Tribunal federal
{T 0/2}
5C.11/2003 /min
Urteil vom 22. Januar 2003
II. Zivilabteilung
Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Nordmann, Bundesrichter Meyer,
Gerichtsschreiber Levante.
N.________, zzt. Regionalgefängnis Bern,
Genfergasse 22, 3001 Bern,
Berufungskläger,
gegen
Kantonale Rekurskommission für fürsorgerische Freiheitsentziehungen des Kantons Bern,
Hochschulstrasse 17, Postfach 7475, 3001 Bern.
fürsorgerische Freiheitsentziehung,
Berufung gegen den Entscheid der Kantonalen Rekurskommission für fürsorgerische Freiheitsentziehungen des Kantons Bern vom 23. Dezember 2002.
Sachverhalt:
A.
N.________ wurde am 7. Dezember 2002 von Dr. med. U.________, Psychiatriezentrum Biel, wegen Selbst- und Fremdgefährdung im Sinne einer vorsorglichen fürsorgerischen Freiheitsentziehung in die UPD Waldau eingewiesen. Mit Verfügung vom 12. Dezember 2002 wies der Regierungsstatthalter von Nidau N.________ vorsorglich, für maximal sechs Wochen bis längstens zum 20. Januar 2003, zur Begutachtung in das Regionalgefängnis Bern ein; vorbehalten blieb die Verlegung in eine andere ärztlich geleitete Institution (Dispositiv-Ziff. 2.1). Ferner wurden in der Verfügung u.a. die für das in Auftrag gegebene Gutachten zu beantwortenden Fragen formuliert (Dispositiv-Ziff. 2.3).
B.
N.________ erhob gegen die vom Regierungsstatthalter vorsorglich verfügte fürsorgerische Freiheitsentziehung Rekurs und verlangte im Wesentlichen die Einweisung in eine psychiatrische Klinik. Die Kantonale Rekurskommission für fürsorgerische Freiheitsentziehungen des Kantons Bern wies den Rekurs mit Entscheid vom 23. Dezember 2002 ab und schützte damit die angefochtene Dispositiv-Ziff. 2.1 der erstinstanzlichen Verfügung. Zur Begründung hielt die Rekurskommission im Wesentlichen fest, dass auf die stationäre Begutachtung des Rekurrenten im Regionalgefängnis Bern auf keinen Fall verzichtet werden könne.
C.
Mit Eingabe vom 12. Januar 2003 (Postaufgabe) führt N.________ Berufung beim Bundesgericht. Er beantragt sinngemäss die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und seine Entlassung, eventuell die Einweisung in eine geeignete Anstalt.
Die Rekurskommission für fürsorgerische Freiheitsentziehungen des Kantons Bern hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gegen Endentscheide der oberen kantonalen Gerichte oder sonstigen Spruchbehörden in Anwendung der Bestimmungen über die fürsorgerische Freiheitsentziehung ist die Berufung an das Bundesgericht zulässig, sofern kein ordentliches kantonales Rechtsmittel zur Verfügung steht (Art. 44 lit. f
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1.2 Gegenstand des angefochtenen Entscheides und damit der Berufung (Art. 48
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2.
2.1 Gemäss Art. 397a
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ausnahmsweise und als ultima ratio, namentlich in besonderen Gefährdungssituationen, in Frage (BGE 112 II 486 E. 4a und b S. 488 f., mit Hinweisen auf die Materialien; zum Ganzen auch Spirig, Zürcher Kommentar, N. 123 ff. zu Art. 397a
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2.2 Im angefochtenen Entscheid wird die Einweisung des Berufungsklägers in das Regionalgefängnis Bern damit begründet, dass dieser in der UPD Waldau, in welche er zwecks Begutachtung zunächst eingewiesen wurde, "das dortige Personal schwer bedrohte". Gemäss Einweisungsverfügung vom 12. Dezember 2002, auf welche im angefochtenen Entscheid verwiesen wird, soll sich der Berufungskläger in der UPD Waldau mit einer Patientin ins Bett begeben haben und, nachdem er vom Personal aufgefordert worden sei, das Tun abzubrechen, dieses "massiv" bedroht haben. Im Weiteren verweist der angefochtene Entscheid auf das Schreiben des Geschäftsleiters des Drop-In Biel. Danach soll der Berufungskläger dort einen Mitarbeiter "derart bedroht" haben, dass dieser in "Angst und Schrecken versetzt wurde"; gegen eine Mitarbeiterin habe er "schwerste Drohungen bezüglich schwerer Körperverletzung oder Tötung gemacht". Die Vorinstanz hat gefolgert, dass die Einweisung des Berufungsklägers zur Untersuchung in das Regionalgefängnis Bern daher unverzichtbar sei.
2.3 Die Vorinstanz hat zum Schwächezustand des Berufungsklägers keine weiteren Sachverhaltsfeststellungen getroffen. Offenbar ist sie davon ausgegangen, dass der Berufungskläger drogensüchtig ist und dessen Drohungen die Einweisung zur Untersuchung notwendig machten. Inwiefern die Vorinstanz zu Unrecht die Notwendigkeit der stationären Begutachtung des Berufungsklägers angenommen habe, wird in der Berufungsschrift in keiner Weise dargelegt (Art. 55 Abs. 1 lit. c
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2.4 Der Berufungskläger macht im Wesentlichen geltend, dass das Regionalgefängnis Bern, in das er zur Untersuchung eingewiesen worden ist, für ihn nicht geeignet sei, weil er keine Hilfe für seine psychischen Probleme erhalte. Die Kritik des Berufungsklägers an seiner Gefängniseinweisung ist begründet.
Zum einen spricht sich der angefochtene Entscheid mit keinem Wort darüber aus, ob dem Berufungskläger im Regionalgefängnis die seiner Suchterkrankung angemessene persönliche und medizinische Betreuung erwiesen werden kann. Insoweit lässt der angefochtene Entscheid den Schluss, dass der Berufungskläger in einer geeigneten Anstalt im Sinne von Art. 397a Abs. 1
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Zum anderen geht aus dem angefochtenen Entscheid lediglich hervor, dass der Berufungskläger wegen seiner Drohungen eine grosse Belastung für sein Umfeld sei und eine Fremdgefährdung des Berufungsklägers gegeben sei; eine mildere Massnahme als die Einweisung in das Regionalgefängnis komme unter den gegebenen Umständen derzeit nicht in Frage. Die Vorinstanz bezieht sich damit auf Art. 397a Abs. 2
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ernst zu nehmen sind. Doch rechtfertigt dies keine Gefängniseinweisung, zumal davon auszugehen ist, dass z.B. eine psychiatrische Klinik wie die Waldau über Einrichtungen verfügt, die es erlauben, schwierige Patienten unterzubringen und zu betreuen. Die Gefängniseinweisung ist vor dem Hintergrund des im angefochtenen Entscheid geschilderten Verhaltens des Berufungsklägers unter dem Gesichtswinkel der Verhältnismässigkeit nicht haltbar.
Somit ergibt sich, dass die Auffassung der Vorinstanz, der Berufungskläger sei zur Untersuchung in das Regionalgefängnis Bern einzuweisen, mit Art. 397a
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2.5 Die Berufung ist aus diesen Gründen gutzuheissen. Die Sache ist an den Regierungsstatthalter zurückzuweisen und dieser für den Fall, dass der Berufungskläger am 20. Januar 2003 noch nicht aus dem Regionalgefängnis Bern entlassen bzw. die Einweisung dort erneuert worden ist, anzuweisen, innert einer Frist von drei Arbeitstagen die Verlegung des Berufungsklägers zu prüfen und gegebenenfalls anzuordnen oder den Berufungskläger zu entlassen, wenn - wider Erwarten - keine geeignete Platzierung möglich sein sollte (BGE 112 II 486 E. 4b S. 489).
3.
Bei diesem Ergebnis ist keine Gerichtsgebühr zu erheben (Art. 156 Abs. 2
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass der angefochtene Entscheid der Rekurskommission für fürsorgerische Freiheitsentziehungen des Kantons Bern vom 23. Dezember 2002 aufgehoben, die Sache an den Regierungsstatthalter von Nidau zurückgewiesen und dieser für den Fall, dass der Berufungskläger am 20. Januar 2003 nicht aus dem Regionalgefängnis Bern entlassen oder die Einweisung dort erneuert worden ist, angewiesen wird, innerhalb von drei Arbeitstagen die Verlegung des Berufungsklägers in eine geeignete Anstalt oder die Entlassung zu verfügen.
2.
Es wird keine Gerichtsgebühr erhoben.
3.
Dieses Urteil wird dem Berufungskläger und der Kantonalen Rekurskommission für fürsorgerische Freiheitsentziehungen des Kantons Bern sowie dem Regierungsstatthalter von Nidau schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 22. Januar 2003
Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: