Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
I 492/01
Urteil vom 22. Mai 2003
I. Kammer
Besetzung
Präsident Schön, Bundesrichter Borella, Rüedi, Lustenberger und Frésard; Gerichtsschreiber Krähenbühl
Parteien
J.________, 1954, Beschwerdeführer, vertreten durch den Procap, Schweizerischer Invaliden-Verband, Froburgstrasse 4, 4600 Olten,
gegen
IV-Stelle Schaffhausen, Oberstadt 9, 8200 Schaffhausen, Beschwerdegegnerin,
Vorinstanz
Obergericht des Kantons Schaffhausen, Schaffhausen
(Entscheid vom 22. Juni 2001)
Sachverhalt:
A.
Mit Verfügung vom 26. Januar 2000 sprach die IV-Stelle Schaffhausen dem 1954 geborenen J.________ für die Zeit ab 1. Februar 2000 eine ganze Invalidenrente zu. Mit einer gleichentags an die von J.________ geschiedene Ehefrau S.________ gerichteten Verfügung ordnete sie die Auszahlung der zur Rente des Vaters gehörenden Kinderrente für den gemeinsamen Sohn T.________ an dessen Mutter an. Am 24. Februar 2000 erliess die IV-Stelle eine weitere Verfügung, mit welcher sie J.________ rückwirkend ab 1. November 1997 eine halbe und ab 1. Februar 1999 eine ganze Invalidenrente gewährte. Die dazugehörenden Kinderrenten für den Sohn T.________ und die Tochter D.________ sollten gemäss zwei ebenfalls am 24. Februar 2000 ergangenen Verfügungen der Mutter ausbezahlt werden, wobei diejenige für D.________ im Hinblick auf den erfolgten Lehrabschluss bis Ende Juli 1999 befristet war. Weiter wurden von den am 24. Februar 2000 zugesprochenen Kinderrenten-Nachzahlungen Fr. 12'514.- resp. Fr. 3294.- mit Leistungen verrechnet, welche die Alimenteninkassostelle X.________ für T.________ und D.________ vorschussweise erbracht hatte.
B.
Eine unter anderm gegen die Auszahlung der Kinderrenten an die geschiedene Ehefrau gerichtete Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Schaffhausen mit Entscheid vom 22. Juni 2001 ab.
C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt J.________ erneut beantragen, die Kinderrenten seien ihm und nicht seiner geschiedenen Ehefrau auszuzahlen.
Die IV-Stelle sieht von einer materiellen Stellungnahme ab und ersucht, die Ausgleichskasse des Kantons Luzern zur Vernehmlassung einzuladen. Diese und S.________ schliessen als Mitinteressierte auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) setzt sich insbesondere näher mit den Auswirkungen des auf den 1. Januar 2000 in Art. 285 ZGB neu eingefügten Abs. 2bis - wozu es im vorinstanzlichen Verfahren eine am 19. Mai 2000 erstattete Stellungnahme des Bundesamtes für Justiz eingeholt hatte - auseinander und trägt des Weitern ebenfalls auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Streitig ist die Zulässigkeit der von der Verwaltung verfügten und vorinstanzlich bestätigten Anordnung der Auszahlung der Kinderrenten an die geschiedene Ehefrau des Beschwerdeführers. Ausdrücklich einverstanden erklärt hat sich dieser damit, dass ein Teil der Rentennachzahlungen zwecks Verrechnung mit bevorschussten Unterhaltsbeiträgen an die Alimenteninkassostelle X.________ überwiesen wird. Die Ehefrau des Versicherten würde demnach die Nachzahlung der Kinderrenten nur im Umfang des Überschusses erhalten, der nach Abzug der bevorschussten und mittels Verrechnung zurückerstatteten Unterhaltsbeiträge verbleibt.
2.
Da Streitigkeiten über den Auszahlungsmodus rechtsprechungsgemäss nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen betreffen, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
3.
3.1 Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen auch im Invalidenversicherungsbereich geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles in der Regel auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügungen (hier: 26. Januar und 24. Februar 2000) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall das ATSG selbst und die damit in Zusammenhang stehenden neuen Bestimmungen nicht anwendbar (BGE 129 V 4 Erw. 1.2).
3.2 Bezüglich der massgebenden gesetzlichen Grundlage für eine Auszahlung von Kinderrenten an den Ehegatten der anspruchsberechtigten Person (Art. 35 Abs. 4 IVG in der auf den 1. Januar 1997 in Kraft getretenen und bis Ende 2002 gültig gewesenen, hier anwendbaren Fassung [vgl. Erw. 3.1 hievor]) ist ergänzend zu den Ausführungen des kantonalen Gerichts zu erwähnen, dass Art. 35 IVG in der bis Ende 1996 gültig gewesenen Fassung anders als der damalige, die Zusatzrente für die Ehefrau betreffende Art. 34 IVG keine Regelung hinsichtlich einer Drittauszahlung der Renten beinhaltete. Mit Blick auf den gesetzlichen Zweck, wonach die Kinderrente ausschliesslich für den Unterhalt und die Erziehung des Kindes zu verwenden ist, hatte das Eidgenössische Versicherungsgericht hingegen ergänzende Regeln zu den Bestimmungen über die zweckgemässe Rentenverwendung (Art. 50 IVG in Verbindung mit Art. 45
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 45 |
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 45 |
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3 mit Hinweisen). In einem Kostenbeitrag erschöpft sich die Unterhaltspflicht nach dieser Rechtsprechung, wenn die Unterhaltsbeiträge die von H. Winzeler (Die Bemessung der Unterhaltsbeiträge für Kinder, Diss. Zürich 1974) in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt des Kantons Zürich ermittelten Ansätze für den Unterhaltsbedarf von Kindern nicht erreichen (SVR 2002 IV Nr. 5 S. 11 Erw. 3c/aa, 1999 IV Nr. 2 S. 6 Erw. 2a; vgl. auch BGE 122 V 125). Diese nunmehr vom BSV regelmässig der Lohn- und Preisentwicklung angepassten Ansätze werden jeweils im Anhang III der bundesamtlichen Wegleitung über die Renten (RWL) veröffentlicht.
3.3 Mit der auf den 1. Januar 1997 in Kraft getretenen 10. AHV-Revision (Bundesgesetz vom 7. Oktober 1994) und den damit einhergehenden Änderungen des IVG hat der Gesetzgeber Art. 35 IVG durch einen neuen Abs. 4 ergänzt. Danach wird die Kinderrente wie die Rente ausbezahlt, zu der sie gehört (Satz 1); vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die zweckgemässe Rentenverwendung (Art. 50 IVG) und abweichende zivilrichterliche Anordnungen (Satz 2); der Bundesrat kann ergänzende Vorschriften für die Auszahlung erlassen, namentlich für Kinder aus getrennter oder geschiedener Ehe (Satz 3). Von dieser ihm eingeräumten Befugnis hat der Bundesrat zunächst keinen Gebrauch gemacht, weshalb das Eidgenössische Versicherungsgericht in dem in SVR 2000 IV Nr. 22 S. 65 publizierten Urteil J. vom 29. November 1999 (I 171/99) erkannt (S. 66 Erw. 1a in fine) und seither wiederholt bestätigt hat (SVR 2002 IV Nr. 5 S. 11 f. Erw. 3c/aa in fine, nicht veröffentlichte Urteile R. vom 14. April 2000 [I 425/99] und C. vom 13. Februar 2002 [I 366/00]), dass die unter alt Art. 35 IVG ergangene Rechtsprechung weiterhin massgebend bleibt.
3.4 Erst mit der gleichzeitigen Änderung von AHVV und IVV vom 14. November 2001 hat der Bundesrat unter anderm für die Auszahlung von Kinderrenten der Invalidenversicherung bei getrennter oder geschiedener Ehe gestützt auf die Delegationsnorm in Satz 3 von Art. 35 Abs. 4 IVG eine spezielle Regelung auf Verordnungsstufe geschaffen, indem er in Art. 82
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 45 |
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Diese Ordnung ist erst auf den 1. Januar 2002 in Kraft getreten, sodass sie im vorliegenden Fall, in welchem es um die Auszahlung von bereits am 26. Januar und 24. Februar 2000 zugesprochenen Kinderrenten geht, keine Anwendung findet.
4.
4.1 Entgegen der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vertretenen Auffassung war eine Auszahlung von Kinderrenten an den selbst nicht anspruchsberechtigten Elternteil im vorliegend massgebenden Zeitpunkt (Januar/Februar 2000) nicht nur zulässig, wenn die für eine Drittauszahlung zwecks Gewährleistung zweckgemässer Rentenverwendung nach Art. 76
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 45 |
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4.2 Im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügungen vom 26. Januar und 24. Februar 2000 hatte die geschiedene Ehefrau des Beschwerdeführers die elterliche Sorge über die gemeinsamen Kinder inne. Auch wohnten diese bei der Mutter und nicht beim rentenberechtigten Vater. Angesichts des im Scheidungsurteil des Bezirksgerichts Y.________ vom 30. Juni 1988 pro Kind auf monatlich Fr. 400.- resp. Fr. 450.- (zuzüglich Kinderzulage, indexgebunden) festgesetzten und gemäss Ausführungen in der im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Beschwerde Fr. 540.- resp. ab Juni 1999 Fr. 585.- ausmachenden Unterhaltsbeitrages kann schliesslich davon ausgegangen werden, dass sich die Unterhaltspflicht des Beschwerdeführers auf einen Kostenbeitrag beschränkte, lagen die Ansätze für den Unterhaltsbedarf der im November 1983 und im Juli 1980 geborenen beiden Kinder doch - wie das BSV in seiner Stellungnahme vom 26. Oktober 2001 zutreffend aufzeigt - deutlich höher (vgl. Anhang III zur RWL).
Nach Massgabe der auch nach Inkraftsetzung des Art. 35 Abs. 4 IVG auf den 1. Januar 1997 zunächst weiterhin geltenden Rechtsprechung ist der Anspruch der Ehefrau des Beschwerdeführers auf direkte Auszahlung der Kinderrenten demnach ausgewiesen.
5.
Zu prüfen bleibt, ob der auf den 1. Januar 2000 neu eingefügte Abs. 2bis von Art. 285 ZGB an dieser Rechtslage etwas geändert hat. Danach hat der Unterhaltspflichtige, der infolge Alter oder Invalidität nachträglich Sozialversicherungsrenten oder ähnliche für den Unterhalt des Kindes bestimmte Leistungen erhält, die Erwerbseinkommen ersetzen, diese Beträge dem Kind zu zahlen; der bisherige Unterhaltsbeitrag vermindert sich von Gesetzes wegen im Umfang dieser neuen Leistungen. Vor dem In-Kraft-Treten dieser Norm stellte der gleichzeitige Bezug von Unterhaltsbeiträgen und Kinderrenten durch die vom Rentenberechtigten getrennt lebende oder geschiedene Ehefrau demgegenüber keine unzulässige Leistungskumulation dar (Art. 285 Abs. 2
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Mit dem neu eingefügten Abs. 2bis von Art. 285 ZGB ist eine für den unterhaltspflichtigen Rentenberechtigten im Vergleich zur früheren Rechtslage vorteilhaftere Regelung getroffen worden. Diese wirkt sich in erster Linie auf die Höhe der noch geschuldeten Unterhaltsbeiträge aus. Ein direkter Einfluss auf die Zulässigkeit einer Auszahlung von Kinderrenten an den selbst nicht anspruchsberechtigten Ehegatten, der die elterliche Sorge über die bei ihm wohnenden gemeinsamen Kinder innehat, ist daraus nicht zwingend abzuleiten.
5.1 Soweit es um laufende Rentenzahlungen geht, dürfte sich das Problem einer unerwünschten Kumulation von Sozialversicherungsleistungen und Unterhaltsbeiträgen in der Regel nicht stellen, da der Unterhaltspflichtige, nachdem sich der bisherige Unterhaltsbeitrag auf Grund von Art. 285 Abs. 2bis
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5.2
5.2.1 Was die Nachzahlung von Kinderrenten anbelangt, ist für den vorliegend zu beurteilenden Fall bedeutsam, dass die neue Regelung in Art. 285 Abs. 2bis
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Gegen die Ausrichtung der für die Zeit bis Ende 1999 zugesprochenen Kinderrenten an die Ehefrau des Anspruchsberechtigten ist demnach, entsprechend der bis dahin massgebend gewesenen Rechtslage, ungeachtet des damit verbundenen Zusammentreffens von Renten- und Unterhaltszahlungen, nichts einzuwenden.
5.2.2 Die Nachzahlung von Kinderrenten für einen nach dem In-Kraft-Treten des Art. 285 Abs. 2bis
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Es ist indessen nicht Sache des Sozialversicherungsgerichts, über eine allfällige Rückforderung früher zu viel bezahlter Unterhaltsbeiträge zu befinden. Aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht kann sich einzig die Frage stellen, ob der Entstehung einer solchen für den rentenberechtigten Unterhaltspflichtigen unbefriedigenden Situation allenfalls im Sinne einer Vorbeugung mit einer Einschränkung der bei der Auszahlung von Kinderrenten an den getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten der anspruchsberechtigten Person bestehenden Praxis wirksam entgegengetreten werden kann. Dies liesse sich unter Umständen realisieren, indem etwa, wie vom Bundesamt für Justiz in der mehrfach erwähnten Stellungnahme vom 19. Mai 2000 angeregt und auch vom BSV dem Grundsatz nach befürwortet, die Auszahlung von Kinderrenten an den Ehegatten des Rentenberechtigten nur in dem Umfang zugelassen würde, in welchem für die nämliche Zeitspanne nicht bereits Unterhaltsbeiträge geleistet wurden.
Die Schaffung einer speziellen Auszahlungsregelung, welche der mit Art. 285 Abs. 2bis
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Art. 71ter
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6.
Zusammenfassend lässt sich demnach gegen die Auszahlung an die geschiedene Ehefrau des Beschwerdeführers weder bezüglich der laufenden Kinderrente noch bezüglich der Kinderrenten-Nachzahlung etwas einwenden. Dass damit allenfalls für den Monat Januar 2000 nebst der Kinderrente - wegen der Neuregelung in Art. 285 Abs. 2bis
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7.
Obschon nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen streitig war (Erw. 2 hievor) und das Verfahren deshalb grundsätzlich kostenpflichtig wäre (Umkehrschluss aus Art. 134
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen, der Ausgleichskasse Luzern, dem Bundesamt für Sozialversicherung und S.________ zugestellt.
Luzern, 22. Mai 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der I. Kammer: Der Gerichtsschreiber: