalla legge del 17 giugno 200513 sul Tribunale federale, in quanto la presente legge non preveda altrimenti.
VwVG leitet die Praxis dabei unmittelbar aus Art. 29 Abs. 1
SR 142.31 Legge del 26 giugno 1998 sull'asilo (LAsi)
LAsi Art. 6 Norme procedurali - Le procedure sono rette dalla legge federale del 20 dicembre 196811 sulla procedura amministrativa (PA), dalla legge del 17 giugno 200512 sul Tribunale amministrativo federale e dalla legge del 17 giugno 200513 sul Tribunale federale, in quanto la presente legge non preveda altrimenti.
BV einen Anspruch auf Wiedererwägung ab, sofern Revisionsgründe geltend gemacht werden können.
3.1.3. In seiner letzten und vorliegend interessierenden Bedeutung schliesslich bezeichnet der Begriff der Wiedererwägung die Anpassung einer ursprünglich fehlerfreien Verfügung an nachträglich eingetretene Veränderungen der Sachlage, demnach die Neuregelung eines Rechtsverhältnisses, welche der neu eingetretenen Sachlage Rechnung trägt (vgl. Praxis der ARK in EMARK 2003 Nr. 7 E. 1 S. 42 f.). Dabei ist unbedeutend, ob die ursprüngliche Verfügung unangefochten geblieben oder in einem ordentlichen Rechtsmittelverfahren angefochten worden ist.
3.1.4. Eine Wiedererwägung fällt jedoch dann nicht in Betracht, wenn lediglich eine neue Würdigung der beim früheren Entscheid bereits bekannten Tatsachen herbeigeführt werden soll oder Gründe angeführt werden, die bereits in einem ordentlichen Beschwerdeverfahren gegen die frühere Verfügung hätten geltend gemacht werden können (vgl. EMARK 2003 Nr. 17 E. 2b S. 104).

4. Im Folgenden ist zu prüfen, ob die Vorinstanz zu Recht das Wiedererwägungsgesuch des Beschwerdeführers als verspätet bezeichnet und mit dieser Begründung darauf nicht eingetreten ist.
4.1. Nach Lehre und Rechtsprechung unterliegt ein Begehren um Wiedererwägung wegen nachträglicher Veränderung der Sachlage keiner bestimmten Frist. Für die Frage der zeitlichen Beschränkung eines Wiedererwägungsbegehrens ist jedoch der Grundsatz von Treu und Glauben massgebend (vgl. Praxis der ARK in EMARK 2000 Nr. 5 E. 3g S. 48f.). Als allgemeiner Rechtsgrundsatz in Art. 5 Abs. 3
SR 142.31 Legge del 26 giugno 1998 sull'asilo (LAsi)
LAsi Art. 6 Norme procedurali - Le procedure sono rette dalla legge federale del 20 dicembre 196811 sulla procedura amministrativa (PA), dalla legge del 17 giugno 200512 sul Tribunale amministrativo federale e dalla legge del 17 giugno 200513 sul Tribunale federale, in quanto la presente legge non preveda altrimenti.
BV festgelegt, verbietet dieser Behörden und Privaten rechtsmissbräuchliches und widersprüchliches Verhalten (vgl. EMARK 2003 Nr. 25 E. 3c S. 163 f. mit weiteren Hinweisen). Von Rechtssuchenden verlangt er, Rügen so früh wie möglich nach Kenntnisnahme des Rügegrundes vorzubringen (Alfred Kölz/Isabelle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, Rz. 126). Es stellt sich somit die Frage, ob der Beschwerdeführer entschuldbare Gründe dafür vorbringen kann, dass er das vorliegende Wiedererwägungsgesuch nicht früher eingereicht hat, oder ob sein Vorgehen als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist.
4.2. Der Beschwerdeführer beantragte in seinem erst am 6. April 2006 eingereichten Wiedererwägungsgesuch die Gewährung der vorläufigen Aufnahme wegen Unmöglichkeit des Wegweisungsvollzugs, mit der Begründung, dass sich die nigerianischen Botschaftsbehörden weigern würden, ihm Reisepapiere auszustellen, solange seine medizinischen Beschwerden nicht geheilt seien. Gemäss Praxis der Asylbehörden ist der Vollzug der Wegweisung dann als unmöglich zu betrachten, wenn die betroffene Person sich allen vom zuständigen Kanton getroffenen Massnahmen zum Vollzug der Wegweisung unterzogen hat, die Unmöglichkeit seit mindestens einem Jahr besteht und eine Veränderung der Situation nicht absehbar ist (vgl. EMARK 2002 Nr. 17 E. 6b S. 140 f. mit weiteren Hinweisen).

Weiter ist zu prüfen, wann der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner gesundheitlichen Situation und der Weigerung der nigerianischen Vertretung ihm ein Laissez-passer auszustellen, von einer seit mindestens einem Jahr unveränderten Situation ausgehen musste und annahmen durfte, diese Situation bleibe auf unbestimmte Zeit unveränderlich und somit ab welchem Zeitpunkt von ihm erwartet werden konnte, das Wiedererwägungsgesuch einzureichen.

Anhand der zu den Akten gereichten Beweismittel lässt sich nicht genau bestimmen, ab wann von einer nicht mehr in absehbarer Zukunft zu heilenden Erkrankung auszugehen war. Dem Arztzeugnis des Kantonsspitals S_______ vom 1. September 2005 ist zu entnehmen, dass bis am 9. Juni 2005 ambulante Untersuchungen des Beschwerdeführers wegen seines urologischen Leidens stattgefunden haben, eine Besserung seiner Beschwerden jedoch bisher in keiner Weise eingetreten ist und vorläufig auf weitere Abklärungen verzichtet wird. Im Bericht des Spezialarztes Dr. med. T_______ vom 29. März 2006 wird erstmals erwähnt, dass die weitere Dauer der Behandlung nicht absehbar ist, und im Schreiben desselben Arztes vom 26. März 2007 ist schliesslich ausdrücklich festgehalten, dass das Krankheitsbild des Beschwerdeführers chronisch erscheint.

Im Weiteren hat der Beschwerdeführer eine Bestätigung der nigerianischen Botschaft vom 28. September 2004 vorgelegt, gemäss welcher er wegen seiner gesundheitlichen Probleme auf einen späteren Zeitpunkt zur erneuten Vorsprache vorgeladen wurde. Zwar hat das BFM in seiner Vernehmlassung vom 12. Juni 2006 noch auf Fälschungsmerkmale in diesem Dokument hingewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht geht jedoch aufgrund der mit Eingabe vom 3. Juli 2006 eingereichten Bestätigungen vom 12. Juni 2005, 26. Juli 2005 und 7. Februar 2006 sowie nach Einsichtnahme in die Akten der Abteilung Vollzugsunterstützung des BFM davon aus, dass die damit bestätigten Vorsprachen des Beschwerdeführers auf der nigerianischen Botschaft zutreffen dürften. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Bemerkung der nigerianischen Botschaft auf der Bestätigung vom 28. September 2004 wirklich als klare und endgültige Weigerung zu verstehen ist, dem Beschwerdeführer ein heimatliches Reisepapier auszustellen, solange er nicht geheilt ist. Der Bestätigung vom 7. Februar 2006 ist explizit zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer eingeladen wurde, mit Vorliegen eines ärztlichen Attestes, wonach er reisefähig sei, wieder auf der Botschaft vorzusprechen. Dadurch wird bestätigt, dass die nigerianischen Behörden gewillt sind, an dem in der Bescheinigung vom 28. September 2004 dargelegten Standpunkt, die Ausstellung einer Reisepapiers von seiner Genesung abhängig zu machen, festzuhalten.

Aus den geschilderten Umständen ergibt sich, dass sowohl die medizinische Situation des Beschwerdeführers als auch die Haltung der nigerianischen Behörden lange Zeit schwer abschätzbar waren. Erkennbar waren sie wohl erst anhand des spezialärztlichen Berichtes des Kantonsspitals S_______ vom 29. März 2006 sowie der Bestätigung der nigerianischen Botschaft vom 7. Februar 2006. Somit lässt sich nicht mit Bestimmtheit festlegen, ab welchem Zeitpunkt die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Wiedererwägungsgründe bestanden, und es erscheint fraglich, ob ihm zum Vorwurf gemacht werden kann, sein Wiedererwägungsgesuch nicht früher eingereicht zu haben. Schliesslich ist dem Beschwerdeführer auch zugutezuhalten, dass er unter Hinweis auf seine gesundheitlichen Probleme bereits mit Eingaben vom 23. November und 3. Dezember 2004 Gesuche um Verlängerung der Ausreisefrist stellte und demnach nicht völlig untätig geblieben war.
4.3. Aufgrund dieser Sachlage kommt das Gericht zum Schluss, dass entschuldbare Gründe dafür bestehen, dass der Beschwerdeführer sein Wiedererwägungsgesuch nicht früher als am 6. April 2006 einreichte. Damit verstösst sein Vorgehen nicht gegen Treu und Glauben, und die Vorinstanz hätte auf das Wiedererwägungsgesuch des Beschwerdeführers folglich eintreten müssen.

Die Beschwerde ist demnach gutzuheissen, die angefochtene Verfügung aufzuheben und die Sache zur materiellen Prüfung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

5. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Verfahrenskosten aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1
SR 142.31 Legge del 26 giugno 1998 sull'asilo (LAsi)
LAsi Art. 6 Norme procedurali - Le procedure sono rette dalla legge federale del 20 dicembre 196811 sulla procedura amministrativa (PA), dalla legge del 17 giugno 200512 sul Tribunale amministrativo federale e dalla legge del 17 giugno 200513 sul Tribunale federale, in quanto la presente legge non preveda altrimenti.
und 2
SR 142.31 Legge del 26 giugno 1998 sull'asilo (LAsi)
LAsi Art. 6 Norme procedurali - Le procedure sono rette dalla legge federale del 20 dicembre 196811 sulla procedura amministrativa (PA), dalla legge del 17 giugno 200512 sul Tribunale amministrativo federale e dalla legge del 17 giugno 200513 sul Tribunale federale, in quanto la presente legge non preveda altrimenti.
VwVG).
6. Schliesslich ist dem Beschwerdeführer in Anwendung von Art. 64
SR 142.31 Legge del 26 giugno 1998 sull'asilo (LAsi)
LAsi Art. 6 Norme procedurali - Le procedure sono rette dalla legge federale del 20 dicembre 196811 sulla procedura amministrativa (PA), dalla legge del 17 giugno 200512 sul Tribunale amministrativo federale e dalla legge del 17 giugno 200513 sul Tribunale federale, in quanto la presente legge non preveda altrimenti.
VwVG und Art. 7 Abs. 1
SR 173.320.2 Regolamento del 21 febbraio 2008 sulle tasse e sulle spese ripetibili nelle cause dinanzi al Tribunale amministrativo federale (TS-TAF)
TS-TAF Art. 7 Principio
1    La parte vincente ha diritto alle ripetibili per le spese necessarie derivanti dalla causa.
2    Se la parte vince solo parzialmente, le spese ripetibili sono ridotte in proporzione.
3    Le autorità federali e, di regola, le altre autorità con qualità di parte non hanno diritto a un'indennità a titolo di ripetibili.
4    Se le spese sono relativamente modeste, si può rinunciare a concedere alla parte un'indennità a titolo di ripetibili.
5    L'articolo 6a è applicabile per analogia.7
des Reglements über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 11. Dezember 2006 (VGKE, SR 173.320.2) eine Entschädigung für die ihm notwendigerweise entstandenen Parteikosten zuzusprechen. Diese wird unter Berücksichtigung der als angemessen zu erachtenden Kostennote seiner Rechtsvertreterin vom 29. Mai 2007 auf Fr. 900.-- (inklusive Auslagen und Mehrwertsteueranteil) festgesetzt.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und die Verfügung des BFM vom 11. April 2006 wird aufgehoben.
2. Die Sache wird im Sinne der Erwägungen zur materiellen Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
3. Es werden keine Verfahrenskosten auferlegt.
4. Das BFM hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 900.-- (inkl. MWSt) auszurichten.
5. Dieses Urteil geht an:
- die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers, 2 Expl. (eingeschrieben)
- die Vorinstanz, Abteilung Aufenthalt und Rückkehrförderung, mit den Akten (Ref.-Nr. N _______), unter Hinweis auf Ziff. 2 des Urteilsdispositivs
- A_______amt des Kantons S_______

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Gysi Swain

Versand am:
Informazioni decisione   •   DEFRITEN
Documento : E-5102/2006
Data : 31. maggio 2007
Pubblicato : 14. giugno 2007
Sorgente : Tribunale amministrativo federale
Stato : Inedito
Ramo giuridico : Asilo
Oggetto : Vollzug


Registro di legislazione
CEDU: 3
Cost: 5  29
LAsi: 6 
SR 142.31 Legge del 26 giugno 1998 sull'asilo (LAsi)
LAsi Art. 6 Norme procedurali - Le procedure sono rette dalla legge federale del 20 dicembre 196811 sulla procedura amministrativa (PA), dalla legge del 17 giugno 200512 sul Tribunale amministrativo federale e dalla legge del 17 giugno 200513 sul Tribunale federale, in quanto la presente legge non preveda altrimenti.
105 
SR 142.31 Legge del 26 giugno 1998 sull'asilo (LAsi)
LAsi Art. 105 Ricorsi contro le decisioni della SEM - Contro le decisioni della SEM può essere interposto ricorso secondo la legge federale del 17 giugno 2005356 sul Tribunale amministrativo federale.
106
SR 142.31 Legge del 26 giugno 1998 sull'asilo (LAsi)
LAsi Art. 106 Motivi di ricorso - 1 Il ricorrente può far valere:
1    Il ricorrente può far valere:
a  la violazione del diritto federale, compreso l'eccesso o l'abuso del potere di apprezzamento;
b  l'accertamento inesatto o incompleto dei fatti giuridicamente rilevanti.
c  ...
2    Rimangono salvi gli articoli 27 capoverso 3 e 68 capoverso 2.358
LTAF: 31  32  33  34  53
LTF: 83
PA: 5  48  50  63  64  65  66
TS-TAF: 7
SR 173.320.2 Regolamento del 21 febbraio 2008 sulle tasse e sulle spese ripetibili nelle cause dinanzi al Tribunale amministrativo federale (TS-TAF)
TS-TAF Art. 7 Principio
1    La parte vincente ha diritto alle ripetibili per le spese necessarie derivanti dalla causa.
2    Se la parte vince solo parzialmente, le spese ripetibili sono ridotte in proporzione.
3    Le autorità federali e, di regola, le altre autorità con qualità di parte non hanno diritto a un'indennità a titolo di ripetibili.
4    Se le spese sono relativamente modeste, si può rinunciare a concedere alla parte un'indennità a titolo di ripetibili.
5    L'articolo 6a è applicabile per analogia.7
Registro DTF
109-IB-246
Parole chiave
Elenca secondo la frequenza o in ordine alfabetico
autorità inferiore • tribunale amministrativo federale • documento di viaggio • principio della buona fede • quesito • durata • legge sull'asilo • spese di procedura • legge federale sul tribunale federale • attestato • cancelliere • ammissione provvisoria • assistenza giudiziaria gratuita • anticipo delle spese • termine • fattispecie • decisione • legge sul tribunale amministrativo federale • scritto • rimedio giuridico
... Tutti
BVGer
E-5102/2006
GICRA
1995/21 • 2000/5 S.48 • 2002/17 S.140 • 2003/17 • 2003/17 S.104 • 2003/25 S.163 • 2003/7 S.42