Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A 728/2010

Urteil vom 17. Januar 2011
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber Zingg.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Reto Marbacher,
Beschwerdeführerin,

gegen

Caisse cantonale genevoise de compensation, Service du contentieux,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Definitive Rechtsöffnung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Appellationshof, 2. Zivilkammer, vom 15. September 2010.

Sachverhalt:

A.
X.________ war, neben anderen Personen, Organ der Z.________ SA in A.________. Diese Gesellschaft war bei der Caisse cantonale genevoise de compensation (Ausgleichskasse) angeschlossen. Nach dem Konkurs der Z.________ SA am 6. November 2003 blieben AHV-Beiträge an die Ausgleichskasse im Umfang von Fr. 149'582.80 unbezahlt. Am 27. Mai 2004 mandatierte X.________ in diesem Zusammenhang Rechtsanwalt Y.________ in A.________.

Am 15. Juni 2006 erliess die Ausgleichskasse eine Verfügung, mit welcher verschiedene Organe der Z.________ SA in Liq., unter ihnen auch X.________, verpflichtet wurden, ihr unter solidarischer Haftbarkeit den Betrag von Fr. 149'582.80 zu bezahlen. Am 31. Juli 2006 erhob X.________ Einsprache gegen diese Verfügung. Die Einsprache wurde durch die Ausgleichskasse am 14. Mai 2008 abgewiesen. Dieser Entscheid wurde Rechtsanwalt Y._________ mit eingeschriebenem Brief ("Recommandé") zugesandt. Gemäss Track&Trace-Auszug wurde die Sendung am 15. Mai 2008 um 11.22 Uhr ins Postfach avisiert und gleichentags um 14.10 Uhr abgeholt.

B.
Mit Zahlungsbefehl vom 8. Dezember 2009 verlangte die Ausgleichskasse von X.________ die Bezahlung von Fr. 149'582.80 (Betreibung Nr. ... des Betreibungs- und Konkursamts Bern-Mittelland, Dienststelle Laupen [neu Dienststelle Mittelland]). Die Betriebene erhob Rechtsvorschlag. Nach entsprechendem Gesuch erteilte die a.o. Gerichtspräsidentin 3 des Gerichtskreises VIII Bern-Laupen am 21. Mai 2010 die definitive Rechtsöffnung.

C.
Am 2. Juni 2010 erklärte X.________ die Appellation. Mit Entscheid vom 15. September 2010 bestätigte das Obergericht des Kantons Bern die Erteilung der definitiven Rechtsöffnung.

D.
Am 18. Oktober 2010 hat X.________ (Beschwerdeführerin) gegen den obergerichtlichen Entscheid Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Sie beantragt dessen Aufhebung und die Verweigerung der definitiven Rechtsöffnung. Zudem ersucht sie um aufschiebende Wirkung.

Nachdem das Obergericht auf Stellungnahme verzichtet und die Ausgleichskasse sich nicht hat vernehmen lassen, ist der Beschwerde mit Präsidialverfügung vom 15. November 2010 aufschiebende Wirkung zuerkannt worden.

Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen, aber keine Vernehmlassungen in der Sache eingeholt.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist binnen Frist (Art. 100 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 100 Beschwerde gegen Entscheide - 1 Die Beschwerde gegen einen Entscheid ist innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen.
1    Die Beschwerde gegen einen Entscheid ist innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen.
2    Die Beschwerdefrist beträgt zehn Tage:
a  bei Entscheiden der kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen;
b  bei Entscheiden auf den Gebieten der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen und der internationalen Amtshilfe in Steuersachen;
c  bei Entscheiden über die Rückgabe eines Kindes nach dem Europäischen Übereinkommen vom 20. Mai 198089 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgerechts oder nach dem Übereinkommen vom 25. Oktober 198090 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung;
d  bei Entscheiden des Bundespatentgerichts über die Erteilung einer Lizenz nach Artikel 40d des Patentgesetzes vom 25. Juni 195492.
3    Die Beschwerdefrist beträgt fünf Tage:
a  bei Entscheiden der kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen im Rahmen der Wechselbetreibung;
b  bei Entscheiden der Kantonsregierungen über Beschwerden gegen eidgenössische Abstimmungen.
4    Bei Entscheiden der Kantonsregierungen über Beschwerden gegen die Nationalratswahlen beträgt die Beschwerdefrist drei Tage.
5    Bei Beschwerden wegen interkantonaler Kompetenzkonflikte beginnt die Beschwerdefrist spätestens dann zu laufen, wenn in beiden Kantonen Entscheide getroffen worden sind, gegen welche beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden kann.
6    ...93
7    Gegen das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern eines Entscheids kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
i.V.m. Art. 45 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 45 Ende - 1 Ist der letzte Tag der Frist ein Samstag, ein Sonntag oder ein vom Bundesrecht oder vom kantonalen Recht anerkannter Feiertag, so endet sie am nächstfolgenden Werktag.
1    Ist der letzte Tag der Frist ein Samstag, ein Sonntag oder ein vom Bundesrecht oder vom kantonalen Recht anerkannter Feiertag, so endet sie am nächstfolgenden Werktag.
2    Massgebend ist das Recht des Kantons, in dem die Partei oder ihr Vertreter beziehungsweise ihre Vertreterin den Wohnsitz oder den Sitz hat.
BGG) ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid (Art. 75 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 75 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundespatentgerichts.36
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundespatentgerichts.36
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen; ausgenommen sind die Fälle, in denen:
a  ein Bundesgesetz eine einzige kantonale Instanz vorsieht;
b  ein Fachgericht für handelsrechtliche Streitigkeiten als einzige kantonale Instanz entscheidet;
c  eine Klage mit einem Streitwert von mindestens 100 000 Franken mit Zustimmung aller Parteien direkt beim oberen Gericht eingereicht wurde.
, Art. 90
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 90 Endentscheide - Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen.
BGG) über eine Schuldbetreibungssache (Art. 72 Abs. 2 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 72 Grundsatz - 1 Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Zivilsachen.
1    Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Zivilsachen.
2    Der Beschwerde in Zivilsachen unterliegen auch:
a  Entscheide in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen;
b  öffentlich-rechtliche Entscheide, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Zivilrecht stehen, insbesondere Entscheide:
b1  über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheiden und über die Rechtshilfe in Zivilsachen,
b2  über die Führung des Grundbuchs, des Zivilstands- und des Handelsregisters sowie der Register für Marken, Muster und Modelle, Erfindungspatente, Pflanzensorten und Topografien,
b3  über die Bewilligung zur Namensänderung,
b4  auf dem Gebiet der Aufsicht über die Stiftungen mit Ausnahme der Vorsorge- und Freizügigkeitseinrichtungen,
b5  auf dem Gebiet der Aufsicht über die Willensvollstrecker und -vollstreckerinnen und andere erbrechtliche Vertreter und Vertreterinnen,
b6  auf dem Gebiet des Kindes- und Erwachsenenschutzes,
b7  ...
BGG), wobei der erforderliche Streitwert bei Weitem überschritten ist (Art. 74 Abs. 1 lit. b
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 74 Streitwertgrenze - 1 In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Streitwert mindestens beträgt:
1    In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Streitwert mindestens beträgt:
a  15 000 Franken in arbeits- und mietrechtlichen Fällen;
b  30 000 Franken in allen übrigen Fällen.
2    Erreicht der Streitwert den massgebenden Betrag nach Absatz 1 nicht, so ist die Beschwerde dennoch zulässig:
a  wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt;
b  wenn ein Bundesgesetz eine einzige kantonale Instanz vorsieht;
c  gegen Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen;
d  gegen Entscheide des Konkurs- und Nachlassrichters oder der Konkurs- und Nachlassrichterin;
e  gegen Entscheide des Bundespatentgerichts.
BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen ist zulässig.

Mit ihr können Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
. BGG gerügt werden. Die Feststellung des Sachverhalts kann hingegen nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
1    Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
2    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.86
BGG). Dabei bedeutet "offensichtlich unrichtig" willkürlich (BGE 135 III 127 E. 1.5 S. 130).

2.
Umstritten ist einzig, ob der Einspracheentscheid vom 14. Mai 2008 Rechtsanwalt Y.________ zugegangen ist und ob dieser zum damaligen Zeitpunkt noch als Vertreter der Beschwerdeführerin gelten durfte.
2.1
2.1.1 Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, es liege eine Verletzung von Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
ZGB vor, da die Vorinstanz von der Hypothese ausgegangen sei, Rechtsanwalt Y.________ sei im Mai 2008 noch Anwalt der Beschwerdeführerin gewesen. Sie behauptet allerdings selber nicht, das Mandatsverhältnis sei durch die eine oder andere Seite beendet und entsprechende Vollmachten widerrufen worden, sondern geht davon aus, die Ausgleichskasse hätte - um weiterhin auf die Fortgeltung der Vollmacht vertrauen zu dürfen - nachweisen müssen, dass sich Rechtsanwalt Y.________ in den rund zwei Jahren zwischen Eingang der Einsprache bei der Behörde und ihrer Erledigung in irgendeiner Weise um den Fortgang des Verfahrens gekümmert habe.
2.1.2 Diese Auffassung ist unzutreffend. Dass am 27. Mai 2004 eine entsprechende Anwaltsvollmacht ausgestellt wurde, hat die Vorinstanz festgestellt, und dass diese Vollmacht der Ausgleichskasse nicht mitgeteilt worden wäre, wird nicht geltend gemacht. Eine Behörde, welcher das Vertretungsverhältnis angezeigt wurde, kann sich jedoch grundsätzlich darauf verlassen, dass dieses fortbesteht, solange ihr ein allfälliger Widerruf nicht mitgeteilt worden ist (Art. 34 Abs. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 34 - 1 Eine durch Rechtsgeschäft erteilte Ermächtigung kann vom Vollmachtgeber jederzeit beschränkt oder widerrufen werden, unbeschadet der Rechte, die sich aus einem unter den Beteiligten bestehenden anderen Rechtsverhältnis, wie Einzelarbeitsvertrag, Gesellschaftsvertrag, Auftrag, ergeben können.6
1    Eine durch Rechtsgeschäft erteilte Ermächtigung kann vom Vollmachtgeber jederzeit beschränkt oder widerrufen werden, unbeschadet der Rechte, die sich aus einem unter den Beteiligten bestehenden anderen Rechtsverhältnis, wie Einzelarbeitsvertrag, Gesellschaftsvertrag, Auftrag, ergeben können.6
2    Ein vom Vollmachtgeber zum voraus erklärter Verzicht auf dieses Recht ist ungültig.
3    Hat der Vertretene die Vollmacht ausdrücklich oder tatsächlich kundgegeben, so kann er deren gänzlichen oder teilweisen Widerruf gutgläubigen Dritten nur dann entgegensetzen, wenn er ihnen auch diesen Widerruf mitgeteilt hat.
OR). Ungeachtet dessen, ob tatsächlich noch ein Mandatsverhältnis bestand, durfte die Ausgleichskasse deshalb Rechtsanwalt Y.________ weiterhin als empfangsberechtigten Vertreter betrachten.
2.2
2.2.1 Die Beschwerdeführerin rügt des Weiteren den fehlenden Nachweis, dass tatsächlich Rechtsanwalt Y.________ oder eine empfangsberechtigte Hilfsperson den Einspracheentscheid abgeholt habe. Vielmehr habe sich die Vorinstanz diesbezüglich mit Mutmassungen begnügt. In diesem Zusammenhang macht die Beschwerdeführerin einen Verstoss gegen Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
ZGB und Art. 42
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 42 Rechtliches Gehör - Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör. Sie müssen nicht angehört werden vor Verfügungen, die durch Einsprache anfechtbar sind.
ATSG (SR 830.1) geltend. Hinsichtlich der letztgenannten Norm bezieht sich die Rüge auf eine Verletzung des Rechts auf Zustellung als Teilgehalt des rechtlichen Gehörs. Diese Rüge hat neben der Frage des Beweises der Zustellung keine eigenständige Bedeutung.

2.2.2 Die Vorinstanz hat sich diesbezüglich sinngemäss die erstinstanzliche Feststellung zu eigen gemacht, dass die Unterschrift auf der Zustellliste der Post nicht derjenigen von Rechtsanwalt Y.________ in anderen Dokumenten entspreche. Es könne aber mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Sinne einer natürlichen Vermutung davon ausgegangen werden, dass die Post eingeschriebene Sendungen nur an berechtigte Personen aushändige. Bei Postfächern von Geschäftskunden seien naturgemäss nicht nur der Inhaber, sondern auch weitere Personen zur Abholung berechtigt. Somit sei der Einspracheentscheid Rechtsanwalt Y.________ zugestellt worden.
2.2.3 Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren gerichtlichen Urteil, so kann der Gläubiger beim Richter gestützt auf Art. 80 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 80 - 1 Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren gerichtlichen Entscheid, so kann der Gläubiger beim Richter die Aufhebung des Rechtsvorschlags (definitive Rechtsöffnung) verlangen.149
1    Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren gerichtlichen Entscheid, so kann der Gläubiger beim Richter die Aufhebung des Rechtsvorschlags (definitive Rechtsöffnung) verlangen.149
2    Gerichtlichen Entscheiden gleichgestellt sind:150
1  gerichtliche Vergleiche und gerichtliche Schuldanerkennungen;
2bis  Verfügungen schweizerischer Verwaltungsbehörden;
3  ...
4  die endgültigen Entscheide der Kontrollorgane, die in Anwendung von Artikel 16 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005156 gegen die Schwarzarbeit getroffen werden und die Kontrollkosten zum Inhalt haben;
5  im Bereich der Mehrwertsteuer: Steuerabrechnungen und Einschätzungsmitteilungen, die durch Eintritt der Festsetzungsverjährung rechtskräftig wurden, sowie Einschätzungsmitteilungen, die durch schriftliche Anerkennung der steuerpflichtigen Person rechtskräftig wurden.
SchKG die Aufhebung des Rechtsvorschlages (definitive Rechtsöffnung) verlangen; den gerichtlichen Urteilen stehen vollstreckbare Verfügungen und Einspracheentscheide der Sozialversicherungsträger, die auf Geldzahlung oder Sicherheitsleistung gerichtet sind, gleich (Art. 54 Abs. 2
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 54 Vollstreckung - 1 Verfügungen und Einspracheentscheide sind vollstreckbar, wenn:
1    Verfügungen und Einspracheentscheide sind vollstreckbar, wenn:
a  sie nicht mehr durch Einsprache oder Beschwerde angefochten werden können;
b  sie zwar noch angefochten werden können, die zulässige Einsprache oder Beschwerde aber keine aufschiebende Wirkung hat;
c  einer Einsprache oder Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzogen wird.
2    Vollstreckbare Verfügungen und Einspracheentscheide, die auf Geldzahlung oder Sicherheitsleistung gerichtet sind, stehen vollstreckbaren Urteilen im Sinne von Artikel 80 des Bundesgesetzes vom 11. April 188943 über Schuldbetreibung und Konkurs gleich.
ATSG). Nach konstanter bundesgerichtlicher Rechtsprechung entfalten Entscheide, die der betroffenen Person nicht eröffnet worden sind, grundsätzlich keine Rechtswirkungen (BGE 122 I 97 E. 3a/bb S. 99) bzw. erwachsen jedenfalls nicht in Rechtskraft (BGE 130 III 396 E. 1.3 S. 400) und können somit nicht vollstreckt werden (BGE 105 III 43 E. 2a S. 45). Geht es um eine auf Geld lautende Verfügung oder Entscheidung, hat grundsätzlich der Gläubiger, der einen Rechtsöffnungstitel vorlegt und gestützt hierauf die Erteilung der definitiven Rechtsöffnung verlangt, den - die korrekte Eröffnung voraussetzenden - Nachweis der Vollstreckbarkeit im Sinne von Art. 80 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 80 - 1 Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren gerichtlichen Entscheid, so kann der Gläubiger beim Richter die Aufhebung des Rechtsvorschlags (definitive Rechtsöffnung) verlangen.149
1    Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren gerichtlichen Entscheid, so kann der Gläubiger beim Richter die Aufhebung des Rechtsvorschlags (definitive Rechtsöffnung) verlangen.149
2    Gerichtlichen Entscheiden gleichgestellt sind:150
1  gerichtliche Vergleiche und gerichtliche Schuldanerkennungen;
2bis  Verfügungen schweizerischer Verwaltungsbehörden;
3  ...
4  die endgültigen Entscheide der Kontrollorgane, die in Anwendung von Artikel 16 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005156 gegen die Schwarzarbeit getroffen werden und die Kontrollkosten zum Inhalt haben;
5  im Bereich der Mehrwertsteuer: Steuerabrechnungen und Einschätzungsmitteilungen, die durch Eintritt der Festsetzungsverjährung rechtskräftig wurden, sowie Einschätzungsmitteilungen, die durch schriftliche Anerkennung der steuerpflichtigen Person rechtskräftig wurden.
SchKG zu erbringen. Vorliegend hat also die Ausgleichskasse als verfügende Behörde die Zustellung des Einspracheentscheids zu beweisen (BGE 122 I 97 E. 3b S. 100;
114 III 51 E. 4 S. 55; Urteil 5A 264/2007 vom 25. Januar 2008 E. 3.3, in: Pra 97/2008 Nr. 78 S. 520).
2.2.4 Die Vorinstanz hat ihre Schlussfolgerung, dass die Einspracheverfügung von einer der Beschwerdeführerin zurechenbaren Person abgeholt worden sei, nach eigenem Bekunden auf eine natürliche Vermutung abgestützt. Eine natürliche Vermutung dient der Beweiserleichterung, hat aber keine Umkehr der Beweislast zur Folge. Die aus ihr gezogenen Schlüsse stellen grundsätzlich Beweiswürdigung dar (BGE 117 II 256 E. 2b S. 258). Anders verhält es sich hingegen bei Schlussfolgerungen, die ausschliesslich auf allgemeiner Lebenserfahrung beruhen. Solche Erfahrungssätze, die über den konkreten Sachverhalt hinaus Bedeutung haben und gleichsam die Funktion von Normen übernehmen, können vom Bundesgericht frei überprüft werden (Urteil 8C 784/2008 vom 11. September 2009 E. 5.3 mit Hinweisen, nicht publ. in: BGE 135 V 412, aber u.a. in: SVR 2010 UV Nr. 2 S. 7). Wo das Gericht sich demgegenüber bloss auf die allgemeine Lebenserfahrung stützt, um aus den Gesamtumständen des konkreten Falls oder den bewiesenen Indizien auf einen bestimmten Sachverhalt zu schliessen, liegt Beweiswürdigung vor (BGE 126 III 10 E. 2b S. 12; 123 III 241 E. 3a S. 243; 117 II 256 E. 2b S. 258).

Vorliegend hat die Vorinstanz die allgemeine Lebenserfahrung als Instrument der Beweiswürdigung eingesetzt. Sie hat aus der Gesamtheit der erwiesenen Umstände - der Avisierung ins Postfach und der effektiv erfolgten Abholung - unter Zuhilfenahme der allgemeinen Lebenserfahrung darauf geschlossen, dass eine zur Abholung berechtigte Person die Sendung behändigt hat, da die Post eingeschriebene Sendungen nur an berechtigte Personen zu übergeben pflege. Eine ähnliche natürliche Vermutung ordnungsgemässen Verhaltens von Postangestellten gilt nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung auch hinsichtlich der korrekten Übermittlung einer Abholungseinladung (Urteil 2C 38/2009 vom 5. Juni 2009 E. 4.1 mit Hinweisen). Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
ZGB und Art. 42
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 42 Rechtliches Gehör - Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör. Sie müssen nicht angehört werden vor Verfügungen, die durch Einsprache anfechtbar sind.
ATSG regeln die Beweiswürdigung nicht (BGE 131 III 222 E. 4.3 S. 226). Die Ergebnisse der Beweiswürdigung können vom Bundesgericht nur auf Willkür hin überprüft werden (oben E. 1). Die Rüge willkürlicher Sachverhaltsfeststellung wird jedoch nicht erhoben, geschweige denn begründet (Art. 106 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
BGG). Insbesondere benennt die Beschwerdeführerin keine konkreten Umstände, die auf eine Entwendung des Einspracheentscheids durch eine zur Abholung nicht berechtigte Person bzw. entsprechende Unsorgfalt der
Postangestellten schliessen liessen. Soweit die Beschwerdeführerin bloss den Sachverhalt aus ihrer Sicht schildert, kann darauf nicht eingetreten werden. Dies gilt insbesondere für ihre Ausführungen, wonach Rechtsanwalt Y.________ gemäss ihrer Erinnerung ein Einmannbüro ohne Angestellte geführt habe. Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG). Eine Ausscheidung der Gerichtskosten für das Zwischenverfahren zur Gewährung aufschiebender Wirkung rechtfertigt sich nicht, so dass diesbezüglich auch keine Parteientschädigung zu sprechen ist (Art. 68 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Appellationshof, 2. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. Januar 2011
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:

Hohl Zingg
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 5A_728/2010
Date : 17. Januar 2011
Published : 04. Februar 2011
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : definitive Rechtsöffnung


Legislation register
ATSG: 42  54
BGG: 45  66  68  72  74  75  90  95  97  100  106
OR: 34
SchKG: 80
ZGB: 8
BGE-register
105-III-43 • 114-III-51 • 117-II-256 • 122-I-97 • 123-III-241 • 126-III-10 • 130-III-396 • 131-III-222 • 135-III-127 • 135-V-412
Weitere Urteile ab 2000
2C_38/2009 • 5A_264/2007 • 5A_728/2010 • 8C_784/2008
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Pra
97 Nr. 78