Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung III

C-5556/2014

Urteil vom 28. Mai 2015

Richterin Ruth Beutler (Vorsitz),

Besetzung Richter Yannick Antoniazza-Hafner,
Richterin Jenny de Coulon Scuntaro,

Gerichtsschreiber Kilian Meyer.

X._______,
Parteien
vertreten durch A._______,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration SEM,
Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Einreiseverbot.

Sachverhalt:

A.
Der Beschwerdeführer (geb. 1981, bosnischer Staatsangehöriger) wurde am 18. August 2014 von der Polizei kontrolliert, als er einen Personenwagen der Firma C._______ seines Kollegen A._______ lenkte. Gegenüber der Polizei sagte der Beschwerdeführer aus, er sei in den Ferien und bringe für seinen Kollegen Briefe auf die Post (vgl. SEM act. 1 S. 5). Am 28. August 2014 fand in der Firma C._______ in P._______ eine Polizeikontrolle statt. Der Beschwerdeführer war anwesend, konnte jedoch keine Arbeitsbewilligung vorweisen. Anlässlich der polizeilichen Einvernahme sagte er u.a. aus, dass er seit dem Jahr 2012 immer wieder in die Schweiz komme, um Autos und Occasionsteile zu kaufen, mit denen er in seiner Heimat handle. Er arbeite selbstständig und habe in der Firma seines Kollegen A._______ «zwischendurch geholfen», aber nicht gearbeitet. Auch in B._______s Firma habe er zwischendurch geholfen, aber «nichts extremes» (vgl. SEM act. 1 S. 3 ff.). Das Amt für Migration und Zivilrecht des Kantons Graubünden wies den Beschwerdeführer mit Verfügung vom 29. August 2014 aus der Schweiz weg und setzte ihm eine eintägige Ausreisefrist. Zur Begründung wurde ausgeführt, er habe ohne Bewilligung eine Erwerbstätigkeit aufgenommen.

B.
Das Bundesamt für Migration (BFM; neu: SEM) verfügte am 29. August 2014 gegen den Beschwerdeführer ein dreijähriges Einreiseverbot. Zur Begründung wurde ausgeführt, er reise seit dem Jahr 2012 regelmässig in die Schweiz ein, um Autos und Occasionsteile in sein Heimatland zu exportieren. Er sei in der Schweiz erwerbstätig gewesen, ohne im Besitz der erforderlichen ausländerrechtlichen Bewilligung zu sein, und habe auf diese Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstossen. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer darüber informiert, dass das Einreiseverbot zu einer Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS II) führt und damit ein Einreiseverbot für das gesamte Gebiet der Schengen-Staaten bewirkt (vgl. SEM act. 2 f. S. 6 ff.).

C.
Mit nicht unterzeichneter und undatierter Rechtsmitteleingabe (Eingang beim Bundesverwaltungsgericht am 30. September 2014 nach Weiterleitung durch das kantonale Migrationsamt) beantragt A._______ die Aufhebung des Einreiseverbots. Zur Begründung wurde vorgebracht, der Beschwerdeführer sei ab und zu in die Schweiz eingereist, dies aber aus privaten Gründen. Eventuell sei es durch den Stress bei der Kontrolle und die Sprachbarriere zu einem Missverständnis gekommen. Der Beschwerdeführer habe ohne Entgelt in unregelmässigen Abständen die Post geholt, Zügelarbeiten ausgeführt und Kinder gehütet. Das Auto sei ihm manchmal geliehen worden, zudem habe er in der Schweiz wertlose Ersatzteile mitnehmen dürfen. Die Kinderkleider und Spielsachen, die man ihm mitgegeben habe, seien Geschenke gewesen. Vom Beschwerdeführer gehe keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus.

D.
Das Bundesverwaltungsgericht gab A._______ mit Schreiben vom 15. Oktober 2014 Gelegenheit, die Beschwerde zu verbessern und eine Vollmacht einzureichen, um sich als Vertreter des Beschwerdeführers im Verfahren zu legitimieren. A._______ kam diesen Aufforderungen mit Eingabe vom 22. Oktober 2014 nach und stellte überdies ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege, das vom Bundesverwaltungsgericht mit Zwischenverfügung vom 6. November 2014 gutgeheissen wurde.

E.
Die Vorinstanz führte mit Vernehmlassung vom 4. Dezember 2014 aus, aus Gründen der Verhältnismässigkeit habe man das Einreiseverbot auf die Dauer von zwei Jahren beschränkt (neu: gültig bis 29. August 2016). Im Übrigen beantrage man die Abweisung der Beschwerde.

F.
Der Beschwerdeführer wurde mit Strafbefehl der Zweigstelle Z._______ der Staatsanwaltschaft Graubünden vom 26. März 2015 der mehrfachen Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung gemäss Art. 115 Abs. 1 Bst. c AuG schuldig gesprochen und mit einer bedingten Geldstrafe von 45 Tagessätzen sowie einer Busse von Fr. 500.- bestraft. Mit gleichentags erlassenen Strafbefehlen wurden A._______ und sein Bruder B._______ der mehrfachen Beschäftigung von Ausländern ohne Bewilligung gemäss Art. 117 Abs. 1 AuG schuldig gesprochen und je mit einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen sowie einer Busse von Fr. 500.- bestraft (vgl. Akten der Staatsanwaltschaft Graubünden [StA GR act.], Dossier 1).

G.
Auf den weiteren Akteninhalt wird, soweit erheblich, in den Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Vom SEM erlassene Einreiseverbote sind mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht anfechtbar (Art. 5 VwVG; Art. 31 ff . VGG). Das Rechtsmittelverfahren richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).

1.2 Der Beschwerdeführer ist als Verfügungsadressat zur Beschwerde legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die frist- und formgerecht eingereichte - bzw. innert angesetzter Frist verbesserte (vgl. Sachverhalt Bst. C u. Bst. D) - Beschwerde ist einzutreten (Art. 50 und 52 VwVG).

1.3 Die Vorinstanz hat ursprünglich ein dreijähriges Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen, diese Fernhaltemassnahme wiedererwägungsweise auf die Dauer von zwei Jahren reduziert. Soweit die Beschwerde dadurch nicht gegenstandslos geworden ist - beantragt wird die gänzliche Aufhebung des Einreiseverbots - bleibt der Rechtsstreit aufrechterhalten (vgl. Art. 58 Abs. 3 VwVG).

1.4 Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in der vorliegenden Angelegenheit endgültig (Art. 83 Bst. c Ziff. 1 BGG).

2.
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann vorliegend die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes sowie die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Massgebend ist grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt seines Entscheides (vgl. BVGE 2014/1 E. 2 m.H.).

3.

3.1 Das SEM kann Einreiseverbote gegen ausländische Personen erlassen, die gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen haben oder diese gefährden (Art. 67 Abs. 2 Bst. a AuG). Die «öffentliche Sicherheit und Ordnung» bildet den Oberbegriff für die Gesamtheit der polizeilichen Schutzgüter; sie umfasst u.a. die Unverletzlichkeit der objektiven Rechtsordnung und der Rechtsgüter Einzelner. Ein Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung liegt insbesondere vor, wenn gesetzliche Vorschriften missachtet werden (Art. 80 Abs. 1 Bst. a der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE, SR 142.201]); darunter fallen u.a. auch Widerhandlungen gegen das Ausländerrecht. Eine Gefährdung liegt vor, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Aufenthalt der betroffenen Person in der Schweiz mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu einem Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung führt (Art. 80 Abs. 2 VZAE). Die Verhängung eines Einreiseverbots knüpft an das Bestehen eines Risikos einer künftigen Gefährdung an. Bei der Prognosestellung ist naturgemäss in erster Linie das vergangene Verhalten der betroffenen Person zu berücksichtigen (vgl. Urteil des BVGer C 2406/2014 vom 19. Februar 2015 E. 4.2 m.H.).

3.2 Wird gegen eine Person, die nicht das Bürgerrecht eines EU-Mitgliedstaates besitzt, ein Einreiseverbot verhängt, so wird sie nach Massgabe der Bedeutung des Falles im Schengener Informationssystem (SIS II) zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben (vgl. Art. 21 u. Art. 24 der Verordnung [EG] Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation [SIS-II-VO, ABl. L 381/4 vom 28.12.2006]). Damit wird dem Betroffenen grundsätzlich die Einreise in das Hoheitsgebiet aller Schengen-Staaten verboten (vgl. Art. 5 Abs. 1 Bst. d sowie Art. 13 Abs. 1 der Verordnung [EG] Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenze durch Personen [Schengener Grenzkodex, SGK, ABl. L 105/1 vom 13.4.2006]). Die Mitgliedstaaten können dem Betroffenen aus wichtigen Gründen oder aufgrund internationaler Verpflichtungen die Einreise gestatten bzw. ihm ein Visum mit räumlich beschränkter Gültigkeit ausstellen (vgl. Art. 13 Abs. 1 der Verordnung [EG] Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft [Visakodex], ABl. L 243/1 vom 15.9.2009 i.V.m Art. 5 Abs. 4 Bst. c SGK; Art. 25 Abs. 1 Bst. a Ziff. ii Visakodex).

4.

4.1 Die Vorinstanz stützt das wiedererwägungsweise auf die Dauer von zwei Jahren befristete Einreiseverbot (vgl. Sachverhalt Bst. E) allgemein auf Art. 67 AuG und führt zur Begründung aus, der Beschwerdeführer sei in der Schweiz ohne Bewilligung erwerbstätig gewesen und habe damit gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstossen (Art. 67 Abs. 2 Bst. a AuG). Der Beschwerdeführer bestreitet diesen Vorwurf und führt aus, er sei aus rein privaten Gründen in der Schweiz gewesen und nicht um zu arbeiten. Er habe einzig auf freundschaftlicher Basis und ohne Bezahlung einige Tätigkeiten ausgeführt (vgl. Sachverhalt Bst. C).

4.2 Der Beschwerdeführer wurde am 26. März 2015 der mehrfachen Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung gemäss Art. 115 Abs. 1 Bst. c AuG schuldig gesprochen (vgl. Sachverhalt Bst. F). Die Staatsanwaltschaft führte zur Begründung aus, der Beschwerdeführer sei von Januar 2012 bis August 2014 wiederholt in die Schweiz eingereist und habe bei seinen jeweiligen Aufenthalten gegen Kost und Logis kleinere Arbeiten für die Unternehmungen der Gebrüder A._______ und B._______ ausgeführt, ohne über eine entsprechende Arbeitsbewilligung zu verfügen. Zudem habe er Occasionsautos und Fahrzeugteile erworben, um diese in seiner Heimat weiterzuverkaufen. Diese (gemäss telefonischer Auskunft der Staatsanwaltschaft Graubünden rechtskräftige) strafrechtliche Verurteilung ist im vorliegenden verwaltungsrechtlichen Verfahren zwar grundsätzlich nicht bindend. Der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung gebietet indessen, widersprüchliche Entscheide zu vermeiden, weshalb nicht ohne Not von den tatsächlichen Feststellungen der Strafbehörden abzuweichen ist (vgl. BVGE 2013/33 E. 4.3; BGE 136 II 447 E. 3.1 je m.H.).

4.3 Gemäss Art. 11 Abs. 1 AuG benötigen Ausländer, die in der Schweiz eine Erwerbstätigkeit ausüben wollen, eine Bewilligung. Als Erwerbstätigkeit gilt hierbei jede üblicherweise gegen Entgelt ausgeübte unselbstständige oder selbstständige Tätigkeit, selbst wenn sie unentgeltlich erfolgt (Art. 11 Abs. 2 AuG). Als unselbstständige Erwerbstätigkeit gilt jede Tätigkeit für einen Arbeitgeber mit Sitz in der Schweiz oder im Ausland, wobei es ohne Belang ist, ob der Lohn im In- oder Ausland ausbezahlt wird und eine Beschäftigung nur stunden- oder tageweise oder vorübergehend ausgeübt wird (Art. 1a Abs. 1 VZAE).

4.4 Aufgrund der vorliegenden Akten besteht kein Anlass, von der Einschätzung der Strafbehörden abzuweichen. Der Beschwerdeführer hat eingeräumt, dass er sowohl A._______ als auch B._______ «zwischendurch geholfen» habe (vgl. SEM act. 1 S. 3). Dass es im Rahmen der polizeilichen Einvernahme zu Missverständnissen gekommen sein könnte (vgl. Sachverhalt Bst. C), ist auszuschliessen. Der Beschwerdeführer verzichtete auf den Beizug eines Anwalts und führte aus, er verstehe sehr gut Deutsch, weil er von 1992 bis 1998 in der Schweiz gelebt habe (vgl. SEM act.1 S. 5). K.______, ein Angestellter von A._______, sagte gegenüber der Polizei aus, der Beschwerdeführer sei ihm ab und zu zur Hand gegangen, zum Beispiel, um ein Getriebe herauszunehmen. Ob ein Lohn bezahlt worden sei, wisse er nicht (vgl. StA GR act., Dossier 5, Nr. 3, S. 2.). A._______ sagte aus, der Beschwerdeführer habe ihm beim Umzug geholfen und zu den Kindern geschaut. Er habe sowohl in seiner Garage als auch im Spritzwerk seines Bruders B._______ kleine Arbeiten ausgeführt, z.B etwas abgeschliffen, ein Auto geputzt oder Botengänge erledigt. Ein Lohn sei ihm nicht ausbezahlt worden. Es habe Sandwich und Kaffee gegeben, man habe ihm die Wäsche gemacht und ihm ein Auto zur Verfügung gestellt und das Benzin bezahlt. Zu Hause habe der Beschwerdeführer absolut nichts, so habe er «wenigstens Kost und Logis». So könne er ihm wenigstens etwas helfen. Der Beschwerdeführer nehme auch sehr dankbar gebrauchte Kleider für sein Kind mit nach Hause. Er habe ihm auch altes Werkzeug, alte Ersatzteile und alte Autos geschenkt, so müsse er diese Ware nicht entsorgen. Das Hotelzimmer habe er reserviert und bezahlt, die Kosten müsse der Beschwerdeführer ihm jedoch begleichen (vgl. StA GR act., Dossier 5, Nr. 5, S. 1 ff.).

4.5 Der Beschwerdeführer und sein Vertreter A._______ verweisen in glaubhafter Weise auf ihr freundschaftliches Verhältnis. A._______ gewährte dem Beschwerdeführer Kost und Logis und verschaffte ihm durch die Überlassung von Ersatzteilen und Autos die Möglichkeit, in der Heimat einen Verdienst zu erzielen. Es handelte sich indes nicht um ein einseitiges Verhältnis, zumal die Arbeiten, welche der Beschwerdeführer erledigte (E. 4.3.1), den Rahmen von Gefälligkeitshandlungen sprengten. Eine Ausnahmesituation, wo der Erwerbscharakter durch eine besondere verwandtschaftliche oder emotionale Nähe in den Hintergrund gedrängt wird, liegt nicht vor (vgl. dazu Urteil des BVGer C-447/2013 vom 31. Januar 2014 E. 5.2.2 m.H.). Die vom Beschwerdeführer erledigten Tätigkeiten - insb. die Arbeiten in der Garage - werden üblicherweise gegen Entgelt vorgenommen, weshalb sogar dann eine Bewilligungspflicht bestanden hätte, wenn sie unentgeltlich erfolgt wären (Art. 11 Abs. 2 AuG). Dies war hier indessen nicht der Fall, hat A._______ doch - wie er anlässlich der polizeilichen Einvernahme selber ausführte - Kost und Logis übernommen (vgl. StA GR act., Dossier 5, Nr. 5, S. 2). Ob dem Beschwerdeführer daneben ein weiteres Entgelt ausgerichtet wurde, bzw. ob die ihm überlassenen alten Werkzeuge, Ersatzteile und Autos als Entgelt zu qualifizieren sind, ist im Ergebnis nicht von Bedeutung (vgl. Urteil des BVGer C 6693/2011 vom 1. März 2013 E. 4.1 m.H.) und kann offen bleiben. Ebenfalls nicht entscheidend ist, dass die Beschäftigung nur vorübergehend ausgeübt wurde (Art. 1a Abs. 1 VZAE), wobei festzuhalten ist, dass der Beschwerdeführer gemäss eigener Aussage seit dem Jahr 2012 «immer wieder» in die Schweiz gekommen ist (vgl. StA GR act., Dossier 5, Nr. 2, S. 2).

4.6 Die Staatsanwaltschaft bestrafte den Beschwerdeführer mit einer Geldstrafe, ging also davon aus, dass er vorsätzlich - d.h. mit Wissen und Willen - ausländerrechtliche Bestimmungen verletzt hat (vgl. Art. 12 Abs. 2 f . StGB sowie Art. 115 Abs. 1 Bst. c i.V.m. Art. 115 Abs. 3 AuG). Selbst wenn man lediglich von einem fahrlässigen Handeln des Beschwerdeführers ausginge - zumindest eine Sorgfaltspflichtverletzung ist ihm zuzurechnen, weil er sich über bestehende Rechte und Pflichten ins Bild hätte setzen müssen - bestünde hinreichender Anlass zum Erlass einer Fernhaltemassnahme (vgl. Urteil C-447/2013 E. 5.2.3 m.H.).

4.7 Der Beschwerdeführer ist somit durch seine Tätigkeiten für A._______ und B._______ einer Erwerbstätigkeit nachgegangen, ohne im Besitz der hierfür erforderlichen Bewilligung zu sein (vgl. Art. 115 Abs. 1 Bst. c i.V.m. Art. 11 AuG und Art. 1a Abs. 1 VZAE). Es kann daher offen bleiben, ob seine weiteren Aktivitäten (vgl. SEM act. 1 S. 4: «Ich kaufe Autos und bringe diese jeweils in meine Heimat») als bewilligungspflichtige selbstständige Erwerbstätigkeit zu qualifizieren sind. Dies würde voraussetzen, dass er im Sinne von Art. 2 Abs. 1 VZAE «gegen aussen in Erscheinung» getreten wäre (vgl. dazu Philipp Gremper, in: Uebersax et al. [Hrsg.], Ausländerrecht, 2. Aufl. 2009, N. 18.2 ff. m.H.).

4.8 Der Beschwerdeführer hat durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstossen und damit hinreichenden Anlass für die Verhängung eines Einreiseverbotes gegeben (vgl. Art. 67 Abs. 2 Bst. a AuG; Art. 80 Abs. 1 Bst. a VZAE; E. 3.1). Mit Bezug auf sein Vorbringen, von ihm gehe keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung aus, ist erstens festzuhalten, dass das Einreiseverbot auch der Gefahrenabwehr durch Generalprävention im Sinne der Einwirkung auf andere Rechtsgenossen dient (vgl. Urteil des BVGer C-5232/2014 vom 18. März 2015 E. 4.2 m.H.). Zweitens ist aus dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers auf eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu schliessen (vgl. E. 3.1), d.h. das Einreiseverbot hat auch spezialpräventiven Charakter, um einer weiteren illegalen Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers und damit einer weiteren Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entgegenzuwirken (vgl. Urteil C-447/2013 E. 6.2).

5.

5.1 Zu prüfen bleibt, ob die Vorinstanz im Rahmen der Ermessensausübung richtigerweise nicht vom Erlass eines Einreiseverbots abgesehen hat, und - falls diese Frage bejaht wird - welche Dauer des Einreiseverbots angemessen ist. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit steht bei dieser Prüfung im Vordergrund. Es ist eine wertende Abwägung vorzunehmen zwischen dem öffentlichen Interesse an der Massnahme einerseits und den von der Massnahme beeinträchtigten privaten Interessen andererseits. Die Stellung der verletzten oder gefährdeten Rechtsgüter, die Besonderheiten des ordnungswidrigen Verhaltens und die persönlichen Verhältnisse des Verfügungsbelasteten bilden dabei den Ausgangspunkt der Überlegungen (vgl. statt vieler Häfelin/Müller/Uhlmann,Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, Rz. 613 ff.).

5.2 Der Beschwerdeführer ging in der Schweiz ohne Bewilligung einer Erwerbstätigkeit nach und wurde deshalb weggewiesen (vgl. Sachverhalt Bst. A). Aus dem von ihm manifestierten Verhalten ist auf eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu schliessen (vgl. E. 4.8). Das Einreiseverbot soll einer weiteren illegalen Erwerbstätigkeit in der Schweiz entgegenzuwirken und künftigen Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entgegenwirken. Zu berücksichtigen ist hierbei auch, dass den ausländerrechtlichen Normen im Interesse einer funktionierenden Rechtsordnung eine hohe Bedeutung zukommt. Namentlich das generalpräventiv motivierte Interesse, die ausländerrechtliche Ordnung durch eine konsequente Massnahmenpraxis zu schützen, ist als gewichtig zu betrachten (zur Zulässigkeit der Berücksichtigung generalpräventiver Aspekte vgl. Urteil des BGer 2C_516/2014 vom 24. März 2015 E. 3.2 m.H.). Es besteht somit ein gewichtiges öffentliches Interesse an der Fernhaltung des Beschwerdeführers.

5.3 Den öffentlichen Interessen sind die privaten Interessen des Beschwerdeführers gegenüberzustellen. Dieser beruft sich insbesondere auf seine freundschaftliche Beziehung zur Familie von A._______ und auf enge Verbindungen zu ehemaligen Schulfreunden in der Schweiz. Diese privaten Interessen vermögen jedoch weder eine Aufhebung noch eine (weitere) Reduktion der Dauer des Einreiseverbots zu rechtfertigen. Dem Beschwerdeführer sind überdies während der Geltungsdauer der Fernhaltemassnahme (bis 29. August 2016) Besuchsaufenthalte bei ihm nahe stehenden Personen in der Schweiz nicht schlichtweg untersagt; das SEM kann die Fernhaltemassnahme auf begründetes Gesuch hin aus humanitären oder anderen wichtigen Gründen befristet suspendieren (vgl. Art. 67 Abs. 5 AuG; BVGE 2013/4 E. 7.4.3 m.H.). Im Übrigen kann er den Kontakt zu seinen Schweizer Freunden und Bekannten auch auf andere Weise als durch Besuche in der Schweiz pflegen (z.B. Briefverkehr, Telefonate, Besuche der Freunde in seinem Heimatland). Die zweijährige Dauer der Fernhaltemassnahme entspricht sodann der Praxis des Gerichts in vergleichbaren Fällen (vgl. z.B. die Urteile des BVGer C 6993/2014 vom 30. März 2015 E. 5; C-3698/2012 vom 20. Februar 2014 E. 5; C 447/2013 E. 5 f.; C 6693/2011 vom 1. März 2013 E. 5).

5.4 Das verhängte Einreiseverbot stellt somit sowohl im Grundsatz als auch hinsichtlich der (wiedererwägungsweise auf zwei Jahre reduzierten) Dauer eine verhältnismässige und angemessene Massnahme zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar. Nicht zu beanstanden ist, dass dem Beschwerdeführer die Einreise in das Hoheitsgebiet sämtlicher Schengen-Staaten verboten wurde (vgl. Art. 21 i.V.m. Art. 24 SIS-II-VO sowie BVGE 2014/20 E. 8.5 m.H.). Es bleibt den Schengen-Staaten überdies unbenommen, dem Beschwerdeführer bei Vorliegen besonderer Gründe die Einreise ins eigene Hoheitsgebiet zu gestatten (vgl. E. 3.2 sowie Art. 67 Abs. 5 AuG).

6.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit sie nicht durch Wiedererwägung gegenstandslos geworden ist (vgl. E. 1.3 sowie Sachverhalt Bst. E). Im Übrigen ist die angefochtene Verfügung nicht zu beanstanden (Art. 49 VwVG).

7.

Dem Beschwerdeführer wurde die unentgeltliche Rechtspflege gewährt; er ist daher von der Bezahlung von Verfahrenskosten befreit (vgl. Art. 63 i.V.m. Art. 65 VwVG). Ein Anspruch auf eine (gekürzte) Parteientschädigung besteht nicht, da keine verhältnismässig hohen Kosten angefallen sind (vgl. Art. 64 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 7 Abs. 2 und Abs. 4 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).

Dispositiv S. 11

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit sie nicht zufolge Wiedererwägung gegenstandslos geworden ist.

2.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil geht an:

- den Beschwerdeführer (Einschreiben)

- die Vorinstanz (Ref-Nr. [...]; Akten retour)

- Das Amt für Migration und Zivilrecht des Kantons Graubünden
(Ref-Nr. [...])

Die vorsitzende Richterin: Der Gerichtsschreiber:

Ruth Beutler Kilian Meyer

Versand:
Informazioni decisione   •   DEFRITEN
Documento : C-5556/2014
Data : 28. maggio 2015
Pubblicato : 04. giugno 2015
Sorgente : Tribunale amministrativo federale
Stato : Inedito
Ramo giuridico : Cittadinanza e diritto degli stranieri
Oggetto : Einreiseverbot


Registro di legislazione
CP: 12
LStr: 11  67  115  117
LTAF: 31  37
LTF: 83
OASA: 1a  2  80
PA: 5  48  49  50  52  58  62  63  64  65
TS-TAF: 7
Registro DTF
136-II-447
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