Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

6B_237/2017

Urteil vom 20. März 2017

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiberin Unseld.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Einstellung (Drohung), Entschädigung,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 20. Januar 2017.

Erwägungen:

1.
Die Regionale Staatsanwaltschaft Oberland verurteilte den Beschwerdeführer mit Strafbefehl vom 12. Juli 2016 wegen Drohung zu einer bedingten Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 30.-- und zu einer Verbindungsbusse von Fr. 300.--. Dieser erhob gegen den Strafbefehl Einsprache. Anlässlich des erstinstanzlichen Hauptverfahrens vor dem Regionalgericht Oberland wurden am 8. November 2016 Vergleichsverhandlungen durchgeführt, in deren Rahmen sich der Beschwerdeführer und der Privatkläger einigten, wobei Letzterer seinen Strafantrag zurückzog. Das Regionalgericht stellte das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer daher gleichentags ein. Am 9. November 2016 reichte dieser beim Regionalgericht eine "Einspracheschrift" ein, in welcher er die Umstände der Einigungsverhandlung monierte, sinngemäss die Vereinbarung widerrief und das Obergericht anrief. Das Regionalgericht leitete die Eingabe zusammen mit den Akten an das Obergericht des Kantons Bern weiter. Dieses wies die Beschwerde mit Beschluss vom 20. Januar 2017 ab, soweit es darauf eintrat.
Gegen den Beschluss vom 20. Januar 2017 gelangt der Beschwerdeführer an das Bundesgericht. Er beantragt sinngemäss, er sei vom Vorwurf der Drohung freizusprechen und zu entschädigen.

2.
Die Beschwerdelegitimation vor Bundesgericht setzt voraus, dass die rechtsuchende Person ein rechtlich geschütztes Interesse hat an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids (Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG). Eine rechtskräftige Einstellungsverfügung kommt einem freisprechenden Endentscheid gleich (Art. 320 Abs. 4 StPO). Die beschuldigte Person ist daher grundsätzlich nicht legitimiert, mittels Beschwerde in Strafsachen eine zu ihren Gunsten erfolgte Verfahrenseinstellung anzufechten mit dem Ziel, eine positive Feststellung der Schuldlosigkeit zu erwirken. Ein Anspruch auf gerichtliche Feststellung der Schuldlosigkeit lässt sich auch aus der Unschuldsvermutung nicht ableiten (vgl. Urteil 1B_3/2011 vom 20. April 2011 E. 2.4; siehe auch Urteil 6B_155/2014 vom 21. Juli 2014 E. 1.1).

3.
Bezüglich seines sinngemässen Vorbringens, er hätte freigesprochen werden müssen, fehlt es dem Beschwerdeführer somit an einem rechtlich geschützten Interesse, weshalb auf die Beschwerde insoweit nicht einzutreten ist. Im Übrigen weist die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid zutreffend darauf hin, dass es alleine am Privatkläger war, darüber zu entscheiden, ob er seinen Strafantrag zurückziehen will oder nicht. Der Rückzug des Strafantrags im erstinstanzlichen Verfahren führt zur Einstellung des Strafverfahrens (vgl. Art. 33 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 33 - 1 Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
1    Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
2    Wer seinen Strafantrag zurückgezogen hat, kann ihn nicht nochmals stellen.
3    Zieht die antragsberechtigte Person ihren Strafantrag gegenüber einem Beschuldigten zurück, so gilt der Rückzug für alle Beschuldigten.
4    Erhebt ein Beschuldigter gegen den Rückzug des Strafantrages Einspruch, so gilt der Rückzug für ihn nicht.
StGB; Art. 329 Abs. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 33 - 1 Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
1    Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
2    Wer seinen Strafantrag zurückgezogen hat, kann ihn nicht nochmals stellen.
3    Zieht die antragsberechtigte Person ihren Strafantrag gegenüber einem Beschuldigten zurück, so gilt der Rückzug für alle Beschuldigten.
4    Erhebt ein Beschuldigter gegen den Rückzug des Strafantrages Einspruch, so gilt der Rückzug für ihn nicht.
StPO). Dass sich der Beschwerdeführer wie geltend gemacht zur Vergleichsverhandlung gedrängt fühlte, tut daher nichts zur Sache. Dem Beschwerdeführer wurden in der Einstellungsverfügung keine Kosten auferlegt. Dieser ist auch insofern nicht beschwert.

4.
Der Beschwerdeführer beanstandet, ihm sei für 72 Stunden die Freiheit entzogen worden, davon 24 Stunden in Isolationshaft. Aus dem angefochtenen Entscheid geht hervor, dass es sich dabei um eine fürsorgerische Unterbringung handelte, welche nicht gestützt auf das Strafprozessrecht angeordnet worden sei und deshalb auch keine strafprozessualen Entschädigungsansprüche auslöse (angefochtener Entscheid E. 4 S. 4). Der Beschwerdeführer widerlegt dies nicht. Weshalb anderweitig ein Schadenersatz- oder Genugtuungsanspruch bestehen könnte, kann der Beschwerde nicht rechtsgenügend entnommen werden (vgl. Art. 42 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 33 - 1 Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
1    Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
2    Wer seinen Strafantrag zurückgezogen hat, kann ihn nicht nochmals stellen.
3    Zieht die antragsberechtigte Person ihren Strafantrag gegenüber einem Beschuldigten zurück, so gilt der Rückzug für alle Beschuldigten.
4    Erhebt ein Beschuldigter gegen den Rückzug des Strafantrages Einspruch, so gilt der Rückzug für ihn nicht.
BGG). Der Beschwerdeführer war nicht anwaltlich vertreten. Ihm sind daher keine Anwaltskosten entstanden. Eine besonders schwere Verletzung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. c
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 33 - 1 Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
1    Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
2    Wer seinen Strafantrag zurückgezogen hat, kann ihn nicht nochmals stellen.
3    Zieht die antragsberechtigte Person ihren Strafantrag gegenüber einem Beschuldigten zurück, so gilt der Rückzug für alle Beschuldigten.
4    Erhebt ein Beschuldigter gegen den Rückzug des Strafantrages Einspruch, so gilt der Rückzug für ihn nicht.
StPO, welche einen Anspruch auf Genugtuung begründen könnte, ist weder dargetan noch ersichtlich.

5.
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 33 - 1 Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
1    Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
2    Wer seinen Strafantrag zurückgezogen hat, kann ihn nicht nochmals stellen.
3    Zieht die antragsberechtigte Person ihren Strafantrag gegenüber einem Beschuldigten zurück, so gilt der Rückzug für alle Beschuldigten.
4    Erhebt ein Beschuldigter gegen den Rückzug des Strafantrages Einspruch, so gilt der Rückzug für ihn nicht.
BGG abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 33 - 1 Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
1    Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
2    Wer seinen Strafantrag zurückgezogen hat, kann ihn nicht nochmals stellen.
3    Zieht die antragsberechtigte Person ihren Strafantrag gegenüber einem Beschuldigten zurück, so gilt der Rückzug für alle Beschuldigten.
4    Erhebt ein Beschuldigter gegen den Rückzug des Strafantrages Einspruch, so gilt der Rückzug für ihn nicht.
BGG). Dessen Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist in Anwendung von Art. 64
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 33 - 1 Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
1    Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
2    Wer seinen Strafantrag zurückgezogen hat, kann ihn nicht nochmals stellen.
3    Zieht die antragsberechtigte Person ihren Strafantrag gegenüber einem Beschuldigten zurück, so gilt der Rückzug für alle Beschuldigten.
4    Erhebt ein Beschuldigter gegen den Rückzug des Strafantrages Einspruch, so gilt der Rückzug für ihn nicht.
BGG abzuweisen, weil die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 33 - 1 Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
1    Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
2    Wer seinen Strafantrag zurückgezogen hat, kann ihn nicht nochmals stellen.
3    Zieht die antragsberechtigte Person ihren Strafantrag gegenüber einem Beschuldigten zurück, so gilt der Rückzug für alle Beschuldigten.
4    Erhebt ein Beschuldigter gegen den Rückzug des Strafantrages Einspruch, so gilt der Rückzug für ihn nicht.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. März 2017

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Unseld
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Dokument : 6B_237/2017
Datum : 20. März 2017
Publiziert : 29. März 2017
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Strafprozess
Gegenstand : Einstellung (Drohung), Entschädigung


Gesetzesregister
BGG: 42  64  65  66  81  109
StGB: 33
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 33 - 1 Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
1    Die antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen, solange das Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht eröffnet ist.
2    Wer seinen Strafantrag zurückgezogen hat, kann ihn nicht nochmals stellen.
3    Zieht die antragsberechtigte Person ihren Strafantrag gegenüber einem Beschuldigten zurück, so gilt der Rückzug für alle Beschuldigten.
4    Erhebt ein Beschuldigter gegen den Rückzug des Strafantrages Einspruch, so gilt der Rückzug für ihn nicht.
StPO: 320  329  429
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