Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_425/2012

Urteil vom 19. November 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Denys,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

Verfahrensbeteiligte
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Josephsohn,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Aufschub des Strafvollzugs zwecks ambulanter Massnahme (Art. 63 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
1    Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
a  der Täter eine mit Strafe bedrohte Tat verübt, die mit seinem Zustand in Zusammenhang steht; und
b  zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang stehender Taten begegnen.
2    Das Gericht kann den Vollzug einer zugleich ausgesprochenen unbedingten Freiheitsstrafe, einer durch Widerruf vollziehbar erklärten Freiheitsstrafe sowie einer durch Rückversetzung vollziehbar gewordenen Reststrafe zu Gunsten einer ambulanten Behandlung aufschieben, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen. Es kann für die Dauer der Behandlung Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen.
3    Die zuständige Behörde kann verfügen, dass der Täter vorübergehend stationär behandelt wird, wenn dies zur Einleitung der ambulanten Behandlung geboten ist. Die stationäre Behandlung darf insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.
4    Die ambulante Behandlung darf in der Regel nicht länger als fünf Jahre dauern. Erscheint bei Erreichen der Höchstdauer eine Fortführung der ambulanten Behandlung notwendig, um der Gefahr weiterer mit einer psychischen Störung in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen zu begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Behandlung um jeweils ein bis fünf Jahre verlängern.
StGB),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 11. Mai 2012.

Sachverhalt:

A.
X.________ behändigte in den frühen Morgenstunden des 1. Mai 2011 trotz Führerausweisentzugs den Personenwagen seines Vaters. Um circa 05.20 Uhr zog er die Aufmerksamkeit einer Patrouille der Kantonspolizei Zürich auf sich, als er auf der Autobahn A1 relativ aggressiv auf ein anderes Fahrzeug aufschloss, auf den linken Fahrstreifen wechselte und kontinuierlich beschleunigte, wobei er die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um mindestens 47 km/h überschritt. Die Polizeipatrouille bedeutete ihm anzuhalten (Matrix-Leuchte "STOP", Lichthupe). Statt dieser Aufforderung nachzukommen, beschleunigte X.________ massiv, überholte mehrere Fahrzeuge rechts und verliess die Autobahn. In der Folge missachtete er auf seiner Fahrt durch Brüttisellen, Dietlikon, Dübendorf und Falländen auf "ROT" stehende Lichtsignale, überfuhr Sicherheitslinien sowie mit einer Geschwindigkeit von circa 40 km/h ein "STOP"-Signal und bog im Kreiselverkehr ohne Richtungsanzeige im Uhrzeigersinn ab. Zudem überschritt er inner- und ausserorts die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten von 50 km/h bzw. 80 km/h erheblich, indem er innerorts mit Geschwindigkeiten bis zu 130 km/h und ausserorts bis zu (brutto) 176 km/h fuhr. Als er in Maur mit einem herumliegenden
Baumstamm kollidierte, verliess X.________ das Fahrzeug und flüchtete zu Fuss. Er wies anlässlich dieser Fahrt einen Blutalkoholwert von mindestens 1,53 Gewichtspromillen und einen THC-Wert von 3,1 µg/L auf.

B.
Das Bezirksgericht Uster sprach X.________ am 12. Januar 2012 der mehrfachen groben Verkehrsregelverletzung, des Fahrens in fahrunfähigem Zustand, der versuchten Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit, der Entwendung zum Gebrauch, des Fahrens trotz Entzugs des Führerausweises sowie der mehrfachen Übertretung des SVG und des BetmG schuldig. Es bestrafte ihn mit einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 30 Monaten und einer Busse von Fr. 500.--. Zudem ordnete es eine ambulante Suchtbehandlung ohne Aufschub des Strafvollzugs an.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhob Berufung. Sie beantragte den unbedingten Vollzug der Freiheitsstrafe.
Das Obergericht des Kantons Zürich stellte am 11. Mai 2012 die Rechtskraft des bezirksgerichtlichen Urteils betreffend Schuldspruch und Kostenregelung fest. Es bestrafte X.________ mit einer unbedingten Freiheitsstrafe von 30 Monaten (unter Anrechnung der erstandenen Haft von 377 Tagen), büsste ihn mit Fr. 500.-- und ordnete ebenfalls eine ambulante Massnahme an. Den Vollzug der Strafe schob es zu Gunsten der Massnahme auf.

C.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben. Die Strafsache sei reformatorisch zu entscheiden oder kassatorisch zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

D.
X.________ beantragt mit Eingabe vom 18. Oktober 2012 die Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht des Kantons Zürich hat sich nicht vernehmen lassen.

Erwägungen:

1.
1.1 Schuldspruch und Strafmass sind unbestritten. Die Beschwerdeführerin ficht alleine den von der Vorinstanz in Anwendung von Art. 63 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
1    Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
a  der Täter eine mit Strafe bedrohte Tat verübt, die mit seinem Zustand in Zusammenhang steht; und
b  zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang stehender Taten begegnen.
2    Das Gericht kann den Vollzug einer zugleich ausgesprochenen unbedingten Freiheitsstrafe, einer durch Widerruf vollziehbar erklärten Freiheitsstrafe sowie einer durch Rückversetzung vollziehbar gewordenen Reststrafe zu Gunsten einer ambulanten Behandlung aufschieben, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen. Es kann für die Dauer der Behandlung Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen.
3    Die zuständige Behörde kann verfügen, dass der Täter vorübergehend stationär behandelt wird, wenn dies zur Einleitung der ambulanten Behandlung geboten ist. Die stationäre Behandlung darf insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.
4    Die ambulante Behandlung darf in der Regel nicht länger als fünf Jahre dauern. Erscheint bei Erreichen der Höchstdauer eine Fortführung der ambulanten Behandlung notwendig, um der Gefahr weiterer mit einer psychischen Störung in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen zu begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Behandlung um jeweils ein bis fünf Jahre verlängern.
StGB zu Gunsten der ambulanten Behandlung gewährten Strafaufschub an. Die Voraussetzungen einer Behandlung in Freiheit seien nicht gegeben. Der Beschwerdegegner sei gefährlich. Das ergebe sich aus seiner Kriminalgeschichte und den psychiatrischen Erkenntnissen zur Legalprognose. Die Massnahme sei mit dem Strafvollzug nicht unvereinbar. Die Vorinstanz begründe den Strafaufschub unter Hinweis auf die "primäre" Empfehlung im psychiatrischen Gutachten einzig damit, dass die soziale und berufliche Integration des Beschwerdegegners erhalten bleibe. Damit alleine lasse sich ein Strafaufschub nicht rechtfertigen. Auf die gutachterliche Erkenntnis, der Art der Behandlung könne bei gleichzeitigem Vollzug der Strafe Rechnung getragen werden, gehe die Vorinstanz nicht ein. Sie verletze mit ihrem Entscheid neben Bundesrecht auch die verfassungsmässige Begründungspflicht im Sinne von Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV (Beschwerde, S. 3-8).

1.2 Nach Art. 63 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
1    Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
a  der Täter eine mit Strafe bedrohte Tat verübt, die mit seinem Zustand in Zusammenhang steht; und
b  zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang stehender Taten begegnen.
2    Das Gericht kann den Vollzug einer zugleich ausgesprochenen unbedingten Freiheitsstrafe, einer durch Widerruf vollziehbar erklärten Freiheitsstrafe sowie einer durch Rückversetzung vollziehbar gewordenen Reststrafe zu Gunsten einer ambulanten Behandlung aufschieben, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen. Es kann für die Dauer der Behandlung Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen.
3    Die zuständige Behörde kann verfügen, dass der Täter vorübergehend stationär behandelt wird, wenn dies zur Einleitung der ambulanten Behandlung geboten ist. Die stationäre Behandlung darf insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.
4    Die ambulante Behandlung darf in der Regel nicht länger als fünf Jahre dauern. Erscheint bei Erreichen der Höchstdauer eine Fortführung der ambulanten Behandlung notwendig, um der Gefahr weiterer mit einer psychischen Störung in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen zu begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Behandlung um jeweils ein bis fünf Jahre verlängern.
StGB kann das Gericht den Vollzug einer zugleich ausgesprochenen Freiheitsstrafe zu Gunsten einer ambulanten Massnahme aufschieben, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen. Gemäss der Praxis des Bundesgerichts gilt der Grundsatz, dass die Strafe vollzogen und die ambulante Massnahme gleichzeitig durchgeführt werden. Es ist vom Ausnahmecharakter des Strafaufschubs auszugehen (BGE 129 IV 161 E. 4.1 und E. 4.3).
Die Anordnung des Strafaufschubs ist an zwei Voraussetzungen gebunden. Einerseits muss der Täter ungefährlich sein. Dass gefährliche Täter nicht in Freiheit belassen werden können, ergibt sich aus dem Zweck der Massnahme. Diese hat der Deliktsprävention zu dienen. Um einen Strafaufschub auszuschliessen, muss vom Täter allerdings eine besondere Rückfallgefahr ausgehen, weil eine schlechte Legalprognose bei der Anordnung einer Massnahme per definitionem vorausgesetzt wird (Marianne Heer, Basler Kommentar, Strafrecht I, 2. Aufl., 2007, Art. 63 Rz. 40 und 44). Gefährdet ein Täter die öffentliche Sicherheit in schwerwiegender Weise, kommt ein Strafaufschub nicht in Frage (vgl. BGE 123 IV 100 E. 3b; 100 IV 12 E. 2a).

Andererseits muss die ambulante Therapie vordringlich sein. Ein Aufschub muss sich aus Gründen der Heilbehandlung hinreichend rechtfertigen. Er ist anzuordnen, wenn die ambulante Therapie (ausserhalb des Strafvollzugs) im konkreten Einzelfall aktuelle und günstige Bewährungsaussichten eröffnet, die durch den Strafvollzug zunichte gemacht oder erheblich vermindert würden. Unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebotes muss der Behandlungsbedarf umso ausgeprägter sein, je länger die zu Gunsten der ambulanten Therapie aufzuschiebende Freiheitsstrafe ist (BGE 129 IV 161 E. 4.1 S. 162 f. mit Hinweisen).
Das Gericht muss seinen Entscheid auf ein Gutachten stützen (BGE 116 IV 101 E. 1b; 115 IV 89 E. 1; 107 IV 20 E. 4; 105 IV 87 E. 2b).

1.3 Das bei den Akten liegende Gutachten vom 29. August 2011 nimmt ausführlich Stellung zum psychischen Gesundheitszustand des Beschwerdegegners, der Schuldfähigkeit, der Legalprognose und der Rückfallgefahr. Die verantwortlich zeichnenden Gutachter stellen die Diagnose eines Alkohol- und Cannabisabhängigkeitssyndroms (ICD 10 F.10.25 und F.12.25) und führen aus, dass die Alkoholabhängigkeit deliktskausal ist. Sie attestieren dem Beschwerdegegner im Tatzeitpunkt eine leichtgradige Verminderung der Schuldfähigkeit (bei voll erhaltener Einsichtsfähigkeit und leicht herabgesetzter Steuerungsfähigkeit) und bejahen eine Rückfallgefahr. Zu befürchten seien im ungünstigen Fall weitere Straftaten unter Alkohol- und Cannabiseinfluss, insbesondere weitere Autofahrten verbunden mit erheblichen Verkehrsregelverletzungen. Die Wahrscheinlichkeit der Deliktsverübung hänge vom Gelingen oder Misslingen der empfohlenen ambulanten Therapie ab. Grundsätzlich liesse sich durch eine erfolgreiche Behandlung weiteren Straftaten wirksam begegnen. Bei positivem Behandlungsverlauf sei die Prognose günstig, andernfalls sei sie äusserst ungünstig. Die Prognose bleibe damit unsicher. Der Art der Behandlung könne bei gleichzeitigem Strafvollzug Rechnung getragen
werden. Unter dem Aspekt des Erhalts von sozialer und beruflicher Integration werde empfohlen, die Massnahme unter Strafaufschub durchzuführen (kantonale Akten, Urk. 23/9, Gutachten, S. 58, S. 59-62).

1.4 Die Vorinstanz stützt ihren Entscheid auf das Gutachten vom 29. August 2011. Die Gutachter würden primär empfehlen, die Massnahme "unter Strafaufschub" durchzuführen. Dieser Empfehlung nicht zu folgen, lasse sich - auch mit Blick auf die Höhe der Freiheitsstrafe - sachlich nicht begründen (Entscheid, S. 8).

1.5 Für einen Strafaufschub kann sprechen, dass ein Betroffener durch den Strafvollzug aus seinem sozialen Netz oder dem Berufsleben gerissen wird (vgl. Marianne Heer, a.a.O., Art. 63 Rz. 51). Allerdings bedeutet ein Freiheitsentzug für jede sozial und beruflich integrierte Person einen Härtefall. Allgemeine destabilisierende Folgen des Strafvollzugs - beispielsweise wegen eines Abbruchs von gefestigten familiären, sozialen oder beruflichen Strukturen - genügen nicht, um einen Aufschub des Vollzugs der Freiheitsstrafe anzuordnen (vgl. Urteile 6B_200/2011 vom 7. Juni 2011 E. 2.4.3 und 6B_581/2009 vom 15. Dezember 2009 E. 3.5). Ein solcher kommt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur in Betracht, wenn aufgrund besonderer Verhältnisse der Vollzug der Strafe die Erfolgschancen einer Therapie erheblich vermindern würde. Die Nachteile einer Kombination von ambulanter Massnahme und Strafvollzug müssen deutlich über das Ausmass hinausgehen, das grundsätzlich mit jedem Entzug der Freiheit verbunden ist. Dafür liegen hier keine Anhaltspunkte vor. Die "primäre" Empfehlung der Gutachter, den Vollzug der Strafe zu Gunsten der Massnahme aufzuschieben, erfolgt ausschliesslich im Hinblick auf die allgemeinen Nachteile, die der
Strafvollzug für den sozial und beruflich integrierten Beschwerdegegner mit sich bringt. Hinweise darauf, dass der Erfolg der Therapie durch einen Freiheitsentzug erheblich beeinträchtigt würde, lassen sich den Ausführungen der Gutachter nicht entnehmen. Im Gegenteil halten diese die ambulante Behandlung auch während des Strafvollzugs ohne Weiteres für durchführbar. Zudem hat der in seiner Schuldfähigkeit nur leicht eingeschränkte Beschwerdegegner massiv gegen fundamentalste Verkehrsregeln verstossen und die Verkehrssicherheit gefährdet. Sein deliktisches Verhalten wiegt angesichts des sehr hohen abstrakten Gefährdungspotenzials für andere schwer. Je gravierender die Straftaten und je leichter die Verminderung der Schuldfähigkeit, desto weniger drängt sich ein Strafaufschub aber auf (BGE 129 IV 161 E. 4.1 und 4.2 S. 162 ff.). Vor diesem Hintergrund lässt sich der vorliegend gewährte Strafaufschub nicht (mehr) mit Art. 63 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
1    Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
a  der Täter eine mit Strafe bedrohte Tat verübt, die mit seinem Zustand in Zusammenhang steht; und
b  zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang stehender Taten begegnen.
2    Das Gericht kann den Vollzug einer zugleich ausgesprochenen unbedingten Freiheitsstrafe, einer durch Widerruf vollziehbar erklärten Freiheitsstrafe sowie einer durch Rückversetzung vollziehbar gewordenen Reststrafe zu Gunsten einer ambulanten Behandlung aufschieben, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen. Es kann für die Dauer der Behandlung Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen.
3    Die zuständige Behörde kann verfügen, dass der Täter vorübergehend stationär behandelt wird, wenn dies zur Einleitung der ambulanten Behandlung geboten ist. Die stationäre Behandlung darf insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.
4    Die ambulante Behandlung darf in der Regel nicht länger als fünf Jahre dauern. Erscheint bei Erreichen der Höchstdauer eine Fortführung der ambulanten Behandlung notwendig, um der Gefahr weiterer mit einer psychischen Störung in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen zu begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Behandlung um jeweils ein bis fünf Jahre verlängern.
StGB vereinbaren. Indem die Vorinstanz ihn dennoch anordnete, verletzt sie Bundesrecht.

1.6 Offenbleiben kann unter diesen Umständen, ob von einem Strafaufschub auch wegen Gefährlichkeit des Beschwerdegegners abzusehen wäre. Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass dieser bereits verschiedentlich wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand schuldig gesprochen wurde (kantonale Akten, Urk. 35, Vorstrafenbericht). Überdies fuhr er am 1. Mai 2008 mit seinem Personenwagen in eine dicht gedrängte Menschenmenge und nahm dabei den Tod von Menschen in Kauf (vgl. Urteil 6B_260/2012 vom 19. November 2012). Die Gutachter führen aus, die zu beurteilende Tat sei keine Einzeltat, sondern eine Wiederholungstat, die sich durch ein hochgradig fremdgefährdendes Verhalten auszeichne (Gutachten, S. 55). Sie erachten den Beschwerdegegner als rückfallgefährlich und die Legalprognose als unsicher (Gutachten, S. 56, 60).

2.
Die Beschwerde ist gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben. Auf die Rüge der unzureichenden Begründung im Sinne von Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV braucht nicht eingegangen zu werden.
Der obsiegenden Beschwerdeführerin ist keine Entschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 3
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG). Dem Beschwerdegegner sind die Gerichtskosten als unterliegende Partei aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 66 - 1 Besteht die Gefahr, dass jemand ein Verbrechen oder Vergehen ausführen wird, mit dem er gedroht hat, oder legt jemand, der wegen eines Verbrechens oder eines Vergehens verurteilt wird, die bestimmte Absicht an den Tag, die Tat zu wiederholen, so kann ihm das Gericht auf Antrag des Bedrohten das Versprechen abnehmen, die Tat nicht auszuführen, und ihn anhalten, angemessene Sicherheit dafür zu leisten.
1    Besteht die Gefahr, dass jemand ein Verbrechen oder Vergehen ausführen wird, mit dem er gedroht hat, oder legt jemand, der wegen eines Verbrechens oder eines Vergehens verurteilt wird, die bestimmte Absicht an den Tag, die Tat zu wiederholen, so kann ihm das Gericht auf Antrag des Bedrohten das Versprechen abnehmen, die Tat nicht auszuführen, und ihn anhalten, angemessene Sicherheit dafür zu leisten.
2    Verweigert er das Versprechen oder leistet er böswillig die Sicherheit nicht innerhalb der bestimmten Frist, so kann ihn das Gericht durch Sicherheitshaft zum Versprechen oder zur Leistung von Sicherheit anhalten. Die Sicherheitshaft darf nicht länger als zwei Monate dauern. Sie wird wie eine kurze Freiheitsstrafe vollzogen (Art. 7971).
3    Begeht er das Verbrechen oder das Vergehen innerhalb von zwei Jahren, nachdem er die Sicherheit geleistet hat, so verfällt die Sicherheit dem Staate. Andernfalls wird sie zurückgegeben.
Satz 1 StGB).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich vom 11. Mai 2012 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. November 2012

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 6B_425/2012
Datum : 19. November 2012
Publiziert : 05. Dezember 2012
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Strafrecht (allgemein)
Gegenstand : Aufschub des Strafvollzugs zwecks ambulanter Massnahme (Art. 63 Abs. 2 StGB)


Gesetzesregister
BGG: 68
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BV: 29
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
StGB: 63 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
1    Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
a  der Täter eine mit Strafe bedrohte Tat verübt, die mit seinem Zustand in Zusammenhang steht; und
b  zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang stehender Taten begegnen.
2    Das Gericht kann den Vollzug einer zugleich ausgesprochenen unbedingten Freiheitsstrafe, einer durch Widerruf vollziehbar erklärten Freiheitsstrafe sowie einer durch Rückversetzung vollziehbar gewordenen Reststrafe zu Gunsten einer ambulanten Behandlung aufschieben, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen. Es kann für die Dauer der Behandlung Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen.
3    Die zuständige Behörde kann verfügen, dass der Täter vorübergehend stationär behandelt wird, wenn dies zur Einleitung der ambulanten Behandlung geboten ist. Die stationäre Behandlung darf insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.
4    Die ambulante Behandlung darf in der Regel nicht länger als fünf Jahre dauern. Erscheint bei Erreichen der Höchstdauer eine Fortführung der ambulanten Behandlung notwendig, um der Gefahr weiterer mit einer psychischen Störung in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen zu begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Behandlung um jeweils ein bis fünf Jahre verlängern.
66
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 66 - 1 Besteht die Gefahr, dass jemand ein Verbrechen oder Vergehen ausführen wird, mit dem er gedroht hat, oder legt jemand, der wegen eines Verbrechens oder eines Vergehens verurteilt wird, die bestimmte Absicht an den Tag, die Tat zu wiederholen, so kann ihm das Gericht auf Antrag des Bedrohten das Versprechen abnehmen, die Tat nicht auszuführen, und ihn anhalten, angemessene Sicherheit dafür zu leisten.
1    Besteht die Gefahr, dass jemand ein Verbrechen oder Vergehen ausführen wird, mit dem er gedroht hat, oder legt jemand, der wegen eines Verbrechens oder eines Vergehens verurteilt wird, die bestimmte Absicht an den Tag, die Tat zu wiederholen, so kann ihm das Gericht auf Antrag des Bedrohten das Versprechen abnehmen, die Tat nicht auszuführen, und ihn anhalten, angemessene Sicherheit dafür zu leisten.
2    Verweigert er das Versprechen oder leistet er böswillig die Sicherheit nicht innerhalb der bestimmten Frist, so kann ihn das Gericht durch Sicherheitshaft zum Versprechen oder zur Leistung von Sicherheit anhalten. Die Sicherheitshaft darf nicht länger als zwei Monate dauern. Sie wird wie eine kurze Freiheitsstrafe vollzogen (Art. 7971).
3    Begeht er das Verbrechen oder das Vergehen innerhalb von zwei Jahren, nachdem er die Sicherheit geleistet hat, so verfällt die Sicherheit dem Staate. Andernfalls wird sie zurückgegeben.
BGE Register
100-IV-12 • 105-IV-87 • 107-IV-20 • 115-IV-87 • 116-IV-101 • 123-IV-100 • 129-IV-161
Weitere Urteile ab 2000
6B_200/2011 • 6B_260/2012 • 6B_425/2012 • 6B_581/2009
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
strafaufschub • beschwerdegegner • vorinstanz • therapie • freiheitsstrafe • bundesgericht • prognose • integration • heer • verhalten • gerichtskosten • monat • autobahn • ausserorts • ambulante behandlung • straf- und massnahmenvollzug • sachverhalt • strasse • strafbare handlung • abweisung
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