Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
1C 559/2015
Urteil vom 22. Dezember 2015
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Eusebio, Kneubühler,
Gerichtsschreiberin Gerber.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,
gegen
1. CSL Behring Recombinant Facility AG,
vertreten durch Rechtsanwälte Ulrich Keusen und Kathrin Lanz,
2. Burgergemeinde Lengnau,
vertreten durch Rechtsanwalt Marc R. Bercovitz,
Beschwerdegegnerinnen,
Kanton Bern,
handelnd durch den Regierungsrat des Kantons Bern, Staatskanzlei, und dieser vertreten durch die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion, Direktorin,
Einwohnergemeinde Lengnau,
handelnd durch den Gemeinderat Lengnau.
Gegenstand
Kantonale Überbauungsordnung CSL Lengnau; Einsprachelegitimation,
Beschwerde gegen das Urteil vom 23. September 2015 des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Einzelrichterin.
Sachverhalt:
A.
Die CSL Behring Recombinant Facility AG (nachfolgend: CSL) beabsichtigt, auf den Parzellen Nrn. 2912 und 3257 in Lengnau eine Produktionsanlage zur Herstellung von Blutgerinnungsfaktoren zu erstellen. Die Parzellen befinden sich im Eigentum der Burgergemeinde Lengnau und liegen im kantonalen Entwicklungsschwerpunkt Arbeiten (ESP-A) Lengnaumoos gemäss kantonalem Richtplan. Die planungsrechtlichen Grundlagen sollen mittels einer kantonalen Überbauungsordnung (KÜO) geschaffen werden. Mit Beschluss vom 24. Juni 2014 bezeichnete der Regierungsrat den Erlass der KÜO als prioritäres Verfahren im Sinne von Art. 2a des Berner Koordinationsgesetzes vom 21. März 1994 (KoG; BSG 724.1).
Am 3. November 2014 reichte die CSL ein Baugesuch ein für den Neubau einer Produktionsanlage inklusive dazugehörender Administrations-, Lager- und Logistikgebäude. Die Burgergemeinde Lengnau stellte am 4. November 2014 ein Baugesuch für die Detailerschliessung des KÜO-Areals. Die ehemaligen Städtischen Werke Grenchen (SWG) ersuchten am 19. September 2014 um die Bewilligung für die Umlegung der Gashochdruckleitung. Diese Bewilligungsverfahren wurden von der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern (JGK) mit dem Planerlassverfahren koordiniert.
Gegen das Vorhaben erhob A.________ am 9. Februar 2015 Einsprache. Mit Verfügung vom 30. April 2015 beschloss die JGK die KÜO "CSL Lengnau", erteilte die beantragten Bewilligungen und entschied über die Einsprachen; auf diejenige von A.________ trat sie nicht ein.
B.
Gegen diese Verfügung erhoben A.________ und weitere Einsprecher am 1. Juni 2015 je einzeln Beschwerde an den Regierungsrat des Kantons Bern. Dieser vereinigte die Beschwerdeverfahren und wies die Rechtsmittel am 29. Juni 2015 ab.
C.
Dagegen erhob A.________ am 30. Juli 2015 Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Dieses wies die Beschwerde mit Urteil der Einzelrichterin vom 23. September 2015 ab, soweit es darauf eintrat.
D.
Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid hat A.________ am 26. Oktober 2015 (Poststempel), mit Ergänzung vom 30. Oktober 2015, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die JGK zurückzuweisen.
E.
Die CSL, die Burgergemeinde Lengnau und das Verwaltungsgericht beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die JGK und die Einwohnergemeinde Lengnau schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
Am 16. November 2015 reichte die Beschwerdeführerin eine weitere Beschwerdeergänzung und zusätzliche Unterlagen zu den Akten.
In ihrer Replik vom 3. Dezember 2015 hält die Beschwerdeführerin an ihren Anträgen fest und reicht weitere Unterlagen ein.
F.
Mit Verfügung vom 16. November 2015 wurde das Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen.
Erwägungen:
1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid des Verwaltungsgerichts (Art. 86 Abs. 1 lit. d
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 86 Vorinstanzen im Allgemeinen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide: |
|
1 | Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide: |
a | des Bundesverwaltungsgerichts; |
b | des Bundesstrafgerichts; |
c | der unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen; |
d | letzter kantonaler Instanzen, sofern nicht die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig ist. |
2 | Die Kantone setzen als unmittelbare Vorinstanzen des Bundesgerichts obere Gerichte ein, soweit nicht nach einem anderen Bundesgesetz Entscheide anderer richterlicher Behörden der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen. |
3 | Für Entscheide mit vorwiegend politischem Charakter können die Kantone anstelle eines Gerichts eine andere Behörde als unmittelbare Vorinstanz des Bundesgerichts einsetzen. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 90 Endentscheide - Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 82 Grundsatz - Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden: |
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a | gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts; |
b | gegen kantonale Erlasse; |
c | betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen sowie betreffend Volkswahlen und -abstimmungen. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 89 Beschwerderecht - 1 Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist berechtigt, wer: |
|
1 | Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist berechtigt, wer: |
a | vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; |
b | durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist; und |
c | ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. |
2 | Zur Beschwerde sind ferner berechtigt: |
a | die Bundeskanzlei, die Departemente des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, die ihnen unterstellten Dienststellen, wenn der angefochtene Akt die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann; |
b | das zuständige Organ der Bundesversammlung auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses des Bundespersonals; |
c | Gemeinden und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, wenn sie die Verletzung von Garantien rügen, die ihnen die Kantons- oder Bundesverfassung gewährt; |
d | Personen, Organisationen und Behörden, denen ein anderes Bundesgesetz dieses Recht einräumt. |
3 | In Stimmrechtssachen (Art. 82 Bst. c) steht das Beschwerderecht ausserdem jeder Person zu, die in der betreffenden Angelegenheit stimmberechtigt ist. |
Soweit die Beschwerdeführerin materielle Kritik am Bauvorhaben und an dessen Behandlung im prioritären Verfahrens äussert, liegt dies ausserhalb des Streitgegenstands, weshalb darauf nicht einzutreten ist.
Die Beschwerdeschrift muss die Begehren und deren Begründung mit Angabe der Beweismittel enthalten (Art. 42 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. |
|
1 | Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. |
2 | In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist. 14 15 |
3 | Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat; richtet sich die Rechtsschrift gegen einen Entscheid, so ist auch dieser beizulegen. |
4 | Bei elektronischer Einreichung muss die Rechtsschrift von der Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201616 über die elektronische Signatur versehen werden. Das Bundesgericht bestimmt in einem Reglement: |
a | das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen; |
b | die Art und Weise der Übermittlung; |
c | die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.17 |
5 | Fehlen die Unterschrift der Partei oder ihrer Vertretung, deren Vollmacht oder die vorgeschriebenen Beilagen oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels angesetzt mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt. |
6 | Unleserliche, ungebührliche, unverständliche, übermässig weitschweifige oder nicht in einer Amtssprache verfasste Rechtsschriften können in gleicher Weise zur Änderung zurückgewiesen werden. |
7 | Rechtsschriften, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung beruhen, sind unzulässig. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 43 Ergänzende Beschwerdeschrift - Das Bundesgericht räumt den beschwerdeführenden Parteien auf Antrag eine angemessene Frist zur Ergänzung der Beschwerdebegründung ein, wenn: |
|
a | es eine Beschwerde auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen als zulässig erachtet; und |
b | der aussergewöhnliche Umfang oder die besondere Schwierigkeit der Beschwerdesache eine Ergänzung erfordert. |
2.
Zunächst ist die von der Beschwerdeführerin gerügte Verletzung des rechtlichen Gehörs vor dem Regierungsrat zu prüfen.
2.1. Der damalige Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin verfasste am 26. Juni 2015 eine Replik zu den Vernehmlassungen der Gegenseite und der Vorinstanzen, die aufgrund eines Versehens der Post erst am 30. Juni 2015 der instruierenden Behörde (Rechtsamt der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion) zugestellt wurde. Diese fragte aber am 29. Juni 2015 telefonisch beim Rechtsvertreter nach, woraufhin ihr die Replik per E-Mail zugestellt wurde. Der Entscheid des Regierungsrats erging noch am selben Tag.
Das Verwaltungsgericht hielt fest, dass nach kantonaler Praxis im Verfahren vor dem Regierungsrat grundsätzlich ein Replikrecht bestehe, d.h. das Recht, zu allen von der Vorinstanz und den Gegenparteien eingereichten Eingaben Stellung zu nehmen, unabhängig von deren Entscheidrelevanz. Allerdings habe die Beschwerdeführerin in ihrer Replik im Wesentlichen nochmals die Argumente ihrer Beschwerde vom 1. Juni 2015 wiederholt; diese seien vom Regierungsrat im angefochtenen Entscheid geprüft worden. Soweit in der Replik erstmals die Höhe der Kostennoten der Beschwerdegegnerinnen gerügt worden sei, habe sich der Regierungsrat damit auseinandergesetzt und den Parteikostenersatz gekürzt. Insofern habe er die Replik nicht nur tatsächlich erhalten, sondern sie auch rechtsgenüglich berücksichtigt. Er sei daher nicht verpflichtet gewesen, mit seinem Entscheid länger zuzuwarten.
2.2. Die Beschwerdeführerin wendet dagegen ein, der Regierungsrat habe sich nicht mit sämtlichen Vorbringen der Replik auseinandergesetzt, insbesondere nicht mit dem Argument, die KÜO lasse weithin sichtbare Bauten in Höhe von 40 m zu.
Dieser Vorwurf trifft nicht zu: Das Argument der Beschwerdeführerin, die KÜO lasse Hochhäuser zu, die in einer von Niedrigbauten geprägten Gemeinde wie Lnegnau weithin sichtbar seien, wurde vom Regierungsrat in seinen Erwägungen zur Einsprachelegitimation der Beschwerdeführerin ausdrücklich erwähnt (E. 2a S. 6) und behandelt (E. 2d S. 9 oben) : Der Regierungsrat ging davon aus, dass kein direkter Sichtkontakt zwischen den Grundstücken der Beschwerdeführerin und dem Standort der KÜO bestehe, weshalb auch die ästhetische Gestaltung des Bauvorhabens keine hinreichende Beziehungsnähe begründe.
Damit hat sich der Regierungsrat mit den in der Replik enthaltenen Vorbringen auseinandergesetzt, und zwar nicht nur im Kostenpunkt (vgl. E. 13c S. 45), sondern auch hinsichtlich der Einsprachelegitimation der Beschwerdeführerin. Das Verwaltungsgericht hat daher eine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu Recht verneint.
3.
Streitig ist in erster Linie die Einsprachebefugnis der Beschwerdeführerin. Diese richtet sich nach kantonalem Recht (hier: Art. 35 Abs. 2 lit. a, 60 Abs. 2 und 61a Abs. 2 lit. a des Berner Baugesetzes vom 9. Juni 1985 [BauG; BSG 721.0]). Dieses muss die Legitimation aber mindestens im gleichen Umfang wie für die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht gewährleisten (Art. 33 Abs. 3 lit. a
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz RPG Art. 33 Kantonales Recht - 1 Nutzungspläne werden öffentlich aufgelegt. |
|
1 | Nutzungspläne werden öffentlich aufgelegt. |
2 | Das kantonale Recht sieht wenigstens ein Rechtsmittel vor gegen Verfügungen und Nutzungspläne, die sich auf dieses Gesetz und seine kantonalen und eidgenössischen Ausführungsbestimmungen stützen. |
3 | Es gewährleistet: |
a | die Legitimation mindestens im gleichen Umfang wie für die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht; |
b | die volle Überprüfung durch wenigstens eine Beschwerdebehörde. |
4 | Für die Anfechtung von Verfügungen kantonaler Behörden, auf welche Artikel 25a Absatz 1 Anwendung findet, sind einheitliche Rechtsmittelinstanzen vorzusehen.78 |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 111 Einheit des Verfahrens - 1 Wer zur Beschwerde an das Bundesgericht berechtigt ist, muss sich am Verfahren vor allen kantonalen Vorinstanzen als Partei beteiligen können. |
|
1 | Wer zur Beschwerde an das Bundesgericht berechtigt ist, muss sich am Verfahren vor allen kantonalen Vorinstanzen als Partei beteiligen können. |
2 | Bundesbehörden, die zur Beschwerde an das Bundesgericht berechtigt sind, können die Rechtsmittel des kantonalen Rechts ergreifen und sich vor jeder kantonalen Instanz am Verfahren beteiligen, wenn sie dies beantragen. |
3 | Die unmittelbare Vorinstanz des Bundesgerichts muss mindestens die Rügen nach den Artikeln 95-98 prüfen können. ...99 |
3.1. Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht ist berechtigt, wer durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung besitzt (Art. 89 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 89 Beschwerderecht - 1 Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist berechtigt, wer: |
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1 | Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist berechtigt, wer: |
a | vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; |
b | durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist; und |
c | ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. |
2 | Zur Beschwerde sind ferner berechtigt: |
a | die Bundeskanzlei, die Departemente des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, die ihnen unterstellten Dienststellen, wenn der angefochtene Akt die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann; |
b | das zuständige Organ der Bundesversammlung auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses des Bundespersonals; |
c | Gemeinden und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, wenn sie die Verletzung von Garantien rügen, die ihnen die Kantons- oder Bundesverfassung gewährt; |
d | Personen, Organisationen und Behörden, denen ein anderes Bundesgesetz dieses Recht einräumt. |
3 | In Stimmrechtssachen (Art. 82 Bst. c) steht das Beschwerderecht ausserdem jeder Person zu, die in der betreffenden Angelegenheit stimmberechtigt ist. |
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind Nachbarn von Bauprojekten zur Beschwerdeführung legitimiert, wenn sie mit Sicherheit oder zumindest grosser Wahrscheinlichkeit durch Immissionen (Lärm, Staub, Erschütterungen, Licht oder andere Einwirkungen) betroffen werden, die der Bau oder Betrieb der fraglichen Anlage hervorruft. Sind solche Beeinträchtigungen zu erwarten, kann ein grosser Kreis von Personen zur Beschwerdeführung legitimiert sein, etwa beim Betrieb eines Flughafens oder einer Schiessanlage (BGE 136 II 281 E. 2.3.1 S. 285 mit Hinweisen).
Als wichtiges Kriterium zur Beurteilung der Betroffenheit dient die räumliche Distanz zum umstrittenen Bauvorhaben. Die Rechtsprechung bejaht in der Regel die Legitimation von Nachbarn, deren Liegenschaften sich in einem Umkreis von bis zu rund 100 m befinden. Bei grösseren Entfernungen muss eine Beeinträchtigung aufgrund der konkreten Gegebenheiten glaubhaft gemacht werden. Dabei darf nicht schematisch auf einzelne Kriterien (insbesondere Distanzwerte) abgestellt werden, sondern ist eine Gesamtwürdigung anhand der konkreten Verhältnisse erforderlich (BGE 140 II 214 E. 2.3 S. 219 f. mit Hinweisen).
Schliesslich kann sich die besondere Betroffenheit daraus ergeben, dass durch die streitige Anlage ein besonderer Gefahrenherd geschaffen wird und sich die Anwohner einem erhöhten Risiko ausgesetzt sehen. Insbesondere für Beschwerden im Bereich der Störfallvorsorge ist dem Gefährdungspotenzial einer Anlage Rechnung zu tragen: Jedermann, der innerhalb eines Bereichs lebt, der von einem Störfall besonders betroffen wäre, hat ein schutzwürdiges Interesse daran, dass der Eigenart und der Grösse der Gefahr angemessene und geeignete Schutzmassnahmen ergriffen werden (BGE 120 Ib 379 E. 4d S. 388 mit Hinweisen). Der besonders betroffene Personenkreis lässt sich hier über den potenziellen Einwirkungskreis des Störfalls bestimmen und abgrenzen (BGE 140 II 315 E. 4.6 und 4.7 S. 328 f. mit Hinweisen).
Im Urteil BGE 120 Ib 379, in dem es ebenfalls um eine Anlage zur Herstellung von Blutgerinnungsmitteln ging, wurde eine erhöhte Gefahr für die Anwohner bejaht, die von den Auswirkungen eines Störfalls am unmittelbarsten betroffen wären. Das Bundesgericht ging damals davon aus, dass zumindest einige der Beschwerdeführer, die wenige hundert Meter um die Anlage herum wohnten, stärker betroffen wären als jedermann (E. 4e S. 389).
3.2. Nach den insoweit unstreitigen Feststellungen der Vorinstanz ist die Beschwerdeführerin Eigentümerin der Liegenschaft N.________ in Lengnau und Mieterin der benachbarten Liegenschaft O.________. Diese liegen im nördlichen Teil von Lengnau, rund 1 km nordöstlich des Areals der KÜO, das sich am südöstlichen Dorfrand befindet. Die Entfernung der geplanten Bauten zur Parzelle der Beschwerdeführerin beträgt mehr als 1 km. Dazwischen liegen grosse Teile des Dorfs Lengnau (mehrheitlich Wohngebiete), das von mehreren Strassen und der Bahnlinie unterteilt wird.
Unter diesen Umständen ist die Würdigung der Vorinstanzen, dass die Beschwerdeführerin keine besondere räumliche Beziehungsnähe zum Bau aufweist und von deren Emissionen im Normalbetrieb nicht besonders betroffen ist, nicht zu beanstanden. Dies gilt selbst dann, wenn sie von ihren Liegenschaften aus Sichtkontakt zu den geplanten Industriebauten haben sollte (was vom Verwaltungsgericht offen gelassen wurde) : Aufgrund der grossen Entfernung wäre sie von deren Anblick nicht mehr als die Allgemeinheit betroffen.
Gleiches gilt für die von der Beschwerdeführerin befürchtete Trinkwasserknappheit bei Trockenheit, aufgrund des hohen Wasserverbrauchs der Anlage: Auch diese betrifft sie in gleicher Weise wie alle Trinkwasserbezüger in der Umgebung. Auch die von ihr befürchtete Verschmutzung des Abwassers und die Beeinträchtigung des Naherholungsgebiets Lengnaumoos berühren sie nicht spezifisch und vermögen daher keine Legitimation zu begründen.
3.3. Zu prüfen ist, ob die Beschwerdeführerin bei einem Störfall einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt wäre und aufgrund dessen zur Beschwerde befugt ist.
3.3.1. Dies wurde vom Regierungsrat verneint, gestützt auf den in den Baugesuchsakten liegenden Kurzbericht gemäss Störfallverordnung vom 27. Februar 1991 (StFV; SR 814.012) für stationäre Betriebe mit chemischen Gefahrenstoffen. Das Projekt fällt aufgrund der deklarierten Mengen an Salpetersäure und Natronlauge in den Geltungsbereich der Störfallverordnung. Der Regierungsrat gelangte zum Ergebnis, dass auch die schlimmstmöglichen Störfallszenarien (Havarie eines Tank-LKW mit stark wassergefährdender Natronlauge; Explosion des Ethanollagers mit Trümmerwurf) höchstens den unmittelbaren Umkreis der Anlage betreffen würden, nicht aber die in rund 1 km Entfernung wohnende Beschwerdeführerin. Das Verwaltungsgericht erachtete diese Ausführungen als überzeugend. Soweit die Beschwerdeführerin im Explosionsfall einen Unterbruch der Stromversorgung befürchte, wären alle Strombezüger davon in gleicher Weise betroffen.
Die Beschwerdeführerin setzt sich mit diesen Erwägungen nicht substanziiert auseinander und legt nicht dar, inwiefern sie in tatsächlicher Hinsicht offensichtlich unrichtig oder in rechtlicher Hinsicht bundesrechtswidrig wären; dies ist auch nicht ersichtlich.
3.3.2. Sie macht dagegen geltend, dass es weitere Gefahren geben könnte, die noch nicht analysiert und berechnet worden seien; ohnehin sei ledigilich die erste Bauetappe berücksichtigt worden.
Der Entscheid der JGK enthält die Auflage, vor Rohbaubeginn mit den verantwortlichen Stellen eine Gefahrenanalyse zu erstellen, in welcher insbesondere darzulegen sei, ob und wie sich mögliche Ereignisse der Bahn oder Gasleitung auf störfallrelevante Anlagen der CSL auswirkten und ob weitere Auswirkungen, ausgehend von der CSL, möglich seien. Diese Auflage erfolgte in Berücksichtigung des Fachberichts des kantonalen Laboratoriums vom 17. Dezember 2014. Daraus ergibt sich zwar, dass weitere Störfallszenarien möglich sind, insbesondere im Zusammenhang mit Bahn- oder Gasleitungsunfällen im Umfeld der geplanten Anlage. Dagegen ist weder ersichtlich noch wird dargelegt, inwiefern diese gravierendere Folgen haben könnten als die vom Regierungsrat untersuchten worst-case -Szenarien und die über 1 km entfernte Beschwerdeführerin besonders betreffen würden.
Sofern - wie die Beschwerdeführerin befürchtet - zu einem späteren Zeitpunkt zusätzliche Anlagen im Perimeter der KÜO errichtet werden, müssten diese im ordentlichen Verfahren bewilligt werden. In diesem Rahmen müsste das Gefährdungspotenzial der Gesamtanlage neu ermittelt und allenfalls neu über die Einsprachebefugnis der Beschwerdeführerin entschieden werden.
4.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
|
1 | Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
2 | Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden. |
3 | Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht. |
4 | Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist. |
5 | Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind. |
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1 | Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind. |
2 | Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen. |
3 | Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen. |
4 | Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar. |
5 | Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerinnen für das bundesgerichtliche Verfahren mit je Fr. 3'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kanton Bern, der Einwohnergemeinde Lengnau und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Einzelrichterin, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 22. Dezember 2015
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Die Gerichtsschreiberin: Gerber