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9C_653/2010


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C 653/2010

Urteil vom 24. November 2010
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiberin Keel Baumann.

Verfahrensbeteiligte
SWICA Krankenversicherung AG, c/o SWICA Gesundheitsorganisation, Boulevard de Grancy 39, 1001 Lausanne,
Beschwerdeführerin,

gegen

Schweizer Paraplegiker-Zentrum Nottwil AG, vertreten durch Dr. med. V.________ und Dr. iur. H.________,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Krankenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Schiedsgerichts gemäss Art. 89
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 89 Kantonales Schiedsgericht - 1 Streitigkeiten zwischen Versicherern und Leistungserbringern entscheidet ein Schiedsgericht.
KVG des Kantons Luzern vom 18. Juni 2010.

Sachverhalt:

A.
Die im Kanton Schwyz wohnhafte T.________ (geb. 1935) leidet seit einem im Jahre 1977 erlittenen Unfall an sensomotorisch inkompletter Tetraplegie. Zur Behandlung verschiedener Komplikationen hielt sie sich vom 28. August bis 23. September 2006 im Schweizerischen Paraplegikerzentrum Nottwil (nachfolgend: SPZ) auf, welches nicht auf der Spitalliste des Kantons Schwyz figuriert. Das von ihr vorgängig, am 21. Juni 2006 gestellte Gesuch um Kostengutsprache lehnte die Swica Krankenversicherung insofern ab, als sie nur den für die Klinik Balgrist geltenden Tarif (Fr. 430.- pro Tag) anzuerkennen bereit war. Das SPZ wehrte sich erfolglos gegen die Tariffestsetzung; die Swica hielt an ihrem Standpunkt fest. Da auch im Verlaufe der weiteren Korrespondenz keine Einigung erzielt werden konnte, rief das SPZ gemäss dem von ihm mit santésuisse, Die Schweizer Krankenversicherer, geschlossenen Vertrag die Paritätische Vertrauenskommission an. Diese erklärte sich am 30. August 2007 als nicht zuständig für einen die Spitalliste des Kantons Schwyz betreffenden Entscheid; indessen bejahte sie die vertragliche Indikation für die Hospitalisation im SPZ.

B.
Am 26. September 2007 reichte das SPZ Klage ein mit dem Rechtsbegehren, die Swica sei zu verpflichten, ihm für die Hospitalisation der T.________ vom 28. August bis 23. September 2006 den Betrag von Fr. 35'910.- (27 Tage à Fr. 1'330.-) nebst Zins zu 5 % seit 1. November 2006 zu bezahlen; alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.

Mit Entscheid vom 18. Juni 2010 hiess das Schiedsgericht gemäss Art. 89
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 89 Kantonales Schiedsgericht - 1 Streitigkeiten zwischen Versicherern und Leistungserbringern entscheidet ein Schiedsgericht.
KVG des Kantons Luzern die Klage insofern gut, als es die Swica verpflichtete, der Schweizer Paraplegiker-Zentrum Nottwil AG für den Aufenthalt der T.________ vom 28. August bis 23. September 2006 den Tarif von Fr. 1'330.- pro Tag zu vergüten. Die Gerichtskosten wurden der Swica auferlegt. Eine Parteientschädigung wurde nicht zugesprochen.

C.
Die Swica erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der schiedsgerichtliche Entscheid sei aufzuheben, unter Kostenfolgen zulasten der Beschwerdegegnerin.
Die Schweizer Paraplegiker-Zentrum Nottwil AG schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:

1.
1.1 Streitigkeiten zwischen Versicherern und Leistungserbringern entscheidet ein Schiedsgericht (Art. 89 Abs. 1
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 89 Kantonales Schiedsgericht - 1 Streitigkeiten zwischen Versicherern und Leistungserbringern entscheidet ein Schiedsgericht.
KVG). Nach Rechtsprechung (BGE 134 V 269 E. 2.1 S. 271; 132 V 303 E. 4.1 S. 303 f. und 352 E. 2.1 S. 353; 131 V 191 E. 2 S. 193; SVR 2008 KV Nr. 2 S. 5, K 129/06 E. 3) und Lehre (Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2003, Rz. 7 zu Art. 57
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 57 Kantonales Versicherungsgericht - Jeder Kanton bestellt ein Versicherungsgericht als einzige Instanz zur Beurteilung von Beschwerden aus dem Bereich der Sozialversicherung.
ATSG; Gebhard Eugster, Krankenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV [nachfolgend: SBVR], 2. Aufl. 2007, S. 813 f. Rz. 1204; Eugster, Bundesgesetz über die Krankenversicherung [nachfolgend: KVG], 2010, N. 2 ff. zu Art. 89
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 89 Kantonales Schiedsgericht - 1 Streitigkeiten zwischen Versicherern und Leistungserbringern entscheidet ein Schiedsgericht.
KVG) ist das Schiedsgericht für alle Streitigkeiten zwischen Krankenversicherer und Leistungserbringer zuständig, wenn und soweit die Streitigkeit Rechtsbeziehungen zum Gegenstand hat, die sich aus dem KVG ergeben oder aufgrund des KVG eingegangen worden sind, wie beispielsweise Honorar- und Tariffragen (BGE 131 V 191 E. 2 S. 193; SVR 2008 KV Nr. 2 S. 5, K 129/06 E. 3; RKUV 2004 Nr. KV 286 S. 291, K 36/03 E. 4). Der Streitgegenstand muss die besondere Stellung der Versicherer oder Leistungserbringer im Rahmen des KVG betreffen (BGE 134 V 269 E. 2.1 S. 271). Die Zuständigkeit ist auch im System des Tiers garant (Art. 42 Abs. 1
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 42 - 1 Haben Versicherer und Leistungserbringer nichts anderes vereinbart, so schulden die Versicherten den Leistungserbringern die Vergütung der Leistung. Die Versicherten haben in diesem Fall gegenüber dem Versicherer einen Anspruch auf Rückerstattung (System des Tiers garant). In Abweichung von Artikel 22 Absatz 1 ATSG138 kann dieser Anspruch dem Leistungserbringer abgetreten werden.139
KVG) gegeben (Art. 89 Abs. 3
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 89 Kantonales Schiedsgericht - 1 Streitigkeiten zwischen Versicherern und Leistungserbringern entscheidet ein Schiedsgericht.
KVG; SVR
2008 KV Nr. 2 S. 5, K 129/06 E. 3 und 5.2; RKUV 2004 Nr. KV 287 S. 298, K 124/02 E. 2.2 mit Hinweisen).

1.2 Entgegen den von der Beschwerdeführerin geäusserten Zweifeln ist die Zuständigkeit des Schiedsgerichts im zu beurteilenden Fall ohne weiteres zu bejahen. Es stehen sich die Swica als Versicherer (im System des tiers payant) und die Schweizer Paraplegiker-Zentrum Nottwil AG als Leistungserbringer gegenüber. Sie sind sich uneinig, welcher Tarif für die ausserkantonale Hospitalisation der Versicherten anwendbar ist. Dass dabei auch die Frage nach der Notwendigkeit der ausserkantonalen Hospitalisation zu beantworten ist, vermag an der schiedsgerichtlichen Zuständigkeit nichts zu ändern.

2.
2.1 Die Hospitalisation erfolgte im Jahre 2006. Anwendbar ist somit das Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) in der bis Ende 2008 gültig gewesenen Fassung, in welcher es nachfolgend auch zitiert wird.

2.2 Gemäss Art. 41 Abs. 1
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 41 - 1 Die Versicherten können für die ambulante Behandlung unter den zugelassenen Leistungserbringern, die für die Behandlung ihrer Krankheit geeignet sind, frei wählen. Der Versicherer übernimmt die Kosten nach dem Tarif, der für den gewählten Leistungserbringer gilt.126 127
KVG können die Versicherten unter den zugelassenen Leistungserbringern, die für die Behandlung ihrer Krankheit geeignet sind, frei wählen (Satz 1). Bei stationärer oder teilstationärer Behandlung muss der Versicherer die Kosten höchstens nach dem Tarif übernehmen, der im Wohnkanton der versicherten Person gilt (Satz 3).

Beanspruchen Versicherte aus medizinischen Gründen einen anderen Leistungserbringer, richtet sich die Kostenübernahme nach dem Tarif, der für diesen Leistungserbringer gilt (Art. 41 Abs. 2
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 41 - 1 Die Versicherten können für die ambulante Behandlung unter den zugelassenen Leistungserbringern, die für die Behandlung ihrer Krankheit geeignet sind, frei wählen. Der Versicherer übernimmt die Kosten nach dem Tarif, der für den gewählten Leistungserbringer gilt.126 127
Satz 1 KVG). Medizinische Gründe liegen bei einem Notfall vor oder wenn die erforderlichen Leistungen nicht angeboten werden: bei stationärer oder teilstationärer Behandlung im Wohnkanton oder in einem auf der Spitalliste des Wohnkantons nach Art. 39 Abs. 1 lit. e
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 39 Spitäler und andere Einrichtungen - 1 Anstalten oder deren Abteilungen, die der stationären Behandlung akuter Krankheiten oder der stationären Durchführung von Massnahmen der medizinischen Rehabilitation dienen (Spitäler), sind zugelassen, wenn sie:
aufgeführten ausserkantonalen Spital (Art. 41 Abs. 2
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 41 - 1 Die Versicherten können für die ambulante Behandlung unter den zugelassenen Leistungserbringern, die für die Behandlung ihrer Krankheit geeignet sind, frei wählen. Der Versicherer übernimmt die Kosten nach dem Tarif, der für den gewählten Leistungserbringer gilt.126 127
Satz 2 lit. b KVG).

Beansprucht die versicherte Person aus medizinischen Gründen die Dienste eines ausserhalb ihres Wohnkantons befindlichen öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitals, so übernimmt der Wohnkanton die Differenz zwischen den in Rechnung gestellten Kosten und den Tarifen des betreffenden Spitals für Einwohner und Einwohnerinnen des Kantons (Art. 41 Abs. 3
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 41 - 1 Die Versicherten können für die ambulante Behandlung unter den zugelassenen Leistungserbringern, die für die Behandlung ihrer Krankheit geeignet sind, frei wählen. Der Versicherer übernimmt die Kosten nach dem Tarif, der für den gewählten Leistungserbringer gilt.126 127
Satz 1 KVG).

3.
3.1 Da das SPZ - wie feststeht und unbestritten ist - nicht auf der Spitalliste des Kantons Schwyz figuriert und kein Notfall im Sinne von Art. 41 Abs. 2
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 41 - 1 Die Versicherten können für die ambulante Behandlung unter den zugelassenen Leistungserbringern, die für die Behandlung ihrer Krankheit geeignet sind, frei wählen. Der Versicherer übernimmt die Kosten nach dem Tarif, der für den gewählten Leistungserbringer gilt.126 127
KVG vorliegt, ist für die streitige Kostenübernahme, entgegen der von der Vorinstanz vertretenen Auffassung, entscheidend, ob die erforderliche Leistung in einem auf der Spitalliste des Kantons Schwyz aufgeführten kantonalen oder ausserkantonalen Spital angeboten worden wäre.

3.2 Nicht gefolgt werden kann insoweit dem angefochtenen Entscheid, in welchem als massgebend betrachtet wird, dass es sich bei den Angaben im Gesuch ("Para- und Tetraplegiker mit plegiebedingen Komplikationen, insbesondere Dekubitalulzera oder Affektionen des Urogenitalsystems") um Indikationen gemäss Tarifvertrag handle und damit die Voraussetzungen gemäss dem zwischen der santésuisse und dem SPZ geschlossenen Vertrag erfüllt seien, was zur Anwendbarkeit des vertraglich vereinbarten Tarifes führe. Denn der Tarifvertrag kann nicht Leistungspflichten begründen, die von Gesetzes wegen nicht bestehen (vgl. Eugster, KVG, N. 13 zu Art. 41
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 41 - 1 Die Versicherten können für die ambulante Behandlung unter den zugelassenen Leistungserbringern, die für die Behandlung ihrer Krankheit geeignet sind, frei wählen. Der Versicherer übernimmt die Kosten nach dem Tarif, der für den gewählten Leistungserbringer gilt.126 127
KVG). Die vertraglich festgelegten Tarife gelten unter der Voraussetzung, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Tarifs (Art. 41 Abs. 2
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 41 - 1 Die Versicherten können für die ambulante Behandlung unter den zugelassenen Leistungserbringern, die für die Behandlung ihrer Krankheit geeignet sind, frei wählen. Der Versicherer übernimmt die Kosten nach dem Tarif, der für den gewählten Leistungserbringer gilt.126 127
KVG) erfüllt sind. Aus diesem Grunde ist unerheblich, ob die tarifvertragsmässige Indikation für die Behandlung im SPZ gegeben war.

3.3 Ist die streitentscheidende Frage, ob die beanspruchte Leistung in einem auf der Spitalliste des Kantons Schwyz aufgeführten kantonalen oder ausserkantonalen Spital angeboten worden wäre, zu verneinen, liegt ein eine ausserkantonale Hospitalisation im SPZ rechtfertigender medizinischer Grund im Sinne von Art. 41 Abs. 2 lit. b
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 41 - 1 Die Versicherten können für die ambulante Behandlung unter den zugelassenen Leistungserbringern, die für die Behandlung ihrer Krankheit geeignet sind, frei wählen. Der Versicherer übernimmt die Kosten nach dem Tarif, der für den gewählten Leistungserbringer gilt.126 127
KVG vor und sind die Kosten nach dem (von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen) Tarif des SPZ (Fr. 1'330.- pro Tag) zu übernehmen. Ist sie zu bejahen, liegt kein medizinischer Grund im Sinne von Art. 41 Abs. 2 lit. b
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 41 - 1 Die Versicherten können für die ambulante Behandlung unter den zugelassenen Leistungserbringern, die für die Behandlung ihrer Krankheit geeignet sind, frei wählen. Der Versicherer übernimmt die Kosten nach dem Tarif, der für den gewählten Leistungserbringer gilt.126 127
KVG vor und erfolgt die Kostenübernahme nach dem im Kanton Schwyz geltenden Tarif (Art. 41 Abs. 1
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 41 - 1 Die Versicherten können für die ambulante Behandlung unter den zugelassenen Leistungserbringern, die für die Behandlung ihrer Krankheit geeignet sind, frei wählen. Der Versicherer übernimmt die Kosten nach dem Tarif, der für den gewählten Leistungserbringer gilt.126 127
Satz 3 KVG).

3.4 Wie sich aus den Akten ergibt, figuriert auf der Spitalliste des Kantons Schwyz keine spezialisierte Paraplegie-Klinik (die eine solche führende Universitätsklinik Balgrist ist nur mit dem Leistungsauftrag "Orthopädie" aufgeführt). Zu prüfen bleibt, ob die Leistung in einem auf der Spitalliste des Kantons Schwyz stehenden kantonalen oder ausserkantonalen Spital angeboten worden wäre. Massgebend hiefür ist, ob die Behandlung derart plegiespezifisch war, dass sie nur in einer spezialisierten Paraplegie-Klinik durchgeführt werden konnte oder zumindest dort ein erheblicher medizinischer (diagnostischer und/oder therapeutischer) Mehrwert resultierte (BGE 127 V 138 E. 5 S. 146 f.; RKUV 2004 Nr. KV 307 S. 467, K 112/03 E. 3.2, 2004 Nr. KV 273 S. 119, K 22/03 E. 3.3.2 [nicht publ. in: BGE 130 V 87]; Eugster, KVG, N. 20 zu Art. 41
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 41 - 1 Die Versicherten können für die ambulante Behandlung unter den zugelassenen Leistungserbringern, die für die Behandlung ihrer Krankheit geeignet sind, frei wählen. Der Versicherer übernimmt die Kosten nach dem Tarif, der für den gewählten Leistungserbringer gilt.126 127
KVG).

Mit der demnach entscheidenden Frage, ob die Behandlung nur in einer spezialisierten Paraplegie-Klinik durchgeführt werden konnte, hat sich die Vorinstanz nicht auseinandergesetzt. Sie lässt sich aufgrund der vorliegenden Akten auch nicht beantworten. Namentlich kann aus der Tatsache, dass die Versicherte Tetraplegikerin ist, nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass die Behandlung plegiespezifisch war (vgl. Urteil K 124/04 vom 17. November 2005 E. 5.2). Auch dass die Beschwerdeführerin Kostengutsprache im Rahmen des für die Klinik Balgrist geltenden Tarifs erteilt hat, bedeutet nicht, dass sie rechtsverbindlich anerkannt hätte, dass für die Behandlung eine spezialisierte Paraplegie-Klinik erforderlich sei. Insofern erweist sich die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung als unvollständig.

3.5 Da die Akten nicht erlauben, die Frage, ob die Behandlung nur in einer spezialisierten Paraplegie-Klinik möglich war oder auch in einem auf der Spitalliste aufgeführten (kantonalen oder ausserkantonalen) Spital hätte vorgenommen werden können, zu beantworten, ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie dies abkläre. Ist die Frage zu bejahen, erfolgt die Kostentragung nach dem Tarif dieses Spitals, allenfalls nach dem Referenztarif. Ist sie zu verneinen, liegt ein medizinischer Grund für eine Behandlung in einer spezialisierten Paraplegie-Klinik vor; dabei ist nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit der Leistungen (Art. 32 Abs. 1
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 32 Voraussetzungen - 1 Die Leistungen nach den Artikeln 25-31 müssen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein. Die Wirksamkeit muss nach wissenschaftlichen Methoden nachgewiesen sein.
KVG) grundsätzlich das kostengünstigste Angebot massgebend (BGE 127 V 138 E. 5 S. 147).

Wie die Beschwerdegegnerin mit Recht vorbringt, kann indessen diesbezüglich nicht ohne weiteres der Tarif einer nicht subventionierten Klinik mit demjenigen einer öffentlichen oder öffentlich subventionierten verglichen werden, zumal bei letzteren ja zusätzlich zu dem von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zu bezahlenden Betrag noch die Differenzzahlung des Kantons (Art. 41 Abs. 3
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 41 - 1 Die Versicherten können für die ambulante Behandlung unter den zugelassenen Leistungserbringern, die für die Behandlung ihrer Krankheit geeignet sind, frei wählen. Der Versicherer übernimmt die Kosten nach dem Tarif, der für den gewählten Leistungserbringer gilt.126 127
KVG) käme. Aus diesem Grunde müsste vielmehr ein Gesamtkostenvergleich vorgenommen werden (vgl. Brigitte Pfiffner Rauber, Das Recht auf Krankheitsbehandlung und Pflege, 2003, S. 264 ff.; Guy Longchamp, Conditions et étendue du droit aux prestations de l'assurance-maladie sociale, 2004, 308 ff. und 417). Dabei dürfte die Wirtschaftlichkeit nicht schon bei einem relativ geringfügigen Kostenunterschied zu verneinen sein (vgl. Eugster, KVG, N. 12 zu Art. 32
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 32 Voraussetzungen - 1 Die Leistungen nach den Artikeln 25-31 müssen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein. Die Wirksamkeit muss nach wissenschaftlichen Methoden nachgewiesen sein.
KVG; BGE 124 V 196 E. 3 S. 200 f.; RKUV 1998 Nr. K 988 S. 1, K 29/96 E. 3c).

4.
Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdegegnerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Schiedsgerichts gemäss Art. 89
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 89 Kantonales Schiedsgericht - 1 Streitigkeiten zwischen Versicherern und Leistungserbringern entscheidet ein Schiedsgericht.
KVG des Kantons Luzern vom 18. Juni 2010 aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, damit sie die Klage im Sinne der Erwägungen neu beurteile.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1900.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Schiedsgericht gemäss Art. 89
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 89 Kantonales Schiedsgericht - 1 Streitigkeiten zwischen Versicherern und Leistungserbringern entscheidet ein Schiedsgericht.
KVG des Kantons Luzern und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 24. November 2010

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Meyer Keel Baumann
9C_653/2010 24. November 2010 12. Dezember 2010 Bundesgericht Unpubliziert Krankenversicherung

Gegenstand Krankenversicherung

Gesetzesregister
ATSG 57
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 57 Kantonales Versicherungsgericht - Jeder Kanton bestellt ein Versicherungsgericht als einzige Instanz zur Beurteilung von Beschwerden aus dem Bereich der Sozialversicherung.
BGG 66
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
KVG 32
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 32 Voraussetzungen - 1 Die Leistungen nach den Artikeln 25-31 müssen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein. Die Wirksamkeit muss nach wissenschaftlichen Methoden nachgewiesen sein.
KVG 39
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 39 Spitäler und andere Einrichtungen - 1 Anstalten oder deren Abteilungen, die der stationären Behandlung akuter Krankheiten oder der stationären Durchführung von Massnahmen der medizinischen Rehabilitation dienen (Spitäler), sind zugelassen, wenn sie:
KVG 41
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 41 - 1 Die Versicherten können für die ambulante Behandlung unter den zugelassenen Leistungserbringern, die für die Behandlung ihrer Krankheit geeignet sind, frei wählen. Der Versicherer übernimmt die Kosten nach dem Tarif, der für den gewählten Leistungserbringer gilt.126 127
KVG 42
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 42 - 1 Haben Versicherer und Leistungserbringer nichts anderes vereinbart, so schulden die Versicherten den Leistungserbringern die Vergütung der Leistung. Die Versicherten haben in diesem Fall gegenüber dem Versicherer einen Anspruch auf Rückerstattung (System des Tiers garant). In Abweichung von Artikel 22 Absatz 1 ATSG138 kann dieser Anspruch dem Leistungserbringer abgetreten werden.139
KVG 89
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 89 Kantonales Schiedsgericht - 1 Streitigkeiten zwischen Versicherern und Leistungserbringern entscheidet ein Schiedsgericht.
BGE Register
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