Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C 1053/2010

Urteil vom 28. Januar 2011
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Schmutz.

Verfahrensbeteiligte
P.________, vertreten durch Rechtsdienst Integration Handicap,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 11. November 2010.

Sachverhalt:

A.
P.________, geboren 1975, ist gelernter Koch. Ab 1. April 2004 war er als Mitarbeiter im Rayon Früchte und Gemüse der O.________ AG tätig. Ab 5. Januar 2008 attestierte ihm Dr. med. N.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit. Es seien Zeichen von massiver Traumatisierung durch Arbeitskonflikte mit Kollegen und Vorgesetzten und die Kündigung per 30. Juli 2008 erhoben worden. P.________ habe es paranoid und depressiv verarbeitet. Er habe jede Motivation zur Rückkehr an den Arbeitsplatz verloren und eine Wiedereingliederung erscheine auch anderswo kaum machbar. Da es sich um eine Persönlichkeitsstörung handle, könne das Problem auch nicht durch eine andere Arbeit oder Anstellung umgangen werden (Arztbericht vom 8. August 2008). Am 23. Juni 2008 meldete sich P.________ bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an.
Mit Mitteilung vom 1. Juli 2008 gewährte die IV-Stelle Bern Abklärung der beruflichen Eingliederungsmöglichkeiten und liess vom 29. September bis 24. Oktober 2008 in der M.________ eine Arbeitsmarktliche-Medizinische Abklärung (AMA) durchführen (Abklärungsbericht vom 20. November 2008). In der medizinischen Dokumentation vom 26. November 2008 zum AMA-Abklärungsbericht hielt RAD-Arzt Dr. med. Q.________, Facharzt für Allgemeine Medizin FMH, als Diagnosen u.a. Zeichen einer basalen Persönlichkeitsstörung vom paranoid-depressiven Typ fest. P.________ habe während der Abklärung die meisten Aufgaben mit Leistungsresultaten von 90 - 100 % erfüllen können, auch wenn sie ihm manchmal "gegen den Strich" gegangen seien. Gestützt auf den AMA-Abklärungsbericht bewilligte die IV-Stelle ein Arbeitstraining im Programm "A.________" der Universitären Psychiatrischen Dienste (UPD) für die Zeit vom 17. November 2008 bis 6. Februar 2009 sowie eine Verlängerung bis 3. Mai 2009 (Mitteilungen vom 2. Dezember 2008 und 12. Februar 2009). Gemäss Schlussbericht der Abteilung Eingliederungsmanagement der IV-Stelle Bern vom 19. Juni 2009 wurde die berufliche Eingliederung auf den 1. Mai 2009 beendet. Im Arbeitstraining habe sich gezeigt, dass P.________ für
eine nachhaltig wirkende Anstellung in der freien Wirtschaft zu wenig stabil sei. Weitere berufliche Massnahmen seien in der jetzigen Situation nicht sinnvoll.
Nach Einholung eines Untersuchungsberichts des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) (Dr. med. R.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 19. November 2009) stellte die IV-Stelle P.________ mit Vorbescheid vom 30. November 2009 die Abweisung des Leistungsbegehrens betreffend einer Rente in Aussicht (Invaliditätsgrad von 6 %). Mit Einwand vom 15. Dezember 2009 beantragte P.________ die Wiederaufnahme von beruflichen Integrationsmassnahmen. Darauf gewährte die IV-Stelle mit Mitteilung vom 8. Januar 2010 Beratung und Unterstützung bei der Stellensuche. Mit Verfügung vom 29. Januar 2010 wies sie das Leistungsbegehren betreffend einer Rente ab.

B.
Die dagegen von P.________ mit dem Begehren auf Zusprechung einer ganzen Rente erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 11. November 2010 ab.

C.
P.________ reicht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein und beantragt Aufhebung des angefochtenen Entscheides; es sei festzustellen, dass er aus invaliditätsbedingten Gründen auf dem offenen Arbeitsmarkt nicht arbeitsfähig sei; die IV-Stelle sei zu verpflichten, über die Leistungsansprüche (berufliche Massnahmen, Rente) neu zu entscheiden.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 82 Grundsatz - Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden:
a  gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts;
b  gegen kantonale Erlasse;
c  betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen sowie betreffend Volkswahlen und -abstimmungen.
. BGG) kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
1    Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
2    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.87
BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.96
BGG).

2.
Die Vorinstanz hat die massgebenden Bestimmungen und die Rechtsprechung zur Invalidität erwerbstätiger Versicherter (Art. 8 Abs. 1
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 8 Invalidität - 1 Invalidität ist die voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde ganze oder teilweise Erwerbsunfähigkeit.
1    Invalidität ist die voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde ganze oder teilweise Erwerbsunfähigkeit.
2    Nicht erwerbstätige Minderjährige gelten als invalid, wenn die Beeinträchtigung ihrer körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit voraussichtlich eine ganze oder teilweise Erwerbsunfähigkeit zur Folge haben wird.12
3    Volljährige, die vor der Beeinträchtigung ihrer körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit nicht erwerbstätig waren und denen eine Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, gelten als invalid, wenn eine Unmöglichkeit vorliegt, sich im bisherigen Aufgabenbereich zu betätigen. Artikel 7 Absatz 2 ist sinngemäss anwendbar.13 14
ATSG), zum Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 2
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 28 Grundsatz - 1 Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
1    Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
a  ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können;
b  während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG205) gewesen sind; und
c  nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid (Art. 8 ATSG) sind.
1bis    Eine Rente nach Absatz 1 wird nicht zugesprochen, solange die Möglichkeiten zur Eingliederung im Sinne von Artikel 8 Absätze 1bis und 1ter nicht ausgeschöpft sind.206
2    ...207
IVG), zur Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 28a Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 28a - 1 Die Bemessung des Invaliditätsgrades von erwerbstätigen Versicherten richtet sich nach Artikel 16 ATSG210. Der Bundesrat umschreibt die zur Bemessung des Invaliditätsgrades massgebenden Erwerbseinkommen sowie die anwendbaren Korrekturfaktoren.211
1    Die Bemessung des Invaliditätsgrades von erwerbstätigen Versicherten richtet sich nach Artikel 16 ATSG210. Der Bundesrat umschreibt die zur Bemessung des Invaliditätsgrades massgebenden Erwerbseinkommen sowie die anwendbaren Korrekturfaktoren.211
2    Bei nicht erwerbstätigen Versicherten, die im Aufgabenbereich tätig sind und denen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, wird für die Bemessung des Invaliditätsgrades in Abweichung von Artikel 16 ATSG darauf abgestellt, in welchem Masse sie unfähig sind, sich im Aufgabenbereich zu betätigen.212
3    Bei Versicherten, die nur zum Teil erwerbstätig sind oder die unentgeltlich im Betrieb des Ehegatten oder der Ehegattin mitarbeiten, wird der Invaliditätsgrad für diesen Teil nach Artikel 16 ATSG festgelegt. Waren sie daneben auch im Aufgabenbereich tätig, so wird der Invaliditätsgrad für diese Tätigkeit nach Absatz 2 festgelegt.213 In diesem Fall sind der Anteil der Erwerbstätigkeit oder der unentgeltlichen Mitarbeit im Betrieb des Ehegatten oder der Ehegattin und der Anteil der Tätigkeit im Aufgabenbereich festzulegen und der Invaliditätsgrad in beiden Bereichen zu bemessen.
IVG in Verbindung mit Art. 16
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 16 Grad der Invalidität - Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre.
ATSG), zur Aufgabe von Ärztinnen und Ärzten bei der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 256 E. 4 S. 261) sowie zum Beweiswert medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a-c S. 352 ff.) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
Streitig und zu prüfen ist, ob die IV-Stelle zu verpflichten ist, über die Leistungsansprüche (berufliche Massnahmen, Rente) neu zu entscheiden. Gerügt wird, die Vorinstanz habe den Sachverhalt sowohl in medizinischer Hinsicht wie in Bezug auf die Erwerbsfähigkeit offensichtlich unrichtig festgestellt. Streitgegenstand bildet dabei nur der Rentenanspruch, weil vor Bundesgericht keine neuen Anträge gestellt werden können (Art. 99 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 99 - 1 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
1    Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
2    Neue Begehren sind unzulässig.
BGG).

4.
4.1 Zu der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit in medizinischer Hinsicht wird in der Beschwerde angeführt, es sei ausschliesslich der Untersuchungsbericht des RAD-Arztes Dr. med. R.________ vom 19. No-vember 2009 als massgebend erachtet worden. Dieser stehe in deutlichem Widerspruch zu den Beurteilungen durch den behandelnden Arzt Dr. med. N.________ und die UPD, welche sich beide auf eine wesentlich längere Beobachtung und Erfahrung gestützt hätten. Deren Einschätzungen seien entgegen der Vorinstanz nicht ausschliesslich mit den subjektiven Wahrnehmungen des Beschwerdeführers begründet worden. Ihre Schlussfolgerungen hätten sich auf fachärztliche Kriterien gestützt. Aufgrund der Erfahrungen im A.________-Programm und der Psychotherapie-Tagesklinik der UPD sei aus fachärztlicher Sicht die Diagnose einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F60.5) gestellt worden. Die Vorinstanz habe sich damit zu Unrecht nicht auseinandergesetzt und sich stattdessen auf die vom RAD-Arzt Dr. med. R.________ gestellte Diagnose von akzentuierten Persönlichkeitsstörungen (ICD-10 Z73.1) gestützt und diese aufgrund der Rechtsprechung als nicht invalidisierend eingestuft.

4.2 Dazu hat die Vorinstanz mit Recht auf die in BGE 135 V 254 (Urteil 9C 204/2009 vom 6. Juli 2009) nicht publizierte E. 3.3.2 verwiesen, wonach gemäss Art. 59 Abs. 2bis
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 59 Organisation und Verfahren - 1 Die IV-Stellen haben sich so zu organisieren, dass sie ihre Aufgaben nach Artikel 57 unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und der Weisungen des Bundes fachgerecht und effizient durchführen können.330
1    Die IV-Stellen haben sich so zu organisieren, dass sie ihre Aufgaben nach Artikel 57 unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und der Weisungen des Bundes fachgerecht und effizient durchführen können.330
2    ...331
2bis    ...332
3    Die IV-Stellen können Spezialisten der privaten Invalidenhilfe, Experten, medizinische und berufliche Abklärungsstellen, Fachstellen für die Integration von Ausländerinnen und Ausländern, Vermittlungsstellen für interkulturelles Übersetzen sowie Dienste anderer Sozialversicherungsträger beiziehen.333
4    Die IV-Stellen können mit anderen Versicherungsträgern und den Organen der öffentlichen Sozialhilfe Vereinbarungen über den Beizug der regionalen ärztlichen Dienste abschliessen.334
5    Zur Bekämpfung des ungerechtfertigten Leistungsbezugs können die IV-Stellen Spezialisten beiziehen.335
6    Die IV-Stellen berücksichtigen im Rahmen ihrer Leistungen die sprachlichen, sozialen und kulturellen Besonderheiten der Versicherten, ohne dass diese einen Rechtsanspruch auf eine besondere Leistung ableiten können.336
IVG die regionalen ärztlichen Dienste die für die Invalidenversicherung nach Artikel 6
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 6 Arbeitsunfähigkeit - Arbeitsunfähigkeit ist die durch eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit bedingte, volle oder teilweise Unfähigkeit, im bisherigen Beruf oder Aufgabenbereich zumutbare Arbeit zu leisten.9 Bei langer Dauer wird auch die zumutbare Tätigkeit in einem anderen Beruf oder Aufgabenbereich berücksichtigt.
ATSG massgebende funktionelle Leistungsfähigkeit der Versicherten festsetzen, eine zumutbare Erwerbstätigkeit oder Tätigkeit im Aufgabenbereich auszuüben. Nach Art. 49
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV)
IVV Art. 49 Aufgaben - 1 Die regionalen ärztlichen Dienste beurteilen die medizinischen Voraussetzungen des Leistungsanspruchs. Die geeigneten Prüfmethoden können sie im Rahmen ihrer medizinischen Fachkompetenz und der allgemeinen fachlichen Weisungen des BSV frei wählen.
1    Die regionalen ärztlichen Dienste beurteilen die medizinischen Voraussetzungen des Leistungsanspruchs. Die geeigneten Prüfmethoden können sie im Rahmen ihrer medizinischen Fachkompetenz und der allgemeinen fachlichen Weisungen des BSV frei wählen.
1bis    Bei der Festsetzung der funktionellen Leistungsfähigkeit (Art. 54a Abs. 3 IVG) ist die medizinisch attestierte Arbeitsfähigkeit in der bisherigen Tätigkeit und für angepasste Tätigkeiten unter Berücksichtigung sämtlicher physischen, psychischen und geistigen Ressourcen und Einschränkungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht zu beurteilen und zu begründen.271
2    Die regionalen ärztlichen Dienste können bei Bedarf selber ärztliche Untersuchungen von Versicherten durchführen. Sie halten die Untersuchungsergebnisse schriftlich fest.
3    Sie stehen den IV-Stellen der Region beratend zur Verfügung.
IVV beurteilen sie die medizinischen Voraussetzungen des Leistungsanspruchs. Die geeigneten Prüfmethoden können sie im Rahmen ihrer medizinischen Fachkompetenz und der allgemeinen fachlichen Weisungen des Bundesamtes frei wählen (Abs. 1). Die regionalen ärztlichen Dienste können bei Bedarf selber ärztliche Untersuchungen von Versicherten durchführen. Sie halten die Untersuchungsergebnisse schriftlich fest (Abs. 2). Sofern die RAD-Untersuchungsberichte den Anforderungen an ein ärztliches Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352) genügen, auch hinsichtlich der erforderlichen ärztlichen Qualifikationen (Urteil I 142/07 vom 20. November 2007 E. 3.2.3), haben sie einen vergleichbaren Beweiswert wie ein anderes Gutachten (Urteil 9C 204/2009 vom 6. Juli 2009 E. 3.3.2 mit zahlreichen Hinweisen).

4.3 Der RAD-Bericht vom 19. November 2009 stellt einen Bericht nach Art. 49 Abs. 2
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV)
IVV Art. 49 Aufgaben - 1 Die regionalen ärztlichen Dienste beurteilen die medizinischen Voraussetzungen des Leistungsanspruchs. Die geeigneten Prüfmethoden können sie im Rahmen ihrer medizinischen Fachkompetenz und der allgemeinen fachlichen Weisungen des BSV frei wählen.
1    Die regionalen ärztlichen Dienste beurteilen die medizinischen Voraussetzungen des Leistungsanspruchs. Die geeigneten Prüfmethoden können sie im Rahmen ihrer medizinischen Fachkompetenz und der allgemeinen fachlichen Weisungen des BSV frei wählen.
1bis    Bei der Festsetzung der funktionellen Leistungsfähigkeit (Art. 54a Abs. 3 IVG) ist die medizinisch attestierte Arbeitsfähigkeit in der bisherigen Tätigkeit und für angepasste Tätigkeiten unter Berücksichtigung sämtlicher physischen, psychischen und geistigen Ressourcen und Einschränkungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht zu beurteilen und zu begründen.271
2    Die regionalen ärztlichen Dienste können bei Bedarf selber ärztliche Untersuchungen von Versicherten durchführen. Sie halten die Untersuchungsergebnisse schriftlich fest.
3    Sie stehen den IV-Stellen der Region beratend zur Verfügung.
IVV dar. Er wurde von einem Facharzt erstellt, welcher Kenntnis aller relevanten medizinischen Akten hatte und eine eigene Untersuchung durchführte. Unabhängig von der Frage, ob der Bericht als Gutachten im Sinne von Art. 44
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 44 Gutachten - 1 Erachtet der Versicherungsträger im Rahmen von medizinischen Abklärungen ein Gutachten als notwendig, so legt er je nach Erfordernis eine der folgenden Arten fest:
1    Erachtet der Versicherungsträger im Rahmen von medizinischen Abklärungen ein Gutachten als notwendig, so legt er je nach Erfordernis eine der folgenden Arten fest:
a  monodisziplinäres Gutachten;
b  bidisziplinäres Gutachten;
c  polydisziplinäres Gutachten.
2    Muss der Versicherungsträger zur Abklärung des Sachverhaltes ein Gutachten bei einem oder mehreren unabhängigen Sachverständigen einholen, so gibt er der Partei deren Namen bekannt. Diese kann innert zehn Tagen aus den Gründen nach Artikel 36 Absatz 1 Sachverständige ablehnen und Gegenvorschläge machen.
3    Mit der Bekanntgabe der Namen stellt der Versicherungsträger der Partei auch die Fragen an den oder die Sachverständigen zu und weist sie auf die Möglichkeit hin, innert der gleichen Frist Zusatzfragen in schriftlicher Form einzureichen. Der Versicherungsträger entscheidet abschliessend über die Fragen an den oder die Sachverständigen.
4    Hält der Versicherungsträger trotz Ablehnungsantrag an den vorgesehenen Sachverständigen fest, so teilt er dies der Partei durch Zwischenverfügung mit.
5    Bei Gutachten nach Absatz 1 Buchstaben a und b werden die Fachdisziplinen vom Versicherungsträger, bei Gutachten nach Absatz 1 Buchstabe c von der Gutachterstelle abschliessend festgelegt.
6    Sofern die versicherte Person es nicht anders bestimmt, werden die Interviews in Form von Tonaufnahmen zwischen der versicherten Person und dem Sachverständigen erstellt und in die Akten des Versicherungsträgers aufgenommen.
7    Der Bundesrat:
a  kann für Gutachten nach Absatz 1 die Art der Vergabe des Auftrages an eine Gutachterstelle regeln;
b  erlässt Kriterien für die Zulassung von medizinischen und neuropsychologischen Sachverständigen für alle Gutachten nach Absatz 1;
c  schafft eine Kommission mit Vertreterinnen und Vertretern der verschiedenen Sozialversicherungen, der Gutachterstellen, der Ärzteschaft, der Neuropsychologinnen und Neuropsychologen, der Wissenschaft sowie der Patienten- und Behindertenorganisationen, welche die Zulassung als Gutachterstelle, das Verfahren zur Gutachtenerstellung und die Ergebnisse der medizinischen Gutachten überwacht. Die Kommission spricht öffentliche Empfehlungen aus.
ATSG zu qualifizieren ist, hat die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, wenn sie ihm Beweiswert zuerkannte und darauf abstellte und ihn den verschiedenen Berichten des behandelnden Arztes Dr. med. N.________, dem UPD-Austrittsbericht (vom 28. Dezember 2009) und dem Zwischen- und Schlussbericht Eingliederungsmanagement (28. Januar und 29. Juni 2009) vorgezogen hat. Eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung oder eine Rechtsverletzung liegen in diesem Punkt nicht vor. Dr. med. R.________ fasste die für den Beschwerdeführer definierten Zumutbarkeitsprofile der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus und den akzentuierten anankastischen (zwanghaften) Persönlichkeitszügen wie folgt zusammen: "Der erlernte Beruf als Koch ist nur noch möglich, wenn der Versicherte diesen Beruf alleine durchführen kann oder in einem möglichst kleinen, wohlwollenden Team. Eine Arbeit in einer Grossküche mit viel
Arbeitsstress und Zeitdruck ist dagegen nicht mehr möglich. Die zuletzt durchgeführte Tätigkeit als Mitarbeiter im Bereich Gemüse und Obst in einem Tiefkühllager ist auch nicht mehr möglich wegen der in einem solchen Betrieb möglichen und in der Realität aufgetretenen zwischenmenschlichen Konflikte. Eine solche Arbeit wäre für den Versicherten ebenfalls möglich, wenn er sie alleine oder in einem möglichst kleinen, wohlwollenden Team durchführen könnte. Für diese beiden Tätigkeiten gilt ebenfalls die um 20 % eingeschränkte Leistungsfähigkeit." Der allgemeine Arbeitsmarkt (Art. 16
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 16 Grad der Invalidität - Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre.
ATSG; BGE 110 V 273 E. 4b S. 276; ZAK 1991 S. 318; Urteil 9C 538/2010 vom 30. Dezember 2010 E. 2.2) bietet eine ausreichende Anzahl diesem Zumutbarkeitsprofil entsprechender Beschäftigungen.

5.
Wenn es nach dem Gesagten bundesrechtskonform beim Zumutbarkeitsprofil gemäss der Beurteilung des RAD-Arztes Dr. med. R.________ bleibt, erübrigen sich Erörterungen zum beanstandeten Valideneinkommen, da sich selbst bei Annahme des in der vorinstanzlichen Beschwerde höchstgenannten Lohnes von Fr. 72'800.- (gelernter Koch mit 20-jähriger Berufserfahrung mit Führungsfunktion gemäss Landesgesamtarbeitsvertrag des Gastgewerbes) mit einem Invaliditätsgrad von gerundet 33 % kein Rentenanspruch ergeben würde (Valideneinkommen von Fr. 72'800.- ./. Invalideneinkommen von Fr. 49'106.25 = Einkommenseinbusse von Fr. 23'693.75 = 32,54 %).

6.
Dem Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege ist stattzugeben, da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 64 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 64 Unentgeltliche Rechtspflege - 1 Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
1    Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
2    Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt das Bundesgericht der Partei einen Anwalt oder eine Anwältin. Der Anwalt oder die Anwältin hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung aus der Gerichtskasse, soweit der Aufwand für die Vertretung nicht aus einer zugesprochenen Parteientschädigung gedeckt werden kann.
3    Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entscheidet die Abteilung in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen. Vorbehalten bleiben Fälle, die im vereinfachten Verfahren nach Artikel 108 behandelt werden. Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann die unentgeltliche Rechtspflege selbst gewähren, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind.
4    Die Partei hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist.
BGG). Der Beschwerdeführer wird jedoch darauf hingewiesen, dass er der Gerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn er später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 64 Unentgeltliche Rechtspflege - 1 Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
1    Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
2    Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt das Bundesgericht der Partei einen Anwalt oder eine Anwältin. Der Anwalt oder die Anwältin hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung aus der Gerichtskasse, soweit der Aufwand für die Vertretung nicht aus einer zugesprochenen Parteientschädigung gedeckt werden kann.
3    Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entscheidet die Abteilung in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen. Vorbehalten bleiben Fälle, die im vereinfachten Verfahren nach Artikel 108 behandelt werden. Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann die unentgeltliche Rechtspflege selbst gewähren, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind.
4    Die Partei hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 28. Januar 2011

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Schmutz
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 9C_1053/2010
Date : 28. Januar 2011
Published : 15. Februar 2011
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Invalidenversicherung
Subject : Invalidenversicherung


Legislation register
ATSG: 6  8  16  44
BGG: 64  82  95  97  99  105
IVG: 28  28a  59
IVV: 49
BGE-register
110-V-273 • 125-V-256 • 125-V-351 • 135-V-254
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