Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung V
E-3215/2018
Urteil vom 18. Juni 2020
Richterin Muriel Beck Kadima (Vorsitz),
Besetzung Richterin Roswitha Petry,
Richterin Barbara Balmelli,
Gerichtsschreiberin Janine Sert.
A._______, geboren am (...),
Eritrea,
Parteien
vertreten durch MLaw Michèle Künzi, (...),
Beschwerdeführer,
gegen
Staatssekretariat für Migration (SEM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand Vollzug der Wegweisung;
Verfügung des SEM vom 1. Mai 2018 / N (...).
Sachverhalt:
A.
Der Beschwerdeführer suchte am 13. August 2015 in der Schweiz um Asyl nach. Anlässlich der Befragung zur Person (BzP) am 4. September 2015 und der Anhörung zu den Asylgründen am 28. Februar 2017 machte er im Wesentlichen Folgendes geltend:
Er sei eritreischer Staatsangehöriger tigrinischer Ethnie, in B._______, Saudi-Arabien geboren und dort bei seinem Vater aufgewachsen. Er habe in Saudi-Arabien keine Aufenthaltsbewilligung gehabt und illegal gearbeitet, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Im Dezember 2012 sei er von den saudi-arabischen Behörden bei der Arbeit kontrolliert und wegen den fehlenden gültigen Aufenthaltspapieren in Ausschaffungshaft genommen worden. Im Januar 2013 sei er nach Asmara deportiert worden. Nach einer Befragung bei seiner dortigen Ankunft sei er zu seinen Grosseltern mütterlicherseits gegangen. Aufgrund der politischen Lage in Eritrea und aus Angst, irgendwann in den Militärdienst eingezogen zu werden, habe er jedoch nicht in Eritrea bleiben wollen. Um nicht in eine Razzia zu geraten, habe er kaum das Haus verlassen. Ferner sei er Anhänger der Pfingstgemeinde, die in Eritrea verboten sei. Da seine Eltern die 2%-Steuer bezahlt hätten, habe sein Grossvater für ihn einen Pass beantragen können. Im April 2013 sei er mit dem Flugzeug legal aus Eritrea ausgereist.
Er reichte eine Kopie seines Passes, diverse Fotos sowie medizinische Berichte zu den Akten.
B.
Mit Verfügung vom 1. Mai 2018 verneinte die Vorinstanz die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers und lehnte sein Asylgesuch ab. Gleichzeitig ordnete sie seine Wegweisung aus der Schweiz und den Vollzug an.
C.
Mit Beschwerde vom 31. Mai 2018 an das Bundesverwaltungsgericht beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung der den Wegweisungsvollzug betreffenden Ziffern der angefochtenen Verfügung und die Anweisung an die Vorinstanz, ihn vorläufig aufzunehmen. In prozessualer Hinsicht ersuchte er um unentgeltliche Prozessführung unter Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses sowie um Beiordnung der rubrizierten Juristin als amtliche Rechtsbeiständin. Zudem reichte er einen ärztlichen Bericht vom 14. Mai 2018, eine Fürsorgebestätigung vom 2. Mai 2018 und eine Honorarnote vom 31. Mai 2018 ein.
D.
Am 4. Juni 2018 bestätigte die Instruktionsrichterin dem Beschwerdeführer den Eingang der Beschwerde und hielt fest, dieser dürfe den Ausgang des Verfahrens einstweilen in der Schweiz abwarten.
E.
Mit Instruktionsverfügung vom 11. Juni 2018 hiess sie die Gesuche um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Rechtsverbeiständung gut und setzte Frau MLaw Michèle Künzi als amtliche Rechtsbeiständin des Beschwerdeführers ein. Ferner lud sie die Vorinstanz zur Vernehmlassung ein.
F.
Mit Schreiben vom 15. Juni 2018 nahm die Vorinstanz zum vorliegenden Beschwerdeverfahren Stellung und hielt vollumfänglich an ihrem Entscheid fest. Die Vernehmlassung wurde dem Beschwerdeführer mit Mitteilung vom 18. Juni 2018 zur Kenntnis gebracht.
G.
Mit Instruktionsverfügung vom 16. Dezember 2019 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, einen aktuellen Arztbericht sowie eine Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht einzureichen. Diese gingen am 14. Januar 2020 innert verlängerter Frist beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Am 1. März 2019 ist eine Teilrevision des AsylG in Kraft getreten (AS 2016 3101); für das vorliegende Verfahren gilt das bisherige Recht (vgl. Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des AsylG vom 25. September 2015).
1.2 Gemäss Art. 31







1.3 Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37


1.4 Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht worden. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung; er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105




2.
Die Beschwerde beschränkt sich auf den Wegweisungsvollzug (Ziffern 4 und 5 der angefochtenen Verfügung), weshalb die Verneinung der Flüchtlingseigenschaft, die Ablehnung des Asylgesuchs und die Anordnung der Wegweisung (Ziffern 1 bis 3 der angefochtenen Verfügung) unangefochten in Rechtskraft erwachsen sind. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bildet demnach nur noch die Frage, ob das SEM den Wegweisungsvollzug zu Recht als durchführbar erachtet hat oder ob allenfalls anstelle des Vollzugs eine vorläufige Aufnahme anzuordnen ist.
3.
Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49

4.
Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich, so regelt das SEM das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme (Art. 44


Beim Geltendmachen von Wegweisungsvollzugshindernissen gilt gemäss Praxis des Bundesverwaltungsgerichts der gleiche Beweisstandard wie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft; das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. BVGE 2011/24 E. 10.2 m.w.H.).
5.
5.1 Das SEM führte in seinem Entscheid aus, Eritrea weise zwar Defizite im Bereich der Menschenrechte auf, eine schlechte Menschrechtslage genüge jedoch nicht, um dem Wegweisungsvollzug entgegenzustehen. Es sei nicht davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Behandlung oder Strafe drohen würde, die mit Art. 3

5.2 Auf Beschwerdeebene konkretisierte der Beschwerdeführer, er sei aufgrund seiner attestierten komplexen psychischen Beeinträchtigungen auf eine psychiatrische Therapie verbunden mit der Einnahme von Medikamenten in einer stabilen Umgebung zwingend angewiesen. Ohne Therapie bestehe ein hohes Risiko, dass es zu einer Selbst- und/oder Fremdgefährdung komme. Er leide unter (...), (...) und (...). Gemäss aktueller Diagnose des behandelnden Arztes handle es sich um (...). Er benötige eine engmaschige psychotherapeutische Behandlung im Rahmen von einer bis zwei Sessionen in der Woche und werde medikamentös behandelt. Die Einnahme des Medikaments (...) löse Nebenwirkungen aus, weshalb eine monatliche Blutkontrolle notwendig sei. Die Therapie sei auf unabsehbare Zeit angesetzt. Der der Beschwerde beigelegte Arztbericht bestätige diese Ausführungen.
Die psychiatrische Klinik in Asmara sei, mit Verweis auf einen Artikel der Sonntagszeitung vom 14. Februar 2016, verwahrlost und es gebe lediglich eine Psychiaterin. Die Vorinstanz habe nicht genügend abgeklärt, ob die Therapie und die notwendigen Medikamente in der St. Mary's Klinik tatsächlich verfügbar seien und ob er dort einen Platz erhalten würde. Er habe zwar schon seit längerer Zeit psychische Probleme, jedoch noch nie zuvor eine Behandlung beanspruchen können. Die (...) sei erst in D._______
diagnostiziert worden. Wie den Akten der Vorinstanz entnommen werden könne, habe er sich krankheitsbedingt nicht immer unter Kontrolle, was im Zusammenhang mit seiner Zugehörigkeit zur verbotenen Kirche der Pfingstgemeinde gefährlich sei. Er habe Angst vor anderen Personen und mache bedrohliche Gesten. Dem Personalienblatt könne entnommen werden, dass er sich zeitweise als andere Person (Jesus) sehe. Seine Symptome seien früher religiös begründet und dementsprechend auch gedeutet worden. Die psychische Krankheit könne in Eritrea jedoch gefährlich sein, zumal man immer wieder von Stigmatisierung bis hin zu Misshandlung von psychisch kranken Personen in der Gesellschaft höre.
Weiter führt der Beschwerdeführer aus, er habe seinen Status mit den eritreischen Behörden vor der Rückkehr aus Saudi-Arabien nicht abschliessend geregelt und insbesondere keinen Reuebrief unterschrieben. Sein Exit-Visum nach E._______, welches er dank der damaligen Bezahlung der Diasporasteuer durch seinen Vater erhalten habe, sei nur für eine kurze Zeit gültig gewesen. Die Schweiz könne sich bei der Argumentation für das Fehlen einer Gefährdung nicht auf die Praxis der 2% Diaspora-Steuer und der Unterzeichnung des Reuebriefs stützen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz stelle sich die Frage, ob er bei einer Rückkehr nach Eritrea einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3



Als besonders vulnerable Person sei er auf ein stabiles soziales Umfeld, regelmässige Medikamenteneinnahme sowie auf eine geeignete und engmaschige Therapie angewiesen. Bei einer Rückkehr nach Eritrea würde sich sein Gesundheitszustand massiv verschlechtern. Seine subjektive Furcht vor dem Einzug in den Nationaldienst und der Bestrafung wegen seines Glaubens sowie die Unzulänglichkeit der medizinischen Versorgung in Eritrea könnten zu einer Dekompensation führen. Aufgrund seiner religiösen Zugehörigkeit zur Pfingstgemeinde wäre er bei einer Rückkehr zusätzlich gefährdet, da seine (...) ihn in unkontrollierbare Zustände bringen könne, womit er eher als andere Personen ins Visier der Behörden geraten und entsprechend Probleme erhalten könne. Er sei deshalb wegen Unzulässigkeit und Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs vorläufig in der Schweiz aufzunehmen.
5.3 Dem mit Eingabe vom 14. Januar 2020 eingereichten ärztlichen Bericht vom 29. Dezember 2019 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer aufgrund der (...) sowie der (...) auf eine regelmässige und engmaschige Therapie zur Stabilisierung sowie eine Medikation aus (...) sowie (...) angewiesen sei. Zwar sei seit einigen Monaten kein stationärer Aufenthalt mehr durchgeführt worden, die Absetzung der Medikamente oder ein Unterbruch der Therapie würden jedoch zu einer bedrohlichen Gesundheitssituation führen. Eine Rückkehr ins Heimatland stelle sich aus medizinischer Sicht als kontraindiziert dar, da die benötigte Behandlung in Eritrea nicht gewährleistet werden könne und insbesondere das Risiko einer psychotischen Dekompensation massiv erhöht würde.
6.
6.1 Nach Art. 83 Abs. 4

6.2 Laut aktueller Rechtsprechung kann in Eritrea nicht von einem Krieg, Bürgerkrieg oder einer Situation allgemeiner Gewalt beziehungsweise einer generellen Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs ausgegangen werden. Zwar ist die wirtschaftliche Lage nach wie vor schwierig. Die medizinische Grundversorgung, die Ernährungssituation, der Zugang zu Wasser und zur Bildung haben sich aber stabilisiert. Der Krieg ist seit Jahren beendet und ernsthafte ethnische oder religiöse Konflikte sind nicht zu verzeichnen. Angesichts der schwierigen allgemeinen Lage des Landes muss jedoch in Einzelfällen nach wie vor von einer Existenzbedrohung ausgegangen werden, wenn besondere Umstände vorliegen. Anders als noch unter der früheren Rechtsprechung sind begünstigende individuelle Faktoren jedoch nicht mehr zwingende Voraussetzung für die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs (vgl. Referenzurteil des BVGer D-2311/2016 vom 17. August 2017 E. 17).
6.3 Der Zugang zu psychiatrischer Behandlung ist trotz Verbesserung der medizinischen Infrastrukturen in Eritrea mangels Fachpersonals nach wie vor erschwert (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), Eritrea: Gesundheitsversorgung, 3. Juli 2019, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/eritrea/190703-eri-gesundheitsversorgung.pdf, abgerufen am 15. Juni 2020 und Netsereab, Tesfit Brhane et al., Validation of the WHO self-reporting questionnaire-20 (SRQ-20) item in primary health care settings in Eritrea, in: International Journal of Mental Health Systems, 12 (61), 2018, https://ijmhs.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13033-018-0242-y, abgerufen am 15. Juni 2020). Mehrere Quellen erwähnen, dass das St. Mary Psychiatric Hospital in Asmara die einzige Institution in Eritrea ist, die auf die Behandlung von psychischen Krankheiten ausgerichtet ist (SFH, Eritrea: Gesundheitsversorgung, 3. Juli 2019, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/eritrea/190703-eri-gesundheitsversorgung.pdf, abgerufen am 15. Juni 2020). Der zitierte Bericht der SFH erwähnt ferner, dass Psychopharmaka in Eritrea kaum erhältlich sind und davon ausgegangen werden muss, dass die psychiatrische Grundversorgung in Eritrea nicht gewährleistet ist. Allerdings kann auf Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs nur dann geschlossen werden, wenn eine notwendige medizinische Behandlung im Heimatstaat schlicht nicht zur Verfügung steht und die Rückkehr zu einer raschen und lebensgefährdenden Beeinträchtigung des Gesundheitszustands, zur Invalidität oder gar zum Tod der betroffenen Person führt. Dabei wird als wesentlich die allgemeine und dringende Behandlung erachtet, welche zur Gewährleistung einer menschenwürdigen Existenz absolut notwendig ist (vgl. BVGE 2011/50 E. 8.3). Keine Unzumutbarkeit liegt vor, wenn eine medizinische Behandlung im Heimat- oder Herkunftsstaat möglich ist; dies gilt auch dann, wenn die zur Verfügung stehende Behandlung nicht den schweizerischen Standards entspricht (vgl. BVGE 2011/50 E. 8.3, BVGE 2009/2 E. 9.3.2, mit Hinweis auf EMARK 2003 Nr. 24 E. 5a und b).
6.4 Vorab stellt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass der Sachverhalt als genügend erstellt erachtet werden kann, zumal das SEM Gelegenheit hatte, sich in der Vernehmlassung zu weiteren Fragen hinsichtlich der vorhandenen medizinischen Infrastruktur und Erhältlichkeit notwendiger Medikamente beziehungsweise Therapien zu äussern.
6.5 Der Beschwerdeführer lebte seit seiner Geburt bis zu seiner Deportation nach Eritrea im Jahr 2013 in Saudi-Arabien. Nach seiner Deportation kam er während drei Monaten bei seinen Grosseltern unter, bevor er Eritrea verliess. Die Grosseltern und die getrenntlebenden Eltern des Beschwerdeführers sind in C._______ wohnhaft. Somit kann er in ein familiäres Umfeld zurückkehren, welches ihn bei der Bewältigung seiner gesundheitlichen Probleme unterstützend zur Seite stehen kann. Ferner wird seine Familie von diversen im Ausland lebenden Verwandten finanziell unterstützt.
Was seine psychische Erkrankung in Form einer (...) sowie (...) betrifft, empfiehlt der behandelnde Arzt gemäss medizinischem Bericht vom 29. Dezember 2019 eine medikamentöse Therapie von (...) sowie (...) und eine regelmässige Therapie, um seine psychische Situation zu stabilisieren. Aus den vorhandenen medizinischen Berichten geht demnach hervor, dass der Beschwerdeführer auf eine engmaschige psychiatrische und medizinische Betreuung angewiesen ist. Ein Unter- oder Abbruch der Behandlung im aktuellen Setting gehe mit einem erhöhten Risiko von psychotischer Dekompensation beim Beschwerdeführer mit mehreren floriden Episoden einher. Aus den vorliegend diagnostizierten Beeinträchtigungen kann geschlossen werden, dass die Rückkehr des Beschwerdeführers mangels einer notwendigen medizinischen Behandlung zu einer Destabilisierung seiner psychischen Situation führen würde. Dem mit Beschwerde eingereichten Arztbericht vom 14. Mai 2018 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer bereits früher selbst- und fremdgefährdende Tendenzen aufwies, als er psychisch nicht stabilisiert war. Zwar befindet sich das St. Mary's Psychiatric Hospital in Asmara, wo der Beschwerdeführer bei seiner Familie unterkommen könnte und somit über Unterstützung und Bezugspersonen verfügen würde. Angesichts der mangelhaften psychiatrischen Versorgung in Eritrea dürfte sich die Weiterführung einer regelmässigen Therapie jedoch äusserst schwierig gestalten. In den verfügbaren Quellen existieren ferner keine Informationen zur Erhältlichkeit der Medikamente (...) und (...) in Eritrea. Dass bei einer Rückkehr nach Eritrea mangels angemessener medizinischer Behandlungsmöglichkeiten eine Verschlechterung seiner bereits bestehenden psychischen Leiden zu erwarten wäre, die selbstgefährdende Handlungen des Beschwerdeführers zur Folge haben könnten (vgl. BVGE 2011/9 E. 7.1, m.w.H. auf die Praxis des EGMR), kann insgesamt nicht ausgeschlossen werden. Die Stigmatisierung von psychischen Krankheiten in Eritrea (Eritrea Profile, A Psychologist's tip for a healthy mind: «be open about problems», http://www.shabait.com/articles/q-a-a/28415-a-psychologists-tip-for-a-healthy-mind-be-open-about-problems, 27. April 2019, abgerufen am 15. Juni 2020, und Tages-Anzeiger, «In der Paranoia bastelt man sich eine eigenen Welt zusammen», https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/sie-basteln-sich-ihre-eigene-welt-zusammen/story/25306845, 3. August 2019, abgerufen am 15. Juni 2020) würde eine Wiedereingliederung des Beschwerdeführers in seinem Heimatstaat zusätzlich erschweren. Dass er die meiste Zeit seines Lebens gar nicht in Eritrea verbracht hat und dort auch nicht aufgewachsen ist, würde sich ebenfalls erschwerend auf die Wiedereingliederung auswirken.
Wegen seiner Zugehörigkeit zur in Eritrea verbotenen Pfingstgemeinde wäre er aufgrund der vorliegenden, konkreten Umstände ferner einem erhöhten Risiko ausgesetzt. Hinzu kommt, dass er nach einer Rückkehr nach Eritrea in den Militärdienst einberufen werden könnte, wo ihm mit höchster Wahrscheinlichkeit keine ausreichende ärztlich-psychiatrische Behandlung gewährt werden würde (SFH, Eritrea: Nationaldienst, 30. Juni 2017, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/eritrea/170630-eri-nationaldienst.pdf, abgerufen am 15. Juni 2020).
6.6 Die vorgebrachten psychischen Beschwerden erfüllen aufgrund der Aktenlage demnach die für die Unzumutbarkeit des Vollzugs geforderte hohe Schwelle der gesundheitlichen Beeinträchtigung. Mithin sind vorliegend medizinische Gründe anzunehmen, welche gegen die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs sprechen. Da den Akten keine Gründe im Sinne von Art. 83 Abs. 7

6.7 Damit sind die beiden anderen Bedingungen für einen Verzicht auf den Vollzug der Wegweisung (Unzulässigkeit und Unmöglichkeit) wegen ihrer alternativen Natur - ist eine Bedingung erfüllt, ist der Vollzug der Wegweisung undurchführbar - nicht mehr zu prüfen (vgl. BVGE 2009/51 E. 5.4).
7.
Die Beschwerde ist demnach gutzuheissen und die Dispositivziffern 4 und 5 der angefochtenen Verfügung sind aufzuheben. Die Vorinstanz ist anzuweisen, den Beschwerdeführer wegen Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs vorläufig aufzunehmen.
8.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 63 Abs. 1


9.
Dem vertretenen Beschwerdeführer ist angesichts seines Obsiegens in Anwendung von Art. 64





Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen.
2.
Die Dispositivziffern 4 und 5 der Verfügung des SEM vom 1. Mai 2018 werden aufgehoben.
3.
Das SEM wird angewiesen, den Beschwerdeführer wegen Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs vorläufig aufzunehmen.
4.
Es werden keine Verfahrenskosten auferlegt.
5.
Das SEM wird angewiesen, dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 1'600.- auszurichten.
6.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Muriel Beck Kadima Janine Sert
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