Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}

6B 503/2016

Urteil vom 29. August 2016

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer,
Gerichtsschreiber Briw.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Diezig,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis, Amt der Region Oberwallis, Postfach 540, 3930 Visp,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Revision (Gehilfenschaft zu Diebstahl),

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Wallis, I. Strafrechtliche Abteilung, vom 4. April 2016.

Erwägungen:

1.
Mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 28. Januar 2015 der Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis, Amt der Region Oberwallis, wurde X.________ der Gehilfenschaft zu Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 139 - 1. Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    ...197
3    Der Dieb wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wenn er:
a  gewerbsmässig stiehlt;
b  den Diebstahl als Mitglied einer Bande ausführt, die sich zur fortgesetzten Verübung von Raub oder Diebstahl zusammengefunden hat;
c  zum Zweck des Diebstahls eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt oder eine Explosion verursacht; oder
d  sonst wie durch die Art, wie er den Diebstahl begeht, seine besondere Gefährlichkeit offenbart.198
4    Der Diebstahl zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
i.V.m. Art. 25
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft.
StGB) schuldig gesprochen und mit einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 35.- und Busse von Fr. 400.-- bestraft.
X.________ beantragte mit Gesuch vom 20. Mai 2015 beim Kantonsgericht Wallis die Revision des Strafbefehls vom 28. Januar 2015.
Das Kantonsgericht trat am 4. April 2016 auf das Revisionsgesuch nicht ein.
X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, die Beschwerde gutzuheissen, das kantonsgerichtliche Urteil aufzuheben und dieses anzuweisen, auf das Revisionsgesuch einzutreten, eventualiter den Strafbefehl und das Urteil aufzuheben und ihn von Schuld und Strafe freizusprechen.

2.
Wer durch einen Strafbefehl beschwert ist, kann nach Art. 410 Abs. 1 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 410 Zulässigkeit und Revisionsgründe - 1 Wer durch ein rechtskräftiges Urteil, einen Strafbefehl, einen nachträglichen richterlichen Entscheid oder einen Entscheid im selbstständigen Massnahmenverfahren beschwert ist, kann die Revision verlangen, wenn:
1    Wer durch ein rechtskräftiges Urteil, einen Strafbefehl, einen nachträglichen richterlichen Entscheid oder einen Entscheid im selbstständigen Massnahmenverfahren beschwert ist, kann die Revision verlangen, wenn:
a  neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch, eine wesentlich mildere oder wesentlich strengere Bestrafung der verurteilten Person oder eine Verurteilung der freigesprochenen Person herbeizuführen;
b  der Entscheid mit einem späteren Strafentscheid, der den gleichen Sachverhalt betrifft, in unverträglichem Widerspruch steht;
c  sich in einem anderen Strafverfahren erweist, dass durch eine strafbare Handlung auf das Ergebnis des Verfahrens eingewirkt worden ist; eine Verurteilung ist nicht erforderlich; ist das Strafverfahren nicht durchführbar, so kann der Beweis auf andere Weise erbracht werden.
2    Die Revision wegen Verletzung der Konvention vom 4. November 1950271 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) kann verlangt werden, wenn:
a  der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem endgültigen Urteil (Art. 44 EMRK) festgestellt hat, dass die EMRK oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, oder den Fall durch eine gütliche Einigung (Art. 39 EMRK) abgeschlossen hat;
b  eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen; und
c  die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen.
3    Die Revision zugunsten der verurteilten Person kann auch nach Eintritt der Verjährung verlangt werden.
4    Beschränkt sich die Revision auf Zivilansprüche, so ist sie nur zulässig, wenn das am Gerichtsstand anwendbare Zivilprozessrecht eine Revision gestatten würde.
StPO die Revision verlangen, wenn neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch oder eine wesentlich mildere Bestrafung herbeizuführen.

2.1. Ein Gesuch um Revision eines Strafbefehls muss als missbräuchlich qualifiziert werden, wenn es sich auf Tatsachen stützt, die dem Verurteilten von Anfang an bekannt waren, die er ohne schützenswerten Grund verschwieg und die er in einem ordentlichen Verfahren hätte geltend machen können, welches auf Einsprache hin eingeleitet worden wäre. Die Revision kann in Betracht kommen wegen Tatsachen oder Beweismittel, die der Bestrafte im Zeitpunkt des Strafbefehls nicht kannte, die er damals nicht geltend machen konnte oder zu deren Geltendmachung er nicht veranlasst sein konnte. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob unter den gegebenen Umständen das Revisionsgesuch dazu dient, den ordentlichen Rechtsweg zu umgehen (vgl. Urteile 6B 1326/2015 vom 14. März 2016 E. 2.2.3 und 6B 545/2014 vom 13. November 2014 E. 1.2 mit Hinweisen).

2.2. Der Beschwerdeführer macht in einer eingehend begründeten Beschwerde geltend, die von ihm vorgetragenen Behauptungen legten die Schlussfolgerung nahe, dass im strittigen Zeitpunkt überhaupt kein Diebstahl durch den Haupttäter erfolgt war, respektive - was noch wichtiger sei - er in diesem Zeitpunkt nichts von einem "Austausch" einer Anzugsjacke mitbekommen hatte und sich somit auch nicht der Gehilfenschaft zu Diebstahl schuldig gemacht haben könne. Die Staatsanwaltschaft (im Strafbefehl) und die Vorinstanz setzten sich mit diesen Aussagen nicht auseinander. Weiter rügt er u.a. Verletzungen des rechtlichen Gehörs, insbesondere seiner strafprozessual und konventionsrechtlich geschützten Beweisantrags- und Befragungsrechte. Abschliessend hält er fest, er sei sich der Tragweite der Nichteinsprache nicht bewusst gewesen. Der Strafbefehl habe schwerwiegende Konsequenzen für die Einbürgerung, da er im Strafregister verzeichnet sei. Wäre ihm das bewusst gewesen, hätte er Einsprache erhoben.

2.3. Wie die Vorinstanz feststellt, war die Mitwirkung als Gehilfe beim Diebstahl Gegenstand des Strafbefehlsverfahrens; der Beschwerdeführer hätte seine Rügen im ordentlichen Verfahren vorbringen können (Urteil S. 6). Er verzichtete auf Einsprache. Er behauptet nicht, dass ihm die Einsprache nicht möglich gewesen wäre. Das nicht weiter begründete Vorbringen, er habe noch nie mit Polizei und Gerichten zu tun gehabt und seine Rechte nicht gekannt, ist unbehelflich. Der Strafbefehl enthält auf Seite 5 die Rechtsmittelbelehrung ("Rechtsbehelf"), welche darauf hinweist, dass der Strafbefehl ohne gültige Einsprache zum rechtskräftigen und vollstreckbaren Urteil wird (kantonale Akten, act. 108).
Dass der Strafbefehl "nun unliebsame und schwerwiegende Konsequenzen" zeitigt (Beschwerde S. 10), begründet keinen Revisionsgrund im Sinne von Art. 410 Abs. 1 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 410 Zulässigkeit und Revisionsgründe - 1 Wer durch ein rechtskräftiges Urteil, einen Strafbefehl, einen nachträglichen richterlichen Entscheid oder einen Entscheid im selbstständigen Massnahmenverfahren beschwert ist, kann die Revision verlangen, wenn:
1    Wer durch ein rechtskräftiges Urteil, einen Strafbefehl, einen nachträglichen richterlichen Entscheid oder einen Entscheid im selbstständigen Massnahmenverfahren beschwert ist, kann die Revision verlangen, wenn:
a  neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch, eine wesentlich mildere oder wesentlich strengere Bestrafung der verurteilten Person oder eine Verurteilung der freigesprochenen Person herbeizuführen;
b  der Entscheid mit einem späteren Strafentscheid, der den gleichen Sachverhalt betrifft, in unverträglichem Widerspruch steht;
c  sich in einem anderen Strafverfahren erweist, dass durch eine strafbare Handlung auf das Ergebnis des Verfahrens eingewirkt worden ist; eine Verurteilung ist nicht erforderlich; ist das Strafverfahren nicht durchführbar, so kann der Beweis auf andere Weise erbracht werden.
2    Die Revision wegen Verletzung der Konvention vom 4. November 1950271 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) kann verlangt werden, wenn:
a  der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem endgültigen Urteil (Art. 44 EMRK) festgestellt hat, dass die EMRK oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, oder den Fall durch eine gütliche Einigung (Art. 39 EMRK) abgeschlossen hat;
b  eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen; und
c  die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen.
3    Die Revision zugunsten der verurteilten Person kann auch nach Eintritt der Verjährung verlangt werden.
4    Beschränkt sich die Revision auf Zivilansprüche, so ist sie nur zulässig, wenn das am Gerichtsstand anwendbare Zivilprozessrecht eine Revision gestatten würde.
StPO. Wie der Beschwerdeführer vorbringt, hätte er Einsprache erhoben, wenn ihm das bewusst gewesen wäre (a.a.O.; auch Urteil S. 6). Er sucht mit dem Revisionsgesuch auf die Einsprache zurück zu kommen, d.h. den ordentlichen Rechtsweg zu umgehen. Dieses Vorgehen gilt als rechtsmissbräuchlich (oben E. 2.1).

2.4. Das Revisionsgesuch war offensichtlich unzulässig; die Vorinstanz trat darauf zu Recht nicht ein (Art. 412 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 412 Vorprüfung und Eintreten - 1 Das Berufungsgericht nimmt in einem schriftlichen Verfahren eine vorläufige Prüfung des Revisionsgesuchs vor.
1    Das Berufungsgericht nimmt in einem schriftlichen Verfahren eine vorläufige Prüfung des Revisionsgesuchs vor.
2    Ist das Gesuch offensichtlich unzulässig oder unbegründet oder wurde es mit den gleichen Vorbringen schon früher gestellt und abgelehnt, so tritt das Gericht nicht darauf ein.
3    Andernfalls lädt es die anderen Parteien und die Vorinstanz zur schriftlichen Stellungnahme ein.
4    Es beschliesst die erforderlichen Beweis- und Aktenergänzungen sowie vorsorglichen Massnahmen, soweit sie nicht nach Artikel 388 der Verfahrensleitung obliegen.
StPO).

3.
Die Beschwerde ist kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG) abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Wallis, I. Strafrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. August 2016

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Briw
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 6B_503/2016
Date : 29. August 2016
Published : 16. September 2016
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Strafprozess
Subject : Revision (Gehilfenschaft zu Diebstahl)


Legislation register
BGG: 66
StGB: 25  139
StPO: 410  412
Weitere Urteile ab 2000
6B_1326/2015 • 6B_503/2016 • 6B_545/2014
Keyword index
Sorted by frequency or alphabet
penal order • valais • cantonal legal court • theft • accompliceship • lower instance • federal court • due process of law • clerk • region • litigation costs • decision • appeal concerning criminal matters • acquittal • instructions about a person's right to appeal • proof demand • addiction • criminal register • evidence • lawyer • forfeit • ground of appeal • [noenglish] • convicted person • new evidence • lausanne • participant of a proceeding • post office box
... Don't show all