Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

9C 415/2017

Urteil vom 21. September 2017

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
Bundesrichter Parrino, Bundesrichterin Moser-Szeless,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
A.________, vertreten durch Rechtsanwalt Michael Jahn,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Graubünden, Ottostrasse 24, 7000 Chur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 15. Februar 2017 (S 16 53).

Sachverhalt:

A.
A.________ meldete sich im Juli 2014 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. U.a. gestützt auf den Bericht des Dr. med. B.________, Facharzt für Chirurgie, vom Regionalen Ärztlichen Dienst Ostschweiz (nachfolgend: RAD) vom 24. Oktober 2014 verneinte die IV-Stelle des Kantons Graubünden mit Verfügung vom 7. März 2016 einen Rentenanspruch.

B.
Die Beschwerde des A.________ wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 3. Kammer als Versicherungsgericht, nach zweifachem Schriftenwechsel mit Entscheid vom 15. Februar 2017 ab.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, der Entscheid vom 15. Februar 2017 und die Verfügung vom 7. März 2016 seien aufzuheben; es sei ihm mit Wirkung ab 1. Januar 2015 mindestens eine halbe Invalidenrente zuzusprechen; eventualiter sei die Sache an das kantonale Verwaltungsgericht oder an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit es bzw. sie die erforderlichen fachärztlichen Abklärungen vornehme und danach über den Rentenanspruch neu entscheide, unter Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
Die IV-Stelle des Kantons Graubünden ersucht um Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG). Die Feststellung des Sachverhalts (durch die Vorinstanz; Art. 105 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG) kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
1    Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
2    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.86
BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG). Unter den zweiten Tatbestand fällt namentlich die unvollständige (gerichtliche) Feststellung der rechtserheblichen Tatsachen (BGE 135 V 23 E. 2 S. 25) oder wenn der angefochtene Entscheid eine entscheidwesentliche Tatfrage, im Streit um eine Rente der Invalidenversicherung namentlich Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit einer versicherten Person, auf unvollständiger Beweisgrundlage beantwortet (Urteil 9C 292/2014 vom 3. September 2014 E. 3; vgl. auch BGE 132 III 83 E. 3.5 S. 88).

1.2. In der Begründung der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1    Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
2    In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist. 14 15
3    Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat; richtet sich die Rechtsschrift gegen einen Entscheid, so ist auch dieser beizulegen.
4    Bei elektronischer Einreichung muss die Rechtsschrift von der Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201616 über die elektronische Signatur versehen werden. Das Bundesgericht bestimmt in einem Reglement:
a  das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen;
b  die Art und Weise der Übermittlung;
c  die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.17
5    Fehlen die Unterschrift der Partei oder ihrer Vertretung, deren Vollmacht oder die vorgeschriebenen Beilagen oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels angesetzt mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt.
6    Unleserliche, ungebührliche, unverständliche, übermässig weitschweifige oder nicht in einer Amtssprache verfasste Rechtsschriften können in gleicher Weise zur Änderung zurückgewiesen werden.
7    Rechtsschriften, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung beruhen, sind unzulässig.
BGG). In Bezug auf die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung, die willkürlich sein muss (BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445), gilt eine qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
BGG; Urteil 9C 281/2017 vom 4. Juli 2017 E. 1 mit Hinweisen). Auf bloss appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid, womit lediglich die eigene Sichtweise wiedergegeben wird, wie die Akten tatsächlich zu würdigen und welche rechtlichen Schlüsse daraus zu ziehen seien, tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176; 137 II 353 E. 5.1 S. 356).

2.
Streitgegenstand bildet der von der Vorinstanz und zuvor schon von der Beschwerdegegnerin verneinte Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Rente der Invalidenversicherung. Dessen Vorbringen richten sich in erster Linie gegen das Tatsachenfundament des angefochtenen Entscheids. Er rügt, mit dem Abstellen auf den RAD-Bericht vom 24. Oktober 2014 habe die Vorinstanz eine willkürliche Beweiswürdigung vorgenommen auf der Grundlage eines von der Beschwerdegegnerin in Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes nach Art. 43 Abs. 1
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 43 Abklärung - 1 Der Versicherungsträger prüft die Begehren, nimmt die notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vor und holt die erforderlichen Auskünfte ein. Mündlich erteilte Auskünfte sind schriftlich festzuhalten.
1    Der Versicherungsträger prüft die Begehren, nimmt die notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vor und holt die erforderlichen Auskünfte ein. Mündlich erteilte Auskünfte sind schriftlich festzuhalten.
1bis    Der Versicherungsträger bestimmt die Art und den Umfang der notwendigen Abklärungen.32
2    Soweit ärztliche oder fachliche Untersuchungen für die Beurteilung notwendig und zumutbar sind, hat sich die versicherte Person diesen zu unterziehen.
3    Kommen die versicherte Person oder andere Personen, die Leistungen beanspruchen, den Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten in unentschuldbarer Weise nicht nach, so kann der Versicherungsträger auf Grund der Akten verfügen oder die Erhebungen einstellen und Nichteintreten beschliessen. Er muss diese Personen vorher schriftlich mahnen und auf die Rechtsfolgen hinweisen; ihnen ist eine angemessene Bedenkzeit einzuräumen.
ATSG unvollständig abgeklärten Sachverhalts.

3.

3.1. Einem ärztlichen Bericht kommt Beweiswert zu, wenn er für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge und der medizinischen Situation einleuchtet und wenn die Schlussfolgerungen des Arztes begründet sind (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Dieser muss über die notwendigen fachlichen Qualifikationen verfügen (Urteile 8C 309/2016 vom 14. Dezember 2016 E. 4.3 und 9C 28/2015 vom 8. Juni 2015 E. 3.2).

3.2. Nach der Rechtsprechung ist es zulässig, im Wesentlichen oder einzig auf versicherungsinterne medizinische Unterlagen, wozu namentlich auf eigenen Untersuchungen beruhende RAD-Berichte nach Art. 49 Abs. 2
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV)
IVV Art. 49 Aufgaben - 1 Die regionalen ärztlichen Dienste beurteilen die medizinischen Voraussetzungen des Leistungsanspruchs. Die geeigneten Prüfmethoden können sie im Rahmen ihrer medizinischen Fachkompetenz und der allgemeinen fachlichen Weisungen des BSV frei wählen.
1    Die regionalen ärztlichen Dienste beurteilen die medizinischen Voraussetzungen des Leistungsanspruchs. Die geeigneten Prüfmethoden können sie im Rahmen ihrer medizinischen Fachkompetenz und der allgemeinen fachlichen Weisungen des BSV frei wählen.
1bis    Bei der Festsetzung der funktionellen Leistungsfähigkeit (Art. 54a Abs. 3 IVG) ist die medizinisch attestierte Arbeitsfähigkeit in der bisherigen Tätigkeit und für angepasste Tätigkeiten unter Berücksichtigung sämtlicher physischen, psychischen und geistigen Ressourcen und Einschränkungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht zu beurteilen und zu begründen.271
2    Die regionalen ärztlichen Dienste können bei Bedarf selber ärztliche Untersuchungen von Versicherten durchführen. Sie halten die Untersuchungsergebnisse schriftlich fest.
3    Sie stehen den IV-Stellen der Region beratend zur Verfügung.
IVV gehören, abzustellen. In solchen Fällen sind an die Beweiswürdigung jedoch strenge Anforderungen in dem Sinne zu stellen, dass bei auch nur geringen Zweifeln an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der ärztlichen Feststellungen ergänzende Abklärungen vorzunehmen sind (BGE 139 V 225 E. 5.2 S. 229; 122 V 157 E. 1d S. 162; Urteil 8C 452/2016 vom 27. September 2016 E. 3 mit Hinweisen, in: SVR 2017 IV Nr. 13 S. 31). Umgekehrt genügt die Tatsache allein, dass eine abweichende (selbst fach-) ärztliche Meinung besteht, nicht, um im dargelegten Sinne die Aussagekraft und damit den Beweiswert eines medizinischen Berichts in Frage zu stellen (Urteil 9C 360/2016 vom 21. April 2017 E. 3.2 mit Hinweis).
Der (Untersuchungs-) Bericht eines einzelnen RAD-Arztes allein bildet regelmässig keine genügende Entscheidungsgrundlage etwa bei ausgeprägt interdisziplinärem Charakter der Fragestellung oder wenn zwischen seiner Beurteilung und dem allgemeinen Tenor im medizinischen Dossier eine Differenz besteht, die nicht offensichtlich auf unterschiedlichen versicherungsmedizinischen Prämissen beruht (vgl. BGE 137 V 210 E. 1.2.1 S. 219; Urteil 9C 858/2014 vom 3. September 2015 E. 3.3.3).

3.3. Ob einem Arztbericht Beweiswert zukommt, ist eine grundsätzlich frei überprüfbare Rechtsfrage (Urteil 9C 395/2016 vom 25. August 2016 E. 1.4 mit Hinweis).

4.
Der Beschwerdeführer bestreitet den Beweiswert des RAD-Berichts vom 24. Oktober 2014 (im Sinne von nicht geringen Zweifeln an dessen Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit) im Wesentlichen mit den davon abweichenden Einschätzungen der Arbeitsfähigkeit der behandelnden Ärzte, (erstmals) mit der fehlenden fachlichen Kompetenz des Verfassers (Dr. med. B.________) und mit (nicht heilbaren) inhaltlichen Unklarheiten betreffend den Umfang der Arbeitsfähigkeit und die Eingliederungsfähigkeit.

4.1. Die Vorinstanz hat in E. 4b-g ihres Entscheids im Rahmen pflichtgemässer freier Beweiswürdigung (Art. 61 lit. c
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 61 Verfahrensregeln - Das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht bestimmt sich unter Vorbehalt von Artikel 1 Absatz 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196846 nach kantonalem Recht. Es hat folgenden Anforderungen zu genügen:
a  Das Verfahren muss einfach, rasch und in der Regel öffentlich sein.
b  Die Beschwerde muss eine gedrängte Darstellung des Sachverhaltes, ein Rechtsbegehren und eine kurze Begründung enthalten. Genügt sie diesen Anforderungen nicht, so setzt das Versicherungsgericht der Beschwerde führenden Person eine angemessene Frist zur Verbesserung und verbindet damit die Androhung, dass sonst auf die Beschwerde nicht eingetreten wird.
c  Das Versicherungsgericht stellt unter Mitwirkung der Parteien die für den Entscheid erheblichen Tatsachen fest; es erhebt die notwendigen Beweise und ist in der Beweiswürdigung frei.
d  Das Versicherungsgericht ist an die Begehren der Parteien nicht gebunden. Es kann eine Verfügung oder einen Einspracheentscheid zu Ungunsten der Beschwerde führenden Person ändern oder dieser mehr zusprechen, als sie verlangt hat, wobei den Parteien vorher Gelegenheit zur Stellungnahme sowie zum Rückzug der Beschwerde zu geben ist.
e  Rechtfertigen es die Umstände, so können die Parteien zur Verhandlung vorgeladen werden.
f  Das Recht, sich verbeiständen zu lassen, muss gewährleistet sein. Wo die Verhältnisse es rechtfertigen, wird der Beschwerde führenden Person ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt.
fbis  Bei Streitigkeiten über Leistungen ist das Verfahren kostenpflichtig, wenn dies im jeweiligen Einzelgesetz vorgesehen ist; sieht das Einzelgesetz keine Kostenpflicht bei solchen Streitigkeiten vor, so kann das Gericht einer Partei, die sich mutwillig oder leichtsinnig verhält, Gerichtskosten auferlegen.
g  Die obsiegende Beschwerde führende Person hat Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Diese werden vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen.
h  Die Entscheide werden, versehen mit einer Begründung und einer Rechtsmittelbelehrung sowie mit den Namen der Mitglieder des Versicherungsgerichts schriftlich eröffnet.
i  Die Revision von Entscheiden wegen Entdeckung neuer Tatsachen oder Beweismittel oder wegen Einwirkung durch Verbrechen oder Vergehen muss gewährleistet sein.
ATSG; BGE 125 V 351 E. 3a S. 352; Urteil 9C 492/2012 vom 25. September 2012 E. 5.1.1) die Gründe dargelegt, weshalb die übrigen teils nach Erlass der angefochtenen Verfügung vom 7. März 2016 erstellten ärztlichen Berichte nicht geeignet sind, Zweifel an der Schlüssigkeit des RAD-Berichts vom 24. Oktober 2014 zu wecken oder abklärungsbedürftige Anhaltspunkte für eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes mit Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit zu liefern. Zu den Erwägungen betreffend den Bericht von Dr. med. C.________, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 18. April 2016 äussert sich der Beschwerdeführer nicht, womit es sein Bewenden hat. Seine Vorbringen gegen die Feststellungen und Schlussfolgerungen der Vorinstanz bezüglich der Berichte des Dr. med. D.________, Facharzt für Orthopädie und Traumatologie, SSMS Sportmedizin, vom 19. April 2016 und des Hausarztes Dr. med. E.________ vom 30. Juli 2014 und 9. Juni 2015 erschöpfen sich sodann in unzulässiger appellatorischer Kritik am angefochtenen Entscheid. Darauf ist nicht einzutreten (E. 1.2 hiervor).

4.2.

4.2.1. Dr. med. B.________ ist Facharzt für Chirurgie. Unklar ist, ob (nur) für allgemeine Chirurgie oder (auch) speziell für orthopädische oder Viszeral- oder gastrointestinale Chirurgie. Er erwähnte in seinem Bericht vom 24. Oktober 2014 folgende Diagnosen: (mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit) Körperliches Erschöpfungssyndrom aufgrund des erheblichen Übergewichts; Überlastungsbeschwerden beider Kniegelenke wegen Übergewicht und Gonarthrose beidseits; fortgeschrittene mediale femoro-tibiale Gonarthrose rechts mit Chondropathie IV; belastungsabhängiges LWS-Syndrom; Adipositas permagna et maligna (143 kg, 183 cm, BMI 44,6 kg/m2); Schwellneigung wegen chronisch venöser Insuffizienz Stadium III; (ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit) Diabetes mellitus Typ II, nicht insulinabhängig; Verdacht auf arteriellen Hypertonus; depressive Reaktion als Reaktion auf die soziale Situation, nicht therapiebedürftig.
Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen betreffen somit verschiedene medizinische Fachgebiete. Dabei spielt offensichtlich das Übergewicht (direkt oder indirekt) eine entscheidende Rolle, weshalb sich die Frage nach einer Gewichtsreduktion stellt. Von einer solchen Massnahme kann, was ohne Weiteres einleuchtet, eine Verbesserung des Gesundheitszustandes und auch der Arbeitsfähigkeit erwartet werden, etwa durch eine (wieder) grössere Beweglichkeit des Rumpfes, geringere Belastung der Kniegelenke und der Wirbelsäule sowie späteres Auftreten körperlicher Erschöpfung. Insoweit erscheint denn auch nachvollziehbar, dass der RAD-Arzt eine vom Hausarzt Dr. med. E.________ in seinem Bericht vom 30. Juli 2014 beantragte polydisziplinäre Begutachtung als verfrüht erachtete, weil "der Versicherte unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflichten eine Gewichtsreduktion anstreben, Hilfsmittel für kaufmännische Tätigkeiten oder Büroarbeiten einsetzen und auch seine Schmerzmedikation bezüglich der Kniegelenke und der Rückenproblematik anpassen" könne. Allerdings stellt sich die Frage nach der Zumutbarkeit einer solchen Massnahme. Ob Dr. med. B.________ diesbezüglich über das erforderliche Fachwissen und die nötige Erfahrung verfügt, ist unklar. In der
vorinstanzlichen Beschwerde wurde eine Gewichtsabnahme um 40-50 kg ohne Operation als "schlicht nicht möglich" bezeichnet. Das Einsetzen eines Magenbandes wiederum sei nicht ungefährlich und würde Komplikationen aufgrund der Diabetes-Erkrankung mit sich bringen.

4.2.2. Wie auch die Vorinstanz festgestellt hat, weist der RAD-Bericht vom 24. Oktober 2014 einen Widerspruch auf: Nach Ziff. 8.2 kann in einer leidensangepassten Tätigkeit eine Arbeitsfähigkeit von 80 % angenommen werden. Gleichzeitig wird gesagt, es wäre eine Wiedereingliederung in eine adaptierte Tätigkeit mit anfänglich 50 % einzuleiten. Demgegenüber wird unter Ziff. 8.2.5 die "Geschätzte Gesamt-Arbeitsfähigkeit in adaptierter Tätigkeit aus medizinischer Sicht" umschrieben mit "50 % bis 80 % Arbeitsfähigkeit unter Zuhilfenahme des Hilfsmittels eines elektrisch höhenverstellbaren Arbeitstisches". Dieselbe Einschätzung soll gemäss Ziff. 8.1.4 auch für die angestammte (mit Reisen und Kundenkontakt verbundene) Tätigkeit gelten, welche jedoch aufgrund des Belastungsprofils, insbesondere der eingeschränkten Gehfähigkeit grundsätzlich ausser Betracht fällt. Zur Frage bei Ziff. 8.3.2, ob einer sofortigen beruflichen Eingliederung medizinische Hinderungsgründe entgegenstehen, wird ausgeführt: "Eine berufliche Eingliederungsfähigkeit besteht ab sofort, zum Beispiel mit einer Arbeitsfähigkeit von 50 % bei erhöhtem Pausenbedarf (...). Steigerungspotential besteht bis auf 80 % Arbeitsfähigkeit bei 20 % erhöhtem Pausenbedarf". Schliesslich
wird unter Ziff. 8.4 des Berichts vom 24. Oktober 2014 festgehalten, dass die "Prognose steht und fällt mit der Reduktion des erheblichen Übergewichts auf zunächst 100 kg".
Weder im Bericht vom 24. Oktober 2014 selber noch in den übrigen medizinischen Akten lässt sich eine schlüssige Erklärung dafür finden, dass die Arbeitsfähigkeit in leidensangepassten Tätigkeiten aus medizinisch-theoretischer Sicht 80 %, im Rahmen der beruflichen Wiedereingliederung (anfänglich) jedoch lediglich 50 % (bei erhöhtem Pausenbedarf) betragen soll. Der Beschwerdeführer hatte sich zwar Dr. med. B.________ gegenüber dahingehend geäussert, er "könne sich eine initiale Teil-Arbeitszeit zum Wiedereinstieg in eine Erwerbstätigkeit von zunächst 50 % vorstellen, Steigerung nicht ausgeschlossen". Gemäss Vorinstanz dürfte diese Selbsteinschätzung den RAD-Arzt dazu bewogen haben, der IV-Stelle trotz medizinisch-theoretischer Arbeitsfähigkeit von 80 % bzw. 50-80 % eine Wiedereingliederung in eine leidensadaptierte Tätigkeit mit initial 50 % zu empfehlen, was angesichts der Bedeutung der Arbeitsmotivation für das Gelingen von Eingliederungsmassnahmen durchaus nachvollziehbar erscheine. Eine mögliche selbst plausible Erklärung des Widerspruchs kann indessen im Kontext mit Blick auf die Wichtigkeit der gesundheitlich bedingt (noch) zumutbaren Arbeitsfähigkeit für die Invaliditätsbemessung nicht genügen. Es kommt dazu, dass die zur
Diskussion Anlass gebenden Aussagen im RAD-Bericht vom 24. Oktober 2014 auf klare Fragestellungen hin erfolgten. Schliesslich ist auch nicht klar, was der RAD-Arzt damit sagen wollte, die Prognose stehe und falle mit der Gewichtsabnahme auf zunächst 100 kg.

4.3. Nach dem Gesagten bestehen nicht geringe Zweifel an der Schlüssigkeit der RAD-ärztlichen Beurteilung vom 24. Oktober 2014, sodass nicht ohne weiteres darauf abgestellt werden kann (E. 3.2 hiervor), was auch für die darauf beruhende Festsetzung der Arbeitsfähigkeit von 80 % in den gesundheitlichen Beeinträchtigungen angepassten Tätigkeiten durch Vorinstanz und IV-Stelle gilt. Ebenso erlauben die übrigen medizinischen Unterlagen nicht, die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers in zuverlässiger Weise einzuschätzen. Entgegen den Vorbringen der Beschwerdegegnerin in ihrer Vernehmlassung kann weder von einer Arbeitsfähigkeit von mindestens 50 % noch von einem maximalen leidensbedingten Abzug vom Tabellenlohn nach BGE 126 V 75 von maximal 10 % ausgegangen werden, was nach ihrer Berechnung für einen Rentenanspruch nicht genügte. Der angefochtene Entscheid beruht somit in einem wesentlichen Punkt auf unvollständiger Beweisgrundlage (E. 1.1 hiervor). Die Beschwerdegegnerin wird im Sinne des Vorstehenden ergänzende Abklärungen vorzunehmen haben und danach über den Rentenanspruch des Versicherten neu verfügen. Bei diesem Ergebnis erübrigen sich Weiterungen zur bestrittenen erwerblichen Verwertbarkeit "einer allfälligen theoretischen
Restarbeitsfähigkeit für angepasste Tätigkeiten".

5.
Ausgangsgemäss hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG) und dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 3. Kammer als Versicherungsgericht, vom 15. Februar 2017 und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Graubünden vom 7. März 2016 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verfügung im Sinne der Erwägungen an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Gerichtskosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden zurückgewiesen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 21. September 2017

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Pfiffner

Der Gerichtsschreiber: Fessler
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 9C_415/2017
Date : 21. September 2017
Published : 09. Oktober 2017
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Invalidenversicherung
Subject : Invalidenversicherung


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