Tribunal federal
{T 0/2}
6S.334/2004 /pai
Urteil vom 30. November 2004
Kassationshof
Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Kolly,
Gerichtsschreiber Heimgartner.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprech Dr. Urs Tschaggelar,
gegen
Y.________,
Beschwerdegegnerin,
Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Bielstrasse 9, 4502 Solothurn.
Gegenstand
Gefährdung des Lebens, Genugtuung,
Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn, Strafkammer, vom 8. Juli 2004.
Sachverhalt:
A.
X.________ (Jahrgang 1954) und seine Ehefrau (geborene A.________, heutige Y.________) führten zusammen im Parterre ihres Hauses ein Restaurant. Zwischen den Ehepartnern kam es im Jahr 2001 nach siebzehn Ehejahren zu Spannungen, weil sie eine Beziehung mit B.________ eingegangen war. X.________ drohte ihr mit Selbstmord, um sie an sich zu binden. Nach einem gescheiterten Selbsttötungsversuch am 31. Mai 2001 wurde er in eine psychiatrische Klinik eingeliefert, am nächsten Morgen jedoch wieder entlassen. Am Abend dieses 1. Juni 2001 war er alkoholisiert und erklärte seiner Ehefrau, er werde nicht - wie ursprünglich geplant - die Nacht in der psychiatrischen Klinik verbringen. Sie entgegnete ihm, dass sie unter diesen Umständen nicht zu Hause, sondern bei ihrem Freund übernachten werde. Daraufhin packte X.________ seine Ehefrau, warf sie auf das Bett und setzte sich auf sie. Er würgte sie - zuerst mit den Händen, dann mit einer Kleiderstange - bis zur Bewusstlosigkeit und sagte dabei, er würde sie "kaputt" machen. Zwei sich im Restaurant aufhaltende Gäste hörten Geräusche des Kampfes, eilten ihr zu Hilfe und rissen X.________ von seiner Ehefrau weg, sodass sie sich entfernen konnte.
B.
Das Obergericht des Kantons Solothurn verurteilte X.________, am 8. Juli 2004 aufgrund dieser und anderer, nicht bestrittener Handlungen wegen Gefährdung des Lebens (Art. 127
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 127 - Wer einen Hilflosen, der unter seiner Obhut steht oder für den er zu sorgen hat, einer Gefahr für das Leben oder einer schweren unmittelbaren Gefahr für die Gesundheit aussetzt oder in einer solchen Gefahr im Stiche lässt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 123 - 1. Wer vorsätzlich einen Menschen in anderer Weise an Körper oder Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
|
1 | Wer vorsätzlich einen Menschen in anderer Weise an Körper oder Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Der Täter wird von Amtes wegen verfolgt,172 |
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |
|
1 | Mit Busse wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand ein Motorfahrzeug führt; |
b | das Verbot, unter Alkoholeinfluss zu fahren, missachtet; |
c | in fahrunfähigem Zustand ein motorloses Fahrzeug führt. |
2 | Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand mit qualifizierter Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration ein Motorfahrzeug führt; |
b | aus anderen Gründen fahrunfähig ist und ein Motorfahrzeug führt. |
C.
X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei hinsichtlich des Schuldspruchs wegen Gefährdung des Lebens und des Zivilpunktes aufzuheben. Zudem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege.
Ein Schriftenwechsel wurde nicht angeordnet.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde ist das Bundesgericht an die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Vorinstanz gebunden (Art. 277bis Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |
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1 | Mit Busse wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand ein Motorfahrzeug führt; |
b | das Verbot, unter Alkoholeinfluss zu fahren, missachtet; |
c | in fahrunfähigem Zustand ein motorloses Fahrzeug führt. |
2 | Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand mit qualifizierter Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration ein Motorfahrzeug führt; |
b | aus anderen Gründen fahrunfähig ist und ein Motorfahrzeug führt. |
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |
|
1 | Mit Busse wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand ein Motorfahrzeug führt; |
b | das Verbot, unter Alkoholeinfluss zu fahren, missachtet; |
c | in fahrunfähigem Zustand ein motorloses Fahrzeug führt. |
2 | Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand mit qualifizierter Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration ein Motorfahrzeug führt; |
b | aus anderen Gründen fahrunfähig ist und ein Motorfahrzeug führt. |
Die Kritik des Beschwerdeführers gegen den Schuldspruch wegen Gefährdung des Lebens richtet sich im Wesentlichen gegen die vorinstanzliche Beweiswürdigung. Insbesondere stellt er die tatsächliche Feststellung der Vorinstanz in Frage, er habe die Beschwerdegegnerin wissentlich in eine konkrete, unmittelbare Lebensgefahr gebracht. Was der Täter wusste, wollte und in Kauf nahm stellt grundsätzlich eine Tatfrage dar und kann daher im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde nicht zur Entscheidung gestellt werden (vgl. BGE 130 IV 58 E. 8. 5 mit Hinweisen). Auf die Beschwerde kann in diesem Punkt nicht eingetreten werden.
2.
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist zu begründen (Art. 273 Abs. 1 lit. b
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |
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1 | Mit Busse wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand ein Motorfahrzeug führt; |
b | das Verbot, unter Alkoholeinfluss zu fahren, missachtet; |
c | in fahrunfähigem Zustand ein motorloses Fahrzeug führt. |
2 | Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand mit qualifizierter Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration ein Motorfahrzeug führt; |
b | aus anderen Gründen fahrunfähig ist und ein Motorfahrzeug führt. |
3.
Der Gefährdung des Lebens macht sich schuldig, wer in skrupelloser Weise einen Menschen in unmittelbare Lebensgefahr bringt (Art. 129
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 129 - Wer einen Menschen in skrupelloser Weise in unmittelbare Lebensgefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
3.1 Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass ihn seine damalige Ehefrau provoziert habe, weswegen keine Skrupellosigkeit vorliege. Dazu bringt er ohne nähere Begründung vor, eine Provokation sei klar nachgewiesen. Eine solche Beschwerde genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht. Im Übrigen ist auf Grund des festgestellten Sachverhalts nicht ersichtlich, worin das angeblich provozierende Verhalten der Beschwerdegegnerin bestanden haben sollte, welches die Handlung des Beschwerdeführers als nicht skrupellos im Sinne von Art. 129
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 129 - Wer einen Menschen in skrupelloser Weise in unmittelbare Lebensgefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
3.2 Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, infolge der ihm zuerkannten Verminderung der Zurechnungsfähigkeit in mittlerem Grad entfalle das Tatbestandsmerkmal der Skrupellosigkeit. Aus welchem Grund dem so sein sollte, legt er aber mit keinem Wort dar. Auch auf diese Rüge ist nicht einzutreten. Im Übrigen trifft die Auffassung des Beschwerdeführers, ein teilweise zurechnungsunfähiger Täter könne nicht skrupellos handeln, nicht zu (vgl. dazu bezüglich Art. 112
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 112 - Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.154 |
4.
Der Beschwerdeführer beanstandet sodann die Zusprechung einer Genugtuungssumme an die Beschwerdegegnerin. Deren Rechtsbegehren sei abzuweisen, weil mangels schwerer Körperverletzung die Voraussetzungen von Art. 47
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 47 - Bei Tötung eines Menschen oder Körperverletzung kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 49 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist. |
|
1 | Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist. |
2 | Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen. |
4.1 Die Vorinstanz qualifizierte das Würgen als eine einfache Körperverletzung. Auch ohne bleibenden körperlichen Schaden sei für die Zusprechung einer Genugtuung entscheidend, dass die Beschwerdegegnerin während des Vorfalls dem alkoholisierten Beschwerdeführer ausgeliefert war und Todesangst ausstehen musste. Sodann habe sie die Ereignisse psychisch noch nicht restlos verarbeitet, was sich namentlich darin zeige, dass der Beschwerdeführer während ihrer Befragung den Gerichtssaal verlassen musste. Es liege eine gewisse Traumatisierung vor, auch wenn die Beschwerdegegnerin arbeitsfähig sei und keine psychologische Betreuung beanspruche.
4.2 Gemäss Art. 47
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 47 - Bei Tötung eines Menschen oder Körperverletzung kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen. |
Solche Umstände, welche auch bei einer einfachen Körperverletzung eine Genugtuung rechtfertigen, sind hier gegeben. Die Körperverletzung erfolgte mit direktem Vorsatz und führte zudem zu einer unmittelbaren Lebensgefahr. Angesichts der Vorgehensweise ist das Vorliegen traumatischer Umstände ohne weiteres zu bejahen, selbst wenn die Tat bei der Beschwerdegegnerin keine psychischen Probleme ausgelöst hat, die eine Behandlung erfordern. Zur Frage der Bemessung der Genugtuung äussert sich der Beschwerdeführer nicht, sodass darauf nicht einzugehen ist.
5.
Die Beschwerde erschien von vornherein aussichtslos, weswegen das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen ist (Art. 152
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 47 - Bei Tötung eines Menschen oder Körperverletzung kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen. |
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Kosten vor Bundesgericht zu tragen (Art. 278 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 47 - Bei Tötung eines Menschen oder Körperverletzung kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 800.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 30. November 2004
Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: