[AZA 7]
I 287/01 Vr

IV. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Rüedi und Bundesrichterin
Leuzinger; Gerichtsschreiber Ackermann

Urteil vom 22. November 2001

in Sachen
B.________, 1957, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Kreso Glavas, Haus "zur alten Dorfbank", Dorfstrasse 33, 9313 Muolen,
gegen
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, Beschwerdegegnerin,

und
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, St. Gallen

A.- B.________, geboren 1957, arbeitete ab 1986 als Lagermitarbeiter im Getränkehandel, wobei der Betrieb mehrmals den Inhaber wechselte. Am 12. Juli 1996 meldete er sich wegen Diskushernie bei der Invalidenversicherung zur Berufsberatung und Umschulung an. Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen holte mehrere Arztberichte ein und führte eine Berufsberatung durch (inkl. einer Abklärung in einem Schlüsselservice vom 6. bis 24. Januar 1997). Mit der Zeitstellte sich heraus, dass B.________ hörgeschädigt ist; mit Verfügung vom 10. September 1997 sprach ihm die Invalidenversicherung deshalb zwei Hörgeräte zu. Nach einer Begutachtung durch die Medizinische Abklärungsstelle der Invalidenversicherung am Spital X.________ (MEDAS; Gutachten vom 4. Mai 1998 mit psychiatrischem Konsilium vom 1. April 1998) und durchgeführtem Vorbescheidverfahren lehnte die IV-Stelle mit Verfügung vom 11. Dezember 1998 sowohl den Rentenanspruch als auch den Anspruch auf berufliche Massnahmen ab, da B.________ eine leichte, rückenadaptierte Tätigkeit zumutbar sei und somit ein Invaliditätsgrad von nur 18 % vorliege.

B.- Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 20. März 2001 insoweit gut, als es den Anspruch des B.________ auf berufliche Massnahmen bejahte, die Verfügung diesbezüglich aufhob und die Sache an die Verwaltung zurückwies.
Im Rentenpunkt wurde die Beschwerde dagegen abgewiesen, da eine Invalidität von nur 30 % vorliege.

C.- B.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit den Anträgen, unter teilweiser Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und der Verwaltungsverfügung sei die IV-Stelle anzuweisen, erst nach Durchführung der beruflichen Massnahmen über den Rentenanspruch zu verfügen; eventualiter sei ihm eine ganze Invalidenrente ab dem
1. Juni 1996 auszurichten.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet.

D.- In Nachachtung des Entscheides des Versicherungsgerichtes des Kantons St. Gallen vom 20. März 2001 hat die IV-Stelle den Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen neu überprüft und am 23. Oktober 2001 festgestellt, dass B.________ zur Zeit nicht eingliederbar sei.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.- Streitig ist in vorliegender Sache, ob schon vor oder erst nach Durchführung der beruflichen Massnahmen über den Rentenanspruch zu befinden sei.
Die Vorinstanz hat den Rentenanspruch bereits vor der Durchführung der beruflichen Massnahmen verneint, da der Beschwerdeführer auch ohne diese Massnahme nicht in einem für eine Invalidenrente berechtigendem Masse erwerbsunfähig sei. Der Versicherte ist demgegenüber der Ansicht, dass gemäss dem Grundsatz "Eingliederung vor Rente" erst später über den Rentenanspruch zu befinden sei.

2.- a) Der Beschwerdeführer beantragte in der Anmeldung vom 12. Juli 1996 einzig berufliche Massnahmen. Dies bestätigte er auch im Vorbescheidverfahren, indem er eine Rente nur für den Fall beantragte, dass berufliche Massnahmen abgelehnt werden sollten. Die IV-Stelle hat deshalb erst über den Rentenanspruch entschieden, nachdem sie den Anspruch auf berufliche Massnahmen verneint hat.

b) In seiner Beschwerde an die Vorinstanz verlangte der Versicherte die (vollständige) Aufhebung der Verwaltungsverfügung und die Zusprechung beruflicher Massnahmen sowie eventualiter eine Invalidenrente.

aa) Die für den Rentenanspruch spezifische Invalidität tritt erst mit dem Abschluss der Eingliederungsmassnahmen ein; während der Dauer von taggeldberechtigenden Eingliederungsmassnahmen kann der Rentenanspruch in der Regel noch gar nicht entstehen (Art. 29 Abs. 2
SR 831.20 Loi fédérale du 19 juin 1959 sur l'assurance-invalidité (LAI)
LAI Art. 29 Naissance du droit et versement de la rente - 1 Le droit à la rente prend naissance au plus tôt à l'échéance d'une période de six mois à compter de la date à laquelle l'assuré a fait valoir son droit aux prestations conformément à l'art. 29, al. 1, LPGA215, mais pas avant le mois qui suit le 18e anniversaire de l'assuré.
1    Le droit à la rente prend naissance au plus tôt à l'échéance d'une période de six mois à compter de la date à laquelle l'assuré a fait valoir son droit aux prestations conformément à l'art. 29, al. 1, LPGA215, mais pas avant le mois qui suit le 18e anniversaire de l'assuré.
2    Le droit ne prend pas naissance tant que l'assuré peut faire valoir son droit à une indemnité journalière au sens de l'art. 22.
3    La rente est versée dès le début du mois au cours duquel le droit prend naissance.
4    Les rentes correspondant à un taux d'invalidité inférieur à 50 % ne sont versées qu'aux assurés qui ont leur domicile et leur résidence habituelle (art. 13 LPGA) en Suisse. Cette condition doit également être remplie par les proches pour lesquels une prestation est réclamée.
IVG und Art. 28 Abs. 1
SR 831.201 Règlement du 17 janvier 1961 sur l'assurance-invalidité (RAI)
RAI Art. 28 Rente et réadaptation - 1 ...172
1    ...172
2    ...173
3    La prise en charge des frais de nourriture et de logement est considérée comme prépondérante pour la suppression de la rente d'invalidité au sens de l'art. 43, al. 2, LAI, lorsque l'assurance subvient entièrement aux frais de nourriture et de logement pendant au moins cinq jours par semaine.174
IVV; BGE 126 V 243 Erw. 5, AHI 2001 S. 154 Erw. 3b; vgl. auch Ulrich Meyer-Blaser, Die Tragweite des Grundsatzes "Eingliederung vor Rente", in René Schaffhauser/Franz Schlauri [Hrsg. ], Rechtsfragen der Eingliederung Behinderter, St. Gallen 2000, S. 21 ff.). Somit ist zunächst über den gestellten Antrag betreffend berufliche Massnahmen zu entscheiden; über die Rentenberechtigung ist nur dann zu befinden, wenn der Versicherte schon vor oder während dieser Massnahmen explizit einen entsprechenden Antrag gestellt hat oder die Rentenvoraussetzungen ausnahmsweise schon vor oder während der Eingliederung gegeben sind. In vorliegender Sache hat der Versicherte die Rente jedoch klarerweise nur für den Fall verlangt, dass ihm keine Eingliederungsmassnahmen gewährt werden sollten. Damit ist über einen allfälligen Rentenanspruch erst nach der Durchführung der beruflichen Massnahmen zu entscheiden; massgebend ist nämlich der rechtserhebliche Sachverhalt im
Zeitpunkt der Entstehung des Rentenanspruches, sodass eine während der Dauer der beruflichen Massnahme möglicherweise eingetretene Änderung der Verhältnisse zu berücksichtigen ist.

bb) Nachdem es den Invaliditätsgrad berechnet hatte, erkannte das kantonale Gericht zu Recht, dass dem Versicherten berufliche Massnahmen zustehen, womit dieser hatte, was er wollte. Über den Eventualantrag betreffend Rente wäre deshalb nicht zu entscheiden gewesen; mit der Gutheissung des Hauptantrages ist dieser nicht mehr massgebend.
Nach ihrem damaligen Wissensstand über den massgebenden Sachverhalt zur Zeit der Verwaltungsverfügung (BGE 121 V 366 Erw. 1b mit Hinweisen; d.h. vor der mittlerweile ergebnislos durchgeführten beruflichen Abklärung) hätte die Vorinstanz jedoch in der Folge die Verwaltungsverfügung im Rentenpunkt aufheben sollen: wie sich im vorinstanzlichen Entscheid gezeigt hat, hätte die IV-Stelle dem Antrag auf Gewährung beruflicher Massnahmen entsprechen müssen, womit sich die - als Eventualantrag aufgeworfene - Rentenfrage gar nicht gestellt hätte, sodass die Verwaltung zu Unrecht darüber entschieden hatte.

3.- Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134
SR 831.201 Règlement du 17 janvier 1961 sur l'assurance-invalidité (RAI)
RAI Art. 28 Rente et réadaptation - 1 ...172
1    ...172
2    ...173
3    La prise en charge des frais de nourriture et de logement est considérée comme prépondérante pour la suppression de la rente d'invalidité au sens de l'art. 43, al. 2, LAI, lorsque l'assurance subvient entièrement aux frais de nourriture et de logement pendant au moins cinq jours par semaine.174
OG). Dem Ausgang des letztinstanzlichen Verfahrens entsprechend steht dem obsiegenden Versicherten eine Parteientschädigung zu (Art. 135
SR 831.201 Règlement du 17 janvier 1961 sur l'assurance-invalidité (RAI)
RAI Art. 28 Rente et réadaptation - 1 ...172
1    ...172
2    ...173
3    La prise en charge des frais de nourriture et de logement est considérée comme prépondérante pour la suppression de la rente d'invalidité au sens de l'art. 43, al. 2, LAI, lorsque l'assurance subvient entièrement aux frais de nourriture et de logement pendant au moins cinq jours par semaine.174
in Verbindung mit Art. 159
SR 831.201 Règlement du 17 janvier 1961 sur l'assurance-invalidité (RAI)
RAI Art. 28 Rente et réadaptation - 1 ...172
1    ...172
2    ...173
3    La prise en charge des frais de nourriture et de logement est considérée comme prépondérante pour la suppression de la rente d'invalidité au sens de l'art. 43, al. 2, LAI, lorsque l'assurance subvient entièrement aux frais de nourriture et de logement pendant au moins cinq jours par semaine.174
OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

I.In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden
der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons
St. Gallen vom 20. März 2001 und die Verfügung
der IV-Stelle des Kantons St. Gallen vom 11. Dezember
1998 aufgehoben, soweit sie die Invalidenrente betreffen.

II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III. Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von

Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

IV.Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen wird über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen

Prozesses zu befinden haben.

V.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht
des Kantons St. Gallen, der Ausgleichskasse der
Brauereien, Basel, und dem Bundesamt für Sozialversicherung
zugestellt.
Luzern, 22. November 2001

Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer:
Der Gerichtsschreiber:
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : I 287/01
Date : 22 novembre 2001
Publié : 22 novembre 2001
Source : Tribunal fédéral
Statut : Non publié
Domaine : Assurance-invalidité
Objet : [AZA 7] I 287/01 Vr IV. Kammer Präsident Borella, Bundesrichter Rüedi und Bundesrichterin


Répertoire des lois
LAI: 29
SR 831.20 Loi fédérale du 19 juin 1959 sur l'assurance-invalidité (LAI)
LAI Art. 29 Naissance du droit et versement de la rente - 1 Le droit à la rente prend naissance au plus tôt à l'échéance d'une période de six mois à compter de la date à laquelle l'assuré a fait valoir son droit aux prestations conformément à l'art. 29, al. 1, LPGA215, mais pas avant le mois qui suit le 18e anniversaire de l'assuré.
1    Le droit à la rente prend naissance au plus tôt à l'échéance d'une période de six mois à compter de la date à laquelle l'assuré a fait valoir son droit aux prestations conformément à l'art. 29, al. 1, LPGA215, mais pas avant le mois qui suit le 18e anniversaire de l'assuré.
2    Le droit ne prend pas naissance tant que l'assuré peut faire valoir son droit à une indemnité journalière au sens de l'art. 22.
3    La rente est versée dès le début du mois au cours duquel le droit prend naissance.
4    Les rentes correspondant à un taux d'invalidité inférieur à 50 % ne sont versées qu'aux assurés qui ont leur domicile et leur résidence habituelle (art. 13 LPGA) en Suisse. Cette condition doit également être remplie par les proches pour lesquels une prestation est réclamée.
OJ: 134  135  159
RAI: 28
SR 831.201 Règlement du 17 janvier 1961 sur l'assurance-invalidité (RAI)
RAI Art. 28 Rente et réadaptation - 1 ...172
1    ...172
2    ...173
3    La prise en charge des frais de nourriture et de logement est considérée comme prépondérante pour la suppression de la rente d'invalidité au sens de l'art. 43, al. 2, LAI, lorsque l'assurance subvient entièrement aux frais de nourriture et de logement pendant au moins cinq jours par semaine.174
Répertoire ATF
121-V-362 • 126-V-241
Weitere Urteile ab 2000
I_287/01
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
office ai • tribunal des assurances • autorité inférieure • rente d'invalidité • tribunal fédéral des assurances • durée • état de fait • greffier • priorité de la réadaptation • office fédéral des assurances sociales • décision • enquête professionnelle • décision • moyen de droit cantonal • ayant droit • taxe sur la valeur ajoutée • avocat • frais judiciaires • procédure cantonale • comai
... Les montrer tous
VSI
2001 S.154