Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B 266/2012
Urteil vom 22. Juni 2012
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Denys, Schöbi,
Gerichtsschreiber C. Monn.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Drohung,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer,
vom 24. Januar 2012.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der Beschwerdeführer wendet sich dagegen, dass er durch die Vorinstanz im Berufungsverfahren gegen einen Entscheid des Präsidenten des Bezirksgerichts Kulm mit Urteil vom 24. Januar 2012 wegen Drohungen zu 50 Tagessätzen Geldstrafe à Fr. 20.--, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren, verurteilt wurde. Er bemängelt vor Bundesgericht, dass vor der Vorinstanz keine mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt wurde.
Die Vorinstanz und die Oberstaatsanwaltschaft haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.
2.
Im Berufungsverfahren ist grundsätzlich eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäss Art. 406 Abs. 2 lit. a

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 406 Schriftliches Verfahren - 1 Das Berufungsgericht kann die Berufung in einem schriftlichen Verfahren behandeln, wenn ausschliesslich: |
Der Beschwerdeführer macht geltend, in einer Verfügung der Vorinstanz vom 3. August 2011 sei er darauf hingewiesen worden, dass bei Stillschweigen aller Parteien eine mündliche Verhandlung durchgeführt werde. Da seines Wissens keine "schriftliche Verhandlung" verlangt worden sei, sei er der Meinung gewesen, dass es zu einer mündlichen Verhandlung komme.
Gemäss der Verfügung vom 3. August 2011 wurden die Parteien aufgefordert, "innert 10 Tagen ab Zustellung dieser Verfügung mitzuteilen, ob sie auf eine mündliche Berufungsverhandlung verzichten" (Ziff. 1). "Ohne Zustimmung aller Parteien wird das mündliche Verfahren durchgeführt. Stillschweigen gilt als Zustimmung" (Ziff. 2).
Diese Verfügung ist widersprüchlich. Gemäss deren Ziff. 2 Satz 1, die Art. 406 Abs. 2

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 406 Schriftliches Verfahren - 1 Das Berufungsgericht kann die Berufung in einem schriftlichen Verfahren behandeln, wenn ausschliesslich: |
Die Vorinstanz hat zudem übersehen, dass der Beschwerdeführer die Verfügung vom 3. August 2011 nicht verstanden hatte. Mit einer zweiten Verfügung vom 25. August 2011 teilte sie ihm nämlich mit, es werde vorgemerkt, dass die Parteien mit der schriftlichen Durchführung des Berufungsverfahrens einverstanden seien und auf eine Verhandlung und eine mündliche Urteilseröffnung verzichtet hätten. Darauf wandte sich der Beschwerdeführer innert Frist mit Eingabe vom 15. September 2011 an die Vorinstanz und monierte, dass in der Verfügung vom 25. August 2011 "genau das Gegenteil" vom dem stehe, was in der Verfügung vom 3. August 2011 enthalten sei. Die Vorinstanz ist auf diese Rüge nicht eingegangen (vgl. angefochtenen Entscheid S. 6 Ziff. 4.5). Hätte sie die Rüge geprüft, so wäre sie darauf aufmerksam geworden, dass die Verfügung vom 3. August 2011 mangelhaft abgefasst war.
Unter den gegebenen Umständen hat die Vorinstanz mit dem Verzicht auf eine mündliche Verhandlung Art. 405

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 405 Mündliches Verfahren - 1 Die mündliche Berufungsverhandlung richtet sich nach den Bestimmungen über die erstinstanzliche Hauptverhandlung. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 406 Schriftliches Verfahren - 1 Das Berufungsgericht kann die Berufung in einem schriftlichen Verfahren behandeln, wenn ausschliesslich: |
3.
Da die Vorinstanz das Berufungsverfahren nochmals durchführen muss, ist auf die weiteren Rügen des Beschwerdeführers nicht einzugehen.
4.
Bei diesem Ausgang sind keine Gerichtskosten zu erheben. Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, vom 24. Januar 2012 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 22. Juni 2012
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Mathys
Der Gerichtsschreiber: Monn