6S.367/2005
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6S.367/2005 /bie
Urteil vom 27. September 2006
Kassationshof
Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Zünd,
Gerichtsschreiber Briw.
Parteien
X.________, zzt. Strafanstalt Pöschwies,
8105 Regensdorf, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Max Birkenmaier,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich.
Gegenstand
Widerhandlung gegen das BetmG (Wiederaufnahme),
Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer,
vom 23. August 2005.
Sachverhalt:
A.
Am 11. Dezember 2001 sprach das Obergericht des Kantons Zürich (II. Strafkammer) X.________ schuldig der Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie des Verweisungsbruchs und bestrafte ihn mit 12 Jahren Zuchthaus.
B.
Mit Eingabe vom 7. April 2005 stellte X.________ beim Obergericht, Revisionskammer, ein (drittes) Wiederaufnahmegesuch mit dem Antrag, das Urteil vom 11. Dezember 2001 sei aufzuheben, und die Akten seien zur Neubeurteilung an das Bezirksgericht Zürich zurückzuweisen. Am 23. August 2005 wies die Revisionskammer des Obergerichts dieses Gesuch ab. Dagegen reichte X.________ sowohl eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wie auch kantonale Nichtigkeitsbeschwerde ein. Mit Zirkulationsbeschluss vom 11. Juni 2006 trat das Kassationsgericht des Kantons Zürich auf die Nichtigkeitsbeschwerde nicht ein.
C.
In der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde beantragt X.________, den Beschluss der Revisionskammer aufzuheben und ihm die unentgeltliche Prozessführung zu bewilligen.
Das Obergericht und die Oberstaatsanwaltschaft verzichteten auf eine Vernehmlassung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der Beschwerdeführer bringt vor, seine psychische Erkrankung sei gestützt auf verschiedene Erkenntnisse von Ärzten als dermassen gewichtig eingestuft worden, dass in der Folge neuropsychologische Aklärungen erfolgt seien, die einen klaren pathologischen Befund ergeben hätten. Diese Erkenntnisse stellten neue, erhebliche Tatsachen dar, welche der Berufungsinstanz nicht vorgelegen hätten. Auch stehe in Anbetracht der diagnostizierten Erkrankung des Beschwerdeführers ausser Frage, dass es sich dabei um vorbestandene Leiden handeln müsse. Es sei deshalb davon auszugehen, dass bei richtiger Auslegung von Art. 397


2.
Die Vorinstanz wies das Revisionsgesuch aus zwei Gründen ab. Einerseits deshalb, weil eine Beeinträchtigung der geistigen Gesundheit des Beschwerdeführers zum Tatzeitpunkt nicht plausibel gemacht worden sei. Andererseits deshalb, weil selbst bei Vorhandensein der geltend gemachten Beeinträchtigung der geistigen Gesundheit zum Tatzeitpunkt nicht wahrscheinlich sei, dass diese die Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers tangiert hätte.
3.
3.1 Gemäss Art. 397

Gemäss § 449 Ziff. 3 StPO/ZH kann gegen ein rechtskräftiges Urteil, durch welches eine Strafe oder eine Massnahme verhängt wurde, Wiederaufnahme des Verfahrens zugunsten des Verurteilten verlangt werden, wenn Tatsachen und Beweismittel geltend gemacht werden, die dem erkennenden Richter nicht bekannt gewesen waren und welche allein oder in Verbindung mit früher erhobenen Tatsachen die Freisprechung des Angeklagten oder eine mildere Bestrafung rechtfertigt.
Art. 397

Die Vorinstanz stützt ihren Entscheid auf § 449 Ziff. 3 StPO/ZH. Inhaltlich stimmt diese Bestimmung mit Art. 397




3.2 Revisionsrechtlich ist eine Tatsache neu, wenn sie schon im Urteilszeitpunkt vorgelegen hat, dem Gericht jedoch nicht bekannt war oder von ihm in seiner Massgeblichkeit übersehen wurde.
Ein neues Gutachten kann Anlass zur Wiederaufnahme geben, wenn es neue Tatsachen nachweist oder darzutun vermag, dass die tatsächlichen Annahmen im früheren Urteil ungenau oder falsch waren (BGE 101 IV 247 E. 2; BGE 6P.93/2004 vom 15. November 2004 E. 4; Stephan Gass, Basler Kommentar, Strafrecht II, Basel 2003, Art. 397 N. 61; Robert Hauser/Erhard Schweri/Karl Hartmann, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Auflage, Basel 2005, 102 N. 19).
3.3 Ob eine Tatsache oder ein Beweismittel dem Sachrichter bekannt war oder im Sinne von Art. 397

Rechtsfrage ist demgegenüber, ob die letzte kantonale Instanz von den richtigen Begriffen der neuen Tatsache, des neuen Beweismittels und deren Erheblichkeit im Sinne von Art. 397

4.
Die Vorinstanz weist das Revisionsgesuch einmal mit der Begründung ab, dass eine Beeinträchtigung der geistigen Gesundheit des Beschwerdeführers zum Tatzeitpunkt nicht plausibel gemacht worden sei. Dies ist eine tatsächliche Feststellung, die nicht in der Nichtigkeitsbeschwerde vorgebracht werden kann. Gerade dies tut aber der Beschwerdeführer, indem er sich in langen Ausführungen gegen die erwähnte Auffassung der Vorinstanz wendet. Zusammengefasst rügt er etwa, es müsse davon ausgegangen werden, dass er gestützt auf Fakten, die dem urteilenden Gericht nicht vorgelegen hätten, an einer vorbestandenen psychischen Erkrankung gelitten habe (Beschwerde S. 12). Bei richtiger Auslegung von Art. 397

Hingegen kann in der Nichtigkeitsbeschwerde vorgebracht werden, der Umstand der psychischen Erkrankung sei geeignet, die Annahme des Gerichtes, beim Beschwerdeführer lägen keine Anhaltspunkte für eine Verminderung der Zurechnungsfähigkeit vor, entscheidend zu erschüttern (Beschwerde S. 12). Da aber nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz keine neue erhebliche Tatsache vorliegt, ist dieser Rüge von vornherein der Boden entzogen. Auf die Beschwerde ist demnach nicht einzutreten.
5.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist abzuweisen, weil das Rechtsbegehren aussichtslos erschien (Art. 152

Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 800.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 27. September 2006
Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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