Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1B_166/2009

Urteil vom 30. Juni 2009
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio,
Gerichtsschreiberin Gerber.

Parteien
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Hans Hegetschweiler,

gegen

Bezirksamt Baden, Ländliweg 2, 5400 Baden.

Gegenstand
Haft,

Beschwerde gegen die Verfügung vom 8. Juni 2009
des Obergerichts des Kantons Aargau,
Präsidium der Beschwerdekammer.
Sachverhalt:

A.
Das Bezirksamt Baden führt gegen X.________ eine Strafuntersuchung u.a. wegen Drohung, Nötigung, Gewalt und Drohung gegen Beamte, Beschimpfung von Polizisten und mehrfachem falschen Alarm.
X.________ wird vorgeworfen, er habe am 8. April 2009 den Wohnort seines früheren Anwalts, A.________, in Würenlos aufgesucht und habe der dort angetroffenen Ehefrau C.________ des Anwalts gedroht, dass etwas passieren würde, sollte ihr Ehemann nochmals ein Mahnungsschreiben (wegen eines ausstehenden Resthonorars) an den Arbeitsort seiner Ehefrau, B.________, zustellen. Daraufhin habe Rechtsanwalt A.________ darauf verzichtet, eine Betreibung gegen B.________ anzuheben, die solidarisch für das Resthonorar hafte.
Bei der am 4. Mai 2009 erfolgten Hafteröffnung sei X.________ gegenüber Kantonspolizisten handgreiflich geworden und habe diese als "Arschlöcher" etc. bezeichnet. Zudem habe er im Bezirksgefängnis Baden grundlos den Zellenalarm betätigt.
Mit Verfügung des Präsidiums der Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts des Kantons Aargau vom 11. Mai 2009 wurde die Untersuchungshaft wegen Fortsetzungs- respektive Ausführungsgefahr bis zum Eingang der Anklage bei Gericht verlängert.

B.
Mit Eingabe vom 8. Juni 2009 beantragte X.________ die Entlassung aus der Untersuchungshaft und die Durchführung einer persönlichen Anhörung. Mit Verfügung vom 8. Juni 2009 wies das Präsidium der Beschwerdekammer des Obergerichts beide Gesuche ab.

C.
Dagegen hat X.________ am 11. Juni 2009 Beschwerde in Strafsachen erhoben. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und das Bezirksamt Baden sei anzuweisen, ihn sofort aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Allenfalls sei die Sache zur persönlichen Anhörung des Beschwerdeführers an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem ersucht X.________ um die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung.

D.
Das Präsidium der Beschwerdekammer beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Bezirksamt Baden hat sich nicht vernehmen lassen.

E.
Mit Verfügung vom 10. Juni 2009 erteilte das Bezirksamt Baden Dr. med. D.________ von der Psychiatrischen Klinik Königsfelden den Auftrag, über X.________ ein Teilgutachten u.a. zur Frage der Fremdgefährdung zu erstellen.

Erwägungen:

1.
Da alle Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen, ist auf die Beschwerde in Strafsachen einzutreten (Art. 78 ff
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 78 Grundsatz - 1 Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
1    Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
2    Der Beschwerde in Strafsachen unterliegen auch Entscheide über:
a  Zivilansprüche, wenn diese zusammen mit der Strafsache zu behandeln sind;
b  den Vollzug von Strafen und Massnahmen.
. BGG).

2.
Nach § 67 Abs. 1 und 2 der Aargauer Strafprozessordnung vom 11. November 1958 (StPO/AG) darf gegen den Beschuldigten ein Haftbefehl erlassen werden, wenn er einer mit Freiheitsstrafe bedrohten Handlung dringend verdächtig und ausserdem Flucht- oder Kollusionsgefahr besteht oder die Freiheit des Beschuldigten mit Gefahr für andere verbunden ist, insbesondere, wenn eine Fortsetzung der strafbaren Tätigkeit zu befürchten ist.
Bei Beschwerden, die gestützt auf das Recht der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 10 Recht auf Leben und auf persönliche Freiheit - 1 Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten.
1    Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten.
2    Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit.
3    Folter und jede andere Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung sind verboten.
, Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV) wegen der Ablehnung eines Haftentlassungsgesuches erhoben werden, prüft das Bundesgericht im Hinblick auf die Schwere des Eingriffes die Auslegung und Anwendung des kantonalen Prozessrechtes frei. Soweit jedoch reine Sachverhaltsfragen und damit Fragen der Beweiswürdigung zu beurteilen sind, greift das Bundesgericht nur ein, wenn die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG beruhen (Art. 97 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
1    Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
2    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.86
i.V.m. Art. 105 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG).

3.
Das Präsidium des Obergerichts bejahte den Haftgrund der Fortsetzungs- und Ausführungsgefahr. Es stützte sich auf ein psychiatrisches Gutachten vom 19. April 2004, worin dem Beschwerdeführer ein erhöhtes Risiko von fremdgefährdendem Verhalten damals "im familiären Kontext und gegenüber dem Anwalt der Frau" attestiert worden sei. Seither sei der Beschwerdeführer vom Bezirksamt Baden am 11. Januar 2005 wegen Beschimpfung, vom Obergericht Zürich am 4. Mai 2007 wegen mehrfacher versuchter Nötigung, Drohung, Tätlichkeiten, Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung sowie am 13. Januar 2009 vom Bezirksgericht Baden wegen versuchter einfacher Körperverletzung, Gewalt und Drohung gegen Beamte und versuchter Nötigung verurteilt worden und habe sich insgesamt 62 Tage in Untersuchungshaft befunden.
Vor diesem Hintergrund und angesichts der ihm im Untersuchungsverfahren zur Last gelegten gleichgelagerten Vorgehensmuster und massiver körperlicher Aggressivität gegen die ihn festnehmenden Polizisten stehe dringend zu befürchten, dass der Beschwerdeführer, der sich mit dem zumindest teilweise anerkannten drohenden Auftreten gegenüber der Ehefrau seines ehemaligen Anwalts von den bisher ergangenen Strafurteilen mit Ausfällung bedingter Freiheitsstrafen und von der ausgestandenen Untersuchungshaftzeit völlig unbeeindruckt zeige, seine Aggressionen nicht mehr zu zügeln vermöchte und es zu Kontrollverlusten mit der Gefahr gravierender Beeinträchtigung von Dritten kommen könnte. Dieser Gefahr könne wegen der offensichtlichen Unberechenbarkeit des Gesuchstellers auch mit einem Rayonverbot nicht genügend begegnet werden, da dieses die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen voraussetzen würde.

4.
Der Beschwerdeführer bestreitet das Vorliegen von Ausführungsgefahr.
Er habe sich zum Haus seines ehemaligen Anwalts begeben und der dort anwesenden Frau des Anwalts gesagt, ihr Mann dürfe B.________ nicht mehr mit Mahnbriefen am Arbeitsplatz belästigen. Dies sei von Frau C.________ als Drohung verstanden worden. Frau C.________ sei zuerst beim lokalen Polizeiposten vorstellig geworden, wo man ihr gesagt habe, es handle sich nicht um eine Straftat. Erst um den 4. Mai herum habe sie Strafanzeige beim regionalen Polizeiposten im Bezirksamt Baden wegen Drohung gestellt. Das Verfahren sei auf den Tatbestand der Nötigung ausgedehnt worden, nachdem Rechtsanwalt A.________ mitgeteilt hatte, er habe es wegen der Drohung unterlassen, Frau B.________ zu betreiben. Der Beschwerdeführer sei daraufhin am 4. Mai 2009 verhaftet worden. Bis dahin seien jedoch drei Wochen vergangen, in denen nichts geschehen sei, obwohl Rechtsanwalt A.________ den Beschwerdeführer und dessen Frau wegen eines Resthonorars von Fr. 2'000.-- beim Friedensrichter eingeklagt habe. Alle weiteren Vorwürfe gegen den Beschwerdeführer stammten aus der Haftzeit selbst und werden vom Beschwerdeführer bestritten.
Der Beschwerdeführer bemängelt, die Ausführungsgefahr sei nicht genügend festgestellt worden. Es sei nicht klar, welche Straftaten er bei der Entlassung aus der Untersuchungshaft überhaupt begehen sollte. Der Staat beschränke sich auf den diffusen Vorwurf der Fremdgefährdung, ohne diese jedoch genügend abgeklärt zu haben. Das Gutachten aus dem Jahre 2004 genüge hierfür nicht. Damals habe er eine Auseinandersetzung mit seiner Exfrau gehabt, und in diesem Zusammenhang habe das Gutachten von Königsfelden ihm eine erhöhte Gefährlichkeit bescheinigt. Er habe aber noch nie eine Drittperson angegriffen.
Der Beschwerdeführer verweist auf die Regelung im Bereich der fürsorgerischen Freiheitsentziehung (Art. 397 a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
ff. ZGB), wonach die Einweisung in eine Anstalt wegen angeblicher Fremdgefährdung aufgrund einer schweren psychischen Störung nur aufgrund eines psychiatrischen Gutachtens möglich sei, das sofort erstellt werden müsse.
In diesem Zusammenhang rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil der Haftrichter es abgelehnt habe, ihn persönlich anzuhören, obwohl dies ein geeignetes Beweismittel gewesen wäre, um sich von der nicht bestehenden Ausführungsgefahr zu überzeugen.

5.
Bei der Annahme, dass der Angeschuldigte weitere Verbrechen oder erhebliche Vergehen begehen könnte, ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Zurückhaltung geboten. Da Präventivhaft einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht der persönlichen Freiheit darstellt, muss sie auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein. Die Aufrechterhaltung von strafprozessualer Haft wegen Fortsetzungs- oder Ausführungsgefahr ist verhältnismässig, wenn einerseits die Rückfallprognose sehr ungünstig ist und anderseits die zu befürchtenden Delikte von schwerer Natur sind. Die rein hypothetische Möglichkeit der Verübung weiterer Delikte sowie die Wahrscheinlichkeit, dass nur geringfügige Straftaten verübt werden, reichen dagegen nicht aus, um eine Präventivhaft zu begründen. Schliesslich gilt auch bei der Präventivhaft - wie bei den übrigen Haftarten - dass sie nur als "ultima ratio" angeordnet oder aufrecht erhalten werden darf. Wo sie durch mildere Massnahmen ersetzt werden kann, muss von der Anordnung oder Fortdauer der Haft abgesehen und an ihrer Stelle eine dieser Ersatzmassnahmen verfügt werden (vgl. zum Ganzen BGE 135 I 71 E. 2.3 S. 73 mit Hinweisen).

6.
Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Straftaten wiegen nicht besonders schwer; gleiches gilt für seine bisherigen Verurteilungen. Vor allem aber ist keine akute Gefahr der Ausführung der angeblichen Drohung zu erkennen.
Zwar hat der Beschwerdeführer schon mehrfach Drohungen gegen Anwälte (namentlich gegen den Anwalt seiner Ex-Frau im Scheidungsverfahren) ausgesprochen; er hat diese Drohungen aber nie wahrgemacht. Auch im vorliegenden Fall gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass er die ihm vorgeworfene (sehr unbestimmte) Drohung gegenüber der Familie A.________ in die Tat umsetzen werde. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass es in den drei Wochen zwischen der Drohung und der Inhaftierung des Beschwerdeführers zu keinen weiteren Vorfällen gekommen ist, obwohl Rechtsanwalt A.________ keineswegs auf sein Resthonorar verzichtet hat, sondern diesbezüglich ein Verfahren vor dem Friedensrichter in Baden hängig ist.
Das in den Akten liegende Gutachten der Psychiatrischen Klinik Königsfelden vom 19. April 2004 bescheinigte dem Beschwerdeführer damals - vor fünf Jahren, während des Scheidungsverfahrens - ein erhöhtes fremdgefährdendes Verhalten im familiären Kontext und gegenüber dem Anwalt seiner Exfrau. Dagegen fand der Gutachter keine Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer ausserhalb dieses Beziehungskonflikts zu erhöhter Gewaltbereitschaft neige (Gutachten S. 7). Rechtsanwalt A.________ ist nicht der Anwalt der Exfrau, sondern vertrat den Beschwerdeführer in einem früheren Strafverfahren.
Allerdings ist der Beschwerdeführer seither mehrfach gegenüber Polizisten und Betreibungsbeamten handgreiflich geworden. Insofern kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass es in Zukunft wiederum zu Kontrollverlusten kommen könnte, bei denen der Beschwerdeführer gewalttätig werden könnte. Insofern rechtfertigt es sich, Ersatzmassnahmen anzuordnen, um zu verhindern, dass der Beschwerdeführer Kontakt mit der Familie A.________ aufnimmt. Der Beschwerdeführer hat sich bereits im Haftentlassungsgesuch mit einem Kontakt- und/ oder Rayonverbot ausdrücklich einverstanden erklärt.

7.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als begründet. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und der Beschwerdeführer ist nach Anordnung von Ersatzmassnahmen unverzüglich aus der Untersuchungshaft zu entlassen.
Bei diesem Ausgang kann offen gelassen werden, ob eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliegt, weil der Haftrichter den Beschwerdeführer nicht persönlich angehört hat.
Es sind keine Gerichtskosten zu erheben und dem Beschwerdeführer ist eine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 66 Abs. 4
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
und Art. 69
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 69 Entscheide auf Geldleistung - Entscheide, die zur Zahlung einer Geldsumme oder zur Sicherheitsleistung in Geld verpflichten, werden nach dem Bundesgesetz vom 11. April 188924 über Schuldbetreibung und Konkurs vollstreckt.
BGG). Der Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird damit gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Präsidiums der Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Aargau vom 8. Juni 2009 aufgehoben. Die Sache wird an das Präsidium des Obergerichts zurückgewiesen, um den Beschwerdeführer nach Anordnung von Ersatzmassnahmen unverzüglich aus der Untersuchungshaft zu entlassen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton Aargau hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bezirksamt Baden und dem Obergericht des Kantons Aargau, Präsidium der Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 30. Juni 2009
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Féraud Gerber
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 1B_166/2009
Datum : 30. Juni 2009
Publiziert : 08. Juli 2009
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Strafprozess
Gegenstand : Haft


Gesetzesregister
BGG: 66 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
69 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 69 Entscheide auf Geldleistung - Entscheide, die zur Zahlung einer Geldsumme oder zur Sicherheitsleistung in Geld verpflichten, werden nach dem Bundesgesetz vom 11. April 188924 über Schuldbetreibung und Konkurs vollstreckt.
78 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 78 Grundsatz - 1 Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
1    Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
2    Der Beschwerde in Strafsachen unterliegen auch Entscheide über:
a  Zivilansprüche, wenn diese zusammen mit der Strafsache zu behandeln sind;
b  den Vollzug von Strafen und Massnahmen.
95 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
97 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
1    Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
2    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.86
105
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BV: 10 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 10 Recht auf Leben und auf persönliche Freiheit - 1 Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten.
1    Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten.
2    Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit.
3    Folter und jede andere Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung sind verboten.
31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
ZGB: 397a
BGE Register
135-I-71
Weitere Urteile ab 2000
1B_166/2009
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
untersuchungshaft • rechtsanwalt • bundesgericht • aargau • beschwerdekammer • beschuldigter • freiheitsstrafe • sachverhalt • beschwerde in strafsachen • strafbare handlung • weiler • beschimpfung • psychiatrische klinik • haftrichter • familie • psychiatrisches gutachten • friedensrichter • persönliche freiheit • verhalten • vorinstanz
... Alle anzeigen