Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}

9C 296/2016

Urteil vom 29. Juni 2016

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichterin Pfiffner, Bundesrichter Parrino,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Radek Janis,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung
(Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. März 2016.

Sachverhalt:

A.
A.________ meldete sich Anfang Dezember 2010 ein zweites Mal bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach Abklärungen (u.a. Gutachten Medas Interlaken Unterseen GmbH vom 27. November 2013) verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Verfügung vom 29. September 2014 einen Rentenanspruch mit der Begründung, ein IV-relevanter Gesundheitsschaden sei nicht ausgewiesen.

B.
Die Beschwerde der A.________ wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 24. März 2016 ab.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, der Entscheid vom 24. März 2016 sei aufzuheben und ihr eine ganze Invalidenrente zuzusprechen; eventualiter sei die Sache zur neuerlichen Abklärung an die Vorinstanz zurückzuweisen, unter Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.

Die IV-Stelle des Kantons Zürich ersucht um Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichetet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Streitgegenstand bildet die Frage, ob die Beschwerdeführerin Anspruch auf eine (ganze) Rente der Invalidenversicherung hat.

2.
Der angefochtene Entscheid stützt sich in tatsächlicher Hinsicht im Wesentlichen auf das Medas-Gutachten vom 27. November 2013 ab. Der Beweiswert der Expertise (vgl. dazu BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232) ist unbestritten. Die Gutachter stellten folgende Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit: Anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10 F45.4), bestehend seit 7 Jahren; dissoziatives Geschehen (ICD-10 F44) mit Sensibilitätsstörung, Schmerzen und stuporösen Phänomenen, bestehend seit spätestens Dezember 2010; relevante kognitive Defizite (ICD-10 F7), bestehend seit der Kindheit; Status nach depressiver Episode, mittelgradigen Ausmasses im Februar 2013 (ICD-10 F32.8). Trotz der inkonsistenten neuropsychologischen Testung müsse von einem komplexen psychiatrischen Bild ausgegangen werden, das dazu führe, dass die Versicherte spätestens seit dem Dezember 2010 in der bisherigen und auch in einer angepassten Tätigkeit zu 100 % arbeitsunfähig bzw. keinem Arbeitgeber zumutbar sei.

Davon abweichend ist die Vorinstanz in Anwendung der mit BGE 141 V 281 geänderten und präzisierten Rechtsprechung zum invalidisierenden Charakter einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und damit vergleichbarer psychosomatischer Leiden zum Ergebnis gelangt, die Beschwerdeführerin sei in der angestammten und in jeder leichten bis mittelschweren Tätigkeit vollumfänglich arbeitsfähig. Die Leistungseinschränkung sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu einem wesentlichen Teil auf Aggravation zurückzuführen. Soweit darüber hinaus ein verselbständigter Gesundheitsschaden vorliege, seien die Auswirkungen der somatoformen Schmerzstörung und des dissoziativen Geschehens mit Sensibilitätsstörung, Schmerzen und stuporösen Phänomenen nur noch gering. Hinzu komme, dass der im Rahmen des strukturierten Beweisverfahrens nach den massgeblichen Standardindikatoren entscheidende Aspekt der Konsistenz nicht ausgewiesen sei und die funktionellen Auswirkungen demnach nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit schlüssig und widerspruchsfrei nachgewiesen seien.

3.
Die Beschwerdeführerin bestreitet das Vorliegen von Ausschlussgründen im Sinne von BGE 141 V 281 E. 2.2.1 S. 288. Die Vorinstanz bejahe eine leistungshindernde Aggravation, ohne sich an wissenschaftlichen Kriterien zu orientieren, sondern einzig aufgrund der subjektiven "Empfindungen" der einzelnen Gutachter.

3.1. Nach der in E. 4.2.1 des angefochtenen Entscheids zutreffend wiedergegebenen Rechtsprechung liegt regelmässig dann keine versicherte Gesundheitsschädigung vor, wenn die Leistungseinschränkung auf Aggravation oder einer ähnlichen Konstellation beruht. Dies trifft namentlich zu, wenn eine erhebliche Diskrepanz zwischen den geschilderten Schmerzen und dem gezeigten Verhalten oder der Anamnese besteht, wenn intensive Schmerzen angegeben werden, deren Charakterisierung jedoch vage bleibt, wenn keine medizinische Behandlung und Therapie in Anspruch genommen wird, wenn demonstrativ vorgetragene Klagen auf den Sachverständigen unglaubwürdig wirken oder wenn schwere Einschränkungen im Alltag behauptet werden, das psychosoziale Umfeld jedoch weitgehend intakt ist. Nicht per se auf Aggravation weist blosses verdeutlichendes Verhalten hin (BGE 141 V 281 E. 2.2.1 S. 288).

Die Grenzziehung zwischen anspruchsausschliessender Aggravation und blosser das Wesen der Schmerzstörung mitprägender Verdeutlichungstendenz ist heikel und bedarf in jedem Einzelfall einer sorgfältigen Prüfung. Eine Aggravation zeichnet sich aus durch eine Übertreibung oder Ausweitung von Beschwerden, indem tatsächlich vorhandene Symptome zur Erreichung eines Ziels (im hier interessierenden Kontext die Zusprechung einer Rente) verstärkt werden. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass umso eher von Aggravation auszugehen ist, je mehr Hinweise auf eine absichtliche, gesteuerte und in diesem Sinne "bewusste" Symptomerzeugung bestehen. Dabei sind nicht nur die von den medizinischen Sachverständigen festgestellten Diskrepanzen zwischen subjektiver Beschwerdeschilderung und objektivierbaren Befunden von Bedeutung, sondern auch diesbezügliche Beobachtungen der einen längeren Zeitraum überblickenden behandelnden Ärzte. Von Relevanz sind sodann (fremdanamnestische) Hinweise auf das Verhalten der versicherten Person im Alltag, insbesondere auch im ausserberuflichen Bereich. Erst wenn auf dieser Grundlage Klarheit darüber besteht, dass nach plausibler ärztlicher Beurteilung die Anhaltspunkte auf eine Aggravation eindeutig überwiegen und die
Grenzen eines bloss verdeutlichenden Verhaltens klar überschritten sind, ohne dass das aggravatorische Verhalten auf eine verselbständigte, krankheitswertige psychische Störung (vgl. BGE 127 V 294 E. 5a S. 299) zurückzuführen wäre, fällt eine versicherte Gesundheitsschädigung ausser Betracht und ein Rentenanspruch ist ausgeschlossen (Urteil 9C 899/2014 vom 29. Juni 2015 E. 4.2.1-4 in: SVR 2015 IV Nr. 38 S. 121).

3.2. Die Vorinstanz hat für das Bundesgericht verbindlich festgestellt (Art. 105 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
und 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG), die begutachtenden Ärzte der Medas einschliesslich Neuropsychologe hätten jeweils getrennt voneinander ein als aggravatorisch zu bezeichnendes Verhalten festgehalten, was in E. 4.2.2 des angefochtenen Entscheids im Einzelnen dargelegt wird. Dabei geht es nicht nur um Diskrepanzen im Rahmen der Untersuchung, sondern auch ausserhalb des Begutachtungskontextes. Zu erwähnen sind die behauptete Einnahme von Medikamenten, was sich jedenfalls in der angegebenen Menge nicht habe nachweisen lassen sowie die fehlende Umfangsdifferenz bzw. der normale Muskeltonus und die symmetrische Muskeltrophik der unteren Extremität im Widerspruch zu einer klar demonstrierten und wiederholt angegebenen Schonung des rechten Beines durch das Benützen eines Gehstockes. Der psychiatrische Experte erachtete u.a. die Schilderung von Schmerzen oder die Schilderung des Alltags und die Präsentation im Gutachten als diskrepant. Auffallend sei die fehlende Modulierbarkeit der Schmerzen sowie eine unpräzise ausweichende Schilderung der Beschwerden. Letztlich liege ein unklares und diffuses Schmerzbild vor, es bestehe ein Migrationshintergrund.

Wie in der Beschwerde indessen richtig sinngemäss vorgebracht wird, gingen sowohl der Psychiater der Medizinischen Abklärungsstelle, als auch die Gutachter im Rahmen ihrer Konsensbeurteilung trotz bzw. auch in Berücksichtigung der dargelegten Diskrepanzen von einem komplexen psychiatrischen Zustandsbild aus, welches dazu führe, dass die Versicherte nicht arbeitsfähig, d.h. keinem Arbeitgeber zumutbar sei. Erster bezeichnete zwar die Leistungsmotivation als fraglich, bejahte jedoch einen Leidensdruck. Aggravation sei sichtbar, manche der Antworttendenzen seien auffällig, aber nicht alle. Es sei davon auszugehen, dass die beobachteten dissoziativen Phänomene sehr bewusstseinsnah gewesen seien, da es sehr leicht gelungen sei, die Patientin zurückzuholen. Vieles sei auch durchaus demonstrativer Natur gewesen und dennoch sei die Gesamtproblematik nicht einfach willentlich überwindbar. Unter diesen Umständen kann nicht ohne Weiteres gesagt werden, die Leistungseinschränkung sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in dem Sinne zu einem wesentlichen Teil auf Aggravation zurückzuführen, dass zumindest äusserst fraglich sei, ob überhaupt eine versicherte Gesundheitsschädigung vorliege, wie die Vorinstanz gefolgert hat.

4.
Weiter bringt die Beschwerdeführerin vor, aus den vorinstanzlichen Erwägungen lasse sich keine fehlende Konsistenz im Sinne von BGE 141 V 281 E. 4.4 S. 303 f. herleiten. Es werde nicht dargelegt, welche Auswirkungen die Krankheit auf die verschiedenen Lebensbereiche habe.

4.1. Für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit bei Vorliegen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung oder eines damit vergleichbaren psychosomatischen Leidens (BGE 141 V 281 E. 4.2 S. 298) sind Indikatoren beachtlich, die das Bundesgericht wie folgt systematisiert hat:

Kategorie "funktioneller Schweregrad"
Komplex "Gesundheitsschädigung"
Ausprägung der diagnoserelevanten Befunde Behandlungs- und Eingliederungserfolg oder -resistenz Komorbiditäten

Komplex "Persönlichkeit" (Persönlichkeitsdiagnostik,

persönliche Ressourcen)

Komplex "Sozialer Kontext"
Kategorie "Konsistenz" (Gesichtspunkte des Verhaltens) gleichmässige Einschränkung des Aktivitätenniveaus in allen vergleichbaren Lebensbereichen behandlungs- und eingliederungsanamnestisch ausgewiesener Leidensdruck
Sie erlauben - unter Berücksichtigung leistungshindernder äusserer Belastungsfaktoren einerseits und Kompensationspotenzialen (Ressourcen) anderseits - das tatsächlich erreichbare Leistungsvermögen einzuschätzen (BGE 141 V 281 E. 3.4-3.6 und E. 4.1 S. 291 ff.). Beweisrechtlich entscheidend ist der Aspekt der Konsistenz (BGE 141 V 281 E. 4.4 S. 303) :

4.1.1. Der Indikator einer gleichmässigen Einschränkung des Aktivitätsniveaus in allen vergleichbaren Lebensbereichen zielt auf die Frage ab, ob die diskutierte Einschränkung in Beruf und Erwerb (bzw. bei Nichterwerbstätigen im Aufgabenbereich) einerseits und in den sonstigen Lebensbereichen (z.B. Freizeitgestaltung) anderseits gleich ausgeprägt ist. Dabei ist das bisherige Kriterium des sozialen Rückzugs (wiederum) so zu fassen, dass neben Hinweisen auf Einschränkungen auch Ressourcen erschlossen werden; umgekehrt kann ein krankheitsbedingter Rückzug aber auch Ressourcen zusätzlich vermindern. Soweit erhebbar, empfiehlt sich auch ein Vergleich mit dem Niveau sozialer Aktivität vor Eintritt der Gesundheitsschädigung. Das Aktivitätsniveau der versicherten Person ist stets im Verhältnis zur geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit zu sehen (BGE 141 V 281 E. 4.4.1 S. 303).

4.1.2. Die Inanspruchnahme von therapeutischen Optionen, das heisst das Ausmass, in welchem Behandlungen wahrgenommen oder eben vernachlässigt werden, weist (ergänzend zum Gesichtspunkt Behandlungs- und Eingliederungserfolg oder -resistenz unter dem Komplex "Gesundheitsschädigung") auf den tatsächlichen Leidensdruck hin. Dies gilt allerdings nur, solange das betreffende Verhalten nicht durch das laufende Versicherungsverfahren beeinflusst ist. Nicht auf fehlenden Leidensdruck zu schliessen ist, wenn die Nichtinanspruchnahme einer empfohlenen und zugänglichen Therapie oder die schlechte Compliance klarerweise auf eine (unabwendbare) Unfähigkeit zur Krankheitseinsicht zurückzuführen ist. In ähnlicher Weise zu berücksichtigen ist das Verhalten der versicherten Person im Rahmen der beruflichen (Selbst-) Eingliederung. Inkonsistentes Verhalten ist auch hier ein Indiz dafür, die geltend gemachte Einschränkung sei anders begründet als durch eine versicherte Gesundheitsbeeinträchtigung (BGE 141 V 281 E. 4.4.2 S. 304).

4.2. Das kantonale Sozialversicherungsgericht hat von den Standardindikatoren einzig diejenigen der Kategorie "Konsistenz", da beweisrechtlich entscheidend, einer näheren Prüfung unterzogen. Danach lasse sich das Aktivitätsniveau aufgrund der vom psychiatrischen Gutachter als diskrepant bezeichneten Schilderung des Alltags nicht abschliessend beurteilen. Sodann sei der Leidensdruck der Beschwerdeführerin behandlungsanamnestisch stark in Zweifel zu ziehen. Diese Beurteilung wird in der Beschwerde zu Recht bestritten:

4.2.1. Die Vorinstanz hat nicht dargelegt, inwiefern die Beschwerdeführerin gegenüber dem Psychiater der Medas den Alltag diskrepant geschildert haben soll. Dieser hielt in seinem Teilgutachten vom 17. September 2013 fest (Art. 105 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG) : "Bezüglich des Tagesablaufs ergibt sich keine klare Rekonstruktion, sie hat vergessen, was gestern gewesen sei, sie habe viel Schmerz, die Frau vom Bruder sei da gewesen, habe gekocht, sie sei gelegen. Am Nachmittag habe sie nicht viel gemacht, sie sei gelegen, am Abend sei sie gelegen, irgendwann habe man Spaghetti gegessen, die habe der Mann gemacht, sie sei wieder im Bett gewesen, irgendwann eingeschlafen, nach ihren Angaben gegen 04.30h morgens". Weiter habe die Versicherte angegeben, "die Schwester, die Frau vom Bruder des Mannes, alle würden ihr helfen bei der Wäsche, beim Putzen und anderen Haushaltstätigkeiten". Weitere relevante Aussagen, welche Rückschlüsse auf die Aktivitäten der Beschwerdeführerin im Alltag ausserhalb einer seit November 2010 nicht mehr ausgeübten erwerblichen Tätigkeit (von 100 % im Gesundheitsfall) erlaubten, finden sich keine, weder im Gutachten noch in den übrigen medizinischen Akten. Unter diesen Umständen verletzt es den Untersuchungsgrundsatz (Art. 43
Abs. 1
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 43 Abklärung - 1 Der Versicherungsträger prüft die Begehren, nimmt die notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vor und holt die erforderlichen Auskünfte ein. Mündlich erteilte Auskünfte sind schriftlich festzuhalten.
1    Der Versicherungsträger prüft die Begehren, nimmt die notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vor und holt die erforderlichen Auskünfte ein. Mündlich erteilte Auskünfte sind schriftlich festzuhalten.
1bis    Der Versicherungsträger bestimmt die Art und den Umfang der notwendigen Abklärungen.32
2    Soweit ärztliche oder fachliche Untersuchungen für die Beurteilung notwendig und zumutbar sind, hat sich die versicherte Person diesen zu unterziehen.
3    Kommen die versicherte Person oder andere Personen, die Leistungen beanspruchen, den Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten in unentschuldbarer Weise nicht nach, so kann der Versicherungsträger auf Grund der Akten verfügen oder die Erhebungen einstellen und Nichteintreten beschliessen. Er muss diese Personen vorher schriftlich mahnen und auf die Rechtsfolgen hinweisen; ihnen ist eine angemessene Bedenkzeit einzuräumen.
und Art. 61 lit. c
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 61 Verfahrensregeln - Das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht bestimmt sich unter Vorbehalt von Artikel 1 Absatz 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196846 nach kantonalem Recht. Es hat folgenden Anforderungen zu genügen:
a  Das Verfahren muss einfach, rasch und in der Regel öffentlich sein.
b  Die Beschwerde muss eine gedrängte Darstellung des Sachverhaltes, ein Rechtsbegehren und eine kurze Begründung enthalten. Genügt sie diesen Anforderungen nicht, so setzt das Versicherungsgericht der Beschwerde führenden Person eine angemessene Frist zur Verbesserung und verbindet damit die Androhung, dass sonst auf die Beschwerde nicht eingetreten wird.
c  Das Versicherungsgericht stellt unter Mitwirkung der Parteien die für den Entscheid erheblichen Tatsachen fest; es erhebt die notwendigen Beweise und ist in der Beweiswürdigung frei.
d  Das Versicherungsgericht ist an die Begehren der Parteien nicht gebunden. Es kann eine Verfügung oder einen Einspracheentscheid zu Ungunsten der Beschwerde führenden Person ändern oder dieser mehr zusprechen, als sie verlangt hat, wobei den Parteien vorher Gelegenheit zur Stellungnahme sowie zum Rückzug der Beschwerde zu geben ist.
e  Rechtfertigen es die Umstände, so können die Parteien zur Verhandlung vorgeladen werden.
f  Das Recht, sich verbeiständen zu lassen, muss gewährleistet sein. Wo die Verhältnisse es rechtfertigen, wird der Beschwerde führenden Person ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt.
fbis  Bei Streitigkeiten über Leistungen ist das Verfahren kostenpflichtig, wenn dies im jeweiligen Einzelgesetz vorgesehen ist; sieht das Einzelgesetz keine Kostenpflicht bei solchen Streitigkeiten vor, so kann das Gericht einer Partei, die sich mutwillig oder leichtsinnig verhält, Gerichtskosten auferlegen.
g  Die obsiegende Beschwerde führende Person hat Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Diese werden vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen.
h  Die Entscheide werden, versehen mit einer Begründung und einer Rechtsmittelbelehrung sowie mit den Namen der Mitglieder des Versicherungsgerichts schriftlich eröffnet.
i  Die Revision von Entscheiden wegen Entdeckung neuer Tatsachen oder Beweismittel oder wegen Einwirkung durch Verbrechen oder Vergehen muss gewährleistet sein.
ATSG) und damit Bundesrecht (Art. 95 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG), im Rahmen antizipierender Beweiswürdigung (BGE 122 V 157 E. 1d S. 162) zu folgern, das Aktivitätsniveau lasse sich nicht abschliessend beurteilen. Es ist davon auszugehen, dass diesbezügliche vertiefte Abklärungen, etwa Einholung fremdanamnestischer Auskünfte, Erfragen der Aktivitäten im Alltag vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung, verwertbare Erkenntnisse liefern können. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass das Gutachten der Medas vom 27. November 2013 vor dem am 3. Juni 2015 erlassenen BGE 141 V 281 verfasst worden war, was diesen Mangel erklärt. Der psychiatrische Experte nahm in seinem Teilgutachten vom 17. September 2013 denn auch Bezug auf die Foerster-Kriterien (BGE 139 V 547 E. 5.4 S. 556).

4.2.2. Weiter steht fest (Art. 105 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG), dass die Beschwerdeführerin bis zum Erlass der den gerichtlichen Prüfungszeitraum begrenzenden Verfügung vom 29. September 2014 (BGE 129 V 1 E. 1.2 S. 4) in keiner stationären Behandlung stand. Dem psychiatrischen Gutachter gegenüber hatte sie angegeben, an einer teilstationären Massnahme würde sie nicht mitmachen. Daraus kann indessen nicht auf einen fehlenden Leidensdruck geschlossen werden, zumal nach Lage der Akten die behandelnde Psychiaterin eine solche nicht vorgeschlagen hatte. Diese leitete indessen umgehend eine tagesklinische Behandlung in die Wege, nachdem der psychiatrische Experte sich in dem Sinne geäussert hatte, die bisherige (Gesprächs- und pharmakologische) Therapie genüge nicht, sondern bedürfe einer soziotherapeutischen Komponente (Tagesstrukturierung, psychiatrische Spitex zur Aktivierung, Tagesklinik, geschützter Arbeitsplatz). Wie die behandelnde Psychiaterin in ihrem Bericht vom 27. Oktober 2014 ausführte, erachteten die Ärzte des Zentrums für psychiatrische Rehabilitation der Psychiatrischen Klinik B.________ eine Aufnahme als verfrüht, da die Versicherte aufgrund des Erkrankungsbildes mit dem Therapieangebot überfordert wäre. Es wurde die Fortsetzung der
ambulanten Einzeltherapie empfohlen mit dem Ziel, das Funktionsniveau in diesem Rahmen zunächst zu stabilisieren und zu erhöhen, und als nächster Zwischenschritt eine ambulante Ergotherapiegruppe. Allein deshalb, weil die Beschwerdeführerin den Schritt zu einer tagesklinischen Behandlung offenbar (noch) nicht gemacht hat, kann nicht von einem fehlenden Leidensdruck bzw. von Inkonsistenz ausgegangen werden, welche das Vorliegen eines versicherten Gesundheitsschadens ausschlössen.

5.
Nach dem Gesagten kann aufgrund der Akten ein im Sinne von Art. 6
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 6 Arbeitsunfähigkeit - Arbeitsunfähigkeit ist die durch eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit bedingte, volle oder teilweise Unfähigkeit, im bisherigen Beruf oder Aufgabenbereich zumutbare Arbeit zu leisten.9 Bei langer Dauer wird auch die zumutbare Tätigkeit in einem anderen Beruf oder Aufgabenbereich berücksichtigt.
und 7
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 7 Erwerbsunfähigkeit - 1 Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt.
1    Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt.
2    Für die Beurteilung des Vorliegens einer Erwerbsunfähigkeit sind ausschliesslich die Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu berücksichtigen. Eine Erwerbsunfähigkeit liegt zudem nur vor, wenn sie aus objektiver Sicht nicht überwindbar ist.11
ATSG invalidisierender Gesundheitsschaden weder mit dem Vorliegen von Ausschlussgründen noch wegen fehlender Konsistenz der funktionellen Auswirkungen der massgeblichen Befunde verneint werden. Zu den übrigen Standardindikatoren der Kategorie "funktioneller Schweregrad" (E. 4.1 hiervor) hat sich das kantonale Sozialversicherungsgericht nicht geäussert. Gemäss Beschwerdeführerin ist von einer schweren Ausprägung der diagnoserelevanten Befunde auszugehen. Unter diesen Umständen ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie nach ergänzender Begutachtung durch den Psychiater der Medas unter Berücksichtigung von BGE 141 V 281 über den Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Rente der Invalidenversicherung neu entscheide. Die Beschwerde ist im Eventualstandpunkt begründet.

6.
Ausgangsgemäss hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG) und der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. März 2016 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 29. Juni 2016

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Fessler
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 9C_296/2016
Date : 29. Juni 2016
Published : 17. Juli 2016
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Invalidenversicherung
Subject : Invalidenversicherung (Invalidenrente)


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ATSG: 6  7  43  61
BGG: 66  68  95  105
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122-V-157 • 127-V-294 • 129-V-1 • 134-V-231 • 139-V-547 • 141-V-281
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