Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BG.2006.13

Entscheid vom 21. August 2006 Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Emanuel Hochstrasser, Vorsitz, Andreas J. Keller und Tito Ponti, Gerichtsschreiberin Lea Unseld

Parteien

A., vertreten durch Rechtsanwalt Benno Wild,

Beschwerdeführer

gegen

Kanton St. Gallen, Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Kantonales Untersuchungsamt,

Beschwerdegegner

Gegenstand

Bestimmung des Gerichtsstandes i.S. A. (Art. 279 Abs. 2 BStP)

Sachverhalt:

A. Am 31. Dezember 1997 meldete B., wohnhaft in Z./ZH, bei der Kantonspolizei St. Gallen den Diebstahl seines geleasten Personenwagens Mercedes Benz sowie weiterer sich im Fahrzeug befindlicher Gegenstände. Laut B. soll sich der Diebstahl gleichentags in Y./SG ereignet haben. B. meldete den Diebstahl ebenfalls seiner Versicherung, der C. Versicherungs-Gesellschaft in Z., welche ihn und die Leasinggeberin entsprechend entschädigte. Die Diebstahlsmeldung hatte die Eröffnung eines Strafverfahrens gegen Unbekannt wegen Diebstahls beim damaligen Bezirksamt See im Kanton St. Gallen zur Folge.

In der Folge kam der Verdacht auf, dass B. das obgenannte Fahrzeug durch A., wohnhaft in X./ZH, bereits im November 1997 über Finnland nach St. Petersburg überführt, amtlich registriert, eingelöst und schliesslich verkauft haben soll. Angesichts dieser Sachlage eröffnete das damalige Bezirksamt See ein Strafverfahren gegen B. und A. wegen Betrugs.

B. Am 31. Oktober 1998 stürzte D. in schwer angetrunkenem Zustand tödlich vom Balkon des 15. Stockwerks eines Hotels in St. Petersburg. Der Verstorbene hatte wenige Monate zuvor Lebensversicherungen mit unwiderruflichen Begünstigungsklauseln zu Gunsten von B. und der mit ihm in Verbindung stehenden E. Ltd. über je Fr. 1,5 Mio. bei der C. Versicherungs-Gesellschaft und der F. Lebensversicherungs-Gesellschaft in W. abgeschlossen.

In der Folge entstand der Verdacht, dass die Reise von D. durch B. organisiert worden war und dass A., in Absprache mit B., D. in dessen Hotelzimmer grosse Mengen Alkohol zugeführt und seinen bewusstlosen Körper anschliessend über die Brüstung des Balkons des 15. Stocks gestossen hatte.

Nach Bekanntwerden der mutmasslichen Todesumstände von D. weitete das damalige Bezirksamt See das Strafverfahren gegen B. und A. auf ein im Ausland gegen einen Schweizer begangenes Tötungsdelikt sowie Betrug aus. Ebenfalls angeschuldigt wegen Gehilfenschaft zu einem Tötungsdelikt und Betrug wurde G., wohnhaft in V./AG, welcher als Treuhänder von B. auftrat und als einziger Verwaltungsrat der E. Ltd. vermutlich ebenfalls in den Betrug im Zusammenhang mit dem Todesfall D. verwickelt war.

C. Im Juni 2000 beantragte das Untersuchungsamt Uznach, Nachfolgerin des damaligen Bezirksamt See, die Abtretung des Verfahrens gegen B. und A. an das Kantonale Untersuchungsamt. Dem Antrag wurde stattgegeben und das Verfahren am 27. Juli 2000 dem Kantonalen Untersuchungsamt zur weiteren Bearbeitung übertragen (Strafverfahrensakten der Staatsanwaltschaft St. Gallen, STSE.1998.73, Teil A, Doss. A, act. A/ 1 und 2).

D. Wie aus den Akten hervorgeht, wurde A. erstmals am 30. August 2004 wegen Verdachts auf ein Tötungsdelikt im Zusammenhang mit dem angeblichen Unfalltod von D. von der Kantonspolizei St. Gallen befragt (STSE.1998.73, Teil B, Doss. E, act. E/ 7). Als Angeschuldigter wurde A. des Weiteren in Anwesenheit seines Anwaltes am 15. November 2005 einvernommen (STSE.1998.73, Teil B, Doss. E, act. E/ 12). Schliesslich wurde dem Verteidiger von A. mit Verfügung vom 15. November 2005 die Akteneinsicht gewährt (STSE.1998.73, Teil B, Doss. A, act. A/ 24).

E. Mit Eingabe vom 30. Januar 2006 hat A. die interkantonale Zuständigkeit des Kantons St. Gallen bestritten, ohne jedoch den Kanton zu bezeichnen, den er für örtlich zuständig hielt (STSE.1998.73, Teil B, Doss. RA 4/ 8). Am 6. Februar 2006 wurde A. von der Staatsanwaltschaft St. Gallen explizit aufgefordert, den oder die seiner Meinung nach zuständigen Kantone zu bezeichnen, bei denen eine Vernehmlassung über die örtliche Zuständigkeit durchzuführen sei (STSE.1998.73, Teil B, Doss. RA 4/ 10). In seiner Antwort vom 7. Februar 2006 hat der Verteidiger von A. die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen wissen lassen, dass es seiner Meinung nach nicht Aufgabe des Angeklagten sei, die für ein Strafverfahren örtlich zuständige Behörde zu bezeichnen und A. im Übrigen aufgrund seines derzeitigen Wissensstandes dazu nicht in der Lage sei (STSE.1998.73, Teil B, Doss. RA 4/ 11).

Mit Verfügung vom 27. März 2006 hat die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen die Rüge der fehlenden örtlichen Zuständigkeit abgewiesen mit der Begründung, A. habe es unterlassen, den seiner Meinung nach zuständigen Kanton zu nennen, mit dem ein Meinungsaustausch hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit hätte geführt werden können, das Untersuchungsverfahren stehe zudem kurz vor dem Abschluss und Gründe für eine Benachteiligung seien weder erkennbar noch dargelegt (STSE.1998.73, Teil B, Doss. RA 4/ 12). Gegen diese Verfügung hat A. mit Eingabe vom 3. April 2006 bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde eingereicht und beantragt, der Kanton St. Gallen sei anzuweisen, mit den/dem gemäss Art. 348 i.V.m. Art. 350
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
StGB zuständigen Kanton/en die Gerichtsstandsfrage zu erörtern, unter Kosten- und Entschädigungsfolge (act. 1).

In seiner Beschwerdeantwort vom 22. Mai 2006 beantragt der Kanton St. Gallen auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten von A. (act. 10).

F. Am 24. Mai 2006 hat die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen gegen B., A. und G. Anklage erhoben. Aus den Anklageschriften geht hervor, dass B. und A. des Mordes und mehrfachen Betrugs bzw. des Versuchs dazu beschuldigt werden und G. der Gehilfenschaft zu Mord und Betrug bzw. des Versuchs dazu (act. 12.1).

In seiner Replik vom 1. Juni 2006 hält A. an seinem Antrag fest (act. 13). Der Kanton St. Gallen verzichtet, unter Verweis auf seine Eingabe vom 22. Mai 2006, auf eine Duplik (act. 15).

Auf die weiteren Ausführungen der Parteien sowie die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den rechtlichen Erwägungen eingegangen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Gemäss Art. 28 Abs. 1 lit. g
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
SGG i.V.m. Art. 279 Abs. 2 BStP kann gegen den Entscheid der kantonalen Strafverfolgungsbehörde über die Gerichtsbarkeit des betreffenden Kantons sowie wegen Säumnis beim Erlass eines solchen Entscheids bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde geführt werden. Die Art. 214
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
- 219
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
BStP sind sinngemäss anwendbar. Entsprechend ist die Beschwerde innert fünf Tagen, nachdem der Beschwerdeführer vom Entscheid Kenntnis erhalten hat, einzureichen (Art. 217
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
BStP; vgl. hierzu die Entscheide des Bundesstrafgerichts BG.2005.6 vom 6. Juni 2005 E. 1.2 sowie BG.2005.16 vom 12. Juli 2005 E. 2; eingehend zur Beschwerdefrist auch Guidon/Bänziger, Alter Wein in neuen Schläuchen? – Die Rechtsprechung des Bundesstrafgerichts zum interkantonalen Gerichtsstand in Strafsachen, in: Jusletter 19. September 2005, N. 16). Der Beschuldigte ist auch dann legitimiert den Gerichtsstand anzufechten, wenn dieser zwischen den für die Strafverfolgung in Frage kommenden Kantonen nicht streitig ist (vgl. TPF BG.2005.8 vom 18. Mai 2005 E. 1 und BK_G 127/04 vom 21. Oktober 2004; Schweri/Bänziger, Interkantonale Gerichtsstandsbestimmung in Strafsachen, 2. Aufl., Bern 2004, N. 612 f.).

1.2 Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Verfügung des Beschwerdegegners vom 27. März 2006. Als Angeschuldigter ist er hierzu im vorerwähnten Sinne legitimiert. Das Rechtsmittel wurde des Weiteren fristgerecht eingereicht, so dass auf die Beschwerde einzutreten ist.

2.

Nach der Rechtsprechung kann der Beschwerdeführer, der die mit der Strafsache befasste Behörde für unzuständig hält, mit dem Bestreiten der Zuständigkeit nicht beliebig zuwarten. Der Angeschuldigte hat die Frage der interkantonalen Zuständigkeit aufzuwerfen und das Gesuch um Übermittlung des Strafverfahrens an den seines Erachtens zuständigen Kanton einzureichen, sobald er die erforderlichen, eine Bestreitung rechtfertigenden Elemente kennt und dies ihm nach den konkreten Umständen zugemutet werden kann. Bestreitet er die Zuständigkeit erst Monate, nachdem er von einer möglichen Unzuständigkeit der strafverfolgenden Behörde Kenntnis erlangt hat, ist die Beschwerde gemäss Art. 28 Abs. 1 lit. g
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
SGG i.V.m. Art. 279 Abs. 2 BStP gegen einen entsprechenden kantonalen Entscheid missbräuchlich und daher unzulässig, ungeachtet der Wahrung der fünftägigen Beschwerdefrist (BGE 128 IV 225, 229 E. 2.3; 120 IV 146, 150 E. 1; TPF BG.2006.5 vom 25. April 2006 E. 4).

Vorliegend erscheint zweifelhaft, ob der Beschwerdeführer die Frage der interkantonalen Unzuständigkeit überhaupt rechtzeitig aufgeworfen hat. Es ist fraglich, ob er nicht vielmehr bereits im Verlaufe des Jahres 2004, als er mit Sicherheit von den auf ein Tötungsdelikt lautenden Vorwürfen im Zusammenhang mit dem Todesfall D. Kenntnis erlangt hat, die fehlende örtliche Zuständigkeit der St. Galler Strafverfolgungsbehörden hätte rügen müssen. Die Frage, ob der Beschwerdeführer die fehlende örtliche Zuständigkeit rechtzeitig gerügt hat, kann indes offen gelassen werden, da die Beschwerde aus den nachfolgenden Gründen ohnehin abzuweisen ist.

3.

3.1 Wer im Ausland gegen einen Schweizer ein Verbrechen oder Vergehen verübt, ist, sofern die Tat auch am Begehungsort strafbar ist, dem schweizerischen Gesetz unterworfen, wenn er sich in der Schweiz befindet und nicht an das Ausland ausgeliefert, oder wenn er der Eidgenossenschaft wegen der Tat ausgeliefert wird (Art. 5
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 5 - 1 Diesem Gesetz ist ausserdem unterworfen, wer sich in der Schweiz befindet, nicht ausgeliefert wird und im Ausland eine der folgenden Taten begangen hat:
1    Diesem Gesetz ist ausserdem unterworfen, wer sich in der Schweiz befindet, nicht ausgeliefert wird und im Ausland eine der folgenden Taten begangen hat:
a  Menschenhandel (Art. 182), sexuelle Nötigung (Art. 189 Abs. 2 und 3), Vergewaltigung (Art. 190 Abs. 2 und 3), Missbrauch einer urteilsunfähigen oder zum Widerstand unfähigen Person (Art. 191) oder Förderung der Prostitution (Art. 195), wenn das Opfer weniger als 18 Jahre alt war;
abis  sexuelle Handlungen mit Abhängigen (Art. 188) und sexuelle Handlungen mit Minderjährigen gegen Entgelt (Art. 196);
b  sexuelle Handlungen mit Kindern (Art. 187), wenn das Opfer weniger als 14 Jahre alt war;
c  qualifizierte Pornografie (Art. 197 Abs. 3 und 4), wenn die Gegenstände oder Vorführungen sexuelle Handlungen mit Minderjährigen zum Inhalt hatten.
2    Der Täter wird, unter Vorbehalt eines krassen Verstosses gegen die Grundsätze der Bundesverfassung und der EMRK10, in der Schweiz wegen der Tat nicht mehr verfolgt, wenn:
a  ein ausländisches Gericht ihn endgültig freigesprochen hat;
b  die Sanktion, zu der er im Ausland verurteilt wurde, vollzogen, erlassen oder verjährt ist.
3    Ist der Täter wegen der Tat im Ausland verurteilt worden und wurde die Strafe im Ausland nur teilweise vollzogen, so rechnet ihm das Gericht den vollzogenen Teil auf die auszusprechende Strafe an. Das Gericht entscheidet, ob eine im Ausland angeordnete, dort aber nur teilweise vollzogene Massnahme fortzusetzen oder auf die in der Schweiz ausgefällte Strafe anzurechnen ist.
StGB). Wurde die Tat im Ausland verübt, so sind gemäss Art. 348 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 5 - 1 Diesem Gesetz ist ausserdem unterworfen, wer sich in der Schweiz befindet, nicht ausgeliefert wird und im Ausland eine der folgenden Taten begangen hat:
1    Diesem Gesetz ist ausserdem unterworfen, wer sich in der Schweiz befindet, nicht ausgeliefert wird und im Ausland eine der folgenden Taten begangen hat:
a  Menschenhandel (Art. 182), sexuelle Nötigung (Art. 189 Abs. 2 und 3), Vergewaltigung (Art. 190 Abs. 2 und 3), Missbrauch einer urteilsunfähigen oder zum Widerstand unfähigen Person (Art. 191) oder Förderung der Prostitution (Art. 195), wenn das Opfer weniger als 18 Jahre alt war;
abis  sexuelle Handlungen mit Abhängigen (Art. 188) und sexuelle Handlungen mit Minderjährigen gegen Entgelt (Art. 196);
b  sexuelle Handlungen mit Kindern (Art. 187), wenn das Opfer weniger als 14 Jahre alt war;
c  qualifizierte Pornografie (Art. 197 Abs. 3 und 4), wenn die Gegenstände oder Vorführungen sexuelle Handlungen mit Minderjährigen zum Inhalt hatten.
2    Der Täter wird, unter Vorbehalt eines krassen Verstosses gegen die Grundsätze der Bundesverfassung und der EMRK10, in der Schweiz wegen der Tat nicht mehr verfolgt, wenn:
a  ein ausländisches Gericht ihn endgültig freigesprochen hat;
b  die Sanktion, zu der er im Ausland verurteilt wurde, vollzogen, erlassen oder verjährt ist.
3    Ist der Täter wegen der Tat im Ausland verurteilt worden und wurde die Strafe im Ausland nur teilweise vollzogen, so rechnet ihm das Gericht den vollzogenen Teil auf die auszusprechende Strafe an. Das Gericht entscheidet, ob eine im Ausland angeordnete, dort aber nur teilweise vollzogene Massnahme fortzusetzen oder auf die in der Schweiz ausgefällte Strafe anzurechnen ist.
StGB die Behörden des Ortes zuständig, wo der Täter wohnt.

Wird jemand wegen mehrerer, an verschiedenen Orten verübter strafbarer Handlungen verfolgt, so sind die Behörden des Ortes, wo die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat verübt worden ist, auch für die Verfolgung und die Beurteilung der andern Taten zuständig (Art. 350 Ziff. 1 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
StGB).

Grundlage zur Beurteilung der Frage, welche Tat als die schwerste zu qualifizieren ist, sind einerseits die im Zeitpunkt der Gerichtsstandsbestimmung bekannten Handlungen, andererseits deren rechtliche Qualifikation, so wie sie sich aufgrund der gesamten Aktenlage darstellen (Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 289 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).

3.2 Vorliegend ist nicht bestritten, dass die auf Mord lautende Anklage mit einer Strafandrohung von lebenslänglichem Zuchthaus oder Zuchthaus nicht unter zehn Jahren (Art. 112
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 112 - Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.158
StGB) offensichtlich die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat darstellt, welche dem Beschwerdeführer in Mittäterschaft mit B. zur Last gelegt wird.

Sowohl der Beschwerdeführer als auch der als Mittäter angeklagte B. sind im Kanton Zürich wohnhaft. Der als Gehilfe angeklagte G. hat seinen Wohnsitz im Kanton Aargau. Der gesetzliche Gerichtsstand für die Verfolgung und Beurteilung der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten befände sich somit grundsätzlich im Kanton Zürich. Weder im Kanton Zürich noch im Kanton Aargau wurden jedoch Untersuchungen angehoben.

4.

4.1 Gemäss Art. 262
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 112 - Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.158
und 263
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 112 - Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.158
BStP kann vom gesetzlichen Gerichtsstand ausnahmsweise abgewichen werden, wenn triftige Gründe es gebieten; dies kann aus Zweckmässigkeits-, Wirtschaftlichkeits- oder prozessökonomischen Gründen gerechtfertigt sein. Nach Gerichtspraxis und Lehre sind die Art. 262
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 262 - 1. Wer die Ruhestätte eines Toten in roher Weise verunehrt,
1    Wer die Ruhestätte eines Toten in roher Weise verunehrt,
2    Wer einen Leichnam oder Teile eines Leichnams oder die Asche eines Toten wider den Willen des Berechtigten wegnimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
und 263
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 263 - 1 Wer infolge selbstverschuldeter Trunkenheit oder Betäubung unzurechnungsfähig ist und in diesem Zustand eine als Verbrechen oder Vergehen bedrohte Tat verübt, wird mit Geldstrafe bestraft.350
1    Wer infolge selbstverschuldeter Trunkenheit oder Betäubung unzurechnungsfähig ist und in diesem Zustand eine als Verbrechen oder Vergehen bedrohte Tat verübt, wird mit Geldstrafe bestraft.350
2    Hat der Täter in diesem selbstverschuldeten Zustand ein mit Freiheitsstrafe als einzige Strafe bedrohtes Verbrechen begangen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.351
StGB analog bei allen Gerichtsstandsstreitigkeiten anwendbar (TPF BG.2005.8 vom 18. Mai 2005; Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 423 und N. 428). Voraussetzung für ein Abweichen vom gesetzlichen Gerichtsstand ist aber stets, dass in jenem Kanton, dessen Gerichtsstand bejaht werden soll, ein örtlicher Anknüpfungspunkt für das fragliche Delikt besteht (BGE 120 IV 280, 281 E. 2b; Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 428).

Nach der Gerichtspraxis muss eine konkludente Anerkennung des Gerichtsstands bejaht werden, wenn die Strafverfolgungsbehörden eines Kantons die Untersuchungen durchführen und beim Gericht Anklage erheben, ohne je ihre Zuständigkeit in Frage zu stellen (Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 444 und 446).

Die nachträgliche Änderung eines von einem Kanton ausdrücklich oder konkludent anerkannten Gerichtsstands ist nur noch aus triftigen Gründen zulässig; sie muss die Ausnahme bilden und sich wegen veränderter Verhältnisse aufdrängen, sei es im Interesse der Prozessökonomie, sei es zur Wahrung anderer, neu ins Gewicht fallender Interessen (BGE 119 IV 102, 106 E. 5a; Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 429; Guidon/Bänziger, a.a.O., N. 52). In Frage kommen insbesondere eine Ermessensüberschreitung durch die Kantone beim Abweichen vom gesetzlichen Gerichtsstand, das Fehlen eines Anknüpfungspunktes beim verfolgenden Kanton oder das Auftauchen neuer Tatsachen, wonach sich aus verfahrensökonomischen Gründen ein Wechsel des Gerichtsstands gebieterisch aufdrängt (TPF BK_G 180/04 vom 25. November 2004 E. 2.1 und 2.3, BG.2005.1 vom 23. März 2005 E. 2.1, BG.2005.6 vom 6. Juni 2005 E. 2.2 sowie Guidon/Bänziger, a.a.O., N. 52). Ein nachträgliches Abweichen vom konkludent anerkannten Gerichtsstand ist auch dann möglich, wenn wesentliche neue Erkenntnisse oder Entwicklungen bei einer neuen gesamthaften Beurteilung klar zu einem ganz anderen Ergebnis führen müssten. Auch in diesem Fall kann jedoch nur eine offensichtlich und erheblich veränderte Ausgangslage ein Zurückkommen auf den Anerkennungsentscheid rechtfertigen (TPF BG.2006.30 vom 16. Januar 2006 E. 3.2). Gemäss Rechtsprechung rechtfertigt sich demgegenüber in der Regel eine Änderung des Gerichtsstands nicht mehr, wenn die Untersuchung gänzlich oder nahezu abgeschlossen ist (BGE 129 IV 202, 203 E. 2).

4.2 Vorliegend hat der Beschwerdegegner seine Zuständigkeit konkludent anerkannt, indem er nach Erlangen der Erkenntnisse über ein mutmassliches Tötungsdelikt die Untersuchung auf den Vorwurf der vorsätzlichen Tötung ausgeweitet und diese, ohne je die Gerichtsstandfrage mit dem zuständigen Kanton zu erörtern, durchgeführt und abgeschlossen hat. Der Kanton Zürich hat zwar im Rahmen der geleisteten Rechtshilfe vom Untersuchungsverfahren Kenntnis erlangt, hat jedoch die Übernahme des Strafverfahrens nie beantragt. Im Zeitpunkt der Anhebung der Beschwerde stand das mehrere Jahre andauernde Untersuchungsverfahren kurz vor dem Abschluss und ist seit Einreichen der Anklageschrift im Mai 2006 als definitiv abgeschlossen zu betrachten. Eine nachträgliche Änderung des Gerichtsstands ist deshalb gemäss ständiger Rechtsprechung nicht mehr angebracht (Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 543). Der Grundsatz der Prozessökonomie gebietet die Weiterbefassung der Beschwerdegegnerin mit dem hängigen Strafprozess. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Gründe sind zudem weder zweckmässiger, wirtschaftlicher noch prozessökonomischer Natur und vermögen ein Abweichen vom konkludent anerkannten Gerichtsstand nicht zu rechtfertigen. Auch liegen keine anderen triftigen Gründe im Sinne der vorerwähnten Rechtsprechung vor, welche vorliegend für ein Abweichen vom konkludent anerkannten Gerichtsstand sprechen könnten. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente betreffen grösstenteils den Verlauf des Untersuchungsverfahrens und sind daher irrelevant.

Die Beschwerde ist demnach abzuweisen.

5. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Kosten zu tragen (Art. 245
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 263 - 1 Wer infolge selbstverschuldeter Trunkenheit oder Betäubung unzurechnungsfähig ist und in diesem Zustand eine als Verbrechen oder Vergehen bedrohte Tat verübt, wird mit Geldstrafe bestraft.350
1    Wer infolge selbstverschuldeter Trunkenheit oder Betäubung unzurechnungsfähig ist und in diesem Zustand eine als Verbrechen oder Vergehen bedrohte Tat verübt, wird mit Geldstrafe bestraft.350
2    Hat der Täter in diesem selbstverschuldeten Zustand ein mit Freiheitsstrafe als einzige Strafe bedrohtes Verbrechen begangen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.351
BStP i.V.m. Art. 156 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 263 - 1 Wer infolge selbstverschuldeter Trunkenheit oder Betäubung unzurechnungsfähig ist und in diesem Zustand eine als Verbrechen oder Vergehen bedrohte Tat verübt, wird mit Geldstrafe bestraft.350
1    Wer infolge selbstverschuldeter Trunkenheit oder Betäubung unzurechnungsfähig ist und in diesem Zustand eine als Verbrechen oder Vergehen bedrohte Tat verübt, wird mit Geldstrafe bestraft.350
2    Hat der Täter in diesem selbstverschuldeten Zustand ein mit Freiheitsstrafe als einzige Strafe bedrohtes Verbrechen begangen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.351
OG). Die Gebühr wird auf Fr. 1’500.-- festgesetzt (Art. 3 des Reglements über die Gerichtsgebühren vor dem Bundesstrafgericht; SR 173.711.32), unter Anrechnung des geleisteten Kostenvorschusses von Fr. 1’000.--.

Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Beschwerde wird abgewiesen, und der Kanton St. Gallen wird berechtigt und verpflichtet erklärt, die A. zur Last gelegten strafbaren Handlungen zu verfolgen und zu beurteilen.

2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer unter Anrechnung des geleisteten Kostenvorschusses von Fr. 1’000.-- auferlegt.

Bellinzona, 22. August 2006

Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Zustellung an

- Rechtsanwalt Benno Wild

- Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Kantonales Untersuchungsamt

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.

Decision information   •   DEFRITEN
Document : BG.2006.13
Date : 21. August 2006
Published : 01. Juni 2009
Source : Bundesstrafgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Beschwerdekammer: Strafverfahren
Subject : Bestimmung des Gerichtsstandes i.S. A. (Art. 279 Abs. 2 BStP)


Legislation register
BStP: 214  217  219  245  262  263  279
OG: 156
SGG: 28
StGB: 5  112  262  263  348  350
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Decisions of the TPF
BG.2005.8 • BG.2006.5 • BK_G_127/04 • BG.2005.1 • BG.2005.6 • BG.2006.13 • BK_G_180/04 • BG.2005.16 • BG.2006.30