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Geschäftsnummer BK_G 037/04

Entscheid vom 26. Mai 2004 Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Hochstrasser, Vorsitz, Bundesstrafrichter Keller und Ott, Gerichtsschreiber Guidon Parteien Kanton Zürich, Gesuchsteller gegen Kanton Luzern, Gesuchsgegner

Gegenstand Bestimmung des Gerichtsstandes i.S. A.______ und B.______ (Art. 350 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
StGB)

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Sachverhalt: A. A.______ und B.______ wurden am 8. Oktober 2003 in Z.______/AR kon-trolliert und wegen Verdachts auf Einbruchdiebstahl in Untersuchungshaft gesetzt. In der Folge stellte sich heraus, dass A.______ und B.______ im Verdacht stehen, zahlreiche Einbruchdiebstähle in verschiedenen Kanto-nen begangen zu haben. Die beiden Tatverdächtigen wurden deshalb vor-erst zu Abklärungen dem Kanton Aargau übergeben. Schliesslich führte der Kanton Zürich ein Ermittlungsverfahren unter Leitung der Bezirksanwalt-schaft Pfäffikon durch. Gemäss Schlussbericht der Kantonspolizei Zürich vom 16. März 2004 legten die beiden Tatverdächtigen nach längerem Bestreiten Geständnisse ab und räumten zahlreiche Einbrüche ein. Nach dem heutigen Ermittlungsstand sollen sie in den Kantonen Zürich, Bern, Aargau, St. Gallen, Luzern und Schwyz Einbruchdiebstähle begangen ha-ben. Der Modus operandi soll dabei immer ähnlich gewesen sein. A.______, treibende Kraft des Duos, soll in Tagestouren Einfamilienhäuser und Wohnungen ausgemacht haben. Nachdem sich die Täter versichert hätten, dass niemand zu Hause sei, hätten sie jeweils die Schlosszylinder an den Haus- und Wohnungstüren abgewürgt bzw. mit Brechwerkzeug Eingangs- oder Sitzplatztüren aufgebrochen. Sie sollen bevorzugt Bargeld, Schmuck, Armbanduhren, elektronische Geräte (Notebooks, Kameras etc.), mitunter Waffen, Spielzeug und Parfüms gestohlen haben (Schluss-bericht, BK act. 1.1.; Delikteverzeichnis BK act. 1.2)

B. Mit Schreiben vom 29. März 2004 gelangte der Kanton Zürich zur Klärung der Gerichtsstandsfrage an den Kanton Bern. Dieser lehnte seine Zustän-digkeit unter Hinweis auf das forum praeventionis des Kantons Luzern im Falle C.______ vorläufig ab (BK act. 1.3, 1.4). Zwischen den Behörden des Kantons Zürich und des Kantons Luzern kam es in der Folge zwischen dem 2. April 2004 und dem 23. April 2004 zu einem Meinungsaustausch (BK act. 1.5-1.9). Die Gerichtsstandsverhandlungen zwischen den Behör-den der beiden Kantone führten indes zu keiner Einigung.

C. Der Kanton Zürich wandte sich mit Eingabe vom 30. April 2004 (Eingang 4. Mai 2004) an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und be-antragte, der Kanton Luzern sei zur Verfolgung und Beurteilung von A.______ und B.______ berechtigt und verpflichtet zu erklären (BK act. 1). Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern beantragte mit Eingabe vom

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10. Mai 2004, es sei das Gesuch des Kantons Zürich abzuweisen und die Zuständigkeit zur Strafverfolgung beim Kanton Zürich zu belassen oder dem Kanton Bern zu übertragen (BK act. 3). Die Staatsanwaltschaft Zürich wurde von dieser Eingabe durch Zustellung des Doppels in Kenntnis ge-setzt (BK act. 4).

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung: 1. Die Zuständigkeit der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts zum Entscheid in Verfahren betreffend Gerichtsstandsstreitigkeiten ergibt sich aus Art. 28 Abs. 1 lit. g
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
SGG bzw. Art. 351
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
StGB sowie Art. 279 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
BStP.

Das Verfahren richtet sich sachgemäss nach den Art. 214
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
BStP.

2. 2.1 Die Staatsanwaltschaften der Kantone Zürich und Luzern sind nach ihrer kantonsinternen Zuständigkeitsordnung berechtigt, bei interkantonalen Ge-richtsstandskonflikten den Kanton nach Aussen zu vertreten (SCHWERI/BÄNZIGER, Interkantonale Gerichtsstandsbestimmung in Strafsachen, 2. Aufl., Bern 2004, S. 213 ff., Anhang II).

2.2 Wenn ein Kanton einen Fall abtreten will, so hat er mit jedem anderen Kan- ton, der ernsthaft für die Strafverfolgung zuständig sein könnte, einen Mei-nungsaustausch zu führen. Dieser Meinungsaustausch dient dazu, inter-kantonal eine Verständigung über den Gerichtsstand herbeizuführen. Erst wenn er gescheitert ist, liegt ein streitiger Gerichtsstand vor, der zur Anru-fung der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts berechtigt (SCHWERI/BÄNZIGER, a.a.O., N 565, 648). Vor Abschluss des Meinungsaustausches zwischen sämtlichen, ernstlich in Frage kommenden Kantonen kann demgemäss auf ein Gesuch um Bestimmung des Gerichtsstandes nicht eingetreten werden. Dieses Ergebnis drängt sich auch aus prakti- schen Überlegungen auf: Wollte man anders entscheiden und würde die Gerichtsstandsfrage nicht für alle möglicherweise zuständigen Kantone gleichzeitig beurteilt, hätte die Beschwerdekammer unter Umständen in mehreren Verfahren und gegebenenfalls in abstrakter Art und Weise über den Gerichtsstand in der gleichen Strafsache zu befinden. Ein solches Vor- gehen erscheint nicht nur unzweckmässig, sondern hätte ­ gerade für den

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Fall zahlreicher beteiligter Kantone ­ eine unter Umständen erhebliche Ver-fahrensverzögerung zur Folge.

Im vorliegenden Fall hat der Gesuchsteller nicht nur mit dem Gesuchsgeg-ner, sondern auch mit dem Kanton Bern einen Meinungsaustausch über die Zuständigkeit durchgeführt (Schreiben des Gesuchstellers vom 29. März 2004 sowie entsprechende Antwort des stellvertretenden Gene-ralprokurators des Kantons Bern vom 31. März 2004; BK act. 1.3 und 1.4). Dieser Meinungsaustausch wurde indessen, soweit aus den vorliegenden Akten ersichtlich, nicht abgeschlossen. Demgemäss kann auf das Gesuch um Bestimmung des Gerichtsstandes nicht eingetreten werden.

Der Vollständigkeit halber bleibt mit Blick auf den Einbruchdiebstahl vom 8. September 2003 in Y.______/LU darauf hinzuweisen, dass die betref-fende Tat aufgrund der derzeitigen Aktenlage (allein diese ist für die Beur-teilung der Gerichtsstandsfrage massgebend; vgl. Urteil der Anklagekam-mer des Bundesgerichts 8G.2/2004 vom 26. Januar 2004 E. 1) den Ange-schuldigten nicht zugeordnet werden kann. Gerade auch vor diesem Hin-tergrund erweist sich der Meinungsaustausch zwischen den beiden weite-ren beteiligten Kantonen als notwendig.

3. Es werden keine Kosten erhoben.

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Demnach erkennt die Beschwerdekammer: 1. Auf das Gesuch des Kantons Zürich zur Bestimmung des Gerichtsstandes für die Strafverfolgung gegen A.______ und B.______ wird nicht eingetre-ten. 2. Es werden keine Kosten erhoben.

Bellinzona, 26. Mai 2004 Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Zustellung an -

Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, -

Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern,

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Entscheid ist kein Rechtsmittel gegeben.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : BK_G 037/04
Datum : 26. Mai 2004
Publiziert : 01. Juni 2009
Quelle : Bundesstrafgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Beschwerdekammer: Strafverfahren
Gegenstand : Bestimmung des Gerichtsstandes i.S. A.______ und B.______ (Art. 350 Ziff. 1 StGB)


Gesetzesregister
BStP: 214  219  279
SGG: 28
StGB: 350 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
351
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
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