Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung III
C-51/2006

{T 0/2}

Urteil vom 17. April 2007
Mitwirkung:
Richter Antonio Imoberdorf (Kammerpräsident); Richter Andreas Trommer; Richter Blaise Vuille; Gerichtsschreiber Daniel Grimm.

A._______,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecher Bruno C. Lenz, Schmiedenplatz 5, Postfach 229, 3000 Bern 7,

gegen

Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz

betreffend
Einreisesperre

Sachverhalt:

A. Am 13. Oktober 2005 führte die Kantonspolizei Solothurn im Rahmen einer gezielten Aktion im Rotlichtmilieu im Hotel "Schlüssel" in Solothurn eine Kontrolle durch. Dabei wurde auch die Beschwerdeführerin, die sich in der Bar des Lokals aufhielt, einer Personenüberprüfung unterzogen. Aufgrund der angetroffenen Situation und weil die Frau laut Festnahmerapport zuvor zwei Polizisten in Zivil Liebesdienste angeboten haben soll, wurde sie wegen des Verdachts der Ausübung einer illegalen Erwerbstätigkeit festgenommen. Anlässlich der polizeilichen Einvernahme vom 14. Oktober 2005 gab sie an, auch schon mit einem Mann das im Hotel "Schlüssel" gemietete Zimmer aufgesucht zu haben. Es habe sich jedoch stets um die gleiche Person gehandelt und ihre Liebesdienste seien gratis gewesen. Hingegen bestritt die Betroffene, der Prostitution nachgegangen zu sein. Mit einer gleichentags ergangenen Verfügung wies die kantonale Fremdenpolizeibehörde die Rekurrentin daraufhin weg und forderte sie auf, die Schweiz innerhalb von 96 Stunden zu verlassen. Am 17. Oktober 2005 wurde sie nach Brasilien ausgeschafft.
B. Aufgrund dieses Sachverhalts verhängte die Vorinstanz am 14. Oktober 2005 über die Beschwerdeführerin eine Einreisesperre für die Dauer von zwei Jahren und entzog einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung. Zur Begründung wurde ausgeführt, es lägen grobe Zuwiderhandlungen gegen fremdenpolizeiliche Vorschriften (illegaler Aufenthalt, Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung) vor.
C. Mit Beschwerde vom 16. Oktober 2005 an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) ersucht der Parteivertreter um Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Ferner stellt er die Begehren, seiner Mandantin sei unverzüglich ihr Reisepass auszuhändigen und sie sei umgehend aus der Haft zu entlassen. Im Wesentlichen bringt er vor, es fänden sich keine Beweise oder einigermassen gesicherte Erkenntnisse für die Annahme, die Beschwerdeführerin sei der Prostitution nachgegangen. Nur weil sie in einem Hotel logiert habe, in welchem auch eine Kontaktbar betrieben werde, bedeute dies noch lange nicht, dass sie selbst dort gegen Entgelt Liebesdienste angeboten habe. Vielmehr habe sich die Beschwerdeführerin im Hotel "Schlüssel" lediglich mit ihrem Liebhaber getroffen und sich mit ihm verlustiert.
D. Am 21. Oktober 2005 wies die instruierende Behörde das Gesuch um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ab.
E. Das Bundesamt schliesst in seiner Vernehmlassung vom 30. November 2005 auf Abweisung der Beschwerde. Der Rechtsvertreter seinerseits hält mit Replik vom 13. Januar 2006 an seinem Antrag auf Aufhebung der Fernhaltemassnahme fest.
F. Mit Strafverfügung vom 3. Juli 2006 wurde die Beschwerdeführerin von der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn wegen Übertretung gegen das Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG, SR 142.20) zu einer Busse von Fr. 150.-- verurteilt.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Verfügungen des Bundesamtes für Migration (BFM) betreffend Einreisesperre unterliegen der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (Art. 20 Abs. 1 ANAG i.V.m. Art. 31 ff . des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht [VGG, SR 173.32]).

1.2 Das Bundesverwaltungsgericht übernimmt die Beurteilung der beim Inkrafttreten des Verwaltungsgerichtsgesetzes am 1. Januar 2007 bei Eidgenössischen Rekurs- oder Schiedskommissionen oder bei Beschwerdediensten der Departemente hängigen Rechtsmittel. Für die Beurteilung gilt das neue Verfahrensrecht (Art. 53 Abs. 2 VGG).

1.3 Gemäss Art. 37 VGG richtet sich das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021). Das Urteil ist endgültig (Art. 83 Bst. c Ziff. 1 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht [BGG, SR 173.110]).

1.4 Die Beschwerdeführerin ist als Verfügungsadressatin zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 20 Abs. 2 ANAG i.V.m. Art. 48 VwVG). Auf die frist- und formgerechte Beschwerde ist einzutreten, soweit sie sich gegen die Einreisesperre richtet (Art. 50 - 52 VwVG). Nicht Verfahrensgegenstand bilden die in der Beschwerdeschrift vom 16. Oktober 2005 gestellten, inzwischen hinfällig gewordenen Begehren um Aushändigung des Reisepasses sowie der sofortigen Entlassung aus der Haft.

2.
2.1 Der Parteivertreter regt in der Rechtsmitteleingabe vom 16. Oktober 2005 die Befragung von R.M. (ein Bekannter und zeitweiliger Logisgeber der Beschwerdeführerin) und von M.G. (die Barmaid des Hotels "Schlüssel") als Zeugen an. Im Verwaltungs(beschwerde)verfahren gilt grundsätzlich das Untersuchungsprinzip, das durch die Mitwirkungspflicht der Parteien ergänzt wird (vgl. Art. 12 und 13 VwVG). Der Untersuchungsgrundsatz bedeutet, dass die Verwaltungs- und Justizbehörden den Sachverhalt von Amtes wegen abklären. Sie sind für die Beschaffung der Entscheidgrundlagen verantwortlich. Hierfür bedienen sie sich nötigenfalls der in Art. 12 VwVG genannten Beweismittel. Die Einvernahme von Zeuginnen und Zeugen ist nach Art. 14 VwVG nur unter der einschränkenden Voraussetzung anzuordnen, dass sich der Sachverhalt auf andere Weise nicht hinreichend abklären lässt (zum Ganzen vgl. BGE 130 ll 169 E. 2.3.3 oder BBl 1965 ll 1366/67). Art. 19 VwVG i.V.m. Art. 37 des Bundesgesetzes über den Bundeszivilprozess vom 4. Dezember 1947 (BZP, SR 273) verpflichtet die Behörde sodann nicht, alles und jedes, was wünschbar wäre, abzuklären. Bei der Auswahl der Beweismittel berücksichtigt sie vielmehr deren Tauglichkeit und Beweiskraft (vgl. ALFRED KÖLZ/ISABELLE HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, Rz. 276). Zusätzliche Abklärungen sind insofern nur dann vorzunehmen, wenn hierzu aufgrund der Parteivorbringen oder anderer sich aus den Akten ergebender Anhaltspunkte Anlass besteht.

2.2 Von beantragten Beweisvorkehren kann abgesehen werden, wenn der Sachverhalt, den eine Partei beweisen will, nicht rechtserheblich ist, wenn bereits Feststehendes bewiesen werden soll, wenn von vornherein gewiss ist, dass der angebotene Beweis keine wesentlich neuen Erkenntnisse zu vermitteln vermag oder wenn die Behörde den Sachverhalt aufgrund eigener Sachkunde ausreichend würdigen kann (vgl. KÖLZ/HÄNER, a.a.O., Rz. 319 und 320; BGE 122 V 157 E. 1d S. 162 mit Hinweis). Gelangt die Behörde bei pflichtgemässer Beweiswürdigung zur Überzeugung, der zu beweisende Sachverhalt sei nicht rechtserheblich oder der angebotene nicht geeignet, weitere Abklärungen herbeizuführen, kann auf ein beantragtes Beweismittel verzichtet werden (zur antizipierten Beweiswürdigung vgl. BGE 130 ll 169 nicht publizierte E. 2.1, ferner BGE 127 l 54 E. 2b S. 56, BGE 122 V 157 E. 1d S. 162, BGE 119 V 335 E. 2c S. 344; Verwaltungspraxis der Bundesbehörden [VPB] 69.78 E. 5a). Eine solche Situation ist hier gegeben. Dass die Beschwerdeführerin den schweizerischen Staatsangehörigen R.M. gut kennt und sie zeitweilig bei ihm gewohnt haben soll, wird nicht in Abrede gestellt. Besagter Umstand erweist sich unter den konkreten Begebenheiten (die Betroffene weilte bei ihrer Anhaltung nicht in der Wohnung von R.M., sondern ohne ihn in einer so genannten Kontaktbar in der Stadt Solothurn) jedoch als irrelevant. Auch einer ergänzenden Befragung der Barmaid bedarf es nicht, liegt doch ein von ihr unterzeichnetes, ausreichend aussagekräftiges Einvernahmeprotokoll vor. Die als Zeugin einvernommene M.G. wurde hierbei über die Verfahrensrechte informiert. Die Auswertung der im Protokoll vom 13. Oktober 2005 figurierenden Äusserungen als solche bildet derweil Gegenstand der materiellrechtlichen Würdigung. Nicht näher einzugehen ist schliesslich auf die dritte Beweisofferte, hat der Rechtsvertreter entgegen seiner Ankündigung doch weder Name noch Adresse der zu befragenden Männerbekanntschaft nachgeliefert. Den Anträgen auf Zeugeneinvernahmen ist folglich nicht stattzugeben.

2.3 Der Parteivertreter erachtet es ferner als rechtsstaatlich bedenklich, dass das BFM ordentlichen Rechtsmitteln gegen Einreisesperren regelmässig die aufschiebende Wirkung entzieht. Hat die angefochtene Verfügung nicht eine Geldleistung zum Gegenstand, so kann die Vorinstanz darin einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entziehen (Art. 55 Abs. 2 VwVG). Der Entzug des Suspensiveffekts ist entgegen der in der Beschwerdeschrift geäusserten Auffassung keineswegs auf begründete Ausnahmefälle beschränkt. Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung lässt sich jedenfalls nichts Derartiges ableiten. Allerdings sollte ein Abweichen von der Regel von Art. 55 Abs. 1 VwVG auf überzeugenden, stichhaltigen Gründen beruhen (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 2A.433/2006 vom 15. September 2006 E. 3.2.1). Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung kommt dem Bundesamt wie auch der Beschwerdeinstanz - der Natur der Sache nach - aber ein erheblicher Ermessensspielraum zu (BGE 117 V 185 E. 2b S. 191, BGE 110 V 40 E. 5b S. 45, BGE 106 lb 115 E. 2a S. 116, BGE 105 V 266 E. 2 S. 268; VPB 43.45). Die Einreisesperre gemäss Art. 13 Abs. 1 ANAG ist eine präventivpolizeiliche Massnahme zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (E. 6 nachfolgend). Die gleiche Zielsetzung verfolgt der vorsorgliche Entzug der aufschiebenden Wirkung nach Art. 55 Abs. 2 VwVG. Ein überwiegendes öffentliches Interesse am Erlass einer Einreisesperre zieht deshalb in den allermeisten Fällen ein überwiegendes Interesse am Entzug der aufschiebenden Wirkung nach sich. Auch bezogen auf den konkreten Fall (Anwerben von Leuten in einschlägigem Lokal, Vergangenheit der Betroffenen als Nachtklubtänzerin in der Schweiz) war zweifelsohne eine gewisse Dringlichkeit gegeben, die Fernhaltemassnahme sofort zu vollziehen (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 2A.128/2003 vom 3. April 2003 E. 2.2). Von daher war das Vorgehen der Vorinstanz rechtskonform. Ebenso wenig kann ihr unterstellt werden, damit bewusst den Vollzug der kantonalen Wegweisung beschleunigt zu haben (vgl. die diesbezügliche Verfügung des Amtes für Ausländerfragen des Kantons Solothurn vom 14. Oktober 2005), handelt es sich doch um zwei verschiedene Verfahren mit unterschiedlichen Voraussetzungen. Die instruierende Behörde wiederum hat nach Einreichung der Beschwerde ohne Verzug über das Gesuch um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung befunden. Somit erweisen sich sämtliche Bedenken formeller Natur als unbegründet.
3. Die eidgenössische Behörde kann über unerwünschte Ausländer die Einreisesperre verhängen (Art. 13 Abs. 1 Satz 1 ANAG). Sie kann ferner, für höchstens drei Jahre, die Einreisesperre verhängen über Ausländer, die sich grobe oder mehrfache Zuwiderhandlungen gegen fremdenpolizeiliche oder andere gesetzliche Bestimmungen und gestützt darauf erlassene behördliche Verfügungen haben zuschulden kommen lassen (Art. 13 Abs. 1 Satz 2 ANAG). Während der Einreisesperre ist dem Ausländer jeder Grenzübertritt ohne ausdrückliche Ermächtigung der verfügenden Behörde untersagt (Art. 13 Abs. 1 Satz 3 ANAG).
4. Der Beschwerdeführerin wird vorgeworfen, durch die Arbeitsaufnahme als Prostituierte im Hotel "Schlüssel" in Solothurn einer illegalen Erwerbstätigkeit nachgegangen zu sein. Die Prostitution ist im fremdenpolizeilichen Massnahmerecht unter zwei unterschiedlichen rechtlichen Gesichtspunkten von Bedeutung.

4.1 Zum einen fällt die Prostitution als Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 6 der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (BVO, SR 823.21) unter die einschlägigen Normen des Ausländerrechts über die Zulassung von Ausländern und Ausländerinnen zum schweizerischen Arbeitsmarkt. In der Nichtbeachtung dieser Normen liegt eine grobe Zuwiderhandlung gegen fremdenpolizeiliche Bestimmungen begründet, die nach Massgabe von Art. 13 Abs. 1 zweiter Satz ANAG zu einer Einreisesperre führen kann. Daran vermag nichts zu ändern, dass es sich bei der Prostitution um eine Erwerbstätigkeit handelt, für die nicht ohne weiteres eine fremdenpolizeiliche Bewilligung ausgestellt wird (vgl. dazu BRIGITTE HÜRLIMANN, Prostitution - ihre Regelung im schweizerischen Recht und die Frage der Sittenwidrigkeit, Zürich usw. 2004, S. 75 ff.; FULVIO HAEFELI, Die Prostitution und die Bestimmungen des ANAG über den Nachzug ausländischer Ehegatten, in: SJZ 95 [1999] S. 181 ff.). Denn die Zurückhaltung oder gar systematische Weigerung der Fremdenpolizeibehörden, eine bestimmte Erwerbstätigkeit zuzulassen, begründet keine Freistellung dieser Tätigkeit von der Bewilligungspflicht.

4.2 Auf der anderen Seite ist die Prostitution an und für sich bereits eine unerwünschte Erscheinung. Obschon nicht strafbar, wird sie selbst vor dem Hintergrund gewandelter Moralvorstellungen als Verletzung des Polizeiguts der öffentlichen Sittlichkeit angesehen, die zumindest dem Grundsatz nach zu einer Ausweisung und a fortiori zu einer Einreisesperre wegen Unerwünschtheit führen kann (vgl. Art. 10 Abs. 1 Bst. b ANAG i.V.m. Art. 16 Abs. 2 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer [ANAV, SR 142.201]). Daneben ist auf die negativen Begleiterscheinungen hinzuweisen, die vom Gewerbe als solchem ausgehen, sofern es nicht freiwillig, selbstbestimmt und legal ausgeübt wird, und die als ernsthafte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu qualifizieren sind. Hinzuweisen ist insbesondere auf die Tätergruppen der Menschenhändler und Zuhälter, bei denen die Tendenz besteht, sich zu organisieren und moderne wirtschaftliche Lenkungsmechanismen zur effizienteren Ausbeutung der Prostituierten einzusetzen. Diese Kreise begehen nicht nur Delikte, die sich gegen die Prostituierten richten, sondern sie sind häufig auch in anderen Bereichen der Kriminalität aktiv. Das Milieu wirkt allgemein kriminogen.

4.3 Aus diesen Gründen erfüllt die Prostitution, soweit sie nicht auf einer ausdrücklichen fremdenpolizeilichen Bewilligung beruht, ebenfalls den Tatbestand der Unerwünschtheit im Sinne von Art. 13 Abs. 1 erster Satz ANAG (zum Begriff der Unerwünschtheit vgl. VPB 63.1, 62.28, 60.4 und 58.53). Die sich darauf stützende Massnahme dient nicht zuletzt dem Schutz der betroffenen ausländischen Staatsangehörigen, die nicht selten Opfer einer Form des Menschenhandels geworden sind.
5. Die Vorinstanz erachtet es als erwiesen an, dass sich die Beschwerdeführerin gegenüber Besuchern der Bar als Prostituierte ausgegeben und sich deshalb des illegalen Aufenthalts und der Arbeitsaufnahme ohne entsprechende Bewilligung schuldig gemacht hat. Die Massnahmebelastete bestreitet dies mit Nachdruck bzw. sie behauptet, lediglich mit einem Mann das Zimmer aufgesucht zu haben. Wie oft sie sich mit ihm zum (angeblich unentgeltlichen) Sex getroffen habe, wollte sie nicht preisgeben.

5.1 Die Anwesenheit an einschlägig bekannten Adressen genügt für sich allein den Anforderungen an die Beweislage in Fällen des Verdachts auf Ausübung der Prostitution nicht. Den Akten lässt sich hierzu entnehmen, dass die Rekurrentin zum Zeitpunkt ihrer Anhaltung im Hotel "Schlüssel" in Solothurn ein Zimmer gemietet hatte, einer Lokalität, in der eine Kontaktbar untergebracht ist und in der erwiesenermassen auch Frauen verkehren, die sich prostituieren. Laut Darstellung der Barmaid wohnte die Mieterin seit ungefähr einem Monat dort, der Beschwerdeführerin zufolge war es weniger lang. In der Strafverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 3. Juli 2006, die unangefochten blieb, ist ebenfalls von einem Aufenthalt im Hotel "Schlüssel" ab anfangs September 2005 die Rede. Gemäss dem Festnahmerapport vom 13. Oktober 2006 hat die Massnahmebelastete zwei Polizisten in Zivil "offensichtlich Liebesdienste" angeboten. In welcher Weise dies geschehen sein soll, wurde von einem Beamten der Kantonspolizei Solothurn in der am gleichen Abend durchgeführten Befragung der Barmaid präzis umschrieben. Bekannt ist ferner, dass die Rekurrentin Ende August 2002 auf dem Schweizerischen Generalkonsulat in Rio de Janeiro einen Visumsantrag gestellt hat, um ab anfangs November 2002 in Olten einem Engagement als Nachtklubtänzerin nachgehen zu können.

Dass das BFM bei dieser Sachlage auf illegale Erwerbstätigkeit in Form der Prostitution schloss, erscheint nachvollziehbar und nahe liegend. Sowohl die Rechtsprechung als auch die Literatur gehen von einem weiten Begriff der Prostitution aus. Darunter werden sämtliche Handlungen verstanden, welche unter Preisgabe und Einsatzes des eigenen Körpers der Befriedigung sexueller Gelüste Dritter dienen (vgl. BRIGITTE HÜRLIMANN, a.a.O., S. 10 ff.). Weder das Kriterium der Entgeltlichkeit oder die Erlangung anderweitiger materieller Vorteile ist ausschlaggebend noch dasjenige, ob die Prostitution gewerbsmässig oder bloss gelegentlich ausgeübt wird (vgl. BGE 121 lV 86 E. 2a S. 87 ff.). Dass es anlässlich des fraglichen Vorkommnisses zu keinen sexuellen Handlungen gekommen ist, vermag an der rechtlichen Subsumtion des massgeblichen Verhaltens insofern nichts zu ändern. Aufgrund der aufgelisteten Indizien (Anwesenheit an einschlägigem Ort, klare Hinweise für ein Anwerben von Gästen in der Bar, Aussageverhalten der Betroffenen, Vorleben als Tänzerin) kann der Verdacht, dass die Beschwerdeführerin ihren Aufenthalt hierzulande zur illegalen Erwerbstätigkeit benutzt hat, als hinreichend erhärtet betrachtet werden.

5.2 Der Parteivertreter rügt in diesem Zusammenhang eine unzutreffende bzw. willkürliche Würdigung des rechtserheblichen Sachverhalts. Seine diesbezüglichen Einwendungen vermögen jedoch nicht zu überzeugen. Es trifft zwar zu, dass die Barmaid nicht zu Protokoll gegeben hat, die Beschwerdeführerin sei der Prostitution nachgegangen. Auch die konkrete Anwerbung will sie nicht direkt mitbekommen haben. Hingegen hat sie bestätigt, dass potenzielle Freier so angeworben werden, wie es der Polizist in der Befragung der Barmaid erläuterte. Im Kontext der Ausführungen unter E. 5.1 gibt es deshalb keinen Grund, an den eindeutigen und plausiblen Feststellungen der ermittelnden Beamten zu zweifeln. Was die polizeiliche Einvernahme der Beschwerdeführerin vom 14. Oktober 2005 anbelangt, so bestehen des Weiteren keine Anhaltspunkte dafür, dass besagtes Protokoll den Sinn ihrer Aussagen falsch wiedergibt. Auch die Fragestellung geschah in korrekter Weise, hatte der befragende Polizist unter den gegebenen Umständen doch allen Anlass, die Angeschuldigte mit allfälligen belastenden Tatbestandselementen zu konfrontieren. Vor allem aber wurden sowohl die Einvernahme mit der Barmaid als auch diejenige mit der Angeschuldigten binnen 24 Stunden nach der Aktion im Milieu durchgeführt. Gleiches gilt für den noch am 13. Oktober 2005 erstellten Festnahmerapport. Die vorinstanzlichen Feststellungen beruhen mithin auf verlässlichen, ohne Bedenken verwertbaren Unterlagen. Entgegen der Darstellung in der Rechtsmitteleingabe vom 16. Oktober 2005 verfügte die Rekurrentin sodann über einiges Bargeld, wurden bei der Anhaltung doch immerhin rund Fr. 300.-- beschlagnahmt. Als unbehelflich erweist sich schliesslich die in der Replik geäusserte Kritik an der Zwischenverfügung der instruierenden Behörde vom 21. Oktober 2005, handelt es sich bei der falsch zitierten Jahreszahl doch offensichtlich um ein redaktionelles Versehen. Massgebend erscheint in dieser Hinsicht allein, dass sich die Beschwerdeführerin in jüngerer Vergangenheit um ein Engagement als Cabarettänzerin in der Schweiz bemüht hat. Alles in allem ist ungeachtet der gegenteiligen Beteuerungen der Beschwerdeführerin davon auszugehen, dass sie in erkennbarer Weise ihre Bereitschaft zur Prostitution signalisiert hat, weshalb sich die vom BFM vorgenommene Beweiswürdigung - im Ergebnis - nicht beanstanden lässt.
6. Hinsichtlich der weiteren Ausführungen gilt es hervorzuheben, dass Verfahrensgegenstand nicht ein Strafverfahren bildet. Die gewerbsmässige Prostitution als solche ist, wie erwähnt, denn auch nicht mit Strafe bedroht. Folgerichtig wurde die Beschwerdeführerin nicht wegen Prostitution, sondern wegen illegaler Anwesenheit und Arbeitsaufnahme ohne entsprechende Bewilligung zur Anzeige gebracht und in der Zwischenzeit wegen Übertretung gegen das ANAG (Art. 23 Abs. 6 ANAG) zu einer Busse von Fr. 150.-- verurteilt (vgl. die Strafverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 3. Juli 2006). Für die Verhängung einer Administrativmassnahme wie der Einreisesperre ist indessen weder eine strafrechtliche Verurteilung noch eine stichfeste Beweislage im strafrechtlichen Sinne notwendig. Bei der Einreisesperre handelt es sich vielmehr um einen administrativen Rechtsnachteil, bei welchem die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Vordergrund stehen (BGE 125 ll 105 E. 2c S. 109 f., BGE 114 lb E. 3a S. 3/4; VPB 41.94). Fremdenpolizeiliche und andere (beispielsweise straf- oder zivilrechtliche) Massnahmen oder Sanktionen sind voneinander unabhängig (BGE 109 lb 179 mit Hinweisen). Sie beruhen auf unterschiedlicher gesetzlicher Grundlage und verfolgen verschiedene Zielsetzungen, weshalb sie - sofern die Voraussetzungen erfüllt sind - einzeln oder kumulativ verhängt werden können. Die das Massnahmerecht handhabende Behörde hat die Frage, ob ein Fall schwer wiegt, nach fremdenpolizeilichen Gesichtspunkten zu beantworten. Dabei ist zu beachten, dass ein Verhalten in massnahmerechtlicher Hinsicht von grösserem Gewicht sein kann als beispielsweise in strafrechtlicher Hinsicht (zum Ganzen vgl. BGE 130 ll 493 E. 4.2 - 4.4 S. 500 f.). Dies gilt unter anderem für die illegale Erwerbstätigkeit mittels Ausübung der Prostitution, die gewichtige öffentliche Interessen tangiert (siehe E. 4.1 - 4.3). Damit hat die Beschwerdeführerin den Fernhaltegrund der groben Zuwiderhandlungen gegen fremdenpolizeiliche Bestimmungen gemäss Art. 13 Abs. 1 Satz 2 ANAG gesetzt. Da die verhängte Sperre die hierfür vorgesehene Höchstdauer von drei Jahren nicht überschreitet, braucht über die Frage, ob die Betroffene auch als unerwünschte Ausländerin im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Satz 1 ANAG zu betrachten sei, nicht befunden zu werden.

7.
7.1 Es bleibt zu prüfen, ob die Massnahme in richtiger Ausübung des Ermessens ergangen und angemessen ist. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit steht dabei im Vordergrund. Unter diesem Gesichtspunkt ist eine wertende Abwägung vorzunehmen zwischen dem öffentlichen Interesse an der Massnahme einerseits und den von der Massnahme beeinträchtigten privaten Interessen des Betroffenen andererseits (vgl. statt vieler ULRICH HÄFELIN / GEORG MÜLLER / FELIX UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl., Zürich und St. Gallen 2006, S.127 f.).

7.2 Das Verhalten der Beschwerdeführerin ist angesichts ihrer Kontakte zum Milieu bzw. zum hiesigen Sexgewerbe geeignet, die fremdenpolizeiliche Ordnung ernsthaft zu beeinträchtigen. Es besteht daher nur schon aus Gründen der Generalprävention ein gewichtiges öffentliches Interesse an ihrer Fernhaltung. Der Vorfall vom 13. Oktober 2005 hatte, wie die Strafverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 3. Juli 2006 zeigt, auch in strafrechtlicher Hinsicht Konsequenzen. Demgegenüber unterhält die Rekurrentin an dieser Stelle nicht näher zu erörternde Beziehungen zu in der Schweiz lebenden Freunden und Bekannten. Solche rein privaten Interessen vermögen unter den dargelegten Begleitumständen nicht gegen die erwähnten öffentlichen Interessen aufzukommen. Ausserdem liegt es in der Natur von Fernhaltemassnahmen, dass sie sich für die Betroffenen nachteilig auswirken. Die Beschwerdeführerin hat die fremdenpolizeilichen Folgen ihres Verhaltens selber zu verantworten. Angesichts dieser Aspekte hat sich die Vorinstanz mit der Verhängung einer Einreisesperre von zwei Jahren in dem ihr zustehenden Ermessensspielraum bewegt.
8. Zusammenfassend ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt. Der rechtserhebliche Sachverhalt wurde - im Ergebnis - richtig und vollständig festgestellt und die Vorinstanz hat auch ihr Ermessen pflichtgemäss ausgeübt (vgl. Art. 49 VwVG). Die Beschwerde ist deshalb abzuweisen.
9. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die unterliegende Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Die Verfahrenskosten sind auf Fr. 700.-- festzusetzen (Art. 1, Art. 2 und Art. 3 Bst. b des Reglements vom 11. Dezember 2006 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [SR 173.320.2]).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2. Die Verfahrenskosten von Fr. 700.-- (Gerichtsgebühr und Auslagen) werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Sie sind durch den am 17. November 2005 geleisteten Kostenvorschuss gedeckt.
3. Dieses Urteil wird eröffnet:
der Beschwerdeführerin (eingeschrieben)
der Vorinstanz (eingeschrieben; Akten Ref-Nr. 2 192 510 retour)

Der Kammerpräsident: Der Gerichtsschreiber:

Antonio Imoberdorf Daniel Grimm

Versand am:
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : C-51/2006
Date : 17 avril 2007
Publié : 10 mai 2007
Source : Tribunal administratif fédéral
Statut : Non publié
Domaine : Droit de cité et droit des étrangers
Objet : Einreisesperre


Répertoire des lois
LSEE: 10  13  20  23
LTAF: 31  37  53
LTF: 83
OLE: 6
PA: 12  13  14  19  48  49  50  52  55  63
PCF: 37
RSEE: 16
Répertoire ATF
105-V-266 • 110-V-40 • 117-V-185 • 119-V-335 • 122-V-157
Weitere Urteile ab 2000
2A.128/2003 • 2A.433/2006
Répertoire de mots-clés
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C-51/2006
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9 S.5