Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
8C 586/2010
Urteil vom 24. September 2010
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Niquille, Bundesrichter Maillard,
Gerichtsschreiber Kathriner.
Verfahrensbeteiligte
D.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Galligani,
gegen
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Amthaus 1, 4500 Solothurn,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Unentgeltliche Rechtspflege vor Vorinstanz,
Beschwerde gegen die Verfügung des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 14. Juni 2010.
Sachverhalt:
A.
Mit Verfügung vom 14. Juni 2010 wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn in einem Invalidenversicherungsverfahren das Gesuch des 1954 geborenen D.________ um unentgeltliche Rechtspflege infolge Aussichtslosigkeit ab.
B.
Mit Beschwerde beantragt D.________, ihm sei unter Aufhebung der kantonalen Verfügung im Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht die unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung zu gewähren. Gleichzeitig beantragt er die unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren.
Das Bundesgericht wies mit Verfügung vom 18. August 2010 das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde ab.
Erwägungen:
1.
Eine selbstständig eröffnete Verfügung, mit der im kantonalen Verfahren ein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung abgewiesen wird, stellt praxisgemäss einen Zwischenentscheid dar, welcher geeignet ist, einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 93 Andere Vor- und Zwischenentscheide - 1 Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig: |
|
1 | Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig: |
a | wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können; oder |
b | wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde. |
2 | Auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen und dem Gebiet des Asyls sind Vor- und Zwischenentscheide nicht anfechtbar.85 Vorbehalten bleiben Beschwerden gegen Entscheide über die Auslieferungshaft sowie über die Beschlagnahme von Vermögenswerten und Wertgegenständen, sofern die Voraussetzungen von Absatz 1 erfüllt sind. |
3 | Ist die Beschwerde nach den Absätzen 1 und 2 nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, so sind die betreffenden Vor- und Zwischenentscheide durch Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken. |
2.
Gemäss Art. 61 lit. f
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 61 Verfahrensregeln - Das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht bestimmt sich unter Vorbehalt von Artikel 1 Absatz 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196846 nach kantonalem Recht. Es hat folgenden Anforderungen zu genügen: |
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a | Das Verfahren muss einfach, rasch und in der Regel öffentlich sein. |
b | Die Beschwerde muss eine gedrängte Darstellung des Sachverhaltes, ein Rechtsbegehren und eine kurze Begründung enthalten. Genügt sie diesen Anforderungen nicht, so setzt das Versicherungsgericht der Beschwerde führenden Person eine angemessene Frist zur Verbesserung und verbindet damit die Androhung, dass sonst auf die Beschwerde nicht eingetreten wird. |
c | Das Versicherungsgericht stellt unter Mitwirkung der Parteien die für den Entscheid erheblichen Tatsachen fest; es erhebt die notwendigen Beweise und ist in der Beweiswürdigung frei. |
d | Das Versicherungsgericht ist an die Begehren der Parteien nicht gebunden. Es kann eine Verfügung oder einen Einspracheentscheid zu Ungunsten der Beschwerde führenden Person ändern oder dieser mehr zusprechen, als sie verlangt hat, wobei den Parteien vorher Gelegenheit zur Stellungnahme sowie zum Rückzug der Beschwerde zu geben ist. |
e | Rechtfertigen es die Umstände, so können die Parteien zur Verhandlung vorgeladen werden. |
f | Das Recht, sich verbeiständen zu lassen, muss gewährleistet sein. Wo die Verhältnisse es rechtfertigen, wird der Beschwerde führenden Person ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt. |
fbis | Bei Streitigkeiten über Leistungen ist das Verfahren kostenpflichtig, wenn dies im jeweiligen Einzelgesetz vorgesehen ist; sieht das Einzelgesetz keine Kostenpflicht bei solchen Streitigkeiten vor, so kann das Gericht einer Partei, die sich mutwillig oder leichtsinnig verhält, Gerichtskosten auferlegen. |
g | Die obsiegende Beschwerde führende Person hat Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Diese werden vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen. |
h | Die Entscheide werden, versehen mit einer Begründung und einer Rechtsmittelbelehrung sowie mit den Namen der Mitglieder des Versicherungsgerichts schriftlich eröffnet. |
i | Die Revision von Entscheiden wegen Entdeckung neuer Tatsachen oder Beweismittel oder wegen Einwirkung durch Verbrechen oder Vergehen muss gewährleistet sein. |
2.3.1 S. 135; 128 I 225 E. 2.5.3 S. 236 mit Hinweis).
3.
3.1 Das kantonale Gericht erwog, die Beschwerde sei als aussichtslos zu bezeichnen, da aufgrund der interdisziplinären Abklärung von Dr. med. Dr. phil. A.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 18. November 2006 und insbesondere aufgrund des psychiatrischen Gutachtens des Dr. med. B.________ vom 8. Februar 2009 eine posttraumatische Belastungsstörung des Beschwerdeführers habe ausgeschlossen werden können.
3.2 In der Beschwerde an das Bundesgericht wird nichts vorgebracht, was Zweifel an dieser Beurteilung begründen würde. Das psychiatrische Gutachten von Dr. med. B.________ erweist sich - entgegen dem Einwand in der Beschwerde - für die streitigen Belange als umfassend und erfüllt die bundesgerichtlichen Beweisanforderungen (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Der Gutachter legte ausdrücklich dar und begründete, weshalb beim Beschwerdeführer - entgegen den Angaben des Hausarztes Dr. med. C.________ vom 9. Dezember 2008 - keine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert werden kann. Er führte aus, der Beschwerdeführer habe bis zur Kündigung seiner Arbeitsstelle aus wirtschaftlichen Gründen im Jahr 2006 keinerlei psychische Schwierigkeiten gehabt, sich in der Schweiz wohl gefühlt, zahlreiche soziale Kontakte gehabt und regelmässig seine im Kosovo lebende Familie besucht. Der Tod eines Kindes und das Miterleben eines Unfalls vor mehr als 20 Jahren seien kaum Ereignisse, die praktisch bei jedem Menschen eine tiefe Verunsicherung auslösten. Während mehr als 20 Jahren habe er nicht unter psychopathologischen Symptomen gelitten. Eine posttraumatische Belastungsstörung könne also nicht diagnostiziert werden. Diese Ausführungen stimmen
überein mit den massgeblichen Leitlinien zur Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung, wonach eine solche nach einem traumatisierenden Ereignis von aussergewöhnlicher Schwere auftritt, die fast bei jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Die Störung folgt dem Trauma mit einer Latenz, die Wochen bis Monate dauern kann, selten mehr als sechs Monate nach dem Trauma. Spätere chronifizierte Folgen von extremer Belastung, d.h. solche, die noch Jahrzehnte nach der belastenden Erfahrung bestehen, sind hingegen als andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung (F.62.0) zu klassifizieren (Dilling/Mombour/Schmidt, Internationale Klassifikation psychischer Störungen, ICD-10 Kapitel V [F], Klinisch-diagnostische Leitlinien, 7. Aufl. 2010, S. 183 f.). Der Gutachter legte auch die Ursache für die Befunde beim Beschwerdeführer dar. So führte er aus, dass das Auftreten von Erinnerungen und auch von gelegentlichen Träumen über die früheren Verluste beim Beschwerdeführer im Rahmen einer leichten depressiven Störung stünden.
Die Ausführungen des Gutachters, insbesondere der Hinweis auf die über 20 Jahre Dauer ohne psychopatholgische Symptome und ohne Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit erweisen sich als begründet und schlüssig. Wie die Vorinstanz richtig ausführte, ist der Bericht des Psychotraumatherpeuten Dr. med. E.________ vom 15. Oktober 2009 nicht geeignet, Zweifel am fachärztlichen Gutachten von Dr. med. B.________ zu begründen. Eine eigentliche Auseinandersetzung mit dem Gutachten von Dr. med. B.________ fand dort nicht statt. Dr. med. E.________ wirft dem Gutachter lediglich fehlende Menschenachtung und Vernunft vor. Dies erweist sich als unbegründet, insbesondere da sich die Beurteilung von Dr. med. B.________ an den massgeblichen diagnostischen Leitlinien orientierte. Zutreffend ist, dass im Gutachten von Dr. med. B.________ der Bericht des Dr. med. X.________ vom Institut Y.________ vom 19. Januar 2009 nicht berücksichtigte, da dieser vom Hausarzt Dr. med. C.________ erst mit Eingabe vom 26. März 2010 der Beschwerdegegnerin eingereicht wurde. Das mindert den Beweiswert des Gutachtens von Dr. med. B.________ allerdings nicht, denn Dr. med. X.________ bestätigte lediglich die bereits zuvor gestellte Diagnose des Hausarztes Dr. med.
C.________ und erwähnte eine "chronische posttraumatische Belastungsstörung", zu welcher der Gutachter Dr. med. B.________ ausdrücklich Stellung nahm. Die vorinstanzliche Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung wegen Aussichtslosigkeit ist daher nicht zu beanstanden. Die Gewinnaussichten sind als beträchtlich geringer zu beurteilen als die Verlustgefahren. Die Beschwerde ist demgemäss abzuweisen.
4.
Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdeführer als unterliegende Partei auferlegt (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
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1 | Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
2 | Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden. |
3 | Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht. |
4 | Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist. |
5 | Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 24. September 2010
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Ursprung Kathriner