Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 1/2}
2C 541/2010

Urteil vom 27. Dezember 2010
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Merkli,
nebenamtlicher Bundesrichter Camenzind,
Gerichtsschreiber Zähndler.

Verfahrensbeteiligte
Schweizerische Nationalbank,
Börsenstrasse 15, 8001 Zürich,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Harun Can,
Löwenstrasse 19, 8001 Zürich,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, Schwarztorstrasse 50, 3003 Bern.

Gegenstand
Mehrwertsteuer (1. Quartal 1999 bis 4. Quartal 2000
und 1. Quartal 2001 bis 2. Quartal 2004),

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I,
vom 12. Mai 2010.
Sachverhalt:

A.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) ist eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft mit Sitz in Bern und Zürich. Sie ist mit der Führung der Geld- und Währungspolitik im Gesamtinteresse des Landes sowie mit der Gewährleistung der Preisstabilität beauftragt. Durch die Bundesverfassung wird sie dazu verpflichtet, ausreichende Währungsreserven zu halten. Diese Reserven werden unter anderem in Form von Goldbarren sichergestellt. Ein Teil des Goldbestandes der SNB wird von verschiedenen ausländischen Zentralbanken verwahrt, wofür die SNB Gebühren entrichtet.
Aufgrund einer im Jahre 2004 bei der SNB durchgeführten Kontrolle gelangte die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) zum Schluss, dass die Aufbewahrung des Goldes durch die ausländischen Zentralbanken einen der Mehrwertsteuer unterliegenden Dienstleistungsbezug der SNB darstelle, welcher von dieser in der Vergangenheit zu Unrecht nicht versteuert worden sei. Die ESTV erliess daher am 5. Oktober 2004 zwei Ergänzungsabrechnungen (EA) und forderte von der SNB die Nachzahlung von Mehrwertsteuern in Höhe von Fr. 34'893.70 für die Steuerperioden 1. Quartal 1999 bis 4. Quartal 2000 (EA Nr. 140'591) und in Höhe von Fr. 80'403.45 für die Steuerperioden 1. Quartal 2001 bis 2. Quartal 2004 (EA Nr. 140'592).

B.
Auf Verlangen der SNB bestätigte die ESTV die obgenannten Nachforderungen mit zwei Verfügungen vom 15. Dezember 2004. Die dagegen von der SNB erhobenen Einsprachen wurden von der ESTV mit Einspracheentscheiden vom 19. Februar 2008 vollumfänglich abgewiesen, soweit die angefochtenen Verfügungen nicht bereits in Rechtskraft erwachsen waren.
Gegen die Einspracheentscheide der ESTV beschwerte sich die SNB beim Bundesverwaltungsgericht. Dieses vereinigte in der Folge die beiden Verfahren und wies die Beschwerden mit Urteil vom 12. Mai 2010 ab.

C.
Mit Eingabe vom 23. Juni 2010 führt die SNB Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Schweizerischen Bundesgericht. Sie beantragt einerseits die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und andererseits die Feststellung, dass sie auf den Aufbewahrungsgebühren der ausländischen Zentralbanken keine Mehrwertsteuer zu entrichten habe. Im Weiteren soll die ESTV verpflichtet werden, die aufgrund der Nachforderung bereits bezahlten Beträge von Fr. 34'893.70 bzw. Fr. 80'403.45 nebst Vergütungszins von 5 % seit dem 4. November 2004 zurückzuerstatten.
Während das Bundesverwaltungsgericht auf eine Stellungnahme verzichtet, schliesst die ESTV auf Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein Endentscheid des Bundesverwaltungsgerichts in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die unter keinen Ausschlussgrund gemäss Art. 83
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 83 Ausnahmen - Die Beschwerde ist unzulässig gegen:
a  Entscheide auf dem Gebiet der inneren oder äusseren Sicherheit des Landes, der Neutralität, des diplomatischen Schutzes und der übrigen auswärtigen Angelegenheiten, soweit das Völkerrecht nicht einen Anspruch auf gerichtliche Beurteilung einräumt;
b  Entscheide über die ordentliche Einbürgerung;
c  Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts betreffend:
c1  die Einreise,
c2  Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt,
c3  die vorläufige Aufnahme,
c4  die Ausweisung gestützt auf Artikel 121 Absatz 2 der Bundesverfassung und die Wegweisung,
c5  Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen,
c6  die Verlängerung der Grenzgängerbewilligung, den Kantonswechsel, den Stellenwechsel von Personen mit Grenzgängerbewilligung sowie die Erteilung von Reisepapieren an schriftenlose Ausländerinnen und Ausländer;
d  Entscheide auf dem Gebiet des Asyls, die:
d1  vom Bundesverwaltungsgericht getroffen worden sind, ausser sie betreffen Personen, gegen die ein Auslieferungsersuchen des Staates vorliegt, vor welchem sie Schutz suchen,
d2  von einer kantonalen Vorinstanz getroffen worden sind und eine Bewilligung betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt;
e  Entscheide über die Verweigerung der Ermächtigung zur Strafverfolgung von Behördenmitgliedern oder von Bundespersonal;
f  Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen Beschaffungen, wenn:
fbis  Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts über Verfügungen nach Artikel 32i des Personenbeförderungsgesetzes vom 20. März 200963;
f1  sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt; vorbehalten bleiben Beschwerden gegen Beschaffungen des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesstrafgerichts, des Bundespatentgerichts, der Bundesanwaltschaft sowie der oberen kantonalen Gerichtsinstanzen, oder
f2  der geschätzte Wert des zu vergebenden Auftrags den massgebenden Schwellenwert nach Artikel 52 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang 4 Ziffer 2 des Bundesgesetzes vom 21. Juni 201961 über das öffentliche Beschaffungswesen nicht erreicht;
g  Entscheide auf dem Gebiet der öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisse, wenn sie eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit, nicht aber die Gleichstellung der Geschlechter betreffen;
h  Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe, mit Ausnahme der Amtshilfe in Steuersachen;
i  Entscheide auf dem Gebiet des Militär-, Zivil- und Zivilschutzdienstes;
j  Entscheide auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Landesversorgung, die bei schweren Mangellagen getroffen worden sind;
k  Entscheide betreffend Subventionen, auf die kein Anspruch besteht;
l  Entscheide über die Zollveranlagung, wenn diese auf Grund der Tarifierung oder des Gewichts der Ware erfolgt;
m  Entscheide über die Stundung oder den Erlass von Abgaben; in Abweichung davon ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide über den Erlass der direkten Bundessteuer oder der kantonalen oder kommunalen Einkommens- und Gewinnsteuer, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall handelt;
n  Entscheide auf dem Gebiet der Kernenergie betreffend:
n1  das Erfordernis einer Freigabe oder der Änderung einer Bewilligung oder Verfügung,
n2  die Genehmigung eines Plans für Rückstellungen für die vor Ausserbetriebnahme einer Kernanlage anfallenden Entsorgungskosten,
n3  Freigaben;
o  Entscheide über die Typengenehmigung von Fahrzeugen auf dem Gebiet des Strassenverkehrs;
p  Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts auf dem Gebiet des Fernmeldeverkehrs, des Radios und des Fernsehens sowie der Post betreffend:68
p1  Konzessionen, die Gegenstand einer öffentlichen Ausschreibung waren,
p2  Streitigkeiten nach Artikel 11a des Fernmeldegesetzes vom 30. April 199769,
p3  Streitigkeiten nach Artikel 8 des Postgesetzes vom 17. Dezember 201071;
q  Entscheide auf dem Gebiet der Transplantationsmedizin betreffend:
q1  die Aufnahme in die Warteliste,
q2  die Zuteilung von Organen;
r  Entscheide auf dem Gebiet der Krankenversicherung, die das Bundesverwaltungsgericht gestützt auf Artikel 3472 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200573 (VGG) getroffen hat;
s  Entscheide auf dem Gebiet der Landwirtschaft betreffend:
s1  ...
s2  die Abgrenzung der Zonen im Rahmen des Produktionskatasters;
t  Entscheide über das Ergebnis von Prüfungen und anderen Fähigkeitsbewertungen, namentlich auf den Gebieten der Schule, der Weiterbildung und der Berufsausübung;
u  Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen Kaufangebote (Art. 125-141 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes vom 19. Juni 201576);
v  Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts über Meinungsverschiedenheiten zwischen Behörden in der innerstaatlichen Amts- und Rechtshilfe;
w  Entscheide auf dem Gebiet des Elektrizitätsrechts betreffend die Plangenehmigung von Starkstromanlagen und Schwachstromanlagen und die Entscheide auf diesem Gebiet betreffend Enteignung der für den Bau oder Betrieb solcher Anlagen notwendigen Rechte, wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt;
x  Entscheide betreffend die Gewährung von Solidaritätsbeiträgen nach dem Bundesgesetz vom 30. September 201680 über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981, ausser wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt;
y  Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts in Verständigungsverfahren zur Vermeidung einer den anwendbaren internationalen Abkommen im Steuerbereich nicht entsprechenden Besteuerung;
z  Entscheide betreffend die in Artikel 71c Absatz 1 Buchstabe b des Energiegesetzes vom 30. September 201683 genannten Baubewilligungen und notwendigerweise damit zusammenhängenden in der Kompetenz der Kantone liegenden Bewilligungen für Windenergieanlagen von nationalem Interesse, wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt.
BGG fällt und daher mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden kann (Art. 82 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 82 Grundsatz - Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden:
a  gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts;
b  gegen kantonale Erlasse;
c  betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen sowie betreffend Volkswahlen und -abstimmungen.
i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 86 Vorinstanzen im Allgemeinen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide:
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide:
a  des Bundesverwaltungsgerichts;
b  des Bundesstrafgerichts;
c  der unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen;
d  letzter kantonaler Instanzen, sofern nicht die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig ist.
2    Die Kantone setzen als unmittelbare Vorinstanzen des Bundesgerichts obere Gerichte ein, soweit nicht nach einem anderen Bundesgesetz Entscheide anderer richterlicher Behörden der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen.
3    Für Entscheide mit vorwiegend politischem Charakter können die Kantone anstelle eines Gerichts eine andere Behörde als unmittelbare Vorinstanz des Bundesgerichts einsetzen.
und Art. 90
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 90 Endentscheide - Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen.
BGG). Als Steuerpflichtige ist die Beschwerdeführerin ohne Weiteres zur Ergreifung dieses Rechtsmittels legitimiert (Art. 89 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 89 Beschwerderecht - 1 Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist berechtigt, wer:
1    Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist berechtigt, wer:
a  vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat;
b  durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist; und
c  ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat.
2    Zur Beschwerde sind ferner berechtigt:
a  die Bundeskanzlei, die Departemente des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, die ihnen unterstellten Dienststellen, wenn der angefochtene Akt die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann;
b  das zuständige Organ der Bundesversammlung auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses des Bundespersonals;
c  Gemeinden und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, wenn sie die Verletzung von Garantien rügen, die ihnen die Kantons- oder Bundesverfassung gewährt;
d  Personen, Organisationen und Behörden, denen ein anderes Bundesgesetz dieses Recht einräumt.
3    In Stimmrechtssachen (Art. 82 Bst. c) steht das Beschwerderecht ausserdem jeder Person zu, die in der betreffenden Angelegenheit stimmberechtigt ist.
BGG). Auf die Beschwerde ist daher grundsätzlich einzutreten.
Unzulässig ist indes der Antrag, mit welchem die Feststellung verlangt wird, "dass die Beschwerdeführerin auf den an ausländische Zentralbanken für die Lagerung von Goldreserven im Ausland zu zahlenden Gebühren keine Mehrwertsteuer zu entrichten habe". Vorliegend kann betreffend die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage ein rechtsgestaltender Entscheid ergehen, weshalb kein schutzwürdiges Interesse an der verlangten Feststellung besteht (BGE 126 II 300 E. 2c S. 303 f.).

2.
Per 1. Januar 2010 ist das Mehrwertsteuergesetz vom 12. Juni 2009 (MWSTG; SR 641.20) in Kraft getreten. Betreffend Leistungen, welche vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erbracht wurden, bleiben aber grundsätzlich die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen sowie die gestützt darauf erlassenen Vorschriften anwendbar (Art. 112 Abs. 1
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 112 Anwendung bisherigen Rechts - 1 Die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen sowie die darauf gestützt erlassenen Vorschriften bleiben, unter Vorbehalt von Artikel 113, weiterhin auf alle während ihrer Geltungsdauer eingetretenen Tatsachen und entstandenen Rechtsverhältnisse anwendbar. Die Verjährung richtet sich weiterhin nach den Artikeln 49 und 50 des bisherigen Rechts.
1    Die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen sowie die darauf gestützt erlassenen Vorschriften bleiben, unter Vorbehalt von Artikel 113, weiterhin auf alle während ihrer Geltungsdauer eingetretenen Tatsachen und entstandenen Rechtsverhältnisse anwendbar. Die Verjährung richtet sich weiterhin nach den Artikeln 49 und 50 des bisherigen Rechts.
2    Für Leistungen, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erbracht worden sind, sowie für Einfuhren von Gegenständen, bei denen die Einfuhrsteuerschuld vor Inkrafttreten dieses Gesetzes entstanden ist, gilt das bisherige Recht.
3    Leistungen, die teilweise vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erbracht worden sind, sind für diesen Teil nach bisherigem Recht zu versteuern. Leistungen, die teilweise ab Inkrafttreten dieses Gesetzes erbracht werden, sind für diesen Teil nach neuem Recht zu versteuern.
MWSTG). Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bilden einerseits Mehrwertsteuer-Nachforderungen für die Steuerperioden 1. Quartal 1999 bis 4. Quartal 2000 und andererseits Nachforderungen für die Steuerperioden 1. Quartal 2001 bis 2. Quartal 2004. Betreffend die Letzteren gelangt das Mehrwertsteuergesetz vom 2. September 1999 (aMWSTG, AS 2000 1300 ff.) zur Anwendung, welches zwischen dem 1. Januar 2001 und dem 31. Dezember 2009 in Kraft gewesen ist. Betreffend die früheren Steuerperioden bestimmt Art. 93 aMWSTG, dass das damals geltende Recht weiterhin auf alle während dessen Geltungsdauer eingetretenen Tatsachen und entstandenen Rechtsverhältnisse anwendbar bleibt. Für die Steuerperioden 1. Quartal 1999 bis 4. Quartal 2000 massgeblich ist mithin die Mehrwertsteuerverordnung vom 22. Juni 1994 (aMWSTV; AS 1994 1464 ff.; in Kraft gewesen bis zum 31. Dezember 2000).

3.
Umstritten ist vorliegend einzig die Frage, ob es sich bei der Aufbewahrung der Goldreserven der SNB durch ausländische Zentralbanken um eine der schweizerischen Mehrwertsteuer unterliegenden Dienstleistung handelt. Entscheidend hierfür ist, ob dabei an den Ort anzuknüpfen ist, an dem die dienstleistende Person, d.h. der Erbringer der Leistung, seinen Sitz hat (sog. Erbringerortsprinzip), oder ob für die im Streit stehende Besteuerung der Sitz des Dienstleistungsempfängers massgeblich ist (sog. Empfängerortsprinzip). Nur im letzteren Fall besteht eine Steuerpflicht in der Schweiz.

3.1 Art. 14 Abs. 1 aMWSTG sieht als Regelfall das Erbringerortsprinzip vor. Für die Leistungen von Vermögensverwaltern gilt indessen gemäss Art. 14 Abs. 3 lit. c aMWSTG das Empfängerortsprinzip. Auch für Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätze kommt das Empfängerortsprinzip zur Anwendung (Art. 14 Abs. 3 lit. h aMWSTG); ausgenommen von dieser Spezialregelung ist nach dem Wortlaut des Gesetzes ausschliesslich die Vermietung von Schliessfächern.
Art. 9 aMWSTV bestimmt, dass eine Besteuerung von Dienstleistungsimporten stattfindet, wenn der Empfänger Geschäfts- und Wohnsitz in der Schweiz hat und eine Nutzung oder Auswertung der Dienstleistung im Inland erfolgt.

3.2 Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass die Verwahrung ihrer Goldbarren durch ausländische Zentralbanken als Dienstleistung zu qualifizieren ist, welche dem Empfängerortsprinzip folgt:
Insbesondere stellt sie in Abrede, dass eine Vermögensverwaltung durch die ausländischen Zentralbanken vorliege. Die Beschwerdeführerin betont, dass ihre Goldbarren einzeln nummeriert und registriert seien; zu keinem Zeitpunkt finde eine Vermischung mit dem Gold anderer Zentralbanken statt. Die Aufbewahrung des Nationalbankgoldes könne daher nicht mit den üblichen Goldgeschäften verglichen werden, welche in Form von blossen Buchwerten über ein sog. Metallkonto abgewickelt würden. Ebensowenig müssten die ausländischen Zentralbanken für die Beschwerdeführerin die Goldmärkte überwachen oder Kaufs- bzw. Verkaufsempfehlungen abgeben; diese Aufgaben würden von der Beschwerdeführerin vollumfänglich selber wahrgenommen.
Die Beschwerdeführerin schliesst daraus, dass im vorliegenden Fall eine reine Aufbewahrung vorliege. Für eine solche gelte das Empfängerortsprinzip aber gerade nicht. Vielmehr ergebe sich aus der publizierten Praxis der ESTV, dass das Entgegennehmen und Aufbewahren von Wertsachen, die in der Regel keiner Verwaltung bedürfen, keine steuerbare Vermögensverwaltungsleistung darstelle. Nebst der Vermietung von Schliessfächern sei beispielsweise auch für die Aufbewahrung von Schmuck oder Gemälden festgelegt, dass das Erbringerortsprinzip zur Anwendung gelange. Die Beschwerdeführerin verweist in diesem Zusammenhang auf die Wegleitung 2001 zur Mehrwertsteuer (WL 2001; Ziff. 645, Ziff. 673 und Ziff. 65), auf die Wegleitung 1997 zur Mehrwertsteuer (WL 1997; Ziff. 637b) sowie auf das Merkblatt Nr. 13 der ESTV über die Steuerbefreiung von bestimmten ins Ausland erbrachten oder aus dem Ausland bezogenen Dienstleistungen (MB 13; Ziff. 2b).
Sodann macht die Beschwerdeführerin auch geltend, die Vorinstanzen hätten dem Umstand nicht Rechnung getragen, dass die SNB mit der dezentralen Lagerung der Goldreserven eine spezielle, öffentlich-rechtliche Aufgabe erfülle.

3.3 Die Ausführungen der Beschwerdeführerin vermögen nicht zu überzeugen:
Soweit sie das Vorliegen einer Vermögensverwaltungsleistung bestreitet, ist sie auf die WL 2001 Ziff. 644 zu verweisen, wonach als steuerbare Vermögensverwaltung insbesondere das Depotgeschäft zählt. Die Wegleitung bezieht sich dabei ausdrücklich auch auf das sog. verschlossene Depot, bei welchem die Verwaltung ausschliesslich dem Deponenten obliegt. Überhaupt sieht das Mehrwertsteuergesetz vom 2. September 1999 - wie bereits ausgeführt - nicht nur für die Leistungen von Vermögensverwaltern (Art. 14 Abs. 3 lit. c aMWSTG), sondern auch für Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätze generell das Empfängerortsprinzip vor (Art. 14 Abs. 3 lit. h aMWSTG; ausgenommen ist einzig die Vermietung von Schliessfächern). Insofern geht die Argumentation der Beschwerdeführerin von vornherein fehl und es erhellt, dass die Steuerpflicht im Zusammenhang mit der Verwahrung von Gold an den Sitz des Dienstleistungsempfängers und nicht des Leistungserbringers anknüpft. Betreffend die Ägide des Mehrwertsteuergesetzes vom 2. September 1999 wird dies denn auch in Ziff. 6.3 (S. 66 f.) des Leistungskataloges in der Branchenbroschüre Nr. 14 "Finanzbereich" (BB 14; September 2000) explizit festgehalten.
Nichts anderes gilt für den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuerverordnung vom 22. Juni 1994: Zwar erscheint das Merkblatt Nr. 13 der ESTV insofern als widersprüchlich, als einerseits in Ziff. 2b das verschlossene Depot als Beispiel einer blossen Aufbewahrung (für welche das Erbringerortsprinzip gilt) genannt wird und andererseits Ziff. 2c für Bankdienstleistungen generell das Empfängerortsprinzip statuiert. Die Praxis der ESTV ergibt sich indessen in eindeutiger Weise aus den anwendbaren Wegleitungen und Branchenbroschüren. So sieht die WL 1997 für die Dienstleistungen von Banken und Vermögensverwaltern ebenfalls das Empfängerortsprinzip vor (Ziff. 557d) und die Branchenbroschüre "Banken und Finanzgesellschaften" (BB 03; März 1995) wiederholt dies in Ziff. 3 des Leistungskataloges (S. 59 f.) ausdrücklich in Bezug auf die Verwahrung von Gold. Sodann wird in der WL 1997 Ziff. 637a und in der BB 03 Ziff. 2.3a S. 9 präzisiert, dass auch die Führung eines geschlossenen Depots als steuerbare Vermögensverwaltung zu verstehen ist.
Aufgrund der obenstehenden Erwägungen steht fest, dass im vorliegenden Fall - zufolge des schweizerischen Sitzes der Beschwerdeführerin - eine Steuerpflicht in der Schweiz besteht. Weshalb der SNB diesbezüglich eine Sonderstellung zukommen sollte, ist unerfindlich: Im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer ist es namentlich nicht von Bedeutung, aus welchen Gründen sich die Steuerpflichtige zur Lagerung der Goldreserven im Ausland entschieden hat. Wäre es die Absicht des Gesetzgebers gewesen, die Beschwerdeführerin diesbezüglich zu privilegieren, so hätte er entweder in den mehrwertsteuerrechtlichen Erlassen oder in den speziellen, die Beschwerdeführerin betreffenden gesetzlichen Grundlagen eine entsprechende Regelung vorsehen können.

4.
Nach dem Ausgeführten erweist sich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als unbegründet. Sie ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zu entrichten (Art. 68
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Schweizerischen Nationalbank, der Eidgenössischen Steuerverwaltung und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. Dezember 2010
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Zünd Zähndler
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Document : 2C_541/2010
Date : 27. Dezember 2010
Published : 14. Januar 2011
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Öffentliche Finanzen und Abgaberecht
Subject : Mehrwertsteuer (1. Quartal 1999 bis 4. Quartal 2000 und 1. Quartal 2001 bis 2. Quartal 2004)


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AS 2000/1300 • AS 1994/1464