Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung II
B-7452/2006
{T 0/2}

Urteil vom 17. April 2007
Mitwirkung:
Richter David Aschmann (vorsitzender Richter),
Richter Hans Urech, Richter Claude Morvant; Gerichtsschreiber Philipp J. Dannacher.

Z._______,
vertreten durch Advokat Dr. Felix H. Thomann, Elisabethenstrasse 30, 4010 Basel,
Beschwerdeführerin

gegen

Y._______,
vertreten durch Zimmerli, Wagner & Partner AG, Patente, Marken, Design, Löwenstrasse 19, Postfach, 8021 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum, Einsteinstrasse 2, 3003 Bern,
Vorinstanz

betreffend

Verfügung vom 24. Mai 2006 in den Marken-Widerspruchsverfahren Nr. 6271, 6276 und 6282, CH 370'584, CH 341'060, CH 340'999 MARTINI / IR 786'063 martini (fig.)

Sachverhalt:
A. Die internationale Marke IR 786 063 martini (fig.) der Beschwerdegegnerin wurde am 17. Oktober 2002, gestützt auf eine italienische Basiseintragung, in der Gazette OMPI des marques internationales veröffentlicht. Die Marke sieht wie folgt aus:
und wurde ursprünglich für folgende Waren registriert:
21 Ustensiles et récipients pour le ménage ou la cuisine (ni en métaux précieux, ni en plaqué); peignes et éponges; brosses (à l'exception des pinceaux); matériaux pour la brosserie; matériel de nettoyage; paille de fer; verre brut ou mi-ouvré (à l'exception du verre de construction); verrerie, porcelaine et faïence non comprises dans d'autres classes.
B. Am 31. Januar 2003 erhob die Beschwerdeführerin 29 Widersprüche gegen diese Eintragung. 26 davon zog sie am 5. Mai 2003 wieder zurück. Die drei aufrechterhaltenen Widersprüche basierten auf folgenden Marken der Beschwerdeführerin:
* CH P-340'999 MARTINI, eingetragen für verschiedene Waren der Klassen 3, 9, 12, 16, 18, 22 bis 28 und 31 bis 33,
* CH 370'584 , eingetragen für "Vins, spiritueux et liqueurs in Klasse 33",
* CH P-341'060 , eingetragen für "Malt, bière, ale et porter, eaux minérales et gazeuses et autres boissons non alcooliques, sirops et autres préparations pour faire des boissons, vins, vermouth, spiritueux et liqueurs" in den Klassen 31-33.
C. Am 5. Februar 2004 wurde, auf Antrag der Beschwerdegegnerin, folgende Ergänzung (Einschränkung) des Warenverzeichnisses der angefochtenen Marke für die Schweiz und Deutschland in den Gazettes OMPI des marques internationales Nr. 25/2003 veröffentlicht: "...à l'exclusion des verres à boire, ainsi que des ustensiles de cuisine utilisés pour les boissons."
D. Mit Stellungnahme vom 27. April 2004 bestritt die Beschwerdegegnerin den rechtserhaltenden Gebrauch der Widerspruchsmarken und das Bestehen einer Verwechslungsgefahr zwischen den Widerspruchsmarken und der angefochtenen Marke nach Massgabe des geänderten Warenverzeichnisses.
E. Mit Verfügung vom 13. Mai 2004 wurden die drei Widerspruchsverfahren und der Widerspruch einer Drittpartei gegen die gleiche Marke zu einem Verfahren vereinigt. Auf gemeinsamen Wunsch der Parteien ruhte dieses Verfahren vom 8. Oktober 2004 bis zum 6. Oktober 2005. Dann wurde es auf Antrag der Beschwerdeführerin fortgeführt.
F. Mit Replik vom 9. Dezember 2005 erläuterte die Beschwerdeführerin die fast hundertfünfzigjährige Geschichte ihrer Wermutprodukte. Als Gebrauchsnachweis ihrer Marken reichte sie Angaben über Verkaufsumsätze und Werbeausgaben, Auszüge aus Büchern und Werbekampagnen, Belege für Merchandising-Produkte und ausländische Gerichtsurteile über die Bekanntheit der Marke an die Vorinstanz ein. Sie führte aus, dass das Publikum von einem "Branchenriesen" geradezu erwarte, dass er in benachbarte Warensparten diversifiziere. In solche Sparten gehörten die Waren der angefochtenen Marke, so dass Warengleichartigkeit mit den Widerspruchsmarken bestehe.
G. Die Beschwerdegegnerin hielt mit Duplik vom 18. Januar 2006 an ihrem Rechtsstandpunkt fest, bezeichnete die vorgelegten Gebrauchsbelege als ungenügend und bestritt das Vorliegen von gleichartigen Waren. Sie trug vor, dass "Martini" überdies ein verbreiteter Familienname und daher ungeeignet sei, ein Unternehmen herkunftsmässig zu individualisieren.
H. Am 24. Mai 2006 wies die Vorinstanz die Widersprüche der Beschwerdeführerin vollumfänglich ab. Zur Begründung führte sie aus, der rechtserhaltende Gebrauch der Widerspruchsmarken in der Schweiz sei zwar für alkoholische Getränke, nicht aber für die übrigen Waren der Marke CH P 340'999 MARTINI glaubhaft gemacht, und zwischen alkoholischen Getränken und den von der angefochtenen Marke beanspruchten Waren bestehe keine Warengleichartigkeit, so dass eine Verwechslungsgefahr nicht vorliege.
I. Gegen diese Verfügung erhob die Beschwerdeführerin am 26. Juni 2006, gestützt auf ihre bisherigen Argumente, Beschwerde an die Rekurskommission für geistiges Eigentum (hiernach: "RKGE") mit den Rechtsbegehren:
"1. Es seien die Entscheide des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum vom 24. Mai 2006 betreffend die Widerspruchsverfahren Nr. 6271, 6276 und 6282 aufzuheben und die Widersprüche der Beschwerdeführerin gutzuheissen.
2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdegegnerin."
J. Die Vorinstanz beantragte mit Vernehmlassung vom 20. Oktober 2006, die Beschwerde abzuweisen.
K. Die Beschwerdegegnerin beantragte mit Stellungnahme vom 20. Dezember 2006, die Beschwerde unter Kosten- und Entschädigungsfolgen abzuweisen.
L. Mit Verfügung vom 15. November 2006 wurde das Verfahren per 1. Januar 2007 an das Bundesverwaltungsgericht überwiesen.
M. Auf die Durchführung einer mündlichen und öffentlichen Verhandlung haben beide Parteien stillschweigend verzichtet.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1. Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Beurteilung von Beschwerden gegen Entscheide der Vorinstanz in Widerspruchssachen zuständig (Art. 31 , 32 und 33 lit. d des Bundesgesetzes über das Bundesverwaltungsgericht vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32]). Es hat das vorliegende Verfahren am 1. Januar 2007 von der RKGE übernommen (Art. 53 Abs. 2 VGG). Die Beschwerde wurde in der gesetzlichen Frist von Art. 50 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021) am 26. Juni 2006 eingereicht und der verlangte Kostenvorschuss wurde rechtzeitig geleistet. Als Adressatin der angefochtenen Verfügung ist die Beschwerdeführerin zur Beschwerde legitimiert (Art. 48 VwVG). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.
2. Vom Markenschutz ausgeschlossen sind Zeichen, die einer älteren Marke ähnlich und für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind wie diese, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt (Art. 3 Abs. 1 lit. c des Markenschutzgesetzes vom 28. August 1992 [MSchG, SR 232.11]). Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, wird aus der Sicht der massgeblichen Verkehrskreise, namentlich der Letztabnehmer beurteilt, welche die Marken in ihrem Erinnerungsbild auseinanderhalten können sollen (BGE 121 III 378 E. 2a Boss, 119 II 477 E. 2d Radion). Da das Widerspruchsverfahren auf die Beurteilung der Verwechslungsgefahr beschränkt ist (Art. 31 Abs. 1 MSchG), ist auch eine allfällige Berühmtheit der Widerspruchsmarke nur im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 MSchG und nicht auch im Hinblick auf die Beeinträchtigung ihrer Unterscheidungskraft oder auf die Ausnützung oder Beeinträchtigung ihres Rufs gemäss Art. 15 MSchG zu berücksichtigen. Hingegen ist eine durch den Gebrauch der Widerspruchsmarke im Verkehr erworbene Bekanntheit zu beachten (RKGE in sic! 1999 S. 570 E. 3 Hermès, sic! 2000 S. 607 E. 6 Red Bull). Sie führt zu einem erweiterten Schutz der Marke, da starke Marken einen grösseren Schutzumfang verdienen (BGE 122 III 382 Kamillosan).
3. Zwischen der Zeichenähnlichkeit und der Waren- und Dienstleistungsgleichartigkeit als Kriterien für die Verwechslungsgefahr besteht eine Wechselwirkung: An die Verschiedenheit der Zeichen sind umso höhere Anforderungen zu stellen, je ähnlicher sich die Waren oder Dienstleistungen der zu vergleichenden Marken sind, und umgekehrt (Lucas David, in: Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Markenschutzgesetz / Muster- und Modellgesetz, Basel 1999, MSchG Art. 3 N. 8). Allerdings verlangt Art. 3 Abs. 1 lit. c für jedes Kriterium auch ein gewisses Minimum an Ähnlichkeit (Eugen Marbach, Gleichartigkeit - ein markenrechtlicher Schlüsselbegriff ohne Konturen?, Zeitschrift für Schweizerisches Recht [ZSR], 2001, S. 259; RKGE in sic! 2001 S. 136 E. 5 Kraft). Die Vorinstanz hat das Bestehen einer Verwechslungsgefahr deshalb im vorliegenden Fall verneint, weil die zu vergleichenden Waren und Dienstleistungen gänzlich ungleichartig seien, was die Beschwerdeführerin bestreitet.
4. Zunächst ist zu prüfen, für welche der eingetragenen Waren und Dienstlei-stungen die Widerspruchsmarken rechtserhaltend gebraucht wurden und somit noch geschützt sind (Art. 11 MSchG).
4.1. Zu Recht hat die Beschwerdeführerin ihre vor der Vorinstanz vertretene Ansicht nicht mehr vorgebracht, die Beschwerdegegnerin habe ihre Nichtgebrauchseinrede ungenügend substanziert, indem sie sie nur mit "Nichtwissen" begründete. Die Beschwerdegegnerin hat in ihrer ersten materiellen Stellungnahme an die Vorinstanz bestritten, "dass die Widerspruchsmarken in ausreichendem Umfang sowie in der eingetragenen Form benutzt worden sind". Als Behauptung des Nichtgebrauchs, die sie weder glaubhaft machen noch nachweisen muss (Art. 32 MSchG), ist diese Erklärung genügend substanziert.
4.2. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe die in den Replikbeilagen des erstinstanzlichen Verfahrens erwähnten und von mit ihr verbundenen Konzerngesellschaften unter der Marke MARTINI vertriebenen Waren zu Unrecht als Hilfswaren taxiert. Selbst als Hilfswaren hätte sie sie überdies als Nachweis für einen rechtsgenüglichen Markengebrauch anerkennen müssen. Die Widerspruchsmarke CH 340'999 ist für "Préparations pour blanchir, autres substances pour lessiver; préparations pour nettoyer, polir, dégraisser et abraser; savons; parfumerie, huiles essentielles, cosmétiques, lotions pour les cheveux; dentifrices; lunettes et étuis pour lunettes; véhicules; appareils de locomotion par terre, par air ou par eaux; papier, carton, articles en papier et carton pour emballer, étiquettes autocollantes; imprimés; journaux et périodiques, livres; articles pour reliures; photographies; papeterie, matières adhésives (pour la papeterie); matériaux pour les artistes; pinceaux; machines à écrire et articles de bureau; matériel d'instruction ou d'enseignement; cartes à jouer, caractères d'imprimerie; clichés; sacs et sacoches en cuir et imitations de cuir, parapluies; cordes, ficelles, filets, tentes, bâches, voiles, sacs; matières de rembourrage (crin, kapok, plumes, algues de mer), matières textiles fibreuses brutes; fils; tissus; couvertures de lit et de table; vêtements, y compris les bottes, les souliers et les pantoufles; dentelles et broderies, rubans et lacets; boutons, boutons à pression, crochets et oeillets, épingles et aiguilles; fleurs artificielles; tapis, paillassons, nattes, linoléums et autres produits servant à couvrir les planchers; tentures; jeux, jouets; articles de gymnastique et de sport; ornements et décorations pour arbres de Noël; malt; bière, ale et porter; eaux minérales et gazeuses et autres boissons non alcooliques; sirops et autres préparations pour faire des boissons, vins, vermouth, spiritueux et liqueurs" eingetragen, die Widerspruchsmarke CH P-341'060 für "Malt, bière, ale et porter, eaux minérales et gazeuses et autres boissons non alcooliques, sirops et autres préparations pour faire des boissons, vins, vermouth, spiritueux et liqueurs", die Widerspruchsmarke CH 370'584 für "Vins, spiritueux et liqueurs". Die Beschwerdeführerin führt allerdings nicht substanziert aus, für welche Waren die Widerspruchsmarken ihrer Ansicht nach gebraucht worden seien. Sie erwähnt bloss unter MARTINI verkaufte Gläser, Bareinrichtungen, Arbeitsgeräte für die Restauration sowie Geschirr. Für solche Waren ist indessen keine der Widerspruchsmarken eingetragen. Sie kommen in den vorgenannten Aufzählungen nicht vor. Zu Unrecht hält die Beschwerdeführerin daher pauschal an ihrer Behauptung eines
rechtserhaltenden Gebrauchs "auch für nicht der Klasse 33 zugehörige Güter" fest. Weitere Beweismittel hat sie nicht angeboten. Da die Waren, für welche sie einen rechtserhaltenden Gebrauch substanziert behauptet, in den Warenlisten der Widerspruchsmarke fehlen, erübrigt sich die Prüfung der Fragen, ob es sich dabei um Hilfswaren handelt und ob dieser Gebrauch durch Dritte der Beschwerdeführerin zuzurechnen wäre. Es erübrigen sich ebenso weitere Sachverhaltsabklärungen zum Gebrauch dieser Marken (Art. 13 Abs. 2 VwVG).
4.3. Die Vorinstanz hat die eingereichten Belege ausführlich gewürdigt und den Gebrauch der Marke ausschliesslich für alkoholische Getränke (Wermut) bejaht. Dies ist auf Grund des Gesagten nicht zu beanstanden.
5. Damit ist als nächstes zu prüfen, ob Alkoholische Getränke (Wermut) mit "Ustensiles et récipients pour le ménage ou la cuisine (ni en métaux précieux, ni en plaqué); peignes et éponges; brosses (à l'exception des pinceaux); matériaux pour la brosserie; matériel de nettoyage; paille de fer; verre brut ou mi-ouvré (à l'exception du verre de construction); verrerie, porcelaine et faïence non comprises dans d'autres classes, à l'exclusion des verres à boire, ainsi que des ustensiles de cuisine utilisés pour les boissons" gleichartig sind. Die Rechtsprechung bejaht Gleichartigkeit grundsätzlich zwischen Esswaren des täglichen Bedarfs, die in der Küche Verwendung finden (RKGE in sic! 1997 S. 178 f. E. 3 Gourmet House, sic! 2000 S. 801 E. 5 Naturella/Naturessa), ausser zwischen Essen und Trinken (RKGE in sic! 2002 S. 433 E. 5 San Pellegrino). Zwischen essbaren und nicht essbaren Waren, die wie Käse und ein Käsehobel thematisch miteinander verbunden sind, kann im Einzelfall Gleichartigkeit bestehen (RKGE in sic! 2006 S. 37 E. 6 Käserosette), doch müssen dafür mehrere Kriterien zusammenkommen: Für das Bestehen gleichartiger Waren sprechen Übereinstimmungen zwischen den Herstellungsstätten der Waren, dem fabrikationsspezifisch erforderlichen Know-how, den Vertriebskanälen, den Abnehmerkreisen und dem Verwendungszweck der Waren, deren Substituierbarkeit, verwandte oder gleiche technologische Indikationsbereiche sowie das Verhältnis von Hauptware und Zubehör (RKGE in sic! 2004 S. 864 E. 6 Harry/Harry's Bar, sic! 2006 S. 36 E. 5 Käserosette). Eher gegen das Vorliegen von Gleichartigkeit sprechen getrennte Vertriebskanäle innerhalb derselben Käuferschicht sowie das Verhältnis von Hilfsware oder Rohstoff zu Haupt-, Zwischen- oder Fertigware (RKGE in sic! 2004 S. 864 E. 6 Harry/Harry's Bar, Marbach, a. a. O., S. 264 ff.).
6. Übertragen auf den Gleichartigkeitsbereich eines international bekannten Apéritifgetränks kann auf Grund dieser Kriterien durchaus davon ausgegangen werden, dass bestimmte Haushalts- und Küchengeräte sowie -behälter, die spezifisch auf eine Verwendung an der Bar, in der Zubereitung oder beim Service von Drinks konstruiert sind, in der Vorstellung des angesprochenen, breiten Publikums eine übereinstimmende betriebliche Herkunft wie die des bekannten Wermuts erwarten lassen. Diese Erwartung entsteht infolge der spezialisierten Barkeeper- und Drinkmix-Kultur, aus welcher derartige Geräte und Behälter (Messbecher, Mixer, Mixstab, Sieb etc.) bekannt sind. Daher ist sie allerdings auf Geräte im Zusammenhang mit der Zubereitung von Getränken beschränkt. Zwar mag Wermut grundsätzlich auch bei der Zubereitung gewisser Speisen, namentlich Saucen, Verwendung finden. Die Beschwerdeführerin hat den Gebrauch ihrer Wermut-Getränke als Kochzutaten indessen weder vor der Vorinstanz noch im Beschwerdeverfahren behauptet oder dargetan. Für eine Verwendung in der Küche sind die Widerspruchsmarken - im Unterschied zu Apéritifgetränken wie Sherry oder Marsala - jedenfalls nicht bekannt. In der Erwartung des Publikums werden die Wermutprodukte der Beschwerdeführerin darum auch dann nicht mit allen Arten von Haushalts- und Küchenmaschinen, namentlich Maschinen für Lebensmittel, in Verbindung gebracht, wenn die Widerspruchsmarken als bekannt vorausgesetzt werden. Vielmehr fehlen in diesem Zusammenhang die genannten Kriterien übereinstimmender Vertriebskanäle und Verwendungszwecke. Noch weniger bestehen ähnliche technologische Indikationsbereiche, gleiche Herstellungsstätten oder sind die Waren miteinander substituierbar.
7. Eine Warengleichartigkeit, die eine Verwechslungsgefahr mit den Widerspruchsmarken begründen könnte, ist somit nur für spezifisch auf die Zubereitung für Getränke ausgerichtete Bar- oder Küchengeräte festzustellen. Diesen Warenbereich hat die Beschwerdegegnerin mit ihrer Einschränkung "à l'exclusion des verres à boire, ainsi que des ustensiles de cuisine utilisés pour les boissons" ausgeschlossen, weshalb die für das Bestehen einer Verwechslungsgefahr erforderliche Gleichartigkeit zwischen den zu vergleichenden Waren vorliegend fehlt.
8. Überdies ist die Bedeutung von "Martini" vielfältig. Der als "martini dry" bekannte, klassische Drink stammt als Sachbezeichnung aus Amerika und hat nichts mit den Widerspruchsmarken zu tun (Jean Watin-Augouard, Histoires de Marques, Paris 2006, S. 470). Der italienische Name "Martini" ist mit dem Vornamen "Martin" verwandt und kommt in der Schweiz auch als Nachname vor. Ausserdem bezeichnet "Martini" im Volksmund den 11. November. Die Beschwerdeführerin stellt nicht alle Arten von alkoholischen Getränken oder Digestives her, sondern ein bestimmtes alkoholisches Apérogetränk mit dem Geschmack von Wermut. Ausser bei dieser engen thematischen Warenverbindung liegt die Annahme einer zufälligen Gleichnamigkeit mit einem anderen Hersteller daher grundsätzlich näher als die Vermutung einer gleichen betrieblichen Herkunft mit der Beschwerdeführerin. Da die Marke der Beschwerdeführerin in Majuskeln, diejenige der Beschwerdegegnerin in Kleinbuchstaben geschrieben ist, reichen die Unterschiede in der Zeichendarstellung deshalb aus, auch in allfälligen überschneidenden Randgebieten der beiden Warenlisten eine Verwechslungsgefahr zu verhindern. Die Vorinstanz hat das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr zwischen den zu vergleichenden Marken deshalb zu Recht verneint. Die Beschwerde ist somit abzuweisen.
9. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin für das Beschwerdeverfahren kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 63 Abs. 1 und 64 Abs. 1 VwVG). Der Kostenanspruch ist mit dem geleisteten Kostenvorschuss zu verrechnen. Wie die Beschwerdeführerin zu Recht rügt, vermochte die Beschwerdegegnerin eine Verwechslungsgefahr nur zu verhindern, indem sie ihr Warenverzeichnis während des vorinstanzlichen Verfahrens einschränkte, mag dies im Vergleich zum Gesamtumfang des Verzeichnisses auch nur einen eher geringen Teil der Waren betroffen haben. Es rechtfertigt sich daher, die ihr erstinstanzlich zugesprochene Parteientschädigung um Fr. 200.-- angemessen zu reduzieren.
10. Die Spruchgebühr des Beschwerdeverfahrens (Gerichtsgebühr) ist nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien zu bestimmen (Art. 63 Abs. 4bis VwVG, Art. 2 Abs. 1 des Reglements über Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Im Widerspruchsbeschwerdeverfahren ist dafür das Interesse der Widersprechenden an der Löschung, beziehungsweise der Widerspruchsgegnerin am Bestand der angefochtenen Marke zu veranschlagen. Es würde allerdings zu weit führen und könnte im Verhältnis zu den geringen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens abschreckend wirken, wenn dafür stets konkrete Aufwandsnachweise im Einzelfall verlangt würden. Mangels anderer streitwertrelevanter Angaben ist der Umfang der Streitsache darum nach Erfahrungswerten auf Fr. 40'000.-- festzulegen (Johann Zürcher, Der Streitwert im Immaterialgüter- und Wettbewerbsprozess, sic! 2002, 505; Leonz Meyer, Der Streitwert in Prozessen um Immaterialgüterrechte und Firmen, sic! 2001, 559 ff., Lucas David, in: Roland von Büren / Lucas David [Hrsg.], Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. I/2, Der Rechtsschutz im Immaterialgüterrecht, Basel 1998, S. 29 f.). Die von der Beschwerdegegnerin mit Kostennote vom 20. Dezember 2006 ausgewiesenen Aufwendungen von Fr. 1'200.-- erscheinen angemessen und sind ihr als Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 34 MSchG, Art. 64 Abs. 1 VwVG).
11. Dieses Urteil unterliegt keiner Beschwerde ans Bundesgericht und ist daher rechtskräftig (Art. 73 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1. Die Beschwerde wird abgewiesen, und Ziff. 1-3 und 5 der Verfügung des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum vom 24. Mai 2006 (Widerspruchsverfahren Nr. 6271, 6276 und 6282) werden bestätigt.
2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt und mit dem erhobenen Kostenvorschuss von Fr. 3'500.-- verrechnet. Die Beschwerdeführerin hat damit noch Fr. 500.-- zu bezahlen.
3. Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das Beschwerdeverfahren mit Fr. 1'200.-- (inkl. MWST) zu entschädigen.
4. Ziff. 4 der Verfügung des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum vom 24. Mai 2006 in den Widerspruchsverfahren Nr. 6271, 6276 und 6282 wird aufgehoben und die Beschwerdeführerin verpflichtet, die Beschwerdegegnerin für das erstinstanzliche Verfahren mit Fr. 1'800.-- zu entschädigen.
5. Dieses Urteil wird eröffnet:
- der Beschwerdeführerin (eingeschrieben, Beschwerdebeilagen zurück)
- der Beschwerdegegnerin (eingeschrieben)
- der Vorinstanz (Ref-Nr. Wspr. Nr. 6271, 6276, 6282; eingeschrieben, Vorakten zurück)

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

David Aschmann Philipp J. Dannacher

Versand am: 23. April 2007
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : B-7452/2006
Datum : 17. April 2007
Publiziert : 07. Mai 2007
Quelle : Bundesverwaltungsgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Marken-, Design- und Sortenschutz
Gegenstand : CH 370'584, CH 341'060, CH 340'999 MARTINI / IR 786'063 martini (fig.)


Gesetzesregister
BGG: 73
MSchG: 3  11  15  31  32  34
VGG: 31  32  33  53
VGKE: 2
VwVG: 13  48  50  63  64
BGE Register
119-II-473 • 121-III-377 • 122-III-382
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
alkoholismus • amerika • angabe • antrag zu vertragsabschluss • ausgabe • ausmass der baute • begründung des entscheids • benutzung • bescheinigung • beschwerde an die rekurskommission • beurteilung • beweismittel • bier • bundesgericht • bundesgesetz über das bundesgericht • bundesgesetz über das bundesverwaltungsgericht • bundesgesetz über das verwaltungsverfahren • bundesgesetz über den schutz von marken und herkunftsangaben • bundesverwaltungsgericht • deutschland • duplik • eidgenössisches institut für geistiges eigentum • einsprache • eintragung • entscheid • familienname • frage • gerichtsschreiber • geschichte • gesetzliche frist • haushalt • innerhalb • internationale marke • know-how • kostenvorschuss • markenschutz • merchandising • postfach • randgebiet • rechtsbegehren • rekurskommission für geistiges eigentum • replik • restauration • rohstoff • sachbezeichnung • sachverhalt • schweizerisches recht • sport • stelle • streitwert • technisches gerät • umfang • unternehmung • verfahren • vermutung • verwechslungsgefahr • vorinstanz • vorname • ware • weiler • wiese • zuschauer
BVGer
B-7452/2006
sic!
1997 S.178 • 1999 S.570 • 200 S.1 • 200 S.2 • 2000 S.607 • 2000 S.801 • 2001 S.136 • 2002 S.433 • 2004 S.864 • 2006 S.36 • 2006 S.37