Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}

6B 195/2016

Urteil vom 22. Juni 2016

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Rüedi,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiberin Schär.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Pierre André Rosselet,
Beschwerdeführer,

gegen

1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
2. A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Nathan Landshut,
3. B.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Elena Kanavas,
4. C.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Jürgen Imkamp,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Einstellung (Amtsmissbrauch etc.),

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 8. Januar 2016.

Sachverhalt:

A.
Am 27. November 2011 fuhr X.________ mit dem Frühzug von Olten nach Zürich und wurde gemäss eigenen Angaben während der Fahrt von zwei Jugendlichen belästigt. Sie hätten ihm seine Reisetasche mit Identitätspapieren und Medikamenten weggenommen. X.________ liess vom Zug aus die Polizei benachrichtigen. In Zürich angekommen, wurden die Jugendlichen von der Polizei in Empfang genommen, befragt und wieder laufen gelassen. X.________ wurde auf den Polizeiposten mitgenommen, damit er Strafanzeige gegen die Jugendlichen erstatten konnte. Angesichts seines alkoholisierten Zustandes und seines Verhaltens nahm die Polizei allerdings keine Strafanzeige auf, sondern schickte ihn weg. Nach den vorinstanzlichen Feststellungen randalierte X.________ anschliessend auf dem Polizeiposten. Ihm wurden Handschellen angelegt. Danach wurde er in eine Zelle gebracht, wo er vorübergehend an einen Tisch gefesselt wurde, um ihn von der Betätigung des Alarmknopfs abzuhalten. Schliesslich wurde er um ca. 11.45 Uhr zur Ausnüchterung ins provisorische Polizeigefängnis Zürich überführt, wo er gleichentags um 18.30 Uhr entlassen wurde. X.________ wirft den Polizisten A.________, B.________ und C.________ vor, ihn geschlagen und getreten sowie als "dreckiges
schwules Schwein" bezeichnet zu haben. Ausserdem hätten sie ihn daran gehindert, seinen eingetragenen Partner zu kontaktieren, damit ihm dieser die dringend benötigten HIV-Medikamente hätte bringen können. Am 22. Dezember 2011 erstattete X.________ Strafanzeige gegen die Polizeibeamten wegen Amtsmissbrauchs, Begünstigung, Körperverletzung und allenfalls weiterer Delikte. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren gegen A.________, B.________ und C.________ am 6. November 2013 ein.

B.
X.________ opponierte gegen die Einstellungsverfügung, worauf das Obergericht Zürich diese mit Beschluss vom 2. Juni 2014 aufhob und die Sache zur Ergänzung der Untersuchung und zu neuer Entscheidung an die Staatsanwaltschaft zurückwies. Nach ergänzenden Untersuchungshandlungen stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren am 21. August 2015 erneut ein, wogegen X.________ Beschwerde erhob. Am 8. Januar 2016 wies das Obergericht Zürich seine Beschwerde ab.

C.
X.________ wendet sich mit Beschwerde in Strafsachen sowie subsidiärer Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht und ersucht um Aufhebung des Beschlusses des Obergerichts Zürich vom 8. Januar 2016 und um Durchführung der Strafuntersuchung. Für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht X.________ um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.

D.
Die Beschwerdegegner 2-4 sowie das Obergericht und die Oberstaatsanwaltschaft Zürich verzichten auf Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Zur Beschwerde in Strafsachen ist nach Art. 81 Abs. 1 lit. b
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 81 Beschwerderecht - 1 Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
1    Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
a  vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; und
b  ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat, insbesondere:
b1  die beschuldigte Person,
b2  ihr gesetzlicher Vertreter oder ihre gesetzliche Vertreterin,
b3  die Staatsanwaltschaft, ausser bei Entscheiden über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft,
b4  ...
b5  die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann,
b6  die Person, die den Strafantrag stellt, soweit es um das Strafantragsrecht als solches geht,
b7  die Staatsanwaltschaft des Bundes und die beteiligte Verwaltung in Verwaltungsstrafsachen nach dem Bundesgesetz vom 22. März 197455 über das Verwaltungsstrafrecht.
2    Eine Bundesbehörde ist zur Beschwerde berechtigt, wenn das Bundesrecht vorsieht, dass ihr der Entscheid mitzuteilen ist.56
3    Gegen Entscheide nach Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe b steht das Beschwerderecht auch der Bundeskanzlei, den Departementen des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, den ihnen unterstellten Dienststellen zu, wenn der angefochtene Entscheid die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann.
BGG berechtigt, wer ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat. Gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 81 Beschwerderecht - 1 Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
1    Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
a  vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; und
b  ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat, insbesondere:
b1  die beschuldigte Person,
b2  ihr gesetzlicher Vertreter oder ihre gesetzliche Vertreterin,
b3  die Staatsanwaltschaft, ausser bei Entscheiden über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft,
b4  ...
b5  die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann,
b6  die Person, die den Strafantrag stellt, soweit es um das Strafantragsrecht als solches geht,
b7  die Staatsanwaltschaft des Bundes und die beteiligte Verwaltung in Verwaltungsstrafsachen nach dem Bundesgesetz vom 22. März 197455 über das Verwaltungsstrafrecht.
2    Eine Bundesbehörde ist zur Beschwerde berechtigt, wenn das Bundesrecht vorsieht, dass ihr der Entscheid mitzuteilen ist.56
3    Gegen Entscheide nach Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe b steht das Beschwerderecht auch der Bundeskanzlei, den Departementen des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, den ihnen unterstellten Dienststellen zu, wenn der angefochtene Entscheid die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann.
BGG hat die Privatklägerschaft ein solches Interesse, wenn sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann. Keine Zivilansprüche im Sinne dieser Bestimmung sind solche, die sich - wie hier - aus dem öffentlichen Recht, nämlich aus dem Haftungsrecht des Kantons Zürich, ergeben (BGE 131 I 455 E. 1.2.4; Urteil 6B 121/2016 vom 12. Februar 2016 E. 2). Die Einstellung des Strafverfahrens kann sich in solchen Fällen nicht auf die Beurteilung von Zivilansprüchen auswirken.

1.2. Indessen anerkennt die Rechtsprechung gestützt auf Art. 10 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 10 Recht auf Leben und auf persönliche Freiheit - 1 Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten.
1    Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten.
2    Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit.
3    Folter und jede andere Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung sind verboten.
BV, Art. 3
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 3 Verbot der Folter - Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
und 13
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 13 Recht auf wirksame Beschwerde - Jede Person, die in ihren in dieser Konvention anerkannten Rechten oder Freiheiten verletzt worden ist, hat das Recht, bei einer innerstaatlichen Instanz eine wirksame Beschwerde zu erheben, auch wenn die Verletzung von Personen begangen worden ist, die in amtlicher Eigenschaft gehandelt haben.
EMRK, Art. 7
IR 0.103.2 Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte
UNO-Pakt-II Art. 7 - Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Insbesondere darf niemand ohne seine freiwillige Zustimmung medizinischen oder wissenschaftlichen Versuchen unterworfen werden.
UNO-Pakt II sowie Art. 13 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe einen Anspruch des Betroffenen auf wirksamen Rechtsschutz (BGE 138 IV 86 E. 3.1.1). Anspruch auf eine wirksame und vertiefte amtliche Untersuchung hat, wer in vertretbarer Weise geltend macht, von einem Polizeibeamten misshandelt worden zu sein (Urteile 6B 764/2015 vom 6. Januar 2016 E. 1.2; 1C 97/2015 vom 1. September 2015 E. 3; je mit Hinweisen).

1.2.1. Der Beschwerdeführer beruft sich darauf, von den Polizeibeamten erniedrigend behandelt worden zu sein. Nebst dem Umstand, dass seine Inhaftierung ohnehin unrechtmässig bzw. unverhältnismässig gewesen sei, hätten ihn die Polizeibeamten unter Anwendung von Gewalt an den Tisch gefesselt, um ihn vom Betätigen des Alarmknopfes abzuhalten. Durch die Fesselung sei er gezwungen gewesen, in demütigender Position wie ein Hund zu verharren.

1.2.2. Mit Blick auf die eingangs erwähnte vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung sind die Behauptungen des Beschwerdeführers nicht von vornherein von der Hand zu weisen. Gestützt auf die genannten Bestimmungen hat das Bundesgericht die Beschwerdelegitimation des Beschwerdeführers anerkannt. Auf die Beschwerde ist einzutreten. Mit der Beschwerde in Strafsachen kann auch die Verletzung von Verfassungsrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG). Für die subsidiäre Verfassungsbeschwerde (vgl. Art. 113 ff
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 113 Grundsatz - Das Bundesgericht beurteilt Verfassungsbeschwerden gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, soweit keine Beschwerde nach den Artikeln 72-89 zulässig ist.
. BGG) des Beschwerdeführers besteht daher kein Raum (Urteile 6B 1192/2013 vom 17. Juni 2014 E. 1; 6B 479/2013 vom 30. Januar 2014 E. 1.1).

2.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Verfahrenseinstellung und rügt eine Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro duriore".

2.1. Eine Einstellung des Verfahrens erfolgt insbesondere, wenn kein Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt (Art. 319 Abs. 1 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 319 Gründe - 1 Die Staatsanwaltschaft verfügt die vollständige oder teilweise Einstellung des Verfahrens, wenn:
1    Die Staatsanwaltschaft verfügt die vollständige oder teilweise Einstellung des Verfahrens, wenn:
a  kein Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt;
b  kein Straftatbestand erfüllt ist;
c  Rechtfertigungsgründe einen Straftatbestand unanwendbar machen;
d  Prozessvoraussetzungen definitiv nicht erfüllt werden können oder Prozesshindernisse aufgetreten sind;
e  nach gesetzlicher Vorschrift auf Strafverfolgung oder Bestrafung verzichtet werden kann.
2    Sie kann das Verfahren ausnahmsweise auch dann einstellen, wenn:
a  das Interesse eines Opfers, das zum Zeitpunkt der Straftat weniger als 18 Jahre alt war, es zwingend verlangt und dieses Interesse das Interesse des Staates an der Strafverfolgung offensichtlich überwiegt; und
b  das Opfer oder bei Urteilsunfähigkeit seine gesetzliche Vertretung der Einstellung zustimmt.
StPO), kein Straftatbestand erfüllt ist (Art. 319 Abs. 1 lit. b
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 319 Gründe - 1 Die Staatsanwaltschaft verfügt die vollständige oder teilweise Einstellung des Verfahrens, wenn:
1    Die Staatsanwaltschaft verfügt die vollständige oder teilweise Einstellung des Verfahrens, wenn:
a  kein Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt;
b  kein Straftatbestand erfüllt ist;
c  Rechtfertigungsgründe einen Straftatbestand unanwendbar machen;
d  Prozessvoraussetzungen definitiv nicht erfüllt werden können oder Prozesshindernisse aufgetreten sind;
e  nach gesetzlicher Vorschrift auf Strafverfolgung oder Bestrafung verzichtet werden kann.
2    Sie kann das Verfahren ausnahmsweise auch dann einstellen, wenn:
a  das Interesse eines Opfers, das zum Zeitpunkt der Straftat weniger als 18 Jahre alt war, es zwingend verlangt und dieses Interesse das Interesse des Staates an der Strafverfolgung offensichtlich überwiegt; und
b  das Opfer oder bei Urteilsunfähigkeit seine gesetzliche Vertretung der Einstellung zustimmt.
StPO) oder Rechtfertigungsgründe einen Straftatbestand unanwendbar machen (Art. 319 Abs. 1 lit. c
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 319 Gründe - 1 Die Staatsanwaltschaft verfügt die vollständige oder teilweise Einstellung des Verfahrens, wenn:
1    Die Staatsanwaltschaft verfügt die vollständige oder teilweise Einstellung des Verfahrens, wenn:
a  kein Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt;
b  kein Straftatbestand erfüllt ist;
c  Rechtfertigungsgründe einen Straftatbestand unanwendbar machen;
d  Prozessvoraussetzungen definitiv nicht erfüllt werden können oder Prozesshindernisse aufgetreten sind;
e  nach gesetzlicher Vorschrift auf Strafverfolgung oder Bestrafung verzichtet werden kann.
2    Sie kann das Verfahren ausnahmsweise auch dann einstellen, wenn:
a  das Interesse eines Opfers, das zum Zeitpunkt der Straftat weniger als 18 Jahre alt war, es zwingend verlangt und dieses Interesse das Interesse des Staates an der Strafverfolgung offensichtlich überwiegt; und
b  das Opfer oder bei Urteilsunfähigkeit seine gesetzliche Vertretung der Einstellung zustimmt.
StPO). Der Entscheid über die Einstellung eines Verfahrens hat sich nach dem Grundsatz "in dubio pro duriore" zu richten. Dieser ergibt sich aus dem Legalitätsprinzip. Er bedeutet, dass eine Einstellung durch die Staatsanwaltschaft grundsätzlich nur bei klarer Straflosigkeit oder offensichtlich fehlenden Prozessvoraussetzungen angeordnet werden darf. Hingegen ist, sofern die Erledigung mit einem Strafbefehl nicht in Frage kommt, Anklage zu erheben, wenn eine Verurteilung wahrscheinlicher erscheint als ein Freispruch. Ist ein Freispruch genauso wahrscheinlich wie eine Verurteilung, drängt sich in der Regel, insbesondere bei schweren Delikten, eine Anklageerhebung auf (BGE 138 IV 86 E. 4.1, 186 E. 4.1; je mit Hinweisen). Bei zweifelhafter Beweis- oder Rechtslage hat nicht die Staatsanwaltschaft über die Stichhaltigkeit des strafrechtlichen Vorwurfs zu entscheiden, sondern das zur materiellen Beurteilung zuständige Gericht. Der
Grundsatz, dass im Zweifel nicht eingestellt werden darf, ist auch bei der Überprüfung von Einstellungsverfügungen zu beachten (BGE 138 IV 86 E. 4.1.1 mit Hinweis). Bei der Beurteilung dieser Frage verfügen die Staatsanwaltschaft und die Vorinstanz über einen gewissen Spielraum, den das Bundesgericht mit Zurückhaltung überprüft (BGE 138 IV 186 E. 4.1).

2.2. Die Vorinstanz nimmt bezüglich des Vorfalls vom 27. November 2011 eine umfassende Aussage- und Beweiswürdigung vor. Dabei berücksichtigt sie die Aussagen der Beschwerdegegner sowie des Beschwerdeführers und zieht diverse Unterlagen wie etwa das Hafterstehungszeugnis bei. Sie gelangt zum Schluss, es sei von einer erheblichen Alkoholisierung des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Verhaftung auszugehen. Dieser habe den Polizeiposten nicht verlassen respektive sich gewaltsam Zutritt verschaffen wollen. Ob das Vorgehen der Beschwerdegegner zulässig gewesen sei, sei fraglich. Zwar habe der angetrunkene Beschwerdeführer mit seinem extrem aufdringlichen und renitenten Verhalten, der Unerreichbarkeit für Worte und polizeiliche Anordnungen, namentlich mit seinem Läuten und Poltern den Polizeibetrieb gestört. Er habe sich polizeilichen Anordnungen widersetzt, insbesondere durch den Versuch, in den Polizeiposten einzudringen. Fraglich sei allerdings, ob der Beschwerdeführer die Polizeibeamten oder sonst jemanden ernsthaft und unmittelbar gefährdet habe. Im Sinne einer milderen Massnahme hätte auch sein eingetragener Partner benachrichtigt werden können. Bei der Behauptung der Beschwerdegegner, man habe nicht gewusst, wer dieser sei,
handle es sich wohl um eine Ausrede. Dies ändere allerdings nichts an der grundsätzlichen Zulässigkeit des vorübergehenden Gewahrsams.
Auch bezüglich der Fesselung an den Tisch nimmt die Vorinstanz eine umfassende Aussagewürdigung vor. Die Behauptung der Beschwerdegegner, sie hätten die Massnahme zum Selbstschutz des Beschwerdeführers ergriffen, erachtet sie als nicht zutreffend. Vielmehr habe der Beschwerdeführer damit an der Betätigung des Alarmknopfes gehindert werden sollen. Dieser Zweck sei legitim, da der Beschwerdeführer den Polizeibetrieb gestört und sich polizeilichen Anweisungen widersetzt habe.
Schliesslich befasst sich die Vorinstanz mit den zeitlichen Aspekten der Festhaltung. Sie gelangt zum Schluss, es wären weitere Abklärungen hinsichtlich der zwischen der Lösung der "Tischfesselung" und dem Transport des Beschwerdeführers ins provisorische Polizeigefängnis verstrichenen Zeitdauer möglich gewesen. Darauf könne jedoch verzichtet werden, da der weitere Gewahrsam des Beschwerdeführers nach der Lösung der Fesseln wohl ohnehin unrechtmässig gewesen sei. Der Grund, weswegen der Beschwerdeführer in polizeilichen Gewahrsam genommen worden sei, sei nach der Befreiung von der "Tischfesselung" weggefallen. Er habe sich danach beruhigt. Auch wenn der Beschwerdeführer weiterhin alkoholisiert gewesen sei, sei keine ernsthafte und unmittelbare Gefährdung von Personen mehr ersichtlich gewesen. Eine Fremdgefährdung habe, wenn überhaupt, ausschliesslich bezüglich der Polizeibeamten bestanden. Eine Eigengefährdung sei ebenfalls nicht ersichtlich gewesen und auch nicht konkret thematisiert worden. Gleichsam sei der Beschwerdeführer nicht entlassen, sondern ins provisorische Polizeigefängnis überführt worden. In objektiver Hinsicht sei wohl der Tatbestand der Freiheitsberaubung erfüllt, evtl. auch jener des Amtsmissbrauchs.
Die Vorinstanz schützt die Verfahrenseinstellung der Staatsanwaltschaft dennoch, mit der Begründung, aus den Aussagen der Beschwerdegegner spreche die Überzeugung, rechtmässig gehandelt zu haben. Würde die Einstellungsverfügung aufgehoben und die Sache an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen, und reichte diese darauf eine Anklage beim Gericht ein, wäre mit grosser Wahrscheinlichkeit mit einem Freispruch zu rechnen, weil den Beschwerdegegnern kaum vorsätzliches unrechtmässiges Handeln nachgewiesen werden könnte.

2.3. Trotz des Ermessens der Staatsanwaltschaft und der Vorinstanz erweist sich die Beschwerde als begründet. Selbst die Vorinstanz, welche in ihrem 55-seitigen Beschluss eine umfassende Aussage- und Beweiswürdigung vornimmt, ist der Ansicht, der Gewahrsam des Beschwerdeführers sei - zumindest unter dem Aspekt der Dauer - unrechtmässig gewesen. Objektiv sei der Tatbestand der Freiheitsberaubung und eventuell jener des Amtsmissbrauchs erfüllt. In ihren knappen Erwägungen zum subjektiven Tatbestand geht die Vorinstanz schliesslich ohne weiteres davon aus, den Beschwerdegegnern könne wohl kein (Eventual-) Vorsatz nachgewiesen werden, weshalb die Verfahrenseinstellung zu bestätigen sei. Damit verstösst sie gegen Bundesrecht. Das Strafverfahren soll lediglich bei klarer Straflosigkeit eingestellt werden. Ein solch klarer Fall liegt nicht vor. Bei der vorinstanzlichen Erwägung, ein Vorsatz lasse sich kaum beweisen bei Vorgängen, deren Rechtmässigkeit zweifelhaft sei, handelt es sich um eine verallgemeinerte Mutmassung. Die konkreten Umstände werden dabei nicht ausreichend berücksichtigt. Insgesamt ist die Beweislage vorliegend in einem Masse zweifelhaft, dass sich eine Beurteilung durch den Sachrichter aufdrängt. Indem die kantonalen
Instanzen das Verfahren einstellen, verletzen sie den Grundsatz "in dubio pro duriore" und Art. 319
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 319 Gründe - 1 Die Staatsanwaltschaft verfügt die vollständige oder teilweise Einstellung des Verfahrens, wenn:
1    Die Staatsanwaltschaft verfügt die vollständige oder teilweise Einstellung des Verfahrens, wenn:
a  kein Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt;
b  kein Straftatbestand erfüllt ist;
c  Rechtfertigungsgründe einen Straftatbestand unanwendbar machen;
d  Prozessvoraussetzungen definitiv nicht erfüllt werden können oder Prozesshindernisse aufgetreten sind;
e  nach gesetzlicher Vorschrift auf Strafverfolgung oder Bestrafung verzichtet werden kann.
2    Sie kann das Verfahren ausnahmsweise auch dann einstellen, wenn:
a  das Interesse eines Opfers, das zum Zeitpunkt der Straftat weniger als 18 Jahre alt war, es zwingend verlangt und dieses Interesse das Interesse des Staates an der Strafverfolgung offensichtlich überwiegt; und
b  das Opfer oder bei Urteilsunfähigkeit seine gesetzliche Vertretung der Einstellung zustimmt.
StPO. Die Umstände des Vorfalls vom 27. November 2011 sind einer näheren Prüfung zu unterziehen. Es kann erst nach der vom Sachgericht vorzunehmenden Aussage- und Beweiswürdigung beurteilt werden, ob sich die Beschwerdegegner strafbar gemacht haben oder nicht. Es erübrigt sich, auf die weiteren Rügen des Beschwerdeführers einzugehen.

3.
Die Beschwerde ist gutzuheissen und der angefochtene Beschluss aufzuheben. Die Sache ist zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen an die Vorinstanz sowie zur Fortführung der Strafuntersuchung an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen. Es sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG). Der Kanton Zürich hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG). Die Entschädigung ist praxisgemäss dem Rechtsvertreter auszurichten. Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos (Art. 68 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 8. Januar 2016 aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen sowie an die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich zur Fortführung der Strafuntersuchung zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton Zürich hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Pierre André Rosselet, für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- auszurichten.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. Juni 2016

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Schär
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Document : 6B_195/2016
Date : 22. Juni 2016
Published : 10. Juli 2016
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Strafprozess
Subject : Einstellung (Amtsmissbrauch etc.)


Legislation register
BGG: 66  68  81  95  113
BV: 10
EMRK: 3  13
SR 0.103.2: 7
StPO: 319
BGE-register
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