Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

6B 302/2020

Urteil vom 25. Juni 2020

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterinnen Jacquemoud-Rossari, Koch,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Wiederaufnahme des Strafverfahrens, Zustellfiktion,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 23. Januar 2020 (SBK.2020.22 / va).

Erwägungen:

1.
Nach einer Strafanzeige des Beschwerdeführers wegen falscher Anschuldigung, übler Nachrede und Verleumdung nahm die Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Laufenburg eine Strafuntersuchung am 8. Juli 2019 nicht an die Hand.
Am 14. Oktober 2019 stellte der Beschwerdeführer ein "Wiedererwägungsgesuch". Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau leitete das Gesuch an das Obergericht des Kantons Aargau weiter, welches am 7. November 2019 darauf nicht eintrat. Die Voraussetzungen für eine Revision lägen offensichtlich nicht vor. Im Übrigen dürfte der Beschwerdeführer wohl eine Wiederaufnahme angestrebt haben.
Daraufhin stellte der Beschwerdeführer am 18. November 2019 einen sinngemässen Antrag auf Wiederaufnahme, den die Oberstaatsan waltschaft mit Verfügung vom 10. Dezember 2019 abwies. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde trat das Obergericht des Kantons Aargau wegen Verspätung am 23. Januar 2020 nicht ein.
Der Beschwerdeführer wendet sich mit Beschwerde an das Bundesgericht.

2.
Anfechtungsobjekt ist ausschliesslich der letztinstanzliche kantonale Entscheid (Art. 80 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 80 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen nach der Strafprozessordnung vom 5. Oktober 200749 (StPO) ein Zwangsmassnahmegericht oder ein anderes Gericht als einzige kantonale Instanz entscheidet.50
BGG). Im Verfahren vor Bundesgericht kann es deshalb nur darum gehen, ob die Vorinstanz auf die Beschwerde zu Recht nicht eingetreten ist. Nicht zu hören ist der Beschwerdeführer mit Rügen, Vorbringen und Ausführungen, die ausserhalb des durch den angefochtenen Entscheid begrenzten Streitgegenstands liegen.

3.
Die Zustellung einer eingeschriebenen Postsendung, die nicht abgeholt worden ist, gilt am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch als erfolgt, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste (Art. 85 Abs. 4 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 85 Form der Mitteilungen und der Zustellung - 1 Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
1    Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
2    Die Zustellung erfolgt durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung, insbesondere durch die Polizei.
3    Sie ist erfolgt, wenn die Sendung von der Adressatin oder dem Adressaten oder von einer angestellten oder im gleichen Haushalt lebenden, mindestens 16 Jahre alten Person entgegengenommen wurde. Vorbehalten bleiben Anweisungen der Strafbehörden, eine Mitteilung der Adressatin oder dem Adressaten persönlich zuzustellen.
4    Sie gilt zudem als erfolgt:
a  bei einer eingeschriebenen Postsendung, die nicht abgeholt worden ist: am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste;
b  bei persönlicher Zustellung, wenn die Adressatin oder der Adressat die Annahme verweigert und dies von der Überbringerin oder dem Überbringer festgehalten wird: am Tag der Weigerung.
StPO). Die Begründung eines Verfahrensverhältnisses verpflichtet die Parteien, sich nach Treu und Glauben zu verhalten und unter anderem dafür zu sorgen, dass ihnen behördliche Akte zugestellt werden können, welche das Verfahren betreffen. Von einer am Verfahren beteiligten Person ist zu verlangen, dass sie um die Nachsendung ihrer an die bisherige Adresse gelangenden Korrespondenz besorgt ist, allenfalls längere Ortsabwesenheiten der Behörde mitteilt oder einen Stellvertreter ernennt (BGE 142 IV 286 E. 1.2 mit Hinweisen).

4.
In sachverhaltlicher Hinsicht ist unstreitig, dass die Verfügung der Oberstaatsanwaltschaft betreffend Abweisung der Wiederaufnahme am 10. Dezember 2019 eingeschrieben an die Parteien versandt wurde. Dem Beschwerdeführer wurde das Einschreiben am 12. Dezember 2019 zur Abholung mit einer Abholungsfrist bis 19. Dezember 2019 gemeldet. Unmittelbar nach dieser Avisierung erteilte der Beschwerdeführer der Post den Auftrag, die Aufbewahrungsfrist bis zum 9. Januar 2020 zu verlängern. An diesem Tag wurde die Nichtanhandnahmeverfügung dem Beschwerdeführer am Schalter zugestellt.
Die Vorinstanzerwägt vor diesem Hintergrund, der Beschwerdeführer habe aufgrund seines an die Oberstaatsanwaltschaft gerichteten An trags vom 18. November 2019 mit einer Zustellung im massgeblichen Zeitraum, d.h. im Dezember 2019, rechnen müssen. Er sei daher gerade auch im Hinblick auf seine "Ferienabwesenheit" gehalten gewesen, geeignete Vorkehren für eine zeitgerechte Zustellbarkeit zu treffen, und habe sich nicht einfach damit begnügen dürfen, bei der Post eine Verlängerung der Abholfrist zu veranlassen, um auf diese Weise den Beginn der 10-tägigen Beschwerdefrist entgegen der gesetzlichen Regelung nach Art. 85 Abs. 4 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 85 Form der Mitteilungen und der Zustellung - 1 Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
1    Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
2    Die Zustellung erfolgt durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung, insbesondere durch die Polizei.
3    Sie ist erfolgt, wenn die Sendung von der Adressatin oder dem Adressaten oder von einer angestellten oder im gleichen Haushalt lebenden, mindestens 16 Jahre alten Person entgegengenommen wurde. Vorbehalten bleiben Anweisungen der Strafbehörden, eine Mitteilung der Adressatin oder dem Adressaten persönlich zuzustellen.
4    Sie gilt zudem als erfolgt:
a  bei einer eingeschriebenen Postsendung, die nicht abgeholt worden ist: am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste;
b  bei persönlicher Zustellung, wenn die Adressatin oder der Adressat die Annahme verweigert und dies von der Überbringerin oder dem Überbringer festgehalten wird: am Tag der Weigerung.
StPO auf einen ihm genehmen Zeitpunkt hinauszuschieben. Die bei der Post veranlasste Verlängerung der Abholfrist sei daher für die Bestimmung des Fristbeginns ohne Belang. Auch sonst sei kein Grund ersichtlich, weshalb der Beginn der Beschwerdefrist nicht gestützt auf die Zustellfiktion nach Art. 85 Abs. 4 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 85 Form der Mitteilungen und der Zustellung - 1 Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
1    Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
2    Die Zustellung erfolgt durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung, insbesondere durch die Polizei.
3    Sie ist erfolgt, wenn die Sendung von der Adressatin oder dem Adressaten oder von einer angestellten oder im gleichen Haushalt lebenden, mindestens 16 Jahre alten Person entgegengenommen wurde. Vorbehalten bleiben Anweisungen der Strafbehörden, eine Mitteilung der Adressatin oder dem Adressaten persönlich zuzustellen.
4    Sie gilt zudem als erfolgt:
a  bei einer eingeschriebenen Postsendung, die nicht abgeholt worden ist: am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste;
b  bei persönlicher Zustellung, wenn die Adressatin oder der Adressat die Annahme verweigert und dies von der Überbringerin oder dem Überbringer festgehalten wird: am Tag der Weigerung.
StPO zu bestimmen wäre. Die Verfügung der Oberstaatsanwaltschaft sei dem Beschwerdeführer am 12. Dezember 2019 zur Abholung gemeldet worden und gelte daher als am 19. Dezember 2019 zugestellt. Entsprechend hätte eine Beschwerde spätestens am 30. Dezember 2019 eingereicht werden müssen. Die erst
mit Eingabe vom 18. Januar 2020 erhobene Beschwerde sei verspätet.

5.

5.1. Die Vorinstanz hat die Grundsätze zur Zustellfiktion im angefochtenen Entscheid zutreffend wiedergegeben. Der Beschwerdeführer beantragte am 18. November 2019 bei der Oberstaatsanwaltschaft sinngemäss die Wiederaufnahme eines Strafverfahrens. Er hat damit (erneut) aktiv ein Prozessrechtsverhältnis initiiert. Folglich musste er mit einer Reaktion der Staatsanwaltschaft rechnen und entsprechend davon ausgehen, dass ihm in absehbarer Zeit staatsanwaltschaftliche Post zugestellt werden könnte. Die mit Einschreiben versandte Verfügung der Oberstaatsanwaltschaft wurde dem Beschwerdeführer am 12. Dezember 2019 und damit rund 3 ½ Wochen nach seinem Antrag auf Wiederaufnahme zur Abholung gemeldet. Dieser Zeitablauf liegt offensichtlich im Rahmen des zu Erwartenden. Was der Beschwerdeführer dagegen einwendet, verfängt nicht. Soweit er vorbringt, er habe vor einer Mitteilung bzw. einer "kurzen Erklärung" über den Bestand eines Prozessrechtsverhältnisses nicht mit (fristauslösenden) Zustellungen der Oberstaatsanwaltschaft rechnen müssen, verkennt er, dass das Prozessrechtsverhältnis mit seinem Antrag auf Wiederaufnahme begründet wurde und es hierüber keiner weiteren Mitteilung bedurfte. Eine gesetzliche Bestimmung, die die
Oberstaatsanwaltschaft zu einem solchen Vorgehen verpflichten würde, vermag der Beschwerdeführer bezeichnenderweise nicht zu nennen und existiert im Übrigen nicht. Inwiefern eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliegen könnte, ist nicht ersichtlich.

5.2. Muss mit Zustellungen gerechnet werden, greift die Zustellfiktion nach Art. 85 Abs. 4 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 85 Form der Mitteilungen und der Zustellung - 1 Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
1    Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
2    Die Zustellung erfolgt durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung, insbesondere durch die Polizei.
3    Sie ist erfolgt, wenn die Sendung von der Adressatin oder dem Adressaten oder von einer angestellten oder im gleichen Haushalt lebenden, mindestens 16 Jahre alten Person entgegengenommen wurde. Vorbehalten bleiben Anweisungen der Strafbehörden, eine Mitteilung der Adressatin oder dem Adressaten persönlich zuzustellen.
4    Sie gilt zudem als erfolgt:
a  bei einer eingeschriebenen Postsendung, die nicht abgeholt worden ist: am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste;
b  bei persönlicher Zustellung, wenn die Adressatin oder der Adressat die Annahme verweigert und dies von der Überbringerin oder dem Überbringer festgehalten wird: am Tag der Weigerung.
StPO. Nach konstanter Rechtsprechung muss, wer Partei eines Verfahrens ist, im Falle seiner Abwesenheit die geeigneten Massnahmen treffen, damit ihm Mitteilungen zukommen, oder zumindest die Behörde über seine Abwesenheit informieren. Wie die Vorinstanz zutreffend erwägt, stellt eine Vereinbarung mit der Post betreffend Verlängerung der Abholfrist bzw. ein Postrückbehaltungsauftrag keine genügende Massnahme dar; das Wirksamwerden der Zustellfiktion lässt sich damit nicht verhindern (vgl. BGE 141 II 429 E. 3.1; BGE 134 V 49 E. 4; siehe auch BGE 123 III 492).

5.3. Der Beschwerdeführer beruft sich vor Bundesgericht darauf, der Vorinstanz seine Ortsabwesenheit am 3. Dezember 2019 angezeigt zu haben. Indessen befindet sich diese angebliche Anzeige vom 3. Dezember 2019 (welche sich denn auch auf andere vor der Beschwerdekammer des Obergerichts hängige Beschwerdeverfahren bezieht) nicht bei den Verfahrensakten und der Beschwerdeführer belegt den behaupteten Vorgang (Zustellnachweis) auch nicht. Abgesehen davon könnte er daraus auch nichts für sich ableiten. Weshalb die Vorinstanz die angebliche Anzeige vom 3. Dezember 2019 an die Oberstaatsanwaltschaft hätte weiterleiten sollen und müssen, erschliesst sich nicht, zumal weder dargetan noch ersichtlich ist, dass sie vom Wiederaufnahmeverfahren vor der Oberstaatsanwaltschaft Kenntnis hatte oder hätte haben können oder gar müssen. Mit seinen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun, dass er geeignete Vorkehrungen für die Zeit seiner Ortsabwesenheit und damit für die Zustellbarkeit getroffen hat. Eine willkürliche, verfassungs- oder sonstwie bundesrechtswidrige Rechtsanwendung durch die Vorinstanz ist mithin weder dargetan noch ersichtlich.

5.4. Soweit der Beschwerdeführer schliesslich vorbringt, es sei für ihn nicht erkennbar gewesen, dass es sich um eine Sendung der Oberstaatsanwaltschaft handelte, verkennt er, dass es für die Anwendbarkeit der Zustellfiktion im Sinne von Art. 85 Abs. 4 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 85 Form der Mitteilungen und der Zustellung - 1 Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
1    Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
2    Die Zustellung erfolgt durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung, insbesondere durch die Polizei.
3    Sie ist erfolgt, wenn die Sendung von der Adressatin oder dem Adressaten oder von einer angestellten oder im gleichen Haushalt lebenden, mindestens 16 Jahre alten Person entgegengenommen wurde. Vorbehalten bleiben Anweisungen der Strafbehörden, eine Mitteilung der Adressatin oder dem Adressaten persönlich zuzustellen.
4    Sie gilt zudem als erfolgt:
a  bei einer eingeschriebenen Postsendung, die nicht abgeholt worden ist: am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste;
b  bei persönlicher Zustellung, wenn die Adressatin oder der Adressat die Annahme verweigert und dies von der Überbringerin oder dem Überbringer festgehalten wird: am Tag der Weigerung.
StPO ausreicht, dass die Sendung per Einschreiben versandt wird und diejenige Behörde als Absender auf dem Briefumschlag erkennbar ist, mit deren Sendung der Empfänger aufgrund des Prozessrechtsverhältnisses rechnen musste (BGE 142 IV 286 E. 1.6). Auf dem Briefumschlag der eingeschrieben versandten Verfügung vom 10. Dezember 2019 ist die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau als Absender erkennbar. Dass der Beschwerdeführer hievon keine Kenntnis nahm bzw. nehmen konnte, hat er sich selber zuzuschreiben. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Absender der Sendung aus der Abholungseinladung hervorgeht (BGE 142 IV 286 E. 1.6.2 und 1.6.3). Mit Blick auf diese Rechtsprechung ist es entgegen dem Standpunkt des Beschwerdeführers folglich auch nicht notwendig, dass sich der Absender einer Sendung aus den elektronischen Benachrichtigungen des Onlinedienstes der Post an den Empfänger ergibt. Es reicht vielmehr aus, dass die Sendung per Einschreiben erfolgt (vgl. Art. 85 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 85 Form der Mitteilungen und der Zustellung - 1 Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
1    Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
2    Die Zustellung erfolgt durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung, insbesondere durch die Polizei.
3    Sie ist erfolgt, wenn die Sendung von der Adressatin oder dem Adressaten oder von einer angestellten oder im gleichen Haushalt lebenden, mindestens 16 Jahre alten Person entgegengenommen wurde. Vorbehalten bleiben Anweisungen der Strafbehörden, eine Mitteilung der Adressatin oder dem Adressaten persönlich zuzustellen.
4    Sie gilt zudem als erfolgt:
a  bei einer eingeschriebenen Postsendung, die nicht abgeholt worden ist: am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste;
b  bei persönlicher Zustellung, wenn die Adressatin oder der Adressat die Annahme verweigert und dies von der Überbringerin oder dem Überbringer festgehalten wird: am Tag der Weigerung.

StPO), was vorliegend der Fall ist bzw. war. Entsprechend kann keine Rede davon sein, dass die Zustellfiktion mangels Identifizierbarkeit des Absenders nicht hätte angewendet werden dürfen.

5.5. Weshalb und inwiefern zudem Rechtsverweigerung sowie überspitzter Formalismus vorliegen sollten, begründet der Beschwerdeführer nicht hinreichend (vgl. Art. 42 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1    Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
2    In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist. 14 15
3    Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat; richtet sich die Rechtsschrift gegen einen Entscheid, so ist auch dieser beizulegen.
4    Bei elektronischer Einreichung muss die Rechtsschrift von der Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201616 über die elektronische Signatur versehen werden. Das Bundesgericht bestimmt in einem Reglement:
a  das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen;
b  die Art und Weise der Übermittlung;
c  die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.17
5    Fehlen die Unterschrift der Partei oder ihrer Vertretung, deren Vollmacht oder die vorgeschriebenen Beilagen oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels angesetzt mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt.
6    Unleserliche, ungebührliche, unverständliche, übermässig weitschweifige oder nicht in einer Amtssprache verfasste Rechtsschriften können in gleicher Weise zur Änderung zurückgewiesen werden.
7    Rechtsschriften, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung beruhen, sind unzulässig.
bzw. Art. 106 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
BGG) und ist im Übrigen auch nicht ersichtlich.

6.
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 109 Dreierbesetzung - 1 Die Abteilungen entscheiden in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder kein besonders bedeutender Fall vorliegt, wenn die Beschwerde nur unter einer dieser Bedingungen zulässig ist (Art. 74 und 83-85). Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe b findet keine Anwendung.
1    Die Abteilungen entscheiden in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder kein besonders bedeutender Fall vorliegt, wenn die Beschwerde nur unter einer dieser Bedingungen zulässig ist (Art. 74 und 83-85). Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe b findet keine Anwendung.
2    Sie entscheiden ebenfalls in Dreierbesetzung bei Einstimmigkeit über:
a  Abweisung offensichtlich unbegründeter Beschwerden;
b  Gutheissung offensichtlich begründeter Beschwerden, insbesondere wenn der angefochtene Akt von der Rechtsprechung des Bundesgerichts abweicht und kein Anlass besteht, diese zu überprüfen.
3    Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden.
BGG abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Juni 2020

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 6B_302/2020
Date : 25. Juni 2020
Published : 13. Juli 2020
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Strafprozess
Subject : Wiederaufnahme des Strafverfahrens, Zustellfiktion


Legislation register
BGG: 42  66  80  106  109
StPO: 85
BGE-register
123-III-492 • 134-V-49 • 141-II-429 • 142-IV-286
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6B_302/2020
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