Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung III

C-5826/2012

Urteil vom 28. März 2013

Richter Antonio Imoberdorf (Vorsitz),

Besetzung Richterin Marianne Teuscher, Richter Jean-Daniel Dubey,

Gerichtsschreiberin Susanne Stockmeyer.

1. X._______,

2. Y._______,

Parteien vertreten durch lic. iur. Alain Joset, Advokat,

substituiert durch MLaw Silvio Bürgi,

Beschwerdeführende,

gegen

Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Einreiseverbot.

Sachverhalt:

A.
Der Beschwerdeführer, ein 1982 geborener nigerianischer Staatsangehöriger, reiste im Jahre 2003 in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch, welches das Bundesamt für Flüchtlinge (BFF; heute: Bundesamt für Migration) mit Verfügung vom 10. Juni 2003 abwies. Auf eine dagegen gerichtete Beschwerde trat die Asylrekurskommission (ARK; heute: Bundesverwaltungsgericht) nicht ein. In der Folge wurde dem Beschwerdeführer eine Frist zur Ausreise bis zum 20. Oktober 2003 gesetzt.

B.
Nachdem der Beschwerdeführer am 10. September 2004 in sein Heimatland zurückgeführt werden konnte, heiratete er dort am 15. September 2004 die in der Schweiz niedergelassene österreichische Staatsangehörige Y._______ (geb. 1963). Am 31. Dezember 2004 reiste er erneut in die Schweiz ein, woraufhin ihm in der Folge eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Ehefrau erteilt wurde. Seit dem 29. Januar 2010 war er im Besitz einer Niederlassungsbewilligung.

C.
Mit Urteil des Strafgerichts Basel-Landschaft vom 4. April 2012 wurde der Beschwerdeführer wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie qualifizierter Geldwäscherei zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten und zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à Fr. 10.- verurteilt.

D.
Das Amt für Migration des Kantons Basel-Landschaft widerrief alsdann mit Verfügung vom 9. Juli 2012 die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers und setzte die Ausreisefrist aus der Schweiz auf den Zeitpunkt der (bedingten) Entlassung aus dem Strafvollzug fest.

E.
Nachdem die Beschwerdeführerin diese Verfügung mit Rechtsmitteleingabe vom 20. Juli 2012 angefochten hatte, zog sie die Beschwerde mit Schreiben vom 20. September 2012 zurück. Das Verfahren wurde in der Folge mit Verfügung des Rechtsdienstes des Regierungsrates des Kantons Basel-Landschaft vom 21. September 2012 abgeschrieben.

F.
Mit Schreiben vom 25. September 2012 wurde dem Beschwerdeführer vom Amt für Migration des Kantons Basel-Landschaft in Bezug auf die geplante Fernhaltemassnahme das rechtliche Gehör gewährt. Dieser nahm mit Schreiben vom 3. Oktober 2012 diesbezüglich Stellung. Auch die Beschwerdeführerin äusserte sich dazu mit Eingabe vom 5. Oktober 2012.

G.
Die Vorinstanz verhängte mit Verfügung vom 9. Oktober 2012 gegen den Beschwerdeführer ein Einreiseverbot auf unbestimmte Zeit. Zur Begründung der Massnahme wurde vorgebracht, der Beschwerdeführer sei durch das Strafgericht Basel-Landschaft mit Urteil vom 4. April 2012 wegen qualifizierter Zuwiderhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz zu fünf Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe sowie 30 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt worden. Er sei über längere Zeit hinweg mit dem Handel von harten Drogen aus rein pekuniären Interessen in der Schweiz straffällig und in diesem Zusammenhang verurteilt worden. Weder die Beziehung zu seiner Ehefrau noch zu deren Sohn oder weitere migrationswichtige Anliegen hätten ihn davon abzuhalten vermocht, mit Drogen zu handeln. Es sei ihm nicht gelungen, sich in der Schweiz sozial, kulturell, wirtschaftlich und sprachlich zu integrieren. Ausländische Straftäter, die durch Verbreitung harter Drogen die Gesundheit anderer gefährden oder beeinträchtigen würden, seien daher während längerer Zeit von der Schweiz fernzuhalten. Es dürfe zudem nur ein sehr geringes Restrisiko in Kauf genommen werden. Eine Wiederholungs- und Rückfallgefahr könne aufgrund des Persönlichkeitsprofils des Beschwerdeführers nicht ausgeschlossen werden. Er müsse aufgrund seines Verhaltens aus ausländerrechtlicher Sicht über Jahre hinweg als Risikofaktor für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betrachtet werden; zudem müssten die Kosten für eine Rückschaffung nach Nigeria von der öffentlichen Hand übernommen werden. Der Erlass einer Fernhaltemassnahme nach Art. 67 Abs. 1 Bst. a des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG, SR 142.20) sei daher angezeigt. Private Interessen, die das öffentliche Interesse an künftig kontrollierten Einreisen überwiegen könnten, würden sich weder aus den Akten ergeben noch seien solche im Rahmen des rechtlichen Gehörs geltend gemacht worden. Aus wichtigen und erheblichen Gründen könnte das Einreiseverbot zu Besuchen von Familienangehörigen in der Schweiz, auf begründetes Gesuch hin, befristet suspendiert werden. Die getroffene Massnahme sei insgesamt als verhältnismässig zu erachten.

H.
Gegen diese Verfügung gelangten die Beschwerdeführenden mit Rechtsmitteleingabe vom 8. November 2012 an das Bundesverwaltungsgericht und beantragen die Befristung des Einreiseverbots auf drei Jahre und dessen Beschränkung auf das schweizerische und liechtensteinische Gebiet. Auf eine Ausschreibung der Fernhaltemassnahme im Schengener Informationssystem (SIS) sei zu verzichten. Eventualiter sei die Verfügung vom 9. Oktober 2012 aufzuheben und infolge Verletzung des rechtlichen Gehörs an die Vorinstanz zurückzuweisen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht wurde um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege samt Verbeiständung ersucht.

I.
In ihrer Vernehmlassung vom 17. Dezember 2012 schliesst die Vorinstanz auf Abweisung der Beschwerde.

J.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 9. Januar 2013 wurde den Beschwerdeführenden die Vernehmlassung vom 17. Dezember 2012 zur Kenntnis gebracht.

K.
Mit Schreiben vom 28. Februar 2013 wurde den Beschwerdeführenden mitgeteilt, dass über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege samt Verbeiständung im Endurteil entschieden werde.

L.
Auf den weiteren Akteninhalt wird, soweit rechtserheblich, in den Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht - unter Vorbehalt der in Art. 32 VGG genannten Ausnahmen - Beschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021), die von einer in Art. 33 VGG aufgeführten Behörde erlassen wurden. Darunter fallen u.a. Verfügungen des BFM, welche ein Einreiseverbot beinhalten. In diesem Bereich entscheidet das Bundesverwaltungsgericht endgültig (vgl. Art. 83 Bst. c Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).

1.2 Das Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG, soweit das Verwaltungsgerichtsgesetz nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).

1.3 Der Beschwerdeführer ist als Verfügungsadressat legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Die Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin ergibt sich ohne Weiteres aus Art. 48 Abs. 1 VwVG. Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist daher grundsätzlich einzutreten (vgl. Art. 50 und 52 VwVG).

2.
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes und - soweit nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat - die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Massgebend ist grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt seines Entscheides (vgl. BVGE 2011/1 E. 2 und 2011/43 E. 6.1).

3.
Die Beschwerdeführenden rügen in formeller Hinsicht eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.

3.1 Diesbezüglich machen sie geltend, X._______ sei mit Schreiben des Amtes für Migration des Kantons Basel-Landschaft vom 25. September 2012 aufgefordert worden, sich im Rahmen des rechtlichen Gehörs zu einem allfälligen Einreiseverbot zu äussern. Zur zeitlichen Ausgestaltung sei er im unklaren gelassen worden. Das Schreiben sei jedoch nicht an die Vollzugsanstalt Z._______ gesandt worden, sondern an den Wohnort seiner Ehefrau. Diese habe ihm das Schreiben am 1. Oktober 2012 nach Z._______ verschickt, woraufhin er nur einen Tag Zeit gehabt habe, eine Stellungnahme zu verfassen.

Ferner sei auch der Anspruch auf rechtliches Gehör der Beschwerdeführerin verletzt. Nachdem sie vom Schreiben des Amtes für Migration vom 25. September 2012 Kenntnis genommen habe, habe sie die kantonale Behörde telefonisch darum gebeten, sich ebenfalls zur geplanten Fernhaltemassnahme äussern zu dürfen. Das Amt für Migration habe ihr anschliessend telefonisch die Möglichkeit eingeräumt, bis zum 11. Oktober 2012 eine Stellungnahme einzureichen. In der Folge habe sie ihre Stellungnahme am 8. Oktober 2012 bei der Schweizerischen Post per eingeschriebenem Brief versandt. Die kantonale Behörde habe somit die Eingabe frühestens am 9. Oktober 2012 erhalten. Da die Vorinstanz bereits am gleichen Tag die Verfügung erlassen habe, sei die Stellungnahme der Beschwerdeführerin nicht in die Entscheidfindung eingeflossen.

3.1.1 Der Anspruch auf rechtliches Gehör, wie ihn Lehre und Rechtsprechung aus Artikel 29 Abs. 2 der Schweizerischen Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV, SR 102) ableiten und wie er sich für das Bundesverwaltungsverfahren aus den Art. 29 ff . VwVG ergibt, umfasst eine Anzahl verschiedener verfassungsrechtlicher Verfahrensgarantien (vgl. aus der Literatur etwa Alfred Kölz/Isabelle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, S. 46, 107 ff.; Markus Schefer, Grundrechte in der Schweiz, Bern 2005, S. 285 ff.). Dazu gehört das Recht auf vorgängige Äusserung und Anhörung (vgl. Art. 30 Abs. 1 VwVG), welches den Betroffenen einen Einfluss auf die Ermittlung des wesentlichen Sachverhaltes sichert. Dabei kommt der von einem Verfahren betroffenen Person der Anspruch zu, sich vorgängig einer behördlichen Anordnung zu allen wesentlichen Punkten, welche die Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes betreffen, zu äussern und von der betreffenden Behörde alle dazu notwendigen Informationen zu erhalten (vgl. BVGE 2007/21 E. 10.2).

3.1.2 Aus den Akten ergibt sich, dass das Amt für Migration des Kantons Basel-Landschaft dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 25. September 2012 das rechtliche Gehör zu einem allfälligen Einreiseverbot gewährte. Dieses wurde jedoch - wie beschwerdeweise vorgebracht - fälschlicherweise an die Wohnadresse der Beschwerdeführerin gesandt und nicht der Vollzugsanstalt Z._______ zugestellt, wo sich der Beschwerdeführer aufhielt. Dass sich der Beschwerdeführer dort im geschlossenen Vollzug befand, war der kantonalen Behörde bekannt, wie dies eindeutig aus den kantonalen Akten hervorgeht (vgl. u.a. der zu der kantonalen Akten gelegten Vollzugsauftrag der Sicherheitsdirektion Basel-Landschaft vom 16. Mai 2012). Nachdem die Ehefrau dem Beschwerdeführer das Schreiben vom 25. September 2012 zukommen liess, nahm dieser - innert Frist - mit Eingabe vom 3. Oktober 2012 Stellung. Gemäss einer handschriftlichen Notiz vom 2. Oktober wurde die Frist zur Einreichung einer Stellungnahme von der kantonalen Behörde aufgrund eines Telefonats mit der Beschwerdeführerin bis zum 12. Oktober 2012 verlängert (vgl. dazu auch Beilage 6 der Beschwerde vom 8. November 2012). Mit Stellungnahme vom 5. Oktober 2012 äusserte sich auch die Beschwerdeführerin zum geplanten Einreiseverbot. Das entsprechende Schreiben wurde am 8. Oktober 2012 als eingeschriebener Brief postalisch an die kantonale Behörde versandt (vgl. Bestätigung "Die Post" vom 8. Oktober 2012; Beschwerdebeilage 8). In der Folge wurde der Brief am 9. Oktober 2012 um 8.07 Uhr zugestellt (vgl. Sendungsverfolgung Track and Trace "Die Post", abgerufen am 6. März 2013). Am 9. Oktober 2012 um 11.02 Uhr ersuchte die kantonale Behörde das BFM um Erlass eines Einreiseverbots (vgl. E-Mail des Migrationsamtes des Kantons Basel-Landschaft).

3.1.3 Das verfassungsmässige Recht, angehört zu werden, ist formeller Natur. Die Verletzung dieses Rechts führt - ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst - grundsätzlich zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung (vgl. BGVE 2009/61 E. 4.1.3 mit Hinweisen; Bernhard Waldmann/Jürg Bickel in: Bernhard Waldmann/Philippe Weissenberger, Praxiskommentar VwVG, Art. 29 N 28 f. und N 106 f.). Die Gehörsverletzung ist aber nach ständiger Praxis des Bundesgerichts ausnahmsweise einer Heilung zugänglich, wenn die betroffene Partei die Möglichkeit hat, sich vor einer Beschwerdeinstanz zu äussern, vorausgesetzt diese Instanz ist befugt zur freien Prüfung aller Sachverhalts- und Rechtsfragen, welche der unteren Instanz hätten unterbreitet werden können. Von der Rückweisung der Sache an die Verwaltung zur Gewährung des rechtlichen Gehörs kann in solchen Fällen nach dem Grundsatz der Verfahrensökonomie dann abgesehen werden, wenn die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu einer unnötigen Verlängerung des Verfahrens führen würde. Diese Heilungsmöglichkeit ist unbestritten, wenn es um nicht besonders schwerwiegende Verletzung von Parteirechten geht. Nach der neueren Rechtsprechung kann eine Heilung aber auch dann erfolgen, wenn schwerwiegende Verfahrensmängel das rechtliche Gehör beeinträchtigt haben und eine Rückweisung den Interessen der Partei an einer beförderlichen Behandlung zuwiderlaufen würde (BGE 133 I 201 E. 2.2 S. 204 f.; BGE 132 V 387 E. 5.1 S. 390; vgl. auch Waldmann/Bickel, a.a.O., Art. 29 N 116 sowie N 125 ff., Lorenz Kneubühler, Gehörsverletzung und Heilung, Zbl. 1998 S. 116, kritisch Patrick Sutter in: Christoph Auer/Markus Müller/Benjamin Schindler, Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], Zürich/St. Gallen 2008, Art. 29 Rz. 21).

3.1.4 Das Bundesverwaltungsgericht verfügt im vorliegenden Verfahren über die gleiche Kognition wie die Vorinstanz und ist zur freien Prüfung aller Sachverhalts- und Rechtsfragen befugt; eine der Voraussetzungen für die Heilung der Gehörsverletzung ist somit gegeben. Der Beschwerdeführer konnte sich - trotz der Zustellung des kantonalen Schreibens vom
25. September 2012 an die Wohnadresse seiner Ehefrau - innert Frist zum geplanten Einreiseverbot äussern. Es ist somit diesbezüglich nicht von einer schwerwiegenden Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör auszugehen. Aus den Akten ergibt sich zudem, dass auch die Beschwerdeführerin fristgerecht Stellung nehmen konnte. Eine Kopie beider Stellungnahmen befindet sich bei den dem Bundesverwaltungsgericht von der Vorinstanz zur Verfügung gestellten Akten (Eingang BFM gemäss Aktenverzeichnis am 9. Oktober 2012). Doch selbst wenn davon ausgegangen werden müsste, die Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 5. Oktober 2012 sei in die vorinstanzliche Entscheidfindung nicht mehr eingeflossen, führt dies nicht eo ipso zur Annahme einer schwerwiegenden Verletzung des Gehörsanspruchs. Die Vorinstanz konnte sich aufgrund der vorhandenen Akten ein klares Bild der Sachlage machen. Der Beschwerdeführer legte in seinem Schreiben vom 3. Oktober 2012 zudem die (gemeinsamen) privaten Interessen des Ehepaars dar. Unter diesen Umständen würde eine Rückweisung der Sache an die Vorinstanz lediglich einen prozessualen Leerlauf darstellen. In diesem Zusammenhang kann eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör der Beschwerdeführenden somit als geheilt betrachtet werden.

3.2 Des Weiteren wird beschwerdeweise geltend gemacht, richtigerweise hätte bereits die Vorinstanz die geltend gemachten Interessen der Beschwerdeführenden gegenüber den Interessen der eine Massnahme aussprechenden Behörden abwägen müssen. Das BFM sei hingegen auf ihre evidenten Interessen nicht eingegangen, sondern habe stattdessen lapidar festgehalten, solche Vorbringen seien weder im Rahmen des rechtlichen Gehörs noch aus den Akten zu entnehmen. Es sei in Abrede zu stellen, dass eine derartige Standardformulierung dem Anspruch an ein sorgfältiges Abwägen der Interessen genüge. Beschwerdeweise wurde des Weiteren vorgebracht, die Vorinstanz sei weder auf den Umstand eingegangen, dass die Beschwerdeführerin eine österreichische Staatsangehörige sei noch dass der Beschwerdeführer dem Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (nachfolgend: FZA, SR 0.142.112.681) unterstellt sei und deshalb strengere Voraussetzungen für die Verhängung einer Fernhaltemassnahme gelten würden. Insofern beanstanden die Beschwerdeführenden sinngemäss eine Verletzung der Berücksichtigungs- wie auch der Begründungspflicht.

3.2.1 Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs umfasst des Weiteren die Pflicht der Behörde, bevor sie verfügt alle erheblichen und rechtzeitigen Vorbringen der Parteien zu würdigen (Art. 32 Abs. 1 VwVG). Ob die Behörde sämtliche erheblichen Parteivorbringen gewürdigt hat, lässt sich jedoch nicht losgelöst von der Begründung einer Verfügung beurteilen und kann regelmässig nur anhand der Verfügungsbegründung beurteilt werden (vgl. BERNHARD WALDMANN/JÜRG BICKEL, Praxiskommentar VwVG, a.a.O., Art. 32 N 21).

Gemäss Art. 35 Abs. 1 VwVG sind die Behörden verpflichtet, schriftliche Verfügungen zu begründen. Die Begründungspflicht ist Teilgehalt des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV. Sie soll verhindern, dass die Behörden sich von unsachlichen Motiven leiten lassen, und es der betroffenen Person ermöglichen, die Verfügung gegebenenfalls sachgerecht anzufechten. Eine sachgerechte Anfechtung ist nur möglich, wenn sich sowohl die Partei wie auch die Rechtsmittelinstanz über die Tragweite des Entscheides ein Bild machen können. In diesem Sinn müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf welche sich ihre Verfügung stützt. Dies bedeutet indessen nicht, dass sie sich ausdrücklich mit jeder tatbeständlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand auseinandersetzen muss. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken. Die Anforderungen an die Begründung sind umso höher, je weiter der Entscheidungsspielraum der entscheidenden Behörde und je komplexer die Sach- und Rechtslage ist (vgl. BVGE 2007/27 E. 5.5.2 undBGE 133 I 270 E. 3.1 S. 277 je mit Hinweisen, sowie Lorenz Kneubühler, in: Christoph Auer/Markus Müller/Benjamin Schindler [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], Zürich/St. Gallen 2008, Rz. 4 ff. zu Art. 35 VwVG).

3.2.2 Eine Verletzung des Gehörsanspruchs führt grundsätzlich zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung und Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. Im Falle der Verletzung der Begründungspflicht kann der Mangel auf Rechtsmittelebene geheilt werden, wenn die Vorinstanz die Entscheidgründe in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise darlegt und die Rechtsmittelinstanz der betroffenen Partei im Rahmen eines zweiten Schriftenwechsels die Möglichkeit einräumt, sich dazu zu äussern (vgl. Lorenz Kneubühler, a.a.O., Rz. 19 ff. zu Art. 35 mit Hinweisen).

3.2.3 In der Tat hat sich die Vorinstanz lediglich sehr knapp zur Interessensabwägung geäussert, allerdings kann von ihr auch nicht erwartet werden, dass sie sich im Detail mit sämtlichen Vorbringen der Beschwerdeführenden auseinandersetzt. Beanstandet werden muss hingegen, dass in der Verfügung vom 9. Oktober 2012 zur Vereinbarkeit des Einreiseverbots mit dem Freizügigkeitsabkommen nicht Stellung genommen wurde. Immerhin ist der nigerianische Beschwerdeführer mit einer in der Schweiz niedergelassenen österreichischen Staatsangehörigen verheiratet und dadurch Ehegatte bzw. ein Familienangehöriger einer Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft (EG, vgl. Art. 3 Abs. 1 f . Anhang I FZA. Damit ist die Vorinstanz auf einen entscheidswesentlichen Gesichtspunkt gar nicht erst eingegangen. Kommt hinzu, dass sie selbst in ihrer dreizeiligen Vernehmlassung vom 17. Dezember 2012 mit keinem Wort dazu Stellung nahm, sondern lediglich ausführte, es seien beschwerdeweise keine Elemente vorgebracht worden, die nicht bereits Gegenstand ihres Entscheids gewesen seien. Dies obwohl in der Beschwerde nochmals ausdrücklich auf den Umstand hingewiesen wurde, dass die Beschwerdeführerin Österreicherin ist. Vorliegend ist somit von einer Verletzung der Berücksichtigungs- und der Begründungspflicht auszugehen, die einer Heilung nicht zugänglich ist (vgl. hingegen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-6314/2009 vom
11. Oktober 2011 E. 3 - E. 3.2, wo sich das BFM zumindest in seiner Vernehmlassung mit der Vereinbarkeit der verhängten Fernhaltemassnahme mit dem Freizügigkeitsabkommen auseinandergesetzt hat. Folglich wurden die Voraussetzungen für eine Heilung als erfüllt betrachtet).

4.
Bei dieser Sachlage ist auf die übrigen Rügen nicht weiter einzugehen. Fest steht, das die angefochtene Verfügung Bundesrecht verletzt (Art. 49 Bst. a VwVG). Die Beschwerde ist daher im Sinne des Eventualbegehrens gutzuheissen, die Verfügung vom 9. Oktober 2012 aufzuheben und die Sache im Sinne der Erwägungen an das BFM zur Neubeurteilung zurückzuweisen.

5.
Entsprechend dem Verfahrensausgang sind den Beschwerdeführenden keine Kosten aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Für die im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht erwachsenen notwendigen Kosten ist ihnen zudem eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.- zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 7 ff
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 7 Grundsatz
1    Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten.
2    Obsiegt die Partei nur teilweise, so ist die Parteientschädigung entsprechend zu kürzen.
3    Keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben Bundesbehörden und, in der Regel, andere Behörden, die als Parteien auftreten.
4    Sind die Kosten verhältnismässig gering, so kann von einer Parteientschädigung abgesehen werden.
5    Artikel 6a ist sinngemäss anwendbar.7
. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Mit der Ausrichtung einer Parteientschädigung sind die Auslagen der Beschwerdeführenden gedeckt, womit ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege hinfällig wird (vgl. MARCEL MAILLARD in Praxiskommentar VwVG, a.a.O., N 46 zu Art. 65
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 7 Grundsatz
1    Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten.
2    Obsiegt die Partei nur teilweise, so ist die Parteientschädigung entsprechend zu kürzen.
3    Keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben Bundesbehörden und, in der Regel, andere Behörden, die als Parteien auftreten.
4    Sind die Kosten verhältnismässig gering, so kann von einer Parteientschädigung abgesehen werden.
5    Artikel 6a ist sinngemäss anwendbar.7
). Unterliegenden Bundesbehörden werden keine Verfahrenskosten auferlegt (Art. 63 Abs. 2
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 7 Grundsatz
1    Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten.
2    Obsiegt die Partei nur teilweise, so ist die Parteientschädigung entsprechend zu kürzen.
3    Keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben Bundesbehörden und, in der Regel, andere Behörden, die als Parteien auftreten.
4    Sind die Kosten verhältnismässig gering, so kann von einer Parteientschädigung abgesehen werden.
5    Artikel 6a ist sinngemäss anwendbar.7
VwVG).

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und die angefochtene Verfügung vom 9. Oktober 2012 wird aufgehoben.

2.
Die Sache wird zur Neubeurteilung an das BFM zurückgewiesen.

3.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

4.
Die Vorinstanz wird verpflichtet, den Beschwerdeführenden eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.-- (inkl. MWST) zu bezahlen.

5.
Dieses Urteil geht an:

- die Beschwerdeführenden (Einschreiben)

- die Vorinstanz (Ref-Nr. ZEMIS [...]; Akten retour)

- das Amt für Migration des Kantons Basel-Landschaft (Akten
zurück)

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

Antonio Imoberdorf Susanne Stockmeyer

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Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : C-5826/2012
Datum : 28. März 2013
Publiziert : 15. April 2013
Quelle : Bundesverwaltungsgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Bürgerrecht und Ausländerrecht
Gegenstand : Einreiseverbot


Gesetzesregister
AuG: 67
BGG: 83
BV: 29
FZA: 3
VGG: 31  32  33  37
VGKE: 7
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 7 Grundsatz
1    Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten.
2    Obsiegt die Partei nur teilweise, so ist die Parteientschädigung entsprechend zu kürzen.
3    Keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben Bundesbehörden und, in der Regel, andere Behörden, die als Parteien auftreten.
4    Sind die Kosten verhältnismässig gering, so kann von einer Parteientschädigung abgesehen werden.
5    Artikel 6a ist sinngemäss anwendbar.7
VwVG: 5  29  30  32  35  48  49  50  52  62  63  64  65
BGE Register
132-V-387 • 133-I-201 • 133-I-270
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
vorinstanz • bundesverwaltungsgericht • einreiseverbot • basel-landschaft • kantonale behörde • sachverhalt • anspruch auf rechtliches gehör • frist • bundesamt für migration • bundesgesetz über das verwaltungsverfahren • ehegatte • verurteilter • unentgeltliche rechtspflege • brief • rechtsmittelinstanz • niederlassungsbewilligung • freiheitsstrafe • die post • privates interesse • verfahrenskosten • bundesgesetz über das bundesgericht • mitgliedstaat • kenntnis • uhr • monat • strafgericht • tag • leiter • geldstrafe • betroffene person • telefon • abkommen über die freizügigkeit der personen • bundesgesetz über das bundesverwaltungsgericht • entscheid • stelle • einreise • asylrekurskommission • beilage • bundesverfassung • kommunikation • schriftstück • abweisung • wirkung • eu • verfahrensgarantie • bundesgesetz über die ausländerinnen und ausländer • rückweisungsentscheid • eidgenossenschaft • ausschaffung • begründung der eingabe • dauer • überprüfungsbefugnis • begründung des entscheids • beschwerde an das bundesverwaltungsgericht • prozessvertretung • gerichts- und verwaltungspraxis • voraussetzung • vertrag • beurteilung • gesuch an eine behörde • bewilligung oder genehmigung • straf- und massnahmenvollzug • kopie • eo • aufenthaltsbewilligung • regierungsrat • bedingte entlassung • verfassungsrecht • nigeria • ermessen • rechtsdienst • zweiter schriftenwechsel • verfassung • von amtes wegen • wesentlicher punkt • beschwerdelegitimation • wiederholung • erwachsener • ausreise • verhalten • bundesgericht • literatur • e-mail • rechtslage • liechtenstein
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