Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal
Geschäftsnummer: BA.2004.11
Entscheid vom 17. Januar 2005 Beschwerdekammer
Besetzung
Bundesstrafrichter Emanuel Hochstrasser, Vorsitz, Walter Wüthrich und Barbara Ott, Gerichtsschreiberin Joséphine Contu
Parteien
A.______, p.a. Fehler! Textmarke nicht definiert.Herr Fürsprecher Konrad Rothenbühler, Beschwerdeführer
gegen
1. Eidgenössisches Untersuchungsrichteramt, Beschwerdegegner 1
2. Schweizerische Bundesanwaltschaft, Beschwerdegegnerin 2
Gegenstand
Aufsichtsbeschwerde (Art. 28 Abs. 2 SGG)
Sachverhalt:
A. Das Eidgenössische Untersuchungsrichteramt (nachstehend „Untersuchungsrichteramt“) führt unter der Nr. O.______ eine Strafuntersuchung gegen A.______ und gegen Unbekannt. In diesem Zusammenhang stellte es am 21. September 2004 eine Verfügung (Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl) aus, aufgrund derer am Sitz der B.______ SA in Z.______ eine Hausdurchsuchung vorgenommen und Aktenmaterial beschlagnahmt wurde. Gemäss der untersuchungsrichterlichen Verfügung bestand der Zweck der Zwangsmassnahme im Einzelnen darin, Unterlagen erhältlich zu machen, welche es erlauben, die Art eventueller Geschäfts- und/oder anderer Beziehungen zwischen A.______ und C.______ und/oder der B.______ SA zu klären und Beweismittel zur Wahrheitsfindung bezüglich der effektiven Rolle der Erwähnten im Zusammenhang mit vermuteten Straftaten zu beschlagnahmen. Gegen die genannte Verfügung wurde keine Beschwerde im Sinne von Art. 214 ff . BStP erhoben. Aus den eingereichten Akten und der Stellungnahme des Untersuchungsrichteramts ergibt sich, dass der Hausdurchsuchung und Beschlagnahme folgender Sachverhalt und folgende Einschätzung durch die Strafverfolgungsbehörde vorangegangen ist bzw. sich in der Folge der Massnahme abgespielt hat:
Am 19. Dezember 2002 ist durch die Schweizerische Bundesanwaltschaft (nachfolgend „Bundesanwaltschaft“) bei der D.______ in Y.______ das Konto Nr. P.______ beschlagnahmt worden, dessen Inhaber C.______ war und für welches A.______ aufgrund eines durch C.______ unterzeichneten Dokuments vom 10. Oktober 1997 Unterschriftsberechtigung hatte (BK act. 10.1, act. 10.5). Am 6. März 2003 verlangte die Bundesanwaltschaft Auskunft von der D.______ über alle vergangenen und künftigen Geldflüsse über das besagte Konto mit dem Zweck, Herkunft und Bestimmungsort der Gelder ausfindig zu machen (BK act. 10.2). In der Folge erhielt sie von der D.______ Kenntnis über eine Gutschrift auf das Konto vom 6. März 2003 über USD 561'500, welche als „Rückzahlung Darlehensschuld, auftrags A.______“ bezeichnet war sowie über vier Konto-Belastungen im Zeitraum vom 17. September 2003 bis 2. Februar 2004 im Gesamtbetrag von USD 220'000 zugunsten der B.______ SA, „Reference: E.______ SA“, welche A.______ veranlasst hatte (BK act. 10.3, act. 10.4).
Aus einem Bericht der Bundeskriminalpolizei vom 18. Dezember 2003 über C.______ geht hervor, dass diese über den Genannten zu jener Zeit keine negativen Informationen besessen hat. Weiter ist dort festgehalten, C.______ sei im Oktober 2000 auf Einladung der in Bern domizilierten F.______ AG in die Schweiz gekommen und habe sich seither mehrere Male hier befunden. Dies ergebe einen Bezug zur F.______ AG, welche im Dossier G.______ in Erscheinung trete und deren Verwaltungsratspräsident bzw. -vizepräsident H.______ bzw. I.______ und deren Verwaltungsratsmitglied A.______ bis zum 28. März 2002 gewesen seien. Der Bericht weist ferner darauf hin, dass eine Gesellschaft J.______ auf blockierten Bankkonten befindliche Guthaben an die F.______ AG habe transferieren wollen. Ziel dieser Transfers sei die Zahlung an die F.______ AG für eine Rechnung im Zusammenhang mit einer Warenlieferung von der F.______ AG an die J.______ gewesen (BK act. 10.5).
Am 18. Mai 2004 deponierte das Tribunal de Grande Instance de Bourg en Bresse/Frankreich bei den Schweizer Behörden ein Rechtshilfegesuch in einer Strafsache gegen K.______ und eine weitere Person russischer Nationalität wegen Teilnahme an gross angelegtem Fahrzeugdiebstahl und Verschiebung der Fahrzeuge (BK act. 10.7). Daraus geht hervor, dass eine Person, welche an diese zwei Angeschuldigten ein Grundstück in Frankreich verkauft hatte, das für den Kauf benötigte Geld von der B.______ SA geliehen hatte und die Käufer den Kaufpreis direkt an diese Gesellschaft bezahlen mussten, damit sich diese Zahlung ausserhalb der Buchhaltung des Notars abspielte (Verdacht der Geldwäscherei). Gemäss Stellungnahme des Untersuchungsrichteramts vom 1. Dezember 2004 (BK act. 10) befand sich K.______ zu jenem Zeitpunkt aufgrund eines internationalen Haftbefehls der Russischen Föderation wegen Verdachts des Betrugs und der Urkundenfälschung im Zusammenhang mit behaupteten Vermögensdelikten zum Schaden der J.______ in der Schweiz in Auslieferungshaft.
Aufgrund von in der Untersuchung Nr. O.______ gewonnenen Erkenntnissen ergab sich für das Untersuchungsrichteramt, dass A.______ geschäftliche Beziehungen mit der Gesellschaft L.______ in Togliatti/Russland auf dem Umweg über die F.______ AG in Bern gehabt hatte. Im Kontext mit den obgenannten Umständen sei A.______ mit C.______, dem Direktor der L.______, in Verbindung getreten. Parallel dazu habe er sich mit den privaten Angelegenheiten mehrerer Repräsentanten der L.______ beschäftigt, welche in den Jahren 1994/1995 Vermögen in den Kauf von Immobilien in Frankreich investiert hätten (siehe Gegenstand des Rechtshilfegesuchs der Behörden von Bourg en Bresse).
Im Rahmen seiner Tätigkeit für die F.______ AG habe A.______ zudem Geschäfte mit C.______ in dessen Eigenschaft als Vertreter der russischen Gesellschaft M.______ mit Sitz in Togliatti getätigt. Dabei habe es sich unter anderem um Handelsgeschäfte mit der J.______ gehandelt.
Die kritisierte Durchsuchung hatte, wie gesagt, zum Ziel, das Umfeld abzuklären, in welchem die erwähnten Banktransaktionen stattgefunden hatten, um dadurch die Beziehungen zwischen A.______, C.______ und der B.______ SA zu klären. Auch war für das Untersuchungsrichteramt gemäss dessen Stellungnahme ein Zusammenhang mit den Angelegenheiten, die dem französischen Rechtshilfegesuch zu Grunde lagen, nicht auszuschliessen. Die Durchsuchung für das Verfahren der Bundesbehörden habe sich demgemäss strikt auf die erwähnten Vorgänge beschränkt. Sie sei zudem zusammen mit derjenigen zugunsten der französischen Behörden ausgeführt worden.
Nach der Beschlagnahmeaktion habe festgestellt werden können, dass C.______ Gelder für private finanzielle Operationen und ohne strafrechtliche Relevanz über das Konto der E.______ SA bei der B.______ SA habe fliessen lassen. Am 29. November 2004 seien der B.______ SA die beschlagnahmten Gegenstände zurückgegeben und die an die D.______ gerichtete Verfügung sei aufgehoben worden. Die Massnahmen seien in verhältnismässigem Umfang durchgeführt, deren Ergebnisse rasch ausgewertet und die Beschlagnahmungen dann umgehend aufgehoben worden.
B. Am 27. Oktober 2004, mithin vor der Aufhebung der Beschlagnahme, reichte A.______ bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts im Sinne von Art. 28 Abs. 2 SGG Aufsichtsbeschwerde gegen das Untersuchungsrichteramt und die Bundesanwaltschaft ein. Darin stellte er keine konkreten Anträge, hoffte aber, „die Aufmerksamkeit der Verwaltungsaufsicht auf konkrete Missstände zu lenken“ (BK act. 1). Seine einzelnen Kritikpunkte sind im Rahmen der nachstehenden Erwägungen näher umschrieben.
C. Die Aufhebung der Zwangsmassnahmen durch das Untersuchungsrichteramt erfolgte praktisch zeitgleich mit dessen Stellungnahme an das Bundesstrafgericht (BK act. 10.9).
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:
1. Gemäss Art. 28 Abs. 2 SGG obliegt der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts die Aufsicht über Ermittlungen der gerichtlichen Polizei und die Voruntersuchung in Bundesstrafsachen. Dementsprechend findet das Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren (VwVG) bzw. dessen Art. 71, welcher von der Aufsichtsbeschwerde handelt, in diesen Bereichen keine Anwendung. Dies ergibt sich für die Voruntersuchung in Bundesstrafsachen negativ formuliert auch aus Art. 1
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 1 - 1 Dieses Gesetz findet Anwendung auf das Verfahren in Verwaltungssachen, die durch Verfügungen von Bundesverwaltungsbehörden in erster Instanz oder auf Beschwerde zu erledigen sind. |
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1 | Dieses Gesetz findet Anwendung auf das Verfahren in Verwaltungssachen, die durch Verfügungen von Bundesverwaltungsbehörden in erster Instanz oder auf Beschwerde zu erledigen sind. |
2 | Als Behörden im Sinne von Absatz 1 gelten: |
a | der Bundesrat, seine Departemente, die Bundeskanzlei und die ihnen unterstellten Dienstabteilungen, Betriebe, Anstalten und anderen Amtsstellen der Bundesverwaltung; |
b | Organe der Bundesversammlung und der eidgenössischen Gerichte für erstinstanzliche Verfügungen und Beschwerdeentscheide nach Beamtengesetz vom 30. Juni 19277; |
c | die autonomen eidgenössischen Anstalten oder Betriebe; |
cbis | das Bundesverwaltungsgericht; |
d | die eidgenössischen Kommissionen; |
e | andere Instanzen oder Organisationen ausserhalb der Bundesverwaltung, soweit sie in Erfüllung ihnen übertragener öffentlich-rechtlicher Aufgaben des Bundes verfügen. |
3 | Auf das Verfahren letzter kantonaler Instanzen, die gestützt auf öffentliches Recht des Bundes nicht endgültig verfügen, finden lediglich Anwendung die Artikel 34-38 und 61 Absätze 2 und 3 über die Eröffnung von Verfügungen und Artikel 55 Absätze 2 und 4 über den Entzug der aufschiebenden Wirkung. Vorbehalten bleibt Artikel 97 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19469 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung betreffend den Entzug der aufschiebenden Wirkung von Beschwerden gegen Verfügungen der Ausgleichskassen.10 11 |
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 3 - Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf: |
|
a | das Verfahren von Behörden im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe e, soweit gegen ihre Verfügungen die Beschwerde unmittelbar an eine Bundesbehörde unzulässig ist; |
b | das erstinstanzliche Verfahren der erstmaligen Begründung des Dienstverhältnisses von Bundespersonal, der Beförderung von Bundespersonal, der dienstlichen Anordnungen an das Bundespersonal16 und das Verfahren der Ermächtigung zur Strafverfolgung gegen Bundespersonal; |
c | das erstinstanzliche Verwaltungsstrafverfahren und das gerichtspolizeiliche Ermittlungsverfahren; |
d | das Verfahren der Militärstrafrechtspflege einschliesslich der Militärdisziplinarrechtspflege, das Verfahren in militärischen Kommandosachen nach Artikel 37 sowie Verfahren nach den Artikeln 38 und 39 des Militärgesetzes vom 3. Februar 199518,19 ...20; |
dbis | das Verfahren in Sozialversicherungssachen, soweit das Bundesgesetz vom 6. Oktober 200022 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts anwendbar ist; |
e | das Verfahren der Zollveranlagung; |
ebis | ... |
f | das erstinstanzliche Verfahren in anderen Verwaltungssachen, wenn deren Natur die Erledigung auf der Stelle durch sofort vollstreckbare Verfügung erfordert. |
2. In verfahrensmässiger und materieller Hinsicht regelt das SGG das Aufsichtsverfahren nicht. Dieses Verfahren geht über das durch Art. 105bis Abs. 2
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 3 - Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf: |
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a | das Verfahren von Behörden im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe e, soweit gegen ihre Verfügungen die Beschwerde unmittelbar an eine Bundesbehörde unzulässig ist; |
b | das erstinstanzliche Verfahren der erstmaligen Begründung des Dienstverhältnisses von Bundespersonal, der Beförderung von Bundespersonal, der dienstlichen Anordnungen an das Bundespersonal16 und das Verfahren der Ermächtigung zur Strafverfolgung gegen Bundespersonal; |
c | das erstinstanzliche Verwaltungsstrafverfahren und das gerichtspolizeiliche Ermittlungsverfahren; |
d | das Verfahren der Militärstrafrechtspflege einschliesslich der Militärdisziplinarrechtspflege, das Verfahren in militärischen Kommandosachen nach Artikel 37 sowie Verfahren nach den Artikeln 38 und 39 des Militärgesetzes vom 3. Februar 199518,19 ...20; |
dbis | das Verfahren in Sozialversicherungssachen, soweit das Bundesgesetz vom 6. Oktober 200022 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts anwendbar ist; |
e | das Verfahren der Zollveranlagung; |
ebis | ... |
f | das erstinstanzliche Verfahren in anderen Verwaltungssachen, wenn deren Natur die Erledigung auf der Stelle durch sofort vollstreckbare Verfügung erfordert. |
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 71 - 1 Jedermann kann jederzeit Tatsachen, die im öffentlichen Interesse ein Einschreiten gegen eine Behörde von Amtes wegen erfordern, der Aufsichtsbehörde anzeigen. |
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1 | Jedermann kann jederzeit Tatsachen, die im öffentlichen Interesse ein Einschreiten gegen eine Behörde von Amtes wegen erfordern, der Aufsichtsbehörde anzeigen. |
2 | Der Anzeiger hat nicht die Rechte einer Partei. |
3. In Art. 71
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 71 - 1 Jedermann kann jederzeit Tatsachen, die im öffentlichen Interesse ein Einschreiten gegen eine Behörde von Amtes wegen erfordern, der Aufsichtsbehörde anzeigen. |
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1 | Jedermann kann jederzeit Tatsachen, die im öffentlichen Interesse ein Einschreiten gegen eine Behörde von Amtes wegen erfordern, der Aufsichtsbehörde anzeigen. |
2 | Der Anzeiger hat nicht die Rechte einer Partei. |
3.1 Soweit der Beschwerdeführer in BK act. 1 Art. 7 den Staatsanwalt des Bundes persönlich angreift, wird auf die Aufsichtsbeschwerde nicht eingetreten.
3.2 Raum für ein Eintreten auf die Aufsichtsbeschwerde besteht auch da nicht, wo der Beschwerdeführer einen persönlichen und wirtschaftlichen Schaden aufgrund der gegen ihn durchgeführten Strafuntersuchung geltend macht (BK act. 1 Art. 8). Sollte sich ein solcher Schaden tatsächlich eingestellt haben oder noch einstellen, so sieht das Prozessrecht entsprechende Verfahrensregeln vor, auf die hier verwiesen werden kann.
4. In der Praxis dient die Aufsichtsbeschwerde dazu, die Aufsichtsbehörde zu veranlassen, gegen Rechts- und Pflichtverletzungen von Justizfunktionären einzuschreiten (Schmid, Strafprozessrecht, 4. Auflage, Zürich 2004, § 60 N. 1018). In Lehre und Praxis wird postuliert, dass die Aufsichtsbehörde einen ihr angezeigten Sachverhalt im notwendigen Umfang von Amtes wegen abzuklären hat, wenn die Anzeige ihr den Anschein erweckt, dass ein gesetz- oder pflichtwidriges Verhalten der angezeigten Behörde bzw. ihrer Funktionäre tatsächlich vorgekommen ist. Schon der guten Ordnung halber sollte die Aufsichtsbehörde dem Anzeigesteller in der Regel vom Erfolg seiner Anzeige Mitteilung machen (Rhinow/Krähenmann, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel 1990, Nr. 145 B.II.c; LGVE 1998 I 113 N. 56).
5. Im konkreten Fall haben die Beschwerdegegner 1 und 2, wie aus der Stellungnahme des Beschwerdegegners 1 hervorgeht, im Rahmen einer vielschichtigen Strafuntersuchung mit Verdacht auf organisierte Kriminalität, welche mehrere Personen betrifft und Bezug zu mehreren Ländern hat, Umfeldermittlungen vorgenommen, die letztendlich den Verdacht auf ein strafbares Verhalten im konkreten Bereich nicht bestätigt haben. Ein solcher Ausgang einer Strafuntersuchung stellt für sich allein die Rechtmässigkeit und Angemessenheit derselben nicht in Frage, sondern ist eine der beiden Möglichkeiten des Verfahrensausgangs (ein strafbares Verhalten ist schlussendlich gegeben oder eben nicht gegeben). Insbesondere im Bereich der organisierten Kriminalität, welche geheime, also nach aussen nicht oder als legal in Erscheinung tretende Organisationen betrifft, und wo bereits blosse Beteiligung an einer kriminellen Organisation ein Verbrechen darstellt (vgl. Art. 260ter
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 260ter - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
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1 | Mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
a | sich an einer Organisation beteiligt, die den Zweck verfolgt: |
a1 | Gewaltverbrechen zu begehen oder sich mit verbrecherischen Mitteln zu bereichern, oder |
a2 | Gewaltverbrechen zu begehen, mit denen die Bevölkerung eingeschüchtert oder ein Staat oder eine internationale Organisation zu einem Tun oder Unterlassen genötigt werden soll; oder |
b | eine solche Organisation in ihrer Tätigkeit unterstützt. |
2 | Absatz 1 Buchstabe b findet keine Anwendung auf humanitäre Dienste, die von einer unparteiischen humanitären Organisation, wie dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz, in Übereinstimmung mit dem gemeinsamen Artikel 3 der Genfer Abkommen vom 12. August 1949343 erbracht werden. |
3 | Übt der Täter einen bestimmenden Einfluss in der Organisation aus, so wird er mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft. |
4 | Das Gericht kann die Strafe mildern (Art. 48a), wenn der Täter sich bemüht, die weitere Tätigkeit der Organisation zu verhindern. |
5 | Strafbar ist auch, wer die Tat im Ausland begeht, wenn die Organisation ihre verbrecherische Tätigkeit ganz oder teilweise in der Schweiz ausübt oder auszuüben beabsichtigt. Artikel 7 Absätze 4 und 5 sind anwendbar. |
6. Vor diesem Hintergrund ist auf die einzelnen Kritikpunkte des Beschwerdeführers näher einzugehen:
6.1 Der Rüge, die materielle Begründung der Verfügung des Beschwerdegegners 1 vom 21. September 2004 bezüglich Durchsuchung der B.______ SA sei praktisch in allen Punkten unrichtig (BK act. 1 Art. 1), ist keine weitere Folge zu geben, weil diese gerügte Begründung klarerweise eine Verdachtslage wiedergibt, die das Risiko einer Fehleinschätzung begriffsnotwendig mitbeinhaltet. In der Verfügung ist auch dargelegt, worauf der Beschwerdegegner 1 seinen Verdacht abstützt. Ein Grund für ein aufsichtsrechtliches Eingreifen besteht diesbezüglich nicht.
6.2 Die Tatsache, dass im Rahmen der Bekämpfung von organisierter Kriminalität und insbesondere im Rahmen einer Umfeldabklärung eine Massnahme verfügt wird, welche nicht im Zusammenhang mit bereits Gegenstand einer formellen Anschuldigung bildenden Widerhandlungen steht (BK act. 1 Art. 2), ist nicht aussergewöhnlich. Auch diesbezüglich liegt im vorliegenden Fall kein Grund für ein aufsichtsrechtliches Vorgehen vor.
6.3 Der Beschwerdeführer rügt, dass aus einem Schreiben der russischen Generalstaatsanwaltschaft der Verdacht auf die Existenz einer kriminellen Organisation mit russischen Wurzeln abgeleitet werde, während die scheinbar Geschädigten sich selber mit allen Mitteln gegen das von der russischen Generalstaatsanwaltschaft eröffnete Verfahren wehrten. Zudem hätten auch die englischen Behörden rasch erkannt, dass der von der russischen Generalstaatsanwaltschaft behauptete Sachverhalt alles andere als gesichert sei (BK act. 1 Art. 3). Dass die Schweizer Strafverfolgungsbehörden einen von der russischen Generalstaatsanwaltschaft als „von Fachleuten aus dem Finanzministerium der Russischen Föderation im Laufe einer Dokumentenprüfung ... festgestellt[en]“ Verdacht auch in einem solchen Fall ernsthaft auf seine Begründetheit hin untersuchen und zu diesem Zweck die erforderlichen Beweissicherungsmassnahmen verfügen, ist aufsichtsrechtlich nicht zu beanstanden. Wenn der Verdacht für die englischen Behörden im September 2003 als nicht gesichert galt, so ist es in Anbetracht der internationalen Verflechtung des Sachverhalts nicht unwahrscheinlich, dass die Schweizer Behörden aufgrund eigener Untersuchungen zu einem anderen Resultat gelangen.
6.4 Die Rüge, wonach die Beschwerdegegner den Bezug von behaupteten Fakten zu dem gegen den Beschwerdeführer laufenden Strafverfahren ohne Beweise mit dem Satz „que A.______ semble avoir joué un rôle majeur dans la préparation de divers actes juridiques qui auraient favorisé le détournement précité“ begründen (BK act. 1 Art. 4), zielt aufgrund der Tatsache, dass Gegenstand der Untersuchung ein komplexes Geflecht von ineinander greifenden Sachverhalten ist, am Wesentlichen vorbei. Die vom Beschwerdegegner 1 wiederholte Male zum Ausdruck gebrachte Absicht, im Zusammenhang mit verdachtsbegründenden Umständen Umfeldabklärungen zu tätigen, erklärt ausreichend, wieso nicht nur tatbestandsbegründendes bzw. unmittelbar tatbestandsrelevantes Beweismaterial beschafft wurde.
6.5 Ob die Rüge, es werde ohne Beleg und wahrheitswidrig behauptet, C.______ sei früher in leitender Stellung bei N.______ tätig gewesen, zutrifft oder nicht, ist aus den beim Gericht vorhandenen Akten nicht überprüfbar. Selbst wenn die Rüge zuträfe, wäre sie für sich allein kein ausreichender Grund für ein aufsichtsrechtliches Einschreiten. Die kritisierte Behauptung war nämlich bloss ein im Gesamtzusammenhang unwesentliches Element in der Begründung der Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmeverfügung des Beschwerdegegners 1 vom 21. September 2004 (BK act. 1 Art. 6, act. 1.1, S. 2).
7. Wie in Erwägung 3 und 4 ausgeführt, hat der Beschwerdeführer keinerlei Parteirechte. Hingegen ist ihm der Ausgang des Aufsichtsverfahrens durch Zustellung des Dispositivs mitzuteilen.
8. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden keine Kosten erhoben. Der geleistete Kostenvorschuss wird dem Beschwerdeführer zurückerstattet.
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Der Aufsichtsbeschwerde wird, soweit auf sie eingetreten wird, keine Folge gegeben.
2. Es werden keine Kosten erhoben. Der vom Beschwerdeführer geleistete Kostenvorschuss wird diesem zurückerstattet.
Bellinzona, 17. März 2005
Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Zustellung an
- Eidgenössisches Untersuchungsrichteramt,
- Schweizerische Bundesanwaltschaft
- Herrn A.______, p.a. Herrn Fürsprecher Konrad Rothenbühler (nur Rubrum und Dispositiv)
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid besteht kein Rechtsmittel.