Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

1B 172/2021

Verfügung vom 24. Juni 2021

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Haag, als Einzelrichter,
Gerichtsschreiber Bisaz.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

1. B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Felix Widmer,

2. C.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Daniela Fischer,
Beschwerdegegner,

Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich, Abteilung für schwere Gewaltkriminalität, Molkenstrasse 15/17, 8004 Zürich.

Gegenstand
Öffentlichkeit der Berufungsverhandlung (Auflagen),

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 10. März 2021 (SB210020-O/Z2/ad).

Sachverhalt:

A.
Im Verfahren Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich und B.________ gegen C.________ betreffend mehrfachen sexuellen Handlungen mit einem Kind etc. fällte das Bezirksgericht Dielsdorf, II. Abteilung, am 1. Dezember 2020 ein Urteil. Mit schriftlicher Berufungserklärung vom 11. Januar 2021 stellte B.________ verschiedene Verfahrensanträge und einen Berufungsantrag. Es erfolgte keine Anschlussberufung.

B.
Mit Beschluss vom 10. März 2021 machte das Obergericht im Hinblick auf die Öffentlichkeit der Berufungsverhandlung verschiedene Auflagen.

C.
Gegen diesen Beschluss erhebt A.________ beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen.

D.
Mit Eingabe vom 29. April 2021 an das Obergericht zog B.________ ihre Berufung zurück. Das Bundesgericht teilte den Verfahrensbeteiligten mit Verfügung vom 25. Mai 2021 mit, das Verfahren scheine gegenstandslos geworden zu sein, und räumte ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme ein.
A.________ beantragt Eintreten auf die Beschwerde. Sollte das Bundesgericht die Beschwerde als gegenstandslos abschreiben, sei auf die Erhebung von Kosten zu verzichten. C.________ beantragt, die Beschwerde als gegenstandslos abzuschreiben. Ihm seien keine Verfahrenskosten aufzuerlegen, er verzichte auf die Geltendmachung einer Parteientschädigung. Das Obergericht sowie implizit auch die Staatsanwaltschaft verzichten auf eine Vernehmlassung. B.________ hatte bereits mit ihrer Mitteilung vom 28. April 2021 über den Rückzug der Berufung sinngemäss beantragt, das Verfahren als gegenstandslos abzuschreiben und ihr keine Kosten aufzuerlegen.

Erwägungen:

1.

1.1. Gegen den angefochtenen Entscheid steht gemäss Art. 78 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 78 Grundsatz - 1 Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
1    Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
2    Der Beschwerde in Strafsachen unterliegen auch Entscheide über:
a  Zivilansprüche, wenn diese zusammen mit der Strafsache zu behandeln sind;
b  den Vollzug von Strafen und Massnahmen.
BGG die Beschwerde in Strafsachen offen. Die Vorinstanz hat gemäss Art. 59 Abs. 1 lit. b
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 59 Entscheid - 1 Wird ein Ausstandsgrund nach Artikel 56 Buchstabe a oder f geltend gemacht oder widersetzt sich eine in einer Strafbehörde tätige Person einem Ausstandsgesuch einer Partei, das sich auf Artikel 56 Buchstaben b-e abstützt, so entscheidet ohne weiteres Beweisverfahren:22
1    Wird ein Ausstandsgrund nach Artikel 56 Buchstabe a oder f geltend gemacht oder widersetzt sich eine in einer Strafbehörde tätige Person einem Ausstandsgesuch einer Partei, das sich auf Artikel 56 Buchstaben b-e abstützt, so entscheidet ohne weiteres Beweisverfahren:22
a  die Staatsanwaltschaft, wenn die Polizei betroffen ist;
b  die Beschwerdeinstanz, wenn die Staatsanwaltschaft, die Übertretungsstrafbehörden oder die erstinstanzlichen Gerichte betroffen sind;
c  das Berufungsgericht, wenn die Beschwerdeinstanz oder einzelne Mitglieder des Berufungsgerichts betroffen sind;
d  das Bundesstrafgericht, wenn das gesamte Berufungsgericht eines Kantons betroffen ist.
2    Der Entscheid ergeht schriftlich und ist zu begründen.
3    Bis zum Entscheid übt die betroffene Person ihr Amt weiter aus.
4    Wird das Gesuch gutgeheissen, so gehen die Verfahrenskosten zu Lasten des Bundes beziehungsweise des Kantons. Wird es abgewiesen oder war es offensichtlich verspätet oder mutwillig, so gehen die Kosten zu Lasten der gesuchstellenden Person.
StPO als einzige kantonale Instanz entschieden. Die Beschwerde ist somit nach Art. 80
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 80 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen nach der Strafprozessordnung vom 5. Oktober 200749 (StPO) ein Zwangsmassnahmegericht oder ein anderes Gericht als einzige kantonale Instanz entscheidet.50
BGG grundsätzlich zulässig.

1.2. Die Beschwerde in Strafsachen setzt ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids voraus (Art. 81 Abs. 1 lit. b
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 81 Beschwerderecht - 1 Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
1    Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
a  vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; und
b  ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat, insbesondere:
b1  die beschuldigte Person,
b2  ihr gesetzlicher Vertreter oder ihre gesetzliche Vertreterin,
b3  die Staatsanwaltschaft, ausser bei Entscheiden über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft,
b4  ...
b5  die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann,
b6  die Person, die den Strafantrag stellt, soweit es um das Strafantragsrecht als solches geht,
b7  die Staatsanwaltschaft des Bundes und die beteiligte Verwaltung in Verwaltungsstrafsachen nach dem Bundesgesetz vom 22. März 197455 über das Verwaltungsstrafrecht.
2    Eine Bundesbehörde ist zur Beschwerde berechtigt, wenn das Bundesrecht vorsieht, dass ihr der Entscheid mitzuteilen ist.56
3    Gegen Entscheide nach Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe b steht das Beschwerderecht auch der Bundeskanzlei, den Departementen des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, den ihnen unterstellten Dienststellen zu, wenn der angefochtene Entscheid die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann.
BGG). Dieses muss aktuell sein; es muss also nicht nur im Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung, sondern auch noch im Zeitpunkt der Urteilsfällung bestehen (BGE 137 I 296 E. 4.2 S. 299). Mit diesem Erfordernis soll sichergestellt werden, dass das Gericht konkrete und nicht bloss theoretische Fragen entscheidet (BGE 140 IV 74 E. 1.3.1 S. 77). Fällt das schutzwürdige Interesse im Laufe des Verfahrens dahin, wird die Sache als erledigt erklärt. Das Bundesgericht verzichtet ausnahmsweise auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses, wenn sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre und die Beantwortung wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt (BGE 142 I 135 E. 1.3.1 S. 143).

1.3. Angesichts des Umstands, dass das Berufungsverfahren infolge Rückzugs der Berufung nicht mehr weitergeführt wird, besitzt der Beschwerdeführer kein aktuelles und praktisches Interesse mehr an der Aufhebung oder Abänderung des vorinstanzlichen Urteils. Vorliegend rechtfertigt es sich auch nicht, auf das Erfordernis des aktuellen Rechtsschutzinteresses zu verzichten. Zwar könnten sich die hier stellenden Rechtsfragen in künftigen Verfahren möglicherweise in gleicher oder ähnlicher Form erneut stellen, doch wird eine Berufungsverhandlung üblicherweise weitergeführt, sodass ein Gericht in der Regel die Möglichkeit hat, die Zulässigkeit von Auflagen zur Öffentlichkeit der Berufungsverhandlung zu überprüfen.
Demnach ist die Beschwerde mit einzelrichterlichem Entscheid als gegenstandslos geworden abzuschreiben (Art. 32 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 32 Instruktionsrichter oder Instruktionsrichterin - 1 Der Präsident oder die Präsidentin der Abteilung leitet als Instruktionsrichter beziehungsweise Instruktionsrichterin das Verfahren bis zum Entscheid; er oder sie kann einen anderen Richter oder eine andere Richterin mit dieser Aufgabe betrauen.
1    Der Präsident oder die Präsidentin der Abteilung leitet als Instruktionsrichter beziehungsweise Instruktionsrichterin das Verfahren bis zum Entscheid; er oder sie kann einen anderen Richter oder eine andere Richterin mit dieser Aufgabe betrauen.
2    Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin entscheidet als Einzelrichter beziehungsweise Einzelrichterin über die Abschreibung von Verfahren zufolge Gegenstandslosigkeit, Rückzugs oder Vergleichs.
3    Die Verfügungen des Instruktionsrichters oder der Instruktionsrichterin sind nicht anfechtbar.
BGG).

2.
Angesichts der besonderen Umstände, die vorliegend zur Abschreibung führen, sieht das Bundesgericht davon ab, Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG). Soweit sie sich überhaupt zu dieser Frage äussern, machen die Verfahrensbeteiligten angesichts des frühen Verfahrensstadiums und der erst geringen Kosten keine Parteientschädigungen geltend. Es rechtfertigt sich vor diesem Hintergrund, auch keine Parteientschädigungen zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG).

Demnach verfügt der Einzelrichter:

1.
Die Beschwerde wird als erledigt vom Geschäftsverzeichnis abgeschrieben.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Diese Verfügung wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. Juni 2021

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Einzelrichter: Haag

Der Gerichtsschreiber: Bisaz
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 1B_172/2021
Date : 24. Juni 2021
Published : 12. Juli 2021
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Strafprozess
Subject : Öffentlichkeit der Berufungsverhandlung (Auflagen)


Legislation register
BGG: 32  66  68  78  80  81
StPO: 59
BGE-register
137-I-296 • 140-IV-74 • 142-I-135
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