Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess {T 7}
U 184/06
Urteil vom 27. September 2006
III. Kammer
Besetzung
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiberin Heine
Parteien
Vaudoise Allgemeine Versicherungs-Gesellschaft, Place de Milan, 1007 Lausanne, Beschwerdeführerin,
gegen
S.________, 1952, Beschwerdegegnerin, vertreten
durch Rechtsanwalt Rudolf Keiser, Seidenhofstrasse 12, 6003 Luzern
Vorinstanz
Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Zug
(Entscheid vom 2. März 2006)
Sachverhalt:
A.
Mit Verfügung vom 9. Juni 2005, bestätigt durch Einspracheentscheid vom 16. August 2005, lehnte die Vaudoise Allgemeine Versicherungs-Gesellschaft (nachfolgend: Vaudoise) gegenüber S.________, geb. 1952, ihre Leistungspflicht hinsichtlich des laut "Unfallmeldung UVG" (vom 13. März 2005) am 25. Februar 2005 während der Tätigkeit als Lageristin erlittenen Meniskusrisses ab, dies mit der Begründung, es liege weder ein Unfall noch eine unfallähnliche Körperschädigung vor.
B.
In Gutheissung der von S.________ dagegen eingereichten Beschwerde bejahte das Verwaltungsgericht des Kantons Zug eine unfallähnliche Körperschädigung und wies die Vaudoise an, die gesetzlichen Leistungen für den am 25. Februar 2005 erlittenen Meniskusriss zu erbringen (Entscheid vom 2. März 2006).
C.
Die Vaudoise führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der kantonale Gerichtsentscheid sei aufzuheben.
S.________ lässt die Abweisung der Verwaltungsgerichts-beschwerde beantragen, ebenso das kantonale Gericht. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Der Streit dreht sich um die Frage, ob die Beschwerdeführerin für die Folgen des Ereignisses vom 25. Februar 2005 als einer unfallähnlichen Körperschädigung leistungspflichtig ist.
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen über den Begriff der Körperschädigungen, die auch ohne ungewöhnliche äussere Einwirkung Unfällen gleichgestellt sind (Art. 6 Abs. 2
SR 832.20 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung (UVG) UVG Art. 6 Allgemeines - 1 Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, werden die Versicherungsleistungen bei Berufsunfällen, Nichtberufsunfällen und Berufskrankheiten gewährt. |
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1 | Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, werden die Versicherungsleistungen bei Berufsunfällen, Nichtberufsunfällen und Berufskrankheiten gewährt. |
2 | Die Versicherung erbringt ihre Leistungen auch bei folgenden Körperschädigungen, sofern sie nicht vorwiegend auf Abnützung oder Erkrankung zurückzuführen sind: |
a | Knochenbrüche; |
b | Verrenkungen von Gelenken; |
c | Meniskusrisse; |
d | Muskelrisse; |
e | Muskelzerrungen; |
f | Sehnenrisse; |
g | Bandläsionen; |
h | Trommelfellverletzungen.21 |
3 | Die Versicherung erbringt ihre Leistungen ausserdem für Schädigungen, die dem Verunfallten bei der Heilbehandlung zugefügt werden (Art. 10). |
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV) UVV Art. 9 Unfallähnliche Körperschädigungen - Keine Körperschädigung im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 UVG stellen nicht unfallbedingte Schäden an Sachen dar, die infolge einer Krankheit eingesetzt wurden und einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen. |
2.
Nach dieser Rechtsprechung ist tatbestandsmässig ein ausserhalb des Körpers liegender, objektiv feststellbarer, sinnfälliger, eben unfallähnlicher Vorfall erforderlich. Wo ein solches Ereignis mit Einwirkung auf den Körper nicht stattgefunden hat, und sei es auch nur als Auslöser eines in Art. 9 Abs. 2 lit. a
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV) UVV Art. 9 Unfallähnliche Körperschädigungen - Keine Körperschädigung im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 UVG stellen nicht unfallbedingte Schäden an Sachen dar, die infolge einer Krankheit eingesetzt wurden und einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen. |
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV) UVV Art. 9 Unfallähnliche Körperschädigungen - Keine Körperschädigung im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 UVG stellen nicht unfallbedingte Schäden an Sachen dar, die infolge einer Krankheit eingesetzt wurden und einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen. |
wie dies etwa für viele sportliche Betätigungen zutreffen kann. Wer hingegen beim Aufstehen, Absitzen, Abliegen, der Bewegung im Raum, Handreichungen usw. einen einschiessenden Schmerz erleidet, welcher sich als Symptom einer Schädigung nach Art. 9 Abs. 2
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV) UVV Art. 9 Unfallähnliche Körperschädigungen - Keine Körperschädigung im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 UVG stellen nicht unfallbedingte Schäden an Sachen dar, die infolge einer Krankheit eingesetzt wurden und einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen. |
Der Auslösungsfaktor kann dabei alltäglich und diskret sein. Es muss sich indessen um ein plötzliches Ereignis handeln, wie eine heftige Bewegung oder das plötzliche Aufstehen aus der Hocke. Dabei kommt es beim Begriffsmerkmal der Plötzlichkeit im Rahmen der unfallähnlichen Körperschädigungen nicht in erster Linie auf die Dauer der schädigenden Einwirkung an als vielmehr auf deren Einmaligkeit. Keine unfallähnliche Körperschädigung liegt demgemäss vor, wenn eine Verletzung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. a
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV) UVV Art. 9 Unfallähnliche Körperschädigungen - Keine Körperschädigung im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 UVG stellen nicht unfallbedingte Schäden an Sachen dar, die infolge einer Krankheit eingesetzt wurden und einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen. |
3.
3.1 Es steht fest (Schadenmeldung UVG des Spezialarztes FMH Chirurgie Dr. med. R.________ vom 29. März 2005), dass die Beschwerdegegnerin am 25. Februar 2005 eine Meniskusläsion (welche am 22. März 2005 operativ behandelt wurde) und damit eine Verletzung gemäss Art. 9 Abs. 2 lit. f
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV) UVV Art. 9 Unfallähnliche Körperschädigungen - Keine Körperschädigung im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 UVG stellen nicht unfallbedingte Schäden an Sachen dar, die infolge einer Krankheit eingesetzt wurden und einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen. |
3.2 In tatsächlicher Hinsicht ist - wie schon von der Vorinstanz erkannt - überwiegend wahrscheinlich, dass die als Lageristin tätige Beschwerdegegnerin am 25. Februar 2005 beim Verräumen von Faltkartons mit einem 50 cm hohen und mehr als 8 kg schweren Bund Schachteln in den Händen niedergekniet ist, wobei sie sich den Meniskusriss zugezogen hat.
Im Rahmen der Beweiswürdigung kommt den ersten Angaben der Beschwerdegegnerin im Sinne der Beweismaxime der "Aussagen der ersten Stunde" (vgl. statt vieler RKUV 2004 Nr. U 524 S. 546 [U 236/03]) erhebliches Gewicht zu. Sie hat zweimal - am 13. und am 21. März 2005 - spontan und übereinstimmend einen Fehltritt angegeben. Die darauf beruhenden Angaben des Arztes sind im Sinne von Indizien ebenfalls zu berücksichtigen. Auf Grund der zeitlichen Nähe zum Ereignis sind bewusste oder unbewusste Überlegungen versicherungsrechtlicher Art wenig wahrscheinlich. Laut Schadenmeldung UVG des Dr. med. R.________ vom 29. März 2005 machte die Beschwerdegegnerin einen Fehltritt während der Arbeit beim Verschieben von Schachteln; dabei hat sie das linke Kniegelenk verdreht. Die Sachverhaltsdarstellung des behandelnden Arztes stimmt mit den Angaben der Beschwerdegegnerin im "Fragebogen Unfallbegriff" (vom 21. März 2005) überein; die Versicherte erklärt dort, sie habe einen Fehltritt beim Verschieben von Kartonschachteln gemacht, wobei sie sich das Knie verrenkt habe. Die gegenteilige und von der Versicherten zurückgenommene Version vom 25. April 2005 gegenüber dem Schadenexperten vermag hiegegen nicht aufzukommen.
Insgesamt ist davon auszugehen, dass durch das Niederknien mit einem 8 kg schweren Bund Schachteln in den Händen, begleitet von einem "Fehltritt" (Unfallmeldung vom 13. März 2005 und Fragebogen Unfallbegriff vom 21. März 2005), eine überlastende Änderung der Körperlage stattgefunden hat, der jedenfalls ein gegenüber dem normalen Gebrauch der Körperteile gesteigertes Gefährdungspotenzial innewohnte (BGE 129 V 470 Erw. 4.2.2 und 4.3.3), welches sich hier realisierte. Demnach ist ein äusseres Ereignis im Sinne von Art. 9 Abs. 2
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV) UVV Art. 9 Unfallähnliche Körperschädigungen - Keine Körperschädigung im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 UVG stellen nicht unfallbedingte Schäden an Sachen dar, die infolge einer Krankheit eingesetzt wurden und einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen. |
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegnerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Sozialversicherungsrechtliche Kammer, und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.
Luzern, 27. September 2006
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: